gms | German Medical Science

GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)

ISSN 1860-9171

Gewaltopferakte und GOASSIST-App für Betroffene von Gewalterfahrungen – eine integrierte Digitallösung für die Gewaltbetroffenenversorgung

Gewaltopferakte and GOASSIST-App for victims of violence experiences – an integrated digital solution for the care of victims of violence

Case Report

  • corresponding author Charline Pielenz - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Dieter Busch - Medizinische Informatik, Fachhochschule Dortmund, Deutschland
  • Kai Blohme - Medizinische Informatik, Fachhochschule Dortmund, Deutschland
  • Julia Habermehl - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Janis Liedmann - Medizinische Informatik, Fachhochschule Dortmund, Deutschland
  • Anne Tank - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Melanie Siegel - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Melanie Schröder - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Christine Schaffer - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Stefanie Ritz-Timme - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland
  • Peter Haas - Medizinische Informatik, Fachhochschule Dortmund, Deutschland
  • Britta Gahr - Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Deutschland

GMS Med Inform Biom Epidemiol 2023;19:Doc10

doi: 10.3205/mibe000249, urn:nbn:de:0183-mibe0002492

Published: September 4, 2023

© 2023 Pielenz et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Hintergrund: Die flächendeckende Gewaltbetroffenenversorgung ist noch immer unzureichend und das, obwohl physische, psychische und sexuelle Gewalt, vor allem im häuslichen Umfeld, nach wie vor ein allgegenwärtiges Problem darstellt. Die Gewaltbetroffenenversorgung erfordert ein hohes Maß an Kommunikation und Abstimmung zwischen Behandler*innen verschiedener Professionen und den Betroffenen. Hierbei können digitale Anwendungen eine Unterstützung darstellen.

Methode: Im Rahmen eines Arbeitspaketes des EFRE-finanzierten Projektes iGOBSIS-pro wurde eine integrierte Digitallösung für die Gewaltbetroffenenversorgung entwickelt.

Ergebnisse: Die resultierende Gewaltopferakte als Dokumentationsplattform für Heilberufler*innen sowie die GOASSIST-App für Betroffene können eine ganzheitliche Versorgungsstruktur für Gewaltbetroffene und damit auch die psychologische Nachsorge nach einer medizinischen Behandlung und Spurensicherung gewährleisten.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die professionsübergreifende Softwarelösung überwindet die Fragmentierung in der Arbeit mit Gewaltbetroffenen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden Gewaltbetroffenenversorgung. Weitere Evaluationen sind notwendig.

Schlüsselwörter: digitale Technologie, mobile Anwendungen, Dokumentation, Gewaltexposition, internetbasierte Intervention, iGOBSIS

Abstract

Background: The comprehensive care of victims of violence is still insufficient, even though physical, psychological and sexual violence, especially in the domestic environment, is an omnipresent problem. The care of victims of violence requires a high degree of communication and coordination between practitioners from different professions and those affected. Digital applications can provide support in this regard.

Method: As part of a work package of the EFRE-funded research project iGOBSIS-pro, an integrated digital solution for violence victim care was developed.

Results: The resulting “Gewaltopferakte” (victims of violence file) as a documentation platform for health professionals as well as the GOASSIST-App for victims can ensure a holistic care structure for victims of violence and thus also psychological aftercare following medical treatment and evidence recovery.

Discussion and conclusion: The inter-professional software solution overcomes the fragmentation in the care of victims of violence and thus makes an important contribution to the comprehensive care. Further evaluations are necessary.

Keywords: digital technology, mobile applications, documentation, violence exposure, internet-based intervention, iGOBSIS


1 Einführung

Häusliche, sowohl physische, psychische als auch sexuelle Gewalt, ist weltweit und in Deutschland ein allgegenwärtiges Problem mit körperlichen, sozialen und psychischen Folgen für Betroffene [1]. Häufig sind es Gesundheitseinrichtungen, die von Gewaltbetroffenen wegen vielfältiger Beschwerden aufgesucht werden [1], [2], [3]. Damit nimmt das Gesundheitswesen eine bedeutende Schnittstelle in der Identifizierung, Versorgung und der Weitervermittlung von Gewaltbetroffenen in vorhandene Hilfestrukturen ein [4]. In einer Fragebogenerhebung mit 1.346 bei der sächsischen Landesärztekammer gemeldeten (Zahn-)Ärzt*innen ergab sich unter anderem, dass im Gesundheitswesen Unsicherheit bei der Weitervermittlung von betroffenen Personen besteht und die vorhandenen Hilfestrukturen unzureichend bekannt sind [4]. Dabei ist die psychologische Betreuung bereits kurz nach einem traumatischen Erlebnis maßgebend, um der Entwicklung einer Traumafolgestörung entgegenzuwirken [5]. Die medizinischen und psychologischen therapeutischen Maßnahmen stehen in einer Wechselbeziehung zueinander und eine gegenseitige Ergänzung beider Versorgungsarten ist dabei entscheidend für die Prognose von Betroffenen [6]. Was es also braucht, ist eine nachhaltige Anbindung an Strukturen, die entsprechende Unterstützungsmaßnahmen anbieten können [7].

