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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

‚…ich will das erklärt kriegen, ich will das verstanden haben, ich will damit einverstanden sein‘ – Bewertung eines leicht verständlichen Patientenbriefs nach Krankenhausaufenthalt

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Henna Riemenschneider - Technische Universität Dresden, Bereich Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland
  • Henriette Hoffmann - Technische Universität Dresden, Bereich Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland
  • Jeannine Schübel - Technische Universität Dresden, Bereich Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland
  • Karen Voigt - Technische Universität Dresden, Bereich Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-22-05

doi: 10.3205/21degam123, urn:nbn:de:0183-21degam1232

Published: September 17, 2021

© 2021 Riemenschneider et al.
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Outline

Text

Hintergrund: Entlass- bzw. Arztbriefe nach Krankenhausaufenthalt sind in medizinischer Fachsprache formuliert und für viele Patienten nicht verständlich. Ein Drittel der Patienten empfindet sich bei der Entlassung unzureichend informiert. Dies führt zu hohem Beratungsaufwand in der ambulanten Versorgung.

Fragestellung: Wie bewerten Patienten einen leicht verständlichen Patientenbrief nach Krankenhausaufenthalt und wie wirkt er sich auf die Gesundheitskompetenz der Patienten aus?

Methoden: 2019–2020 wurden 1.304 (Rücklauf 57%; n=738) stationär kardiologisch behandelte Patienten in die Studie eingeschlossen. Auf Basis von Entlassungsdaten und mittels angeschlossener Software mit 2.720 parametrisierbaren Textbausteine, wurden Patientenbriefe mit leicht verständlichen individuellen Informationen über Krankheitsbild, Untersuchungen und Therapien automatisch erzeugt. Der Interventionsgruppe (IG=363) wurden nach Entlassung ein Patientenbrief und Fragebogen zugesandt, der Kontrollgruppe (KG=375) nur ein Fragebogen. Zudem wurden 15 qualitative Patienteninterviews durchgeführt. Die Daten wurden in einem Mixed-methods-Ansatz trianguliert.

Ergebnisse: 93% der Patienten der IG hatten den Patientenbrief ausführlich gelesen, über 90% bewerteten die Inhalte als hilfreich, verständlich und informativ. Der Erhalt eines Patientenbriefs war mit höherer selbstberichteter Gesundheitskompetenz (GK) assoziiert: Der Patientenanteil mit ausreichender GK war in der IG signifikant höher als in der KG (44% IG vs. 32% KG, p=0,002). Patienten der IG schätzten u.a. ihre Fähigkeiten Informationen über Krankheitssymptome und gesundheitsförderliche Verhaltensweisen zu finden sowie die Anweisungen des Arztes oder Apothekers zu verstehen signifikant besser ein als Patienten der KG.

Diskussion: Automatisiert erstellte Patientenbriefe in leicht verständlicher Sprache werden von Patienten sehr gut bewertet und sind mit einer höheren Gesundheitskompetenz assoziiert. Durch Automatisierung ist der Erstellungsaufwand minimiert. Die Einführung der Patientenbriefe als zusätzliches patientenzentriertes Entlassmanagement-Tool stärkt den Patienten in der Krankheitsbewältigung und kann zur besseren Arzt-Patienten-Kommunikation beitragen.

Take Home Message für die Praxis: Viele Patienten wollen Informationen über ihre Erkrankung und Behandlung verstehen. Patientenbriefe sind ein nützliches Instrument zur Befähigung der Patienten und können die Arzt-Patienten-Kommunikation und gemeinsame Entscheidungsfindung in der Hausarztpraxis unterstützen.