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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

COVI-PRIM-Gender: Unterschiede in Bezug auf Risikowahrnehmung und Selbstvertrauen zwischen männlichen und weiblichen Allgemeinmediziner*innen in sieben Ländern während der Covid-19-Pandemie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lena Stöllinger - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Dagmar Schaffler-Schaden - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Alexander Avian - Medizinische Universität Graz, Institut für Medizinische Informatik Statistik und Dokumentation, Graz, Österreich
  • Sebastian Huter - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Karola Mergenthal - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
  • Herbert Bachler - Medizinische Universität Graz, Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Graz, Österreich
  • András Terebessy - Semmelweis University, Department of Public Health, Ungarn
  • Anna Mae Scott - Bond University, Institute for Evidence-Based Healthcare, Australien
  • Sven Streit - Universität Bern, Berner Institut für Hausarztmedizin, Bern, Schweiz
  • Giuliano Piccoliori - Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Institut für Allgemeinmedizin, Italien
  • Erika Zelko - University of Maribor, Faculty of Medicine, Maribor, Slowenien
  • Maria Flamm - Paracelsus Medizinische Universität Salzburg, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich
  • Andrea Siebenhofer - Medizinische Universität Innsbruck, Insitut für Allgemeinmedizin, Innsbruck, Österreich

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-10-02

doi: 10.3205/21degam054, urn:nbn:de:0183-21degam0541

Published: September 17, 2021

© 2021 Stöllinger et al.
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Text

Hintergrund: Die Covid-19-Pandemie hat insbesondere AllgemeinmedizinerInnen vor große Herausforderungen gestellt. Im Hinblick auf die zunehmende Feminisierung der (Allgemein-) Medizin erscheint eine genauere Betrachtung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Bewältigung der Pandemie relevant.

Fragestellung: Kann ein gender-basierter Unterschied in der Wahrnehmung der Covid-19-Pandemie unter AllgemeinmedizinerInnen festgestellt werden?

Methoden: AllgemeinmedizinerInnen aus Australien, Österreich, Deutschland, Italien, Schweiz, Slowenien und Ungarn beantworteten im Frühjahr 2020 einen Onlinefragebogen zu ihren aktuellen Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie. Dieser Fragebogen beinhaltete u. a. Fragen zu Risikowahrnehmung und Selbstvertrauen. Unterschiede zwischen Frauen und Männern wurden mittels multivariabler Verfahren analysiert. Neben dem Geschlecht wurden die Variablen Untersuchungsland, Ortsgröße, Rolle (Besitzer vs. Angestellte/r) und Alter berücksichtigt. COVI-Prim-Gender ist Teil des internationalen COVI-Prim-Projekts.

Ergebnisse: Insgesamt beantworteten 2.602 AllgemeinmedizinerInnen aus Deutschland (48,7%), Österreich (31,7%), Ungarn (6%), Australien (4,2%), Schweiz (4,1%), Italien (2,9%) und Slowenien (2,4%) den Fragebogen. 55,6% der Teilnehmenden waren männlich. Während ein Großteil der Praxen von Männern geführt wurde (60,3%) waren die meisten Angestellten weiblich (70,8%).

Weibliche Allgemeinmedizinerinnen zeigten ein niedrigeres Selbstvertrauen als ihre männlichen Kollegen. Ihre Risiko-Wahrnehmung in Bezug auf die Pandemie lag höher und sie waren öfter unsicher, ob die Behandlung ihrer PatientInnen angemessen ist. Frauen hatten öfter Angst, sich selbst oder ihre PatientInnen mit Covid-19 anzustecken.

Diskussion: Das in dieser Studie in allen Ländern festgestellte niedrigere Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die höhere Unsicherheit bei Allgemeinmedizinerinnen im Vergleich zu männlichen Kollegen ist ein bekanntes Phänomen. Dies könnte strukturelle Ursache haben wie beispielsweise einen Mangel an weiblichen Mentorinnen, den immer noch herrschenden Gender-Pay-Gap und die bei Frauen überwiegende Teilzeitanstellung, was zu weniger Berufserfahrung führt. Mehrfachbelastung durch Familie und Beruf kann zu erhöhtem Stress beitragen.

Take Home Message für die Praxis: Es sind geschlechterspezifische Unterschiede bei der Risikowahrnehmung und beim Selbstvertrauen feststellbar. Gegebenenfalls könnten gezielte strukturelle Maßnahmen wie Mentorinnenprogramme zur Förderung des Selbstvertrauens von Medizinerinnen beitragen.