Um die Schnittstelle zwischen der medizinischen Versorgung und der (psychologischen) Weiterbehandlung auszubauen und eine rasche Versorgung zu gewährleisten, benötigt es niederschwellige Angebote. Internetgestützte Interventionen, auch E-Mental-Health-Interventionen genannt, können hierbei eine wertvolle und vor allem zeitnahe Unterstützung darstellen. Ergebnisse mehrerer Metaanalysen konnten Belege für die Wirksamkeit von internet- und mobilbasierten Interventionen bei Posttraumatischen Belastungsstörungen liefern [8], [9], [10].

Jüngste Daten aus den USA zeigen, dass 86% der 249 befragten Patient*innen mit schweren psychischen Erkrankungen ein Smartphone nutzen [11]. Digitale Anwendungen können Menschen in ihrem täglichen Leben erreichen, wodurch Gesundheitsinterventionen über die Reichweite der Kliniken und Praxen ausgedehnt werden können [11]. Sie können eine nahtlose Integration der Versorgung erleichtern [12], was insbesondere bei dem unzureichenden flächendeckenden Unterstützungsangebot nach Traumafolgestörungen eine dringende Notwendigkeit darstellt [13].

Übergeordnete Aufgabe des EFRE-finanzierten Forschungsprojektes iGOBSIS-pro war der Aufbau einer flächendeckenden, nachhaltigen Versorgungsstruktur für Gewaltbetroffene, wobei neben der Sicherstellung einer qualifizierten gerichtsfesten Dokumentation und Spurensicherung unmittelbar nach einer Gewalttat auch die nachgelagerte Versorgung in den Blick genommen wurde. In den Vorgängerprojekten GOBSIS und iGOBSIS-live war das Tool iGOBSIS (intelligentes Gewaltopfer-Beweissicherungs- und Informationssystem, https://www.gobsis.de) entwickelt und verbessert worden, das Ärzt*innen schrittweise durch die Untersuchung von Gewaltbetroffenen leitet und bei einer gerichtsfesten Befunddokumentation und Spurensicherung unterstützt. In einem nächsten Schritt wurden jetzt mit der Gewaltopferakte und der GOASSIST-App für Betroffene von Gewalterfahrungen zwei neue digitale Tools entwickelt, in deren Fokus die Unterstützung der psychologischen Weiterbehandlung und interdisziplinären Betreuung der Betroffenen unmittelbar nach einer medizinischen Primärversorgung steht.

Konkret sollte durch die Anwendungen das Problem gelöst werden, dass Gewaltbetroffene die ärztliche Untersuchung ohne weitere psychologische Anbindung verlassen, im Zweifelsfall bei häuslicher Gewalt in ein unsicheres, gewalttätiges Umfeld. Bei dem komplexen Thema der Gewaltbetroffenenversorgung sind mehrere Institutionen und Professionen angesprochen (beispielsweise Frauen- bzw. Kinderärzt*innen, Rechtsmediziner*innen, Beratungsstellen, Kriminalpolizei, etc.). Die Hemmschwelle, in einem derart vielschichtigen System Beratung und Versorgung in Anspruch zu nehmen, kann für traumatisierte Betroffene von Gewalt allerdings hoch sein – insbesondere, wenn keine Versorgung „aus einer Hand“ möglich ist, Betroffene von Disziplin zu Disziplin weiter verwiesen werden, Anlaufstellen unbekannt und/oder die Wege zu lang sind. Zusätzlich sollten durch ein digitales Dokumentationssystem eine bürokratische Arbeitserleichterung für Heilberufler*innen erzielt sowie Betroffene aktiv einbezogen werden.

Daher wurde (1) ein interoperables, webbasiertes und mit niedriger Eingangsschwelle nutzbares Gewaltopferaktensystem zur interprofessionellen Folgeversorgung von Gewaltbetroffenen sowie (2) eine mobile und mit der Gewaltopferakte interoperable App für Betroffene zur Selbstdokumentation entwickelt.


