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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Medizinische Hochschulbibliotheken in Zeiten von Corona: Ein kollegialer Austausch nach einem Jahr Pandemie

Medical university libraries in times of corona: A collegial exchange

Case Report Ein Jahr COVID-19

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  • corresponding author Friederike Wille - UKE Hamburg, Ärztliche Zentralbibliothek, Hamburg, Deutschland
  • Evamaria Krause - UB Augsburg, Teilbibliothek Medizin, Augsburg, Deutschland
  • Oliver Weiner - UB Kiel, Zweigbibliothek Medizin, Kiel, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2021;21(1-2):Doc12

doi: 10.3205/mbi000501, urn:nbn:de:0183-mbi0005019

Published: September 16, 2021

© 2021 Wille et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die Konfrontation mit den Veränderungen durch Corona ist ein allgegenwärtiges Thema, es durchzieht Alltägliches, betrifft uns persönlich und beruflich auf vielen Ebenen. Aus diesem Anlass schauen wir in einem kollegialen Austausch aus drei Perspektiven auf das vergangene Corona-Jahr und beleuchten anhand einzelner Aspekte die Relevanz für die gegenwärtige und zukünftige Situation von medizinischen Hochschulbibliotheken. Als Mitarbeiter:innen in medizinischen Fachbibliotheken werden wir meist nicht existenziell durch die mit den Lockdowns verbundenen Einschränkungen betroffen und dennoch sind wir in einer besonderen Situation: Unsere Kund:innen sind häufig die „Held:innen“ der Pandemie oder sie sind zumindest auf dem Weg, dies durch ihr Studium oder ihre Ausbildung zu werden. Unsere Hauptnutzer:innengruppen – Wissenschaftler:innen, Mediziner:innen, Pflegende, Studierende – können unsere Services und unser Medienangebot nur noch eingeschränkt wahrnehmen und das in einer Situation, in der der Stellenwert ihrer Arbeit uns anderen besonders bewusst ist. Vor diesem Hintergrund wird die Diskussion rund um die Öffnung von Medizinbibliotheken teilweise emotional geführt und die Schere zwischen dem, was angesichts der pandemischen Situation vernünftig zu sein scheint und dem, was angesichts der wichtigen Rolle von Bibliotheken in der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal als notwendig erachtet wird, lässt sich nicht immer zur Zufriedenheit aller schließen. Angesichts dessen scheint ein Blick auf ein Jahr Corona aus Sicht von medizinischen Fachbibliotheken sinnvoll und vielleicht sogar mit der Chance verbunden, sich der Relevanz von wissenschaftlichen Bibliotheken besonders im Umfeld von Universitätsmedizin bewusst zu werden und die neu gewonnenen Erkenntnisse in zukünftigen Strategien umzusetzen.

Schlüsselwörter: Corona, Bibliothek, Corona-Pandemie, medizinische Hochschulbibliotheken, Rückblick

Abstract

The confrontation with the changes brought about by corona is an omnipresent topic, it permeates everyday life and affects us personally and professionally on many levels. On this occasion, we are looking at the past corona year from three perspectives in a collegial exchange and using single aspects to shed light on the relevance for the current and future situation of medical university libraries. As staff in medical libraries, we have not been and will not be affected existentially by the restrictions associated with the lockdowns, and yet we are in a special situation. Our customers are often the “heroes” of the pandemic or are at least on the way to becoming so through their studies or training. Our main user groups – scientists, doctors, nurses, students – could only make limited use of our services and our media offerings and this in a situation in which the importance of their work became particularly clear to the rest of us. Against this background, the discussion around the opening of medical libraries has been and continues to be, in part, emotionally motivated. And the discrepancy between what seemed reasonable with regard to the pandemic situation and what was considered necessary with regard to the important role of libraries in educating medical professionals could not always be resolved to everyone’s satisfaction. In light of this, reflecting on one year of corona from the viewpoint of medical libraries appears to hold merit. Highlighting the significance of academic libraries, especially in the context of university medicine, may lead to new insights applicable in the implementation of future strategies.

Keywords: corona, library, corona pandemic, medical libraries, review


Einleitung

Wer hätte Anfang 2020 gedacht, dass wissenschaftliche Bibliotheken länger als ein Jahr nicht mehr in gewohnter Weise ihrem Kerngeschäft nachgehen können, dass unsere Nutzer:innen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu dem Lernraum Medizinbibliothek haben und dass die Erfüllung unseres Arbeitsfeldes grundlegend durch diesen sich pandemisch ausbreitenden Corona-Virus in Frage gestellt, neu gedacht und entwickelt werden muss?

Im Vorgespräch zu diesem Beitrag zeigte sich schnell, dass ein Jahr Corona deutliche Spuren in unserem Arbeitsalltag hinterlassen hat und angesichts der anhaltenden pandemischen Situation von einem „Normalbetrieb Medizinische Fachbibliothek“ noch lange keine Rede sein kann. Unser Blick auf ein Jahr Corona orientiert sich an Gemeinsamkeiten und Unterschieden im Bibliotheksbetrieb und an den Auswirkungen für unsere Nutzer:innen und auf unsere Arbeitsweisen. Da wir aus drei sehr unterschiedlich aufgestellten Bibliotheken kommen, werden wir zunächst einen kurzen Überblick zu den hier vertretenen Bibliotheken geben und dann unsere Erfahrungen und Erkenntnisse des letzten Jahres und unsere Hoffnungen auf die Zeit nach Corona im Gespräch teilen.

