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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Arriba-PPI – Wirksamkeit einer computerbasierten Absetzstrategie zur Reduktion von Protonenpumpenhemmer-Verordnungen: eine multizentrische Cluster-RCT

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julia Heisig - Philipps-Universität Marburg, Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Katrin Kuss - Philipps-Universität Marburg, Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Bettina Bücker - Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Düsseldorf, Deutschland
  • Susanne Löscher - Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Düsseldorf, Deutschland
  • Alexandra Schmidt - Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit / Department für Humanmedizin, Witten, Deutschland
  • Oliver Hirsch - FOM Hochschule für Ökonomie und Management, Deutschland
  • Anne Barzel - Universitätsklinikum Ulm, Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland
  • Stefan Wilm - Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Düsseldorf, Deutschland
  • Annette Becker - Philipps-Universität Marburg, Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Annika Viniol - Philipps-Universität Marburg, Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-05-04

doi: 10.3205/21degam026, urn:nbn:de:0183-21degam0268

Published: September 17, 2021

© 2021 Heisig et al.
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Text

Hintergrund: Protonenpumpenhemmer (PPI) gehören zu den meistverordneten Medikamenten und werden auch ohne wissenschaftlich gesicherte Indikationen langfristig verschrieben. Da sich bei einer Langzeiteinnahme die Nebenwirkungen häufen, sollte die Indikation regelmäßig überprüft und bei nicht-indizierter PPI-Einnahme eine Reduktion oder ein Absetzen angestrebt werden. Das computerbasierte arriba-PPI-Tool zeigt mit Ampelfarben eindrücklich, ob ein Absetzen bei der jeweiligen Indikation sinnvoll und empfehlenswert ist oder nicht.

Fragestellung: Führt das computerbasierte arriba-PPI-Tool in der hausärztlichen Praxis zu einer Reduktion von PPI-Verordnungen?

Methoden: In Hessen und Nordrhein-Westfalen wurden in 144 hausärztlichen Praxen 2406 Patient*innen mit einer PPI-Langzeiteinnahme von mindestens 6 Monaten rekrutiert. Die Patient*innen der Interventionspraxen wurden von ihren Hausärzt*innen mit arriba-PPI zu ihrer Medikation, Indikation und Möglichkeiten zur Reduktion bzw. Absetzen beraten, die Patient*innen der Kontrollpraxen wurden ohne das Tool wie bisher beraten. Die PPI-Verordnungen wurden über einen Zeitraum von 18 Monaten anhand der Praxis-EDV-Systeme, mithilfe von Fragebögen und Telefoninterviews und Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein erhoben. Zusätzlich wurden Routinedaten von Krankenkassen analysiert.

Ergebnisse: In über einem Drittel der Beratungen mit arriba-PPI entschieden sich Ärzt*in und Patient*in zu einer Reduktion oder einem Absetzen der PPI Medikation. Zum Zeitpunkt T1 (6 Monate nach Beratung) war die definierte Tagesdosis des verschriebenen PPI (DDD-PPI) bei den Studienpatient*innen der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe sichtbar reduziert. Die endgültigen Ergebnisse zu den Erhebungszeitpunkten T1 und T2 (6 und 12 Monate nach Beratung) werden auf dem Kongress präsentiert.

Diskussion: Die Teilnahme an der arriba-PPI-Studie senkt die PPI-Verordnungen in der Hausarztpraxis. Die Visualisierung durch das Ampelsystem des Tools kann während des ärztlichen Beratungsgesprächs die Bereitschaft der Patient*innen erhöhen, einen Absetzversuch zu starten.

Take Home Message für die Praxis: arriba-PPI kann ein hilfreiches Tool für die hausärztliche Praxis sein, um mit Patient*innen über die Notwendigkeit ihrer PPI-Medikation zu sprechen und um eventuell unnötige Verordnungen mit Hilfe einer vorgeschlagenen Absetzstrategie (Ausschleichen) zu reduzieren.