2 Material und Methodik

In einem multidisziplinären Team (n=12) bestehend aus Rechtsmedizinerinnen, Psychologinnen, einer Sozialwissenschaftlerin und medizinischen Informatikern wurden die fachliche Ausrichtung sowie die technische Umsetzbarkeit der beiden Anwendungen diskutiert. In wöchentlichen Projekttreffen und regelmäßigen Testrunden, in denen fiktiv Patient*innenakten angelegt sowie die Funktionen durchgespielt wurden, fanden kritische Evaluationen der Anwendungen statt. Tickets wurden in einem KANBAN-Diagramm über die Versionsverwaltungs- und Planungsumgebung GitLab verteilt. Die Anwendungen wurden kontinuierlich in kleinen Schritten getestet und verbessert. Confluence wurde als Austauschplattform zwischen dem klinisch-ärztlichen Team und den Entwicklern genutzt, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen und Bedürfnisse kontinuierlich aufgenommen und in die Entwicklung einbezogen werden. So konnten eine enge Zusammenarbeit und ein kontinuierlicher Informationsaustausch ermöglicht werden, was zu einer hohen Transparenz des Entwicklungsprozesses beitrug.

Neben den Testrunden innerhalb des Projektteams fanden auch Pilottestungen durch gynäkologische Kolleg*innen des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) statt. Ferner wurden Gespräche mit Expert*innen aus Fachberatungsstellen geführt, um zu erfassen, welche Verfahren in der praktischen Arbeit angewendet werden und was es darüber hinaus braucht.

Die Gewaltopferakte und -App sollten dabei inhaltlich angelehnt an die Empfehlungen der S2k-Leitlinie der AWMF Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung [14] einem mehrstufigen Vorgehen folgen; die frühe Diagnostikphase und die Verlaufsbeobachtung sollten abgebildet werden (siehe Abbildung 1 [Abb. 1]).

Auf Grundlage der Anforderungen wurde eine Infrastruktur entwickelt, bestehend aus

1.
einer Webanwendung (Gewaltopferakte),
2.
einer Anwendung für mobile Endgeräte (iOS/Android) (GOASSIST-App) und
3.
einer auf Standards basierenden Schnittstelle zwischen den Anwendungen (zur Verbindung der Gewaltopferakte und der GOASSIST-App miteinander sowie zur Verknüpfung mit der Anwendung iGOBSIS).

Technisch wurde für die Entwicklung der Gewaltopferakte das Webframework ZKOSS (LGPL, https://zkoss.org) unter Java-EE verwendet. Die persistente Datenhaltung wurde mithilfe des Datenbankmanagementsystems MariaDB und dem ORM-Framework Hibernate realisiert. Die GOASSIST-App wurde in der Sprache Typescript und dem Webframework Vue.js entwickelt, um eine möglichst breite Gerätekompatibilität zu gewährleisten. Die Gewaltopferakte fungierte hierbei als Backend-System mit einer REST-API für die Datenspeicherung, während die Kommunikation zwischen der GOASSIST-App und dem Gewaltopferaktensystem über eine FHIR-REST-Schnittstelle erfolgte. Die Questionnaire- und QuestionnaireResponse-Ressource aus dem FHIR-Core-Profil wurde genutzt, um die notwendigen Daten interoperabel zu erfassen, auszutauschen und zu verwalten.

Dabei stellte die Gewaltopferakte den von dem Psychologen bzw. der Psychologin digital ausgehändigten Fragebogen als FHIR-Questionnaire-Ressource für die GOASSIST-App bereit. Hierbei wurde die Bibliothek FHIR-HAPI eingesetzt. Der in der GOASSIST-App ausgefüllte Fragebogen wird in Form der Ressource FHIR-Questionnaire-Response an die Gewaltopferakte gesendet und dort für den Psychologen bzw. die Psychologin aufbereitet.

Für die Kommunikation zwischen der Gewaltopferakte und iGOBSIS wurde ein proprietäres Format – über dieselbe Technologie wie bereits oben beschrieben – verwendet.


3 Ergebnisse

In den folgenden Abschnitten werden die Funktionen sowie die Interaktion zwischen den Tools, die Nutzer*innengruppe und die Datensicherheit der Anwendungen dargelegt. Tabelle 1 [Tab. 1] gibt einen Überblick über die Funktionen der Gewaltopferakte und der GOASSIST-App.