Die Zweigbibliothek Medizin der Universitätsbibliothek Kiel

Die Zweigbibliothek Medizin (ZwB Medizin) ist eine Zweigstelle der Universitätsbibliothek Kiel (UB Kiel) und hat ihren Standort in der Nähe des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) am Campus Kiel. Die ZwB Medizin ist für die Literaturversorgung der UKSH-Mitarbeiter:innen und von über 1.000 Medizin-Studierenden im klinischen Studienabschnitt zuständig. Für die Medizin-Studierenden nimmt die Bibliothek auch eine Rolle als Aufenthalts- und Lernort am Campus wahr. Mit vier Kolleg:innen auf drei Vollzeitstellen und mit Unterstützung von fünf studentischen Hilfskräften kann die Bibliothek den Studierenden 76 wöchentliche Öffnungsstunden für den Ausleihservice und das Lernen vor Ort anbieten. Die Umstellung auf RFID ist im Laufe des Jahres 2020 für die gesamte UB Kiel erfolgt, jedoch kann aus räumlichen Gründen in der ZwB Medizin keine Selbstverbuchung mit Selbstabholbereich angeboten werden. Die Ausleihe erfolgt „klassisch“ als Thekenservice. Ein weiteres Aufgabengebiet ist die medizinische Dokumentlieferung für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Campus Kiel.

Die Teilbibliothek Medizin der UB Augsburg

Die Universitätsmedizin Augsburg ist derzeit im Aufbau und begleitend wird das Bibliothekskonzept für die Medizin kontinuierlich weiter ausgestaltet. Die Medizinische Fakultät wurde Ende 2016 errichtet und Anfang 2019 das bisherige Klinikum Augsburg zum Universitätsklinikum umgewandelt. Im Oktober 2018 startete der Bachelor-Studiengang Medizinische Informatik, ein Jahr später der Modellstudiengang Humanmedizin. Im Endausbau werden der Medizinischen Fakultät etwa 100 Professuren und Lehrstühle und 1.500 Studierende angehören. Die Universitätsbibliothek (UB) Augsburg übernimmt die Aufgabe der Literaturversorgung im Bereich Forschung und Lehre für die Universitätsmedizin. Zeitgleich mit dem Studienstart der ersten 84 Studierenden der Humanmedizin eröffnete 2019 die Teilbibliothek (TB) Medizin im Interims-Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät auf einer Bibliotheksfläche von gut 170 qm. Voraussichtlich im Jahr 2024 wird die TB Medizin größere Bibliotheksräume im neuen Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät beziehen. Die TB Medizin ist damit die jüngste Teilbibliothek im einschichtigen Bibliothekssystem der Universität Augsburg. Während die Zentralbibliothek und die drei weiteren Teilbibliotheken, Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften, sich in unmittelbarerer Nähe zueinander auf dem Campus der Universität im Süden Augsburgs befinden, liegt die TB Medizin gut 8 km entfernt auf dem neuen Medizincampus am Universitätsklinikum Augsburg. Das Team der TB Medizin besteht aus fünf Mitarbeiter:innen sowie drei bis vier studentischen Hilfskräften. Die Öffnungszeiten der TB Medizin Anfang 2020 waren montags bis freitags von 8:30 bis 20:00 Uhr (57,5 Stunden wöchentlich). Die Auskunftszeiten gingen jeweils bis 16:00 Uhr bzw. am Freitag bis 14:00 Uhr.

Die Ärztliche Zentralbibliothek im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Im Jahr 2000 wurden 40 einzelne Instituts- und Klinikbibliotheken des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zu einem lokalen Bibliothekssystem zusammengeführt und als Ärztliche Zentralbibliothek (ÄZB) auf dem Gelände des UKE auf vier Etagen untergebracht. Die ÄZB steht seitdem – jenseits der eingeschränkten Öffnungszeiten unter Corona-Bedingungen – ihren Nutzer:innen als größte medizinische Fachbibliothek Norddeutschlands 7 Tage in der Woche im Zeitraum von 8:00 bis 22:00 Uhr auf vier Etagen zur Verfügung, wobei fachliche Beratung und weitere Angebote in der Servicezeit montags bis freitags im Zeitraum 9:00 bis 17:00 Uhr stattfinden. Die ÄZB gehört als Fachbibliothek der Medizinischen Fakultät zum Bibliothekssystem der Universität Hamburg und kooperiert besonders in Hinblick auf die Lizenzierung elektronischer Medien mit der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (SUB) und den anderen Fakultätsbibliotheken. Als öffentliche Bibliothek kann jede:r die ÄZB nutzen, die Hauptnutzer:innen sind die Studierenden am UKE (ca. 3.400 Studierende aus den Bereichen Human- und Zahnmedizin, Hebammenwissenschaften) sowie die Mitarbeiter:innen des UKE (insg. arbeiten im UKE mehr als 13.000 Mitarbeiter:innen). Der Fokus der ÄZB liegt auf der Beschaffung und Bereitstellung aktueller medizinischer Informationsmedien und zwar vorrangig in digitaler Form. Der Bestand umfasst ca. 300.000 gedruckte Exemplare, mehr als 50.000 E-Books und über 5.000 Zeitschriften mit medizinischen Inhalten, sowie zahlreiche Datenbanken. Das Team der ÄZB besteht aus 24 Mitarbeiter:innen, unterstützt von 12 studentischen Hilfskräften.


