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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Versorgung multimorbider Patienten – Wie viel Evidenzbasis hat die klinische Expertise?

Meeting Abstract

  • C. Muche-Borowski - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • D. Lühmann - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • H.-O. Wagner - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland; UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • H. Hansen - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • I. Schäfer - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • H. van den Bussche - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland
  • M. Beyer - Goethe-Universität Frankfurt a. Main, Allgemeinmedizin - Frankfurt am Main, Deutschland
  • M. Scherer - UKE Hamburg, Allgemeinmedizin - Hamburg, Deutschland

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam125

doi: 10.3205/16degam125, urn:nbn:de:0183-16degam1259

Published: September 19, 2016

© 2016 Muche-Borowski et al.
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Text

Hintergrund: Multimorbidität ist kein schicksalhafter Prozess, sondern im höheren Lebensalter ein sehr häufiges Phänomen und damit eine Herausforderung hinsichtlich der komplexen Versorgungsbedarfe. In der S3-Leitlinie „Multimorbidität“ wird ausgehend von Einzelfallvignetten, in einem „bottom-up“ Ansatz und unter Einbezug von externer Evidenz sowie klinischer Expertise ein übergreifendes Versorgungskonzept erarbeitet.

Fragestellung: Ziel ist, einer leitliniengerechten Versorgung multimorbider Patienten näher zu kommen.

Methoden: Die Bearbeitung erfolgt in 6 qualitativen und/oder quantitativen Arbeitsschritten:

1.
Erarbeitung von Fallvignetten mit einer interdisziplinären Fokusgruppe anhand fiktiver Patienten mit bekannten Multimorbiditätsmustern.
2.
Systematische Leitliniensynopse durch systematisch recherchiert nationalen, aktuellen evidenzbasierten Leitlinien auf Basis der berichteten Hauptdiagnosen.
3.
Erfassung der hausärztlichen klinischen Einschätzung zu den Fallvignetten zu den Aspekten: Abwenden gefährlicher Verläufe, Festlegung von Versorgungszielen, notwendige Diagnostik/ Therapie, Berücksichtigung von Lebensstil- und psychosozialen Faktoren.
4.
Zusammenfassung der externen Evidenz und der Experteneinschätzung zu einem fallspezifischen Versorgungsalgorithmus (N-of-one-guidelines).
5.
Ableitung eines Meta-Algorithmus aus diesen N-of-one-guidelines.
6.
Identifikation von Patientenwünschen und -werthaltungen durch eine systematische Literaturaufbereitung und qualitativen Interviews mit multimorbiden Personen.

Ergebnisse: In den Arbeitsschritten 1-4 wurden individuelle Versorgungsalgorithmen zu 10 Fallvignetten erarbeitet, die sich sowohl auf externe Evidenz als auch die klinische Einschätzung von 7 HausärztInnen stützen. Aspekte der Patientenperspektive konnten aus 9 Literaturstellen sowie aus 15 qualitativen Patienteninterviews eingebracht werden. Der aus diesem Material abgeleitete Meta-Algorithmus, erstreckt sich ausgehend vom aktuellen Behandlungsanlass bis zur Langzeitversorgung von multimorbiden Patienten und schließt bei jeder Entscheidung die Werthaltungen (Päferenzen) des Patienten ein.

Diskussion: Der hier erarbeitete Meta-Algorithmus bildet, im Gegensatz zu einem einfachen Symptom-Algorithmus, einen übergeordneten hausärztlichen Denkprozess ab, der den ganzen Menschen berücksichtigt.