3.1 Funktionen der Gewaltopferakte

Die Gewaltopferakte dient als digitale Dokumentationsplattform der psychologischen Nachbetreuung von Betroffenen. Eine der Hauptfunktionen ist die Bewertung des Risikos für die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Im Anschluss an eine (rechts-)medizinische Untersuchung wird im Rahmen einer psychologischen Anbindung mithilfe der Gewaltopferakte eine Frühdiagnostik (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]) vorgenommen, indem der psychische Befund, die äußere Sicherheit sowie die Risiko- und Schutzfaktoren erfasst werden [14]. Um die Indikation für spezifische frühe Therapiemaßnahmen zuverlässig beurteilen zu können, ist eine systematische Verlaufsbeobachtung (siehe Tabelle 1 [Tab. 1]) sinnvoll, insbesondere im ersten Monat nach dem Trauma [15]. Integrierte standardisierte Fragebögen können der betroffenen Person zur Selbsteinschätzung zu Zeitpunkt A (nach 14 Tagen) und zu Zeitpunkt B (nach vier Wochen) ausgehändigt werden. Die Gewaltopferakte ermöglicht es den Nutzer*innen, nach Bedarf weitere standardisierte Fragebögen für die Verlaufsbeobachtung anzulegen.

3.2 Funktionen der GOASSIST-App

In den ersten zwei Wochen nach dem traumatischen Ereignis sind Empowerment und Selbstmanagement vorrangige Ziele einer psychologischen Beratung [15]. Betroffene sollen dabei unterstützt werden, aus dem Zustand der erlebten Hilflosigkeit heraus wieder die Kontrolle zu übernehmen. Der Fokus der GOASSIST-App liegt dementsprechend auf der Ressourcenaktivierung und Stabilisierung in der ersten Phase nach einem traumatischen Ereignis.

Die Ressourcenaktivierung sollte v.a. folgende Maßnahmen umfassen [15]:

1.
Psychosoziale Unterstützung fördern, da fehlende soziale Unterstützung der wichtigste einzelne Risikofaktor für die Ausprägung einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist [16]
2.
Tagesablauf strukturieren
3.
Für Entspannung sorgen (Anleitung zu Entspannungsübungen)

Die Beschreibung der einzelnen Funktionen der GOASSIST-App finden sich in Tabelle 1 [Tab. 1].

3.3 Interaktion und zusätzliche Funktionen

Um ein digitales Betreuungsverhältnis herzustellen, können die beiden Anwendungen Gewaltopferakte und die GOASSIST-App über ein TAN-System miteinander gekoppelt werden (siehe 3.5 Datenschutzfragen). Die Verknüpfung kann nur über die aktive Einwilligung der gewaltbetroffenen Person erfolgen. In beiden Anwendungen werden über die Vernetzung weitere Funktionen und Interaktionen ermöglicht. Eine Psychologin bzw. ein Psychologe hat unter anderem Einsicht in die Ressourcentagebücher der betroffenen Person, kann die Entwicklung über den Verlauf hinweg beobachten und anhand der Ergebnisse individuelle Ziele festlegen sowie Techniken/Übungen anwenden, um vorhandene Ressourcen zu aktivieren. Über einen Kiviatgraphen werden die Tagebucheinträge visualisiert (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Zusätzlich können digital Fragebögen ausgehändigt werden, die die betroffene Person in der GOASSIST-App bearbeitet (beispielsweise die IES-R). Einzelne Items der standardisierten Fragebögen können wiederum in der Gewaltopferakte graphisch aufbereitet und beobachtet werden (siehe Abbildung 2 [Abb. 2]). Auch die Koordination gemeinsamer Termine ist möglich. Über die Verknüpfung kann eine aktive Einbindung der betroffenen Person erfolgen und damit gemeinsames Arbeiten, auch über räumliche Distanzen, realisiert werden.

3.4 Nutzer*innen

Die interdisziplinäre Gewaltbetroffenenversorgung erfordert ein hohes Maß an Kommunikation und Abstimmung zwischen Behandler*innen und Betroffenen.

Wie bereits einleitend erwähnt, stellen Gesundheitseinrichtungen wesentliche Schnittstellen in der Erstbehandlung und Weitervermittlung von Gewaltbetroffenen dar. Häufig sind es Ärzt*innen, die von Betroffenen aufgesucht werden. Hier finden im besten Fall eine körperliche Untersuchung sowie eine vertrauliche und gerichtsfeste Spurensicherung statt (siehe Abbildung 3 [Abb. 3], vertrauliche Spurensicherung beispielsweise via iGOBSIS).