Erste Phase der Pandemie

Angesichts der sich zuspitzenden pandemischen Bedrohungslage der ersten Pandemiephase im Frühling 2020 wurde der Wissenschafts- und Lehrbetrieb an Universitäten und Hochschulen massiv eingeschränkt und dies mit weitreichenden Folgen für die wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland.

OW, Kiel: Die gesamte Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat ihre Präsenztätigkeiten zum 16.03.2020 eingestellt, so wurde u.a. die studentische Lehre in Vorlesungen und Seminaren ausgesetzt und alle dezentralen Einrichtungen für den Besuch vor Ort geschlossen. Seitdem orientieren sich alle Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie an der Universitätsbibliothek Kiel an den Maßnahmen des Krisenstabes der Gesamtuniversität, die auf Basis von Landesverordnungen und des Infektionsschutzgesetzes [1] ihre Entscheidungen treffen und für alle angegliederten Einrichtungen verbindlich gelten. Soweit es möglich war, wurden wir Mitarbeiter:innen ins Homeoffice beordert – für die ZwB Medizin haben wir aber vereinbart, dass immer eine Mitarbeiter:in am Tag vor Ort war, um im Gebäude nach dem Rechten zu sehen und die nötigsten Services vor Ort zu betreuen.

Um unsere Benutzer:innen im ersten Lockdown nicht mit Leihfristüberschreitungen zu belasten, wurde für die gesamte UB eine pauschale Leihfristverlängerung bis Mitte Mai terminiert und das Mahnverfahren ausgesetzt. Trotz dieser Maßnahme war das Telefonaufkommen enorm, um dem Informationsbedarf seitens der Benutzer:innen gerecht zu werden.

Bereits am 19.03.2020 erhielten wir die erste Anfrage über die Fachschaft Medizin, ob ein eingeschränkter Ausleihdienst der ZwB Medizin für Medizin-Studierende und Examenskandidaten:innen angeboten werden könnte. Hieraufhin erstellten wir ein Konzept für eine kontaktlose Ausleihe an der Bibliotheks-Haustür – zuerst ohne Rückgaben. Nach Klärung diverser Fragen und mit Zustimmung durch das Präsidium der CAU wurde das Konzept am 07.04.2020 genehmigt und am Tag darauf umgesetzt. Auf Grund der positiven Resonanz wurde der Service ab dem 27.05.2020 täglich und im weiteren Verlauf auch mit Buchrückgabe über den ganzen Tag kontaktlos angeboten (Abbildung 1 [Abb. 1]).

FW, Hamburg: Während des ersten Lockdowns zwischen dem 14.03.2020 und dem 27.04.2020 schlossen wir ebenfalls die ÄZB für den Publikumsverkehr vor Ort. Diese Entscheidung trafen wir in Abstimmung mit der Dekanatsleitung der Medizinischen Fakultät, die wiederum Teil der Corona-Task Force des UKE ist, die die Richtlinien für Klinik, Forschung und Lehre festlegt. Einziger Präsenz-Service der ÄZB in der ersten Phase der Pandemie war die kontaktlose Ausleihe für Mitarbeiter:innen des UKE und Examenskandidat:innen der Human- und Zahnmedizin und der Hebammenwissenschaften. Dieser Vor-Ort-Service funktionierte über Bestellung der Medien per Mail oder Telefon und wurde sehr gut angenommen. Sonstige Bestellmöglichkeiten, ebenso Leihfristen und Mahnläufe waren außer Betrieb, Medienabgaben konnten ggf. über die SUB erfolgen und wurden dann im Rahmen der Dokumentenlieferung an die ÄZB zurückgeführt. Wir informierten über die Gegebenheiten direkt über unsere Homepage sowie Mails und Newsletterbeiträge für Studierende und Mitarbeiter:innen, aber auch bei uns stand das Telefon nicht still.

