Article
COVI-PRIM-Gender: Unterschiede in Bezug auf Risikowahrnehmung und Selbstvertrauen zwischen männlichen und weiblichen Allgemeinmediziner*innen in sieben Ländern während der Covid-19-Pandemie
Search Medline for
Authors
Published: | September 17, 2021 |
---|
Outline
Text
Hintergrund: Die Covid-19-Pandemie hat insbesondere AllgemeinmedizinerInnen vor große Herausforderungen gestellt. Im Hinblick auf die zunehmende Feminisierung der (Allgemein-) Medizin erscheint eine genauere Betrachtung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Bewältigung der Pandemie relevant.
Fragestellung: Kann ein gender-basierter Unterschied in der Wahrnehmung der Covid-19-Pandemie unter AllgemeinmedizinerInnen festgestellt werden?
Methoden: AllgemeinmedizinerInnen aus Australien, Österreich, Deutschland, Italien, Schweiz, Slowenien und Ungarn beantworteten im Frühjahr 2020 einen Onlinefragebogen zu ihren aktuellen Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie. Dieser Fragebogen beinhaltete u. a. Fragen zu Risikowahrnehmung und Selbstvertrauen. Unterschiede zwischen Frauen und Männern wurden mittels multivariabler Verfahren analysiert. Neben dem Geschlecht wurden die Variablen Untersuchungsland, Ortsgröße, Rolle (Besitzer vs. Angestellte/r) und Alter berücksichtigt. COVI-Prim-Gender ist Teil des internationalen COVI-Prim-Projekts.
Ergebnisse: Insgesamt beantworteten 2.602 AllgemeinmedizinerInnen aus Deutschland (48,7%), Österreich (31,7%), Ungarn (6%), Australien (4,2%), Schweiz (4,1%), Italien (2,9%) und Slowenien (2,4%) den Fragebogen. 55,6% der Teilnehmenden waren männlich. Während ein Großteil der Praxen von Männern geführt wurde (60,3%) waren die meisten Angestellten weiblich (70,8%).
Weibliche Allgemeinmedizinerinnen zeigten ein niedrigeres Selbstvertrauen als ihre männlichen Kollegen. Ihre Risiko-Wahrnehmung in Bezug auf die Pandemie lag höher und sie waren öfter unsicher, ob die Behandlung ihrer PatientInnen angemessen ist. Frauen hatten öfter Angst, sich selbst oder ihre PatientInnen mit Covid-19 anzustecken.
Diskussion: Das in dieser Studie in allen Ländern festgestellte niedrigere Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die höhere Unsicherheit bei Allgemeinmedizinerinnen im Vergleich zu männlichen Kollegen ist ein bekanntes Phänomen. Dies könnte strukturelle Ursache haben wie beispielsweise einen Mangel an weiblichen Mentorinnen, den immer noch herrschenden Gender-Pay-Gap und die bei Frauen überwiegende Teilzeitanstellung, was zu weniger Berufserfahrung führt. Mehrfachbelastung durch Familie und Beruf kann zu erhöhtem Stress beitragen.
Take Home Message für die Praxis: Es sind geschlechterspezifische Unterschiede bei der Risikowahrnehmung und beim Selbstvertrauen feststellbar. Gegebenenfalls könnten gezielte strukturelle Maßnahmen wie Mentorinnenprogramme zur Förderung des Selbstvertrauens von Medizinerinnen beitragen.