Bei Zustimmung der Betroffenen kann über die Gewaltopferakte eine Weiterversorgung durch beispielsweise Psycholog*innen mit einer Traumafortbildung gewährleistet werden (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]). Um die Partizipation der jeweiligen betroffenen Person zu fördern, kann wiederum die Gewaltopferakte mit der GOASSIST-App verknüpft und darüber eine aktive Beteiligung der*des Betroffenen an der Behandlung ermöglicht werden (siehe Abbildung 3 [Abb. 3]).

Über die digitale Vernetzung wurde eine ganzheitliche, multiprofessionelle Versorgungsstruktur mit niedrigen Hürden geschaffen.

3.5 Datenschutz

Beide Webanwendungen sammeln sensible Daten. Daher ist die Datensicherheit ein zentrales Thema. Um die Daten der betroffenen Personen zu schützen, wurden verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Zur sicheren Übertragung von Informationen zwischen der GOASSIST-App und der Gewaltopferakte wird eine zertifikatsbasierte Verschlüsselung der Daten während des Transportes auf Basis des Transport-Layer-SecurityProtokolls (TLS, vgl. https://datatracker.ietf.org/doc/html/rfc5246) vorgeschrieben. Dieses Verfahren wird standardmäßig in Verbindung mit dem HTTPS-Protokoll (vgl. https:// datatracker.ietf.org/doc/html/rfc2818) für den verschlüsselten Datenaustausch im Internet eingesetzt. Zusätzlich zur verschlüsselten Kommunikation werden auf den Endgeräten der Betroffenen keinerlei sensible und/oder personenbezogene Daten gespeichert. Dies schützt vor unrechtmäßigem Datenzugriff durch Dritte. Im Bereich der Authentifizierung und Autorisierung während der Nutzung der GOASSIST-App wird der genormte Standard JSON-Web-Tokens (JWT, vgl. https://datatracker.ietf.org/ doc/html/rfc7519) eingesetzt. Dadurch wird bei jeder Aktivität in der GOASSIST-App die Validität der Nutzerin bzw. des Nutzers überprüft.

Auf Seiten der Gewaltopferakte wird ein mehrstufiges Rechtemanagement für Rollen bzw. Benutzer*innen auf Benutzeroberflächen-, Betroffenen- und Maßnahmenebene eingesetzt. Darunter fällt beispielsweise das verwendete TAN-System zur Datenübertragung zwischen den zwei Anwendungen. Eine TAN ist eine Transaktionsnummer, die für eine bestimmte Aktion – in diesem Fall das Teilen von Daten – erstellt wird. Die Weitergabe der Daten an eine betreuende Person kann nur über aktive Eingabe oder Mitteilung der TAN der betroffenen Person erfolgen. Die*der Betroffene kann diese Erlaubnis jederzeit transparent widerrufen, ohne Konsequenzen zu befürchten.


4 Diskussion

Das rasche internationale Wachstum des Zugangs zu und der Fähigkeiten von digitalen Gesundheitstechnologien (DHT) bietet hervorragende Möglichkeiten, um die herkömmliche psychologische bzw. psychiatrische Versorgung zu ergänzen [17]. Es zeigen sich eine deutliche Zunahme von Apps und therapeutischen Interventionen für viele psychische Erkrankungen [17] sowie Belege für positive Effekte bei posttraumatischen Belastungsstörungen [8], [9], [10]. Die rapide steigende Anzahl digitaler Anwendungen kann aber auch zu einer Zersplitterung der generierten Daten in viele unterschiedliche Systeme führen [12] und damit das Ziel einer ganzheitlichen Versorgung behindern. Um eben dieser Fragmentierung entgegenzuwirken, sollte über die Verknüpfung der digitalen Anwendungen eine integrierte Versorgung gewährleistet werden [12], was die vorliegende Softwarelösung aus Gewaltopferakte und GOASSIST-App leisten will.

Während unmittelbar nach dem traumatischen Erlebnis viele Betroffene an einer akuten Belastungsreaktion oder -störung leiden, entwickelt nur ein Teil von ihnen eine behandlungsbedürftige Traumafolgestörung. Durch ein mehrstufiges Vorgehen [14] können Gewaltbetroffene mit hohem Risiko, an einer Traumafolgestörung zu erkranken, zeitnah identifiziert werden und ein entsprechendes Behandlungsangebot erhalten, ohne dabei Patient*innen und das Gesundheitssystem durch unnötige Behandlungen zu belasten. Die Gewaltopferakte sowie die GOASSIST-App dienen dabei primär als unterstützende Tools bei der frühen psychosozialen Einschätzung, der (Verlaufs-)Diagnostik und Dokumentation. Die Einleitung spezifischer psychotraumatologischer Diagnostik, Frühintervention und – falls nötig, die Anbindung an eine ambulante oder stationäre psychotherapeutische Einrichtung – sind wichtige weiterführende Schritte [14]. Die Gewaltopferakte kann auch bei einer weiterführenden Behandlung als Dokumentationsplattform genutzt werden.