EK, Augsburg: Im Vergleich zu euren Schilderungen war das Vorgehen in Augsburg – denke ich – etwas vorsichtiger, mit der Richtschnur, zunächst so wenige Personen wie möglich zurück an den Campus zu holen. Mit Beginn des ersten Lockdowns wurden alle Standorte der UB Augsburg geschlossen und die analogen Bibliotheksbestände waren ab diesem Zeitpunkt über mehrere Wochen nicht mehr zugänglich. Dies änderte sich ab Mitte April, als wir einen Scandienst für Lehrende, Promovierende und Habilitierende, später auch für Studierende kurz vor dem Studienabschluss, einrichteten, mit elektronischem Kopienversand. Ab Ende April 2020 konnten auch erste Öffnungsschritte realisiert werden: Wie bei euren Bibliotheken wurde zunächst die Abholung vorbestellter Bücher mit Terminvergabe für Lehrende, Promovierende und Habilitierende ermöglicht, wenige Wochen später auch für Studierende, die kurz vor dem Studienabschluss standen.


Erste Lockerungen

Nachdem in der ersten Phase der Pandemie in den Bibliotheken zunächst versucht wurde, angemessen auf die doch völlig neue Situation zu reagieren, etablierte sich im Laufe der folgenden Zeit ein professioneller Umgang mit den Herausforderungen, die Lockdowns und Lockerungen mit sich bringen.

EK, Augsburg: Ab Anfang Juni 2020 war der Zugang zu den Beständen für die eigenständige Ausleihe wieder möglich und Ende Juni 2020 konnten wir wieder eine reduzierte Anzahl von Arbeitsplätzen in der Bibliothek anbieten, zunächst nur für Universitätsmitglieder, wenig später auch für Nicht-Universitätsmitglieder. Dieses Betriebsmodell wurde in den folgenden Monaten bis Mitte Dezember beibehalten. Ab dem 16.12.2020, mit dem nächsten Lockdown, mussten die Lesesäle der UB Augsburg dann wieder schließen und wenige Tage später war auch keine Ausleihe von vorbestellten Bänden mehr möglich. Der Scanservice blieb während der erneuten Schließung bestehen.

Zu Beginn des Jahres 2021 richteten wir für Beschäftigte der Universität und Studierende kurz vor dem Studienabschluss einen Postversand für Medien ein. In der TB Medizin wurden dafür die gewünschten Medien ausgehoben, Verpackung und Versand wurden von der Zentralbibliothek übernommen. Ab Ende Januar konnte durch die erneute Änderung der rechtlichen Lage eine Click&Collect-Ausleihe für Universitätsmitglieder eingeführt werden, die im Februar auf Nicht-Universitätsmitglieder ausgeweitet wurde. Generell war die Nachfrage von Seiten der Universitätsmedizin zu Scanservice, Postversand und Click&Collect-Ausleihe jedoch geringer, als wir es für die anderen Fachbereiche beobachteten. Bei der Fernleihe und subito kam es zwar während der strengen Lockdown-Phasen kurzzeitig zu Einschränkungen, generell überwiegt jedoch der positive Eindruck, den die zeitweise Erlaubnis, Aufsatzkopien elektronisch weiter zu geben, für unseren Dokumentenlieferdienst für Ärzt:innen und wissenschaftliche Mitarbeiter:innen mit sich brachte – diesen Fortschritt würden wir natürlich sehr gerne auch zukünftig anbieten können. Anfang März wurde auf Basis der damals gültigen 12. Bayrischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung [2] ein Schutz- und Hygienekonzept für den Kundenverkehr in der UB Augsburg mit drei Öffnungsstufen festgelegt: Die erste Stufe ist eine Click&Collect-Ausleihe mit Abholung bestellter Bücher, die zweite Stufe sieht den Zugang zu den Beständen für die eigenständige Ausleihe vor und die dritte Stufe ermöglicht darüber hinaus die Nutzung einer reduzierten Zahl von Arbeitsplätzen. Ab Mitte März wurde die zweite Stufe umgesetzt, ab Ende Mai die dritte. Momentan sind unsere Öffnungszeiten montags bis freitags, 8:30 Uhr bis 18:00 Uhr.

FW, Hamburg: In der ÄZB haben wir ähnlich reagiert: Angesichts der Unsicherheiten, die die Planung des Bibliotheksbetriebs schwierig machten, haben wir Phasen definiert, in denen wir je nach Vorgaben der Corona-Verordnung der FHH [3] und in Abstimmung mit der Dekanatsleitung unsere Services und Arbeitsweisen modifizieren. Das „Konzept der eingeschränkten Öffnung von ÄZB und MediTreFF“ gilt für die Bibliothek und das im selben Gebäude befindliche Medizinische Trainingszentrum eigener Fähigkeiten und Fertigkeiten (MediTreFF) und lässt sich je nach pandemischer Entwicklung und entsprechend den geltenden Corona-Verordnungen anpassen und umsetzen. In Phase 1 ist der Servicebereich der ÄZB geöffnet – eingeschränkt auf die Ausleihe von vorbestellten Medien sowie die Rückgabe und mit geänderter Wegeführung, Auskunft und Beratung findet telefonisch statt. Im MediTreFF sind wenige Leseplätze für Examenskandidat:innen über die ELearning-Plattform Mephisto/Moodle selbstständig buchbar, die Kontaktdaten werden dadurch erfasst und gespeichert und datenschutzkonform vernichtet. Phase 2 lässt dann zusätzlich die Nutzung des Freihandbestandes zu, allerdings nicht länger als 15 Minuten, und im 2. und 3. OG der Bibliothek sind weitere Arbeitsplätze. Nach dem Betreten des 2. Stockwerks müssen Besucher:innen zunächst an einem Anmeldeplatz die Buchung durch Vorlage von Personal- oder Studierendenausweis nachweisen. In Phase 3 und 4 werden immer mehr Arbeitsplätze zugelassen, Phase 5 definiert dann den Normalbetrieb – ob die Bibliotheksnutzung wieder genauso möglich ist wie vor der Pandemie, wissen wir noch nicht, Abstandsregel und Mund-Nasen-Schutz bleiben unter Umständen erst einmal Teil unseres Bibliotheksalltags. Und natürlich mussten wir unser Konzept immer wieder entsprechend der aktuell geltenden Regel auf den neusten Stand bringen – aber es hat uns als Gerüst unseres Arbeitsalltags gute Dienste erwiesen.

