gms | German Medical Science

55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Digitale Gesundheitsanwendungen: Stärkung der Patientenautonomie oder Schwächung des ärztlichen Vertrauensverhältnisses? Eine Querschnittsanalyse des DiGA-Registers

Meeting Abstract

Search Medline for

  • presenting/speaker Hendrik Napierala - Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin and Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Christoph Heintze - Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin and Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-18-04

doi: 10.3205/21degam102, urn:nbn:de:0183-21degam1027

Published: September 17, 2021

© 2021 Napierala et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) können mit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) als „App auf Rezept“ von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Aktuell ist es unklar, wie Behandelnde in die Implementierung von DiGAs eingebunden werden müssen, um Patient*innen zu unterstützen ihre eigenen Ressourcen selbständig und aktiv zu nutzen und gleichzeitig ein langfristiges ärztliches Vertrauensverhältnis zu gewährleisten.

Fragestellung: Ziel dieser Arbeit war es, auf Grundlage von öffentlich zugänglichen Informationen, Hypothesen zur Einbindung der Hausärzt*innen und weiterer Behandelnder bei der Implementierung von DiGAs zu generieren.

Methoden: Wir führten eine deskriptive Analyse von Querschnittsdaten durch, die im DiGA-Verzeichnis und auf den Hersteller-Webseiten mit Stand 12.04.2021 verfügbar waren. Wir extrahierten Informationen zur Anwendung, der Indikation und der Intervention. Außerdem untersuchten wir die Einbindung der Behandelnden bei der Implementierung der DiGAs.

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Auswertung waren 12 DiGAs im Register aufgenommen. Verfügbare DiGAs boten ein breites Indikationsspektrum mit einem Schwerpunkt auf psychischen Erkrankungen. Die Interventionen beruhten in der Mehrzahl auf der kognitiven Verhaltenstherapie (7). Die Rolle der Behandelnden reichte von der aktiven Begleitung (1) durch psychotherapeutisches Fachpersonal bis zur alleinigen Verordnung und eigenständigen Durchführung durch die Patient*innen ohne geplante Kontakte (4). In 7 Fällen war die mögliche Einbindung von Hausärzt*innen oder weiteren Behandelnden nicht klar formuliert. Dies zeigte sich unter anderem an optionalen Befundbesprechungen und Nachsorgeschemata.

Diskussion: DiGAs haben das Potential, die Ressourcen der Patient*innen zu stärken, können aber das ärztliche Vertrauensverhältnis beeinflussen. Hier sollten Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Rollen der Behandelnden identifiziert und bei der Implementierung von DiGAs im Versorgungsalltag beachtet werden.

Take Home Message für die Praxis: DIGAs können völlig unabhängig vom ärztlichen Fachpersonal genutzt oder in die Behandlung integriert werden. Welche Rolle die Verordnenden einnehmen bleibt Ihnen aber unter Abwägung von Aufwand und Einfluss auf das ärztliche Vertrauensverhältnis bisher selbst überlassen.