Bei dem komplexen Thema der Versorgung von Gewaltbetroffenen sind mehrere Institutionen und Professionen angesprochen. Die Hürden, in einem derart vielschichtigen System Versorgung in Anspruch zu nehmen, können für traumatisierte Betroffene von Gewalt allerdings hoch sein – insbesondere, wenn keine Versorgung „aus einer Hand“ möglich ist. Der Datenaustausch der vorliegenden Softwarelösung erlaubt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, wodurch die Gewaltbetroffenenversorgung erheblich verbessert werden kann. Zusätzlich können Betroffene im Sinne eines Empowerments aktiv in den Versorgungsprozess eingebunden werden.

Es bleibt abzuwarten, ob die Gewaltopferakte und die GOASSIST-App in der Gewaltbetroffenenversorgung angenommen werden. Ziel sollte es sein, benutzerfreundliche Anwendungen zu generieren, die keinen erheblichen Mehraufwand für die Zielgruppe darstellen. Durch weitreichende Nutzungsmöglichkeiten, im Speziellen innerhalb der Anwendung der Gewaltopferakte sowie die Verknüpfungen der Applikationen untereinander, ist die Handhabung der Anwendungen unvermeidlich komplex. Um Problemen vorzubeugen und den Zugang zu sowie die Arbeit mit den Anwendungen zu erleichtern, wurden Videoeinweisungen erstellt, die als Schulungen dienen.

Aktuell verfügen die meisten Kliniken und Praxen allerdings bereits über Dokumentationssysteme. Die Nutzung einer weiteren, neuen Anwendung könnte als zu aufwändig oder als zeitraubend empfunden werden. Die Verknüpfung der Anwendungen stellt über die integrierte Versorgung jedoch einen erheblichen organisatorischen und auch ökonomischen Vorteil dar. Die Implementierung von bestehenden Systemen könnte förderlich sein und Hürden in der professionsübergreifenden Versorgung und Kommunikation überwinden. iGOBSIS, als eine digitale Anwendung zur gerichtsfesten Spurensicherung und Dokumentation durch Ärzt*innen, wird bereits in vielen Kliniken und Praxen in Nordrhein-Westfalen verwendet, wodurch eine Verknüpfung mit den beiden neu entwickelten Applikationen eine vielversprechende Perspektive eröffnet.

In der zukünftigen Forschung sollten die Anwendungen in der Praxis, beispielsweise in einer Beratungsstelle für Gewaltbetroffene, erprobt und durch eine quantitative Fragebogenerhebung begleitet werden. Denkbar wäre eine Querschnittsstudie als Treatmentgruppe-Kontrollgruppe-Vergleich im Feld mit einem quasi-experimentellen Design. Sowohl die bzw. der behandelnde Psychologe/Psychologin wie auch die von Gewalt betroffene Person erhält einen Fragebogen, um die Praxistauglichkeit der Anwendungen zu erfassen (Treatment-Gruppe). Als Kontrollgruppe könnte eine Behandlung bzw. Beratung ohne die zur Hilfenahme der Anwendungen fungieren. Zum einen sollte die Frage beantwortet werden, ob die Nutzung der Gewaltopferakte und damit die digitale Dokumentation eine Entlastung für die Arbeit der Heilberufler*innen darstellt. Zum anderen sollte evaluiert werden, ob die Nutzung der GOASSIST-App einen positiven Einfluss auf den psychischen Zustand der Betroffenen hat. Die Anwendungen sollten in der Konsequenz kontinuierlich weiterentwickelt werden.


5 Schlussfolgerung

Bedauerlicherweise mangelt es nach wie vor bundes- und landesweit an einer nachhaltigen, flächendeckenden Gewaltbetroffenenversorgung. Eine qualitativ hochwertige Versorgung der von Gewalt betroffenen Personen ist allerdings elementar, um eine sekundäre Traumatisierung zu vermeiden und eine adäquate Strafverfolgung zu ermöglichen. Unseres Wissens nach existiert bisher noch keine integrierte Digitallösung wie die hier vorgestellte, die eine multidisziplinäre, engmaschige Versorgung inklusive Nachsorge gewährleistet. Von einer gerichtsfesten Dokumentation eines Mediziners bzw. einer Medizinerin über eine psychosoziale Weiterversorgung bis hin zu der aktiven Einbindung der*des Betroffenen werden Bereiche abgedeckt, die das Empowerment der gewaltbetroffenen Person fördern. Dabei ersetzen die digitalen Anwendungen nicht die Praktiker*innen, sondern ganz im Gegenteil fördern und unterstützen diese im Sinne einer optimierten Gewaltbetroffenenversorgung.