OW, Kiel: Das klingt nach einem durchdachten Stufenplan, der Entwicklungen im Pandemiegeschehen berücksichtigt. Wir mussten unser Ausleihkonzept nur selten anpassen, da wir früh auf absolut kontaktlosen Service umgestellt haben. Nach einer Besichtigung der ZwB Medizin durch die Sicherheitsbeauftragte der CAU im Spätsommer erweiterten wir das laufende Ausleihkonzept zum Oktober 2020 um die Vor-Ort-Nutzung. Hierfür war eine Reduzierung unserer 80 Lernarbeitsplätze auf 26 Corona-Plätze und eine umfassende Zugangsbeschränkung, Beschilderung und Wegweisung nötig.

Um die Bewegungsströme im Gebäude gering zu halten, haben wir den Ausleihservice weiterhin kontaktlos angeboten und der Freihandbereich mit seinen Lernarbeitsplätzen ist für die Benutzung durch Studierende bis auf weiteres gesperrt. Auf eine Online-Anmeldung wie in der zentralen UB vorgeschrieben haben wir aus organisatorischen Gründen aber verzichtet und den Zugang sowie die Registrierung der Benutzer:innen durch ein einfaches Verfahren vor Ort umgesetzt. Anders als bei euch in Augsburg und Hamburg konnten wir mit unserem Konzept die Benutzung vor Ort seitdem Mo. bis Sa. von 9:00 bis 18:30 Uhr unverändert anbieten. Nur im Lockdown von November und Dezember gab es die Einschränkung, dass das Lernplatzangebot nur noch zur Prüfungsvorbereitung und für Examenskandidat:innen vor Ort genutzt werden durfte. Die Nutzung der Bibliothek vor Ort durch die Studierenden ist jedoch zu jeder Zeit hinter unseren Erwartungen geblieben, da viele Medizin-Studierende durch das Aussetzen der Präsenzvorlesungen sich nicht im Universitätsklinikum aufgehalten haben.

FW, Hamburg: Wir konnten ähnliches beobachten – obwohl die Studierenden häufig und auch sehr nachvollziehbar die Reaktivierung von Arbeitsplätzen forderten, waren diese in der ÄZB nie ausgebucht.


Neue Anforderungen an Sicherheit und Hygiene

Eine besondere Aufgabe stellte für die Bibliotheken die Erfüllung aller erforderlichen Sicherheits- und Hygieneanforderungen dar. Diese waren grundlegend für das Angebot sämtlicher Services vor Ort und dienten der Sicherheit der Nutzer:innen und Mitarbeiter:innen. Hierbei waren die jeweiligen Vorgaben der Länder entscheidend, ebenso spielten auch die speziellen Verordnungen und Regelungen der Universitäten bzw. Universitätskliniken eine Rolle.

FW, Hamburg: Hygiene- und Sicherheitskonzepte zu erstellen ist nicht unbedingt eine Aufgabe, die zum traditionellen Bibliotheksalltag gehört – wir konnten hier sehr von der Zugehörigkeit zu einem großen Klinikum profitieren, in dem Bereiche wie Arbeitssicherheit und Qualitätsmanagement zentral organisiert sind (Abbildung 2 [Abb. 2]). Und auch der Austausch mit den anderen Fakultäts- und Hochschulbibliotheken hat besonders in dieser Hinsicht engmaschig und kooperativ stattgefunden. War das ähnlich bei euch?

