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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Rauchstoppversuche und ihr Erfolg in der Hausarztpraxis: Follow-up einer pragmatischen, zweiarmigen, Cluster-randomisierten kontrollierten Trainingsstudie zur Kurzberatung zur Tabakentwöhnung (ABC- versus 5As-Methode)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sabrina Kastaun - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland; Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Patient-Arzt-Kommunikation, Düsseldorf, Deutschland
  • Wolfgang Viechtbauer - Maastricht University, Department of Psychiatry and Neuropsychology, Maastricht, Niederlande
  • Verena Leve - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Düsseldorf, Deutschland
  • Jaqueline Hildebrandt - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland
  • Christian Funke - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland
  • Stephanie Klosterhalfen - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland
  • Diana Lubisch - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland
  • Olaf Reddemann - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Düsseldorf, Deutschland
  • Tobias Raupach - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Medizindidaktik, Bonn, Deutschland; University College London, Behavioral Science and Health, Institute of Epidemiology and Health Care, London, Großbritannien
  • Stefan Wilm - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Düsseldorf, Deutschland
  • Daniel Kotz - Heinrich-Heine-University Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Centre for Health and Society (chs), Forschungsschwerpunkt Suchtforschung und klinische Epidemiologie, Düsseldorf, Deutschland; University College London, Behavioral Science and Health, Institute of Epidemiology and Health Care, London, Großbritannien; Maastricht University, CAPHRI School for Public Health and Primary Care, Department of Family Medicine, Maastricht, Niederlande

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-01-01

doi: 10.3205/21degam001, urn:nbn:de:0183-21degam0019

Published: September 17, 2021

© 2021 Kastaun et al.
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Text

Hintergrund: In der hausärztlichen Versorgung wird zu selten leitliniengerechte Kurzberatung zur Tabakentwöhnung angeboten. Wir entwickelten ein theoriebasiertes, 3,5-stündiges hausärztliches Training für solche Kurzberatungen nach zwei unterschiedlichen Beratungsmethoden (ABC und 5As). In einer pragmatischen, zweiarmigen, Cluster-randomisierten kontrollierten Studie konnte das Training die hausärztlichen Kurzberatungsraten und Empfehlungsraten für evidenzbasierte Entwöhnungstherapien deutlich steigern. Die kürzere ABC Methode erwies sich als praktikabel und effektiv (ERJ Open Research 2020; DOI: 10.1183/23120541.00621-2020).

Fragestellung: Follow-up-Analyse des Effekts beider Trainings (ABC, 5As) auf patientenberichtete Rauchstoppversuche und Punktprävalenz-Abstinenz (ja/nein) zu 4, 12 und 26 Wochen nach der hausärztlichen Beratung.

Methoden: Zu Woche 4, 12 und 26 wurden Fragebögen an 1.937 rauchende Patient:innen versendet, von denen etwa die Hälfte vor bzw. nach dem Training von 69 Hausärzt:innen (52 Praxen) eingeschlossen worden waren. Die Responserate lag in Woche 26 bei knapp 30%. Durchgeführt wurde eine Intention-to-treat-Analyse mit multiplen Imputationen fehlender Endpunkte. Die Daten wurden mit mehrstufigen, ‚mixed-effects’ logistischen Regressionen analysiert, adjustiert für Störfaktoren.

Ergebnisse: Der Erhalt einer Kurzberatung verglichen mit keiner Beratung war mit einem zweifachen Anstieg patientenberichteter Rauchstoppversuche zu allen Follow-up-Zeitpunkten (adjustierte Odds Ratios (aOR): 1.90–2.01) sowie der Tabakabstinenz in Woche 26 (aOR=2.22, 95% Konfidenzintervall=1.21–4.11) assoziiert. Dennoch führte das Training nicht zu einer statistisch signifikanten Steigerung der patientenberichteten Rauchstoppversuchs- und Abstinenzraten und gab es keinen Unterschied zwischen der ABC- und der 5As-Gruppe.

Diskussion: Unsere Hauptstudie belegt, dass das Training die hausärztlichen Kurzberatungsraten steigert. Die Follow-up-Analyse zeigt allerdings nicht, dass Patient:innen häufiger versuchten mit dem Rauchen aufzuhören oder erfolgreich waren, wenn sie von einem/einer trainierten gegenüber einem/einer untrainierten Arzt/Ärztin beraten wurden. Dennoch wurde deutlich, dass der Erhalt einer Kurzberatung zur Tabakentwöhnung das Rauchstoppverhalten von Patient:innen positiv beeinflusst.

Take Home Message für die Praxis: Hausärztliche Kurzberatung zur Tabakentwöhnung sollte regelmäßig durchgeführt werden. Zukünftige Trainingsstudien sollten stärker kontextuelle Faktoren berücksichtigen, die den Transfer der effektiven hausärztlichen Beratung in eine Verhaltensänderung der Patient:innen behindern könnten, wie den Zugang zu kostenlosen evidenzbasierten Entwöhnungstherapien.