Anmerkungen

Finanzierung

Das Projekt iGOBSIS-pro wurde durch Zuwendungen des Landes Nordrhein-Westfalen unter Einsatz von Mitteln aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) 2014–2020 unter dem Förderkennzeichen (grant number) EFRE-0801798 unterstützt.

Interessenkonflikte

Die Autor*innen erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Sardinha L, Maheu-Giroux M, Stöckl H, Meyer SR, García-Moreno C. Global, regional, and national prevalence estimates of physical or sexual, or both, intimate partner violence against women in 2018. Lancet. 2022 Feb;399(10327):803-13. DOI: 10.1016/S0140-6736(21)02664-7 External link
2.
Bacchus LJ, Ranganathan M, Watts C, Devries K. Recent intimate partner violence against women and health: a systematic review and meta-analysis of cohort studies. BMJ Open. 2018 Jul;8(7):e019995. DOI: 10.1136/bmjopen-2017-019995 External link
3.
Bonomi AE, Anderson ML, Rivara FP, Thompson RS. Health care utilization and costs associated with physical and nonphysical-only intimate partner violence. Health Serv Res. 2009 Jun;44(3):1052-67. DOI: 10.1111/j.1475-6773.2009.00955.x External link
4.
Schellong J, Epple F, Lorenz P, Ritschel G, Croy I, Lenk M, Maertens G, Böhm U, Weidner K. Häusliche Gewalt und Partnerschaftsgewalt – eine Herausforderung im Gesundheitssektor [Domestic Violence and Intimate Partner Violence – a Challenge within the Health Care Sector – Result of a Survey Among Physicians]. Psychiatr Prax. 2022 Oct; 49(7):359-66. DOI: 10.1055/a-1630-4619 External link
5.
Leeman-Conley M. After a violent robbery. Criminology Australia. 1990;1(4):4-6.
6.
Reimann G, Hammes F, Meyer H. Hilfe, Notfall! Psychische Versorgung im Ausnahmezustand. Psychotherapie im Dialog. 2020;21(01):48-51. DOI: 10.1055/a-0968-2309 External link
7.
Siegel M, Ritz-Timme S, Tank A, Gahr B. Voraussetzungen für eine gute medizinische Gewaltopferversorgung und eine qualitätsgesicherte „vertrauliche Spurensicherung“. Eine qualitative Studie mit Ärztinnen und Ärzten aus NRW [Requirements of good medical care for victims of violence and quality-assured “confidential securing of evidence”. A qualitative study among physicians in Northrhine-Westphalia]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2022 Apr;169:12-8. DOI: 10.1016/j.zefq.2021.12.007 External link
8.
Kuester A, Niemeyer H, Knaevelsrud C. Internet-based interventions for posttraumatic stress: A meta-analysis of randomized controlled trials. Clin Psychol Rev. 2016 Feb;43:1-16. DOI: 10.1016/j.cpr.2015.11.004 External link
9.
Sijbrandij M, Kunovski I, Cuijpers P. Effectiveness of internet-delivered cognitive behavioral therapy for posttraumatic stress disorder: A systematic review and meta-analysis. Depress Anxiety. 2016 Sep;33(9):783-91. DOI: 10.1002/da.22533 External link
10.
Steubl L, Sachser C, Baumeister H, Domhardt M. Mechanisms of change in Internet- and mobile-based interventions for PTSD: a systematic review and meta-analysis. Eur J Psychotraumatol. 2021 Feb;12(1):1879551. DOI: 10.1080/20008198.2021.1879551 External link
11.
Young AS, Cohen AN, Niv N, Nowlin-Finch N, Oberman RS, Olmos-Ochoa TT, Goldberg RW, Whelan F. Mobile Phone and Smartphone Use by People With Serious Mental Illness. Psychiatr Serv. 2020 Mar;71(3):280-3. DOI: 10.1176/appi.ps.201900203 External link
12.
Bhugra D, Tasman A, Pathare S, Priebe S, Smith S, Torous J, Arbuckle MR, Langford A, Alarcón RD, Chiu HFK, First MB, Kay J, Sunkel C, Thapar A, Udomratn P, Baingana FK, Kestel D, Ng RMK, Patel A, Picker L, McKenzie KJ, Moussaoui D, Muijen M, Bartlett P, Davison S, Exworthy T, Loza N, Rose D, Torales J, Brown M, Christensen H, Firth J, Keshavan M, Li A, Onnela JP, Wykes T, Elkholy H, Kalra G, Lovett KF, Travis MJ, Ventriglio A. The WPA-Lancet Psychiatry Commission on the Future of Psychiatry. Lancet Psychiatry. 2017 Oct;4(10):775-818. DOI: 10.1016/S2215-0366(17)30333-4 External link