EK, Augsburg: Das Hygienekonzept der UB Augsburg gilt für die Zentralbibliothek und alle Teilbibliotheken. Angaben wie die Anzahl zugelassener Benutzer:innen oder nutzbarer Arbeitsplätze werden darin für die einzelnen Standorte festgelegt. In den Räumlichkeiten der UB Augsburg wurden ab Ende März 2020 Schutzscheiben aus Plexiglas an allen Theken sowie Abstandsmarkierungen auf den Böden angebracht. Die Arbeitsplätze werden je nach den aktuellen Benutzungsmodalitäten abgesperrt oder freigegeben. Sofern technische Geräte wie Multifunktionskopierer, Aufsichtscanner oder Selbstverbucher zugänglich sind, werden den Bibliotheksbenutzer:innen Desinfektionstücher bereitgestellt. Die freigegebenen Arbeitsplätze selbst werden einmal täglich durch eine Firma gereinigt. Die zugelassene Zahl an Benutzer:innen wird über bereitgestellte abgezählte Bibliothekskörbe kontrolliert, die beim Betreten der Bibliothek mitgenommen werden müssen, seit Ende 2020 gibt es ergänzend eine Online-Anzeige zur aktuellen Belegung der Arbeitsplätze. Zudem werden Bibliotheksbenutzer:innen über ihre Bibliotheksnummer beim Betreten der Bibliothek erfasst, so dass eine Nachverfolgung von Infektionsketten möglich wäre. Die Ausleihe und Rückgabe von Medien der TB Medizin erfolgte auch vor der Corona-Pandemie schon weitgehend kontaktlos über den Selbstverbucher.

OW, Kiel: Die Serviceerweiterung in der ZwB Medizin im Oktober 2020 setzte eine Rückkehr aller Mitarbeiter:innen aus dem Homeoffice an den Arbeitsplatz voraus und wurde durch die Lockerungsmaßnahmen des Landes Schleswig-Holstein zum Sommer hin möglich. Dabei bildete das Rahmenhygienekonzept [4] der CAU Kiel die Grundlage für das Arbeiten in der Bibliothek unter Hygieneschutzmaßnahmen. In unsere Bibliothek hielten dann auch die allgemein angewendeten Hygieneschutzmaßnahmen wie Abstandhalten, Händewaschen, Niesetikette, Desinfektion und Maskentragen Einzug.

FW, Hamburg: In der ÄZB haben wir ganz ähnlich wie in Augsburg und in Kiel alle erforderlichen Hygienemaßnahmen umgesetzt. Da während des ersten Lockdowns das gesamte Gelände des UKE nur noch von Berechtigten – hauptsächlich Kranken, Mitarbeitenden und Studierenden – betreten werden durfte und hier überall Maskenpflicht und Abstandregeln kommuniziert und kontrolliert wurden, war die Akzeptanz für unsere Maßnahmen hoch und auch in unserem Team und bei unseren Nutzer:innen waren nur vereinzelt Hinweise auf die Einhaltung der Hygieneregeln notwendig. Seit dem Frühjahr 2021 wird ja der Nachweis eines negativen Corona-Tests für Bibliotheksnutzer:innen als eine weitere Maßnahme diskutiert. Habt ihr hier eine Verpflichtung? In Hamburg gibt es diese nicht, wir haben aber in der verpflichtenden Selbstauskunft zum Buchen von Bibliotheksplätzen den Passus aufgenommen, dass ein negativer Schnelltest vorliegen muss.

EK, Augsburg: Für Medizin-Studierende besteht seit dem Sommersemester 2021 ein Schnelltestkonzept mit Antigen-Tests auf SARS-CoV2 vor jeder Präsenzveranstaltung. Da die Studierenden unsere Bibliothek vor allem vor und nach Lehrveranstaltungen aufsuchen, ist es deshalb zumindest wahrscheinlich, dass sie vorab einen Schnelltest gemacht haben. Eine Verpflichtung, ein negatives Testergebnis nachzuweisen, gibt es für Studierende vor dem Betreten der Standorte der UB Augsburg aber momentan nicht.

OW, Kiel: An der CAU gibt es keine Verpflichtung für Studierende oder Benutzer:innen einen negativen Test vorzulegen, um zentrale Einrichtungen der Universität nutzen zu können. Bis heute sind ja auch weiterhin alle erlässlichen Präsenzveranstaltungen ins Digitale verlegt, so dass vielleicht auch nicht die Notwendigkeit besteht, hier eine Regelung zu treffen. Im März 2021 hat die Universität in Kooperation mit lokalen Ärzt:innen in Gebäuden der Universität Selbsttestzentren eingerichtet, die Bürger:innen, Studierende und Mitarbeiter:innen fortan nutzen können.


Neuorganisation von Arbeitsweisen

Die Corona-Pandemie bedeutete für die Bibliotheken – so wie für alle anderen Bereiche des öffentlichen Lebens auch – nicht nur massive Einschränkungen der Angebote und Dienstleistungen, sondern auch eine Neuorganisation von Tätigkeiten und Arbeitsweisen der Mitarbeiter:innen: Möglichst wenig persönlichen Kontakt untereinander und zu anderen, so wenig Mobilität wie möglich und dies unter der Aufrechterhaltung von gewissen Services, auf die nicht verzichtet werden sollte. Daraus ergaben sich in den Bibliotheken unterschiedliche Arbeitsmodelle aus Homeoffice und Präsenz für die Mitarbeiter:innen.

EK, Augsburg: Im Team der TB Medizin wird die Homeoffice-Regelung der Universität Augsburg vergleichsweise umfangreich umgesetzt. Hintergründe sind zum einen, dass nur ein Büroraum in der TB Medizin vorhanden ist und der Standort insgesamt im Vergleich zu den anderen Teilbibliotheken klein ist. Zum anderen wurden Dienstleistungen wie Scanservice, Postversand und Abholung vorbestellter Bücher mit Terminvergabe für die Bestände der TB Medizin wie erwähnt nicht stark nachgefragt. So waren während der Phasen, in denen die Bibliothek geschlossen war oder nur mit Terminvereinbarung betreten werden durfte, Teammitglieder nur im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes für Tätigkeiten vor Ort eingeteilt. Die Erreichbarkeit für die Benutzer:innen per Telefon und E-Mail war jedoch durchgehend gewährleistet. Zunächst erfolgte die Arbeit im Homeoffice entweder mit bereits vorhandenen Dienst-Laptops oder mit privater technischer Ausstattung, wobei einzelne Hilfsmittel wie Tastaturen ins Homeoffice mitgenommen werden konnten. Im Laufe des Jahres 2020 wurden vom EDV-Referat der Bibliothek zusätzliche Dienst-Laptops beschafft.

FW, Hamburg: In der ÄZB haben wir am Anfang des ersten Lockdowns drei rotierende Gruppen mit jeweils einem Mitglied des Leitungsteams gebildet, die sich mit den Vor-Ort-Diensten und Homeoffice-Diensten abwechselten, um Begegnungen untereinander einzuschränken und die Gefahr von Ansteckungen zu minimieren. Unsere Kernarbeitszeit im Homeoffice ist identisch mit der vor Ort und die Erreichbarkeit wird per Mail, durch Diensttelefone oder Vermittlung von Kontaktinformationen durch die Mitarbeiter:innen im Auskunftsservice gewährleistet. Die verfügbaren Laptops wurden auf die Mitarbeiter:innen verteilt, private Devices wurden bei Bedarf mit der passenden Bibliothekssoftware aufgerüstet und wir konnten weitere Laptops und Mobiltelefone anschaffen, die seitdem sehr gut genutzt werden. Seit Mitte Juni 2020 wurde die Gruppenaufteilung wieder aufgelöst und die Kolleg:innen arbeiten unter Berücksichtigung der Dienstplanung, die notwendige Anwesenheiten definiert, einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice.

Es gab auch bei uns nie eine Verpflichtung zum Homeoffice, wir haben es aber geschafft, allen Mitarbeiter:innen, ungeachtet ihrer eigentlichen Tätigkeiten, Heimarbeit zu ermöglichen, einige entschieden sich dennoch dagegen und arbeiten weiterhin vor Ort.

OW, Kiel: Um den Kontakt unter den Mitarbeiter:innen an der CAU nach dem ersten Lockdown weiterhin zu reduzieren, wurde für uns Mitarbeiter:innen im Sommer 2020 ein fortgesetztes Homeoffice angeordnet. Aber auf Grund der Aufgabenstellung konnte nur ich, als einziger von 4 Kolleg:innen, aus der ZwB Medizin tageweise im Homeoffice arbeiten. Auf Grund des hohen Niveaus des Infektionsgeschehens wurde für die UB, wie schon in anderen Bereichen der CAU, ab dem 13.01.2021 eine Einteilung der Mitarbeiter:innen in festen Teams mit wechselnden Arbeitsschichten eingeführt. Diese Maßnahme bedeutete für uns eine Aufteilung der Stamm- und studentischen Hilfskräfte in zwei Teams, die sich im Dienst nicht begegnen durften. Diese Maßnahme galt mit mehreren Verlängerungen noch bis zum 07.06.2021.

FW, Hamburg: Die hybriden Arbeitsweisen haben uns aber auch kompetenter gemacht in Hinblick auf kooperative Zusammenarbeit in analogen und digitalen Modellen. Inzwischen kennen wir alle Vor- und Nachteile von verschiedenen Videokonferenzsystemen, wir wissen wie man Bildschirme mit anderen teilt und wann es besser ist, das Mikrofon auf lautlos zu stellen – habt ihr ähnliche Erfahrungen sammeln können?

EK, Augsburg: Ja, auch bei uns verläuft die Zusammenarbeit im Homeoffice über verschiedene Wege. Ungeplant fiel die erste Bibliotheksschließung zeitlich in etwa mit dem Umstieg des Intranets und des bisher verwendeten Wikis der UB Augsburg auf eine neue Plattform zum kollaborativen Arbeiten zusammen. So waren einige unserer ersten Aufgaben im Homeoffice, Strukturen in der neuen Plattform anzulegen und Inhalte aus den bisher verwendeten Systemen dorthin umzutragen. Vermutlich hat sich die neue Plattform gerade wegen der verstärkt digitalen Zusammenarbeit sehr schnell etabliert und als nützlich erwiesen.

Ein Großteil unserer täglichen Kommunikation innerhalb des Teams findet über einen Chatkanal der UB Augsburg statt. Vor einigen Monaten wurde ein täglicher kurzer „Morning Call“ eingeführt. Der „Morning Call“ war zunächst als zusätzlicher Austausch gedacht, hat die wöchentlichen Webkonferenzen mittlerweile aber ersetzt, so dass daneben nur noch Webkonferenzen stattfinden, die zur gemeinsamen Arbeit an einem bestimmten Thema angesetzt werden.