13.
Kessler H, Dangellia L, Herpertz S, Kehyayan A. Digitale Medien in der Psychotherapie – Neue Ansätze und Perspektiven in der Behandlung von Traumafolgestörungen [Digital Media in Psychotherapy – New Approaches and Perspectives in the Treatment of Trauma-Related Disorders]. Psychother Psychosom Med Psychol. 2020 Oct;70(9-10):371-7. DOI: 10.1055/a-1120-8976 External link
14.
Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie e.V. (DeGPT), et al. S2k-Leitlinie Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung. Registernummer 051-027. AWMF; 2019 [zugegriffen am 20.07.2022]. Verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-027.html External link
15.
Kröger C. Akuttraumatisierung und akute Belastungsreaktion. In: Schellong J, Epple F, Weidner K, Hrsg. Praxisbuch Psychotraumatologie. Stuttgart: Thieme Verlag; 2018. S. 51-61.
16.
Brewin CR, Andrews B, Valentine JD. Meta-analysis of risk factors for posttraumatic stress disorder in trauma-exposed adults. J Consult Clin Psychol. 2000 Oct;68(5):748-66. DOI: 10.1037/0022-006x.68.5.748 External link
17.
Torous J, Bucci S, Bell IH, Kessing LV, Faurholt-Jepsen M, Whelan P, Carvalho AF, Keshavan M, Linardon J, Firth J. The growing field of digital psychiatry: current evidence and the future of apps, social media, chatbots, and virtual reality. World Psychiatry. 2021 Oct;20(3):318-35. DOI: 10.1002/wps.20883 External link
18.
Schneider F. Klinikmanual: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. 2. Aufl. Berlin: Springer; 2016.
19.
Fischer G, Hofman A, Düchting C, Albert S, Marland A, Visse A, Schneider I. Neue Wege in der Hilfe für Gewaltopfer. Ergebnisse und Verfahrensvorschläge aus dem Kölner Opferhilfe Modell (KOM). Düsseldorf: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen; 1998.
20.
Becker-Nehring K, Witschen I, Bengel J. Schutz- und Risikofaktoren für Traumafolgestörungen: Ein systematischer Review. Zeitschrift für klinische Psychologie und Psychotherapie. 2012;41(3):148-65. DOI: 10.1026/1616-3443/a000150 External link
21.
Charuvastra A, Cloitre M. Social bonds and posttraumatic stress disorder. Annu Rev Psychol. 2008;59:301-28. DOI: 10.1146/annurev.psych.58.110405.085650 External link
22.
Neria Y, Besser A, Kiper D, Westphal M. A longitudinal study of posttraumatic stress disorder, depression, and generalized anxiety disorder in Israeli civilians exposed to war trauma. J Trauma Stress. 2010 Jun;23(3):322-30. DOI: 10.1002/jts.20522 External link
23.
Flatten G, Wälte D, Perlitz V. Self-efficacy in acutely traumatized patients and the risk of developing a posttraumatic stress syndrome. Psychosoc Med. 2008 Jun 5;5:Doc05.
24.
Luszczynska A, Benight CC, Cieslak R. Self-Efficacy and Health-Related Outcomes of Collective Trauma: A Systematic Review. European Psychologist. 2009;14(1):51-62. DOI: 10.1027/1016-9040.14.1.51 External link
25.
Maercker A, Schützwohl M. Erfassung von psychischen Belastungsfolgen: Die Impact of Event Skala-revidierte Version. Diagnostica. 1998;44(3):130-41.
26.
Löwe B, Spitzer RL, Zipfel S, Herzog W. Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D): Manual und Testunterlagen. Karlsruhe: Pfizer; 2002.
27.
Reddemann L, Hrsg. Imanigation als heilsame Kraft – Ressourcen und Mitgefühl in der Behandlung von Traumafolgen. 19. Neuaufl. Stuttgart: Klett-Cotta; 2016.