FW, Hamburg: In unserem Team haben wir das Konferenzsystem sogar für unsere Weihnachtsfeier genutzt, auf die wir nicht ganz verzichten wollten – das war zwar anders, aber trotzdem sehr schön. Und wir konnten die Zeit im Lockdown für die Bearbeitung von Projekten nutzen, die auch unsere studentischen Mitarbeiter:innen im Homeoffice beschäftigten. Die Kollegin, die die Medienbearbeitung leitet, betont immer wieder, dass uns Corona in dieser Hinsicht geholfen hat, einen großen Bestand einer anderen Bibliothek umzuarbeiten – das hätten wir sonst sicher nicht so zeitnah umsetzen können.

EK, Augsburg: In der TB Medizin waren die studentischen Hilfskräfte ebenfalls über weite Zeiträume im Homeoffice tätig und sind es zum Teil noch. Aufgaben sind beispielsweise das Einpflegen von Publikationen in die Universitätsbibliografie, das Entwerfen und Einsprechen von Skripten für und Schneiden von Videos und die Mithilfe bei der Erstellung von Online-Informationsmaterialien und -Tutorials. Die Aufgaben werden weitgehend über die genannte Plattform zum kollaborativen Zusammenarbeiten koordiniert, auf der für die studentischen Hilfskräfte der UB Augsburg ein eigener Bereich eingerichtet wurde.

OW, Kiel: Bereits 2019 wurde in der UB Kiel die Umstellung auf RFID vorbereitet, die 2020 durch alle Abteilungen, so auch durch die ZwB Medizin, umgesetzt werden sollte. In den Monaten ohne Benutzer:innen war die Umstellung unseres Freihandbestandes auf RFID eine willkommene Tätigkeit, die unter normalen Bedingungen wohl nicht so schnell realisiert worden wäre. Da, wo die Aufgabenstellungen es zugelassen hat, haben wir die studentischen Hilfskräfte zur Aufgabenerledigung hinzugezogen. Während des gesamten Lockdowns wurden die vorwiegend in der Benutzung tätigen studentischen Hilfskräfte weiterbeschäftigt. So standen die Hilfskräfte für die Abdeckung der Dienstzeiten bei der Öffnung im Oktober sofort zur Verfügung und konnten den Service mit unterstützen.


Rückkehr zur Normalität des Arbeitsalltags?

Die Einführung von Impfung und Corona-Schnell- und Selbsttests hat die Zusammenarbeit in den Bibliotheken wiederum verändert. Auch wenn diese Art der Tests nur eingeschränkt einen validen Infektionsnachweis bieten, so signalisierten sie dennoch eine Option für uns alle, nämlich die der Rückkehr zu einer – wenn auch anderen – Normalität unseres Arbeitsalltags, die sich nochmals konkretisierte durch Impfangebote an die Mitarbeitenden der Bibliotheken.

OW, Kiel: Mit der Einführung von Corona-Selbsttests konnte die CAU Kiel ihren Mitarbeiter:innen diese dann ab April 2021 für eine Testung zunächst einmal und mittlerweile zweimal pro Woche zur Verfügung stellen. Mit dem sich abschwächenden Infektionsgeschehen zum Mai 2021 sind wir Mitarbeiter der CAU dann durch die Ergänzende Impfverordnung des Bundes der Prioritätsgruppe 3 zugeordnet worden. Ab Juni 2021 soll den Universitätsbeschäftigten durch den Betriebsärztlichen Dienst der CAU Kiel dann auch ein Impfangebot gemacht werden.

FW, Hamburg: Die Bereitstellung von Corona-Selbsttests und dann natürlich die Impfangebote an uns Mitarbeiter:innen ab März 2021 hat unsere Zusammenarbeit, besonders mit der Perspektive einer fast kompletten Durchimpfung des Teams, zunehmend entspannt. Wir halten uns nach wie vor an alle Regeln, der Schritt in Richtung Normalbetrieb lässt uns aber zuversichtlich planen.

Zusammenfassend ist besonders die frühzeitige Impfung der Mehrzahl der Kolleg:innen der ÄZB als besonderes Privileg empfunden worden und hat sicherlich ein großes Plus zu Gunsten der Mitarbeiter:innenfreundlichkeit des UKE bewirkt.


Bestandsentwicklung

Durch die Einschränkungen in der Zugänglichkeit der Bibliotheksbestände erfuhr die Versorgung der Bibliotheksnutzer:innen mit digitalen Medien eine große Bedeutung. Viele Verlage reagierten auf die Corona-Pandemie mit besonderen Angeboten, seitens der Landesregierungen und Universitäten wurden zusätzliche finanzielle Mittel zur Beschaffung von digitalen Ressourcen bereitgestellt, von denen die Bibliotheksbestände profitierten.

OW, Kiel: In der Corona-Pandemie hat die Lizenzierung von digitalen Medien wie E-Books, Online-Lernplattformen oder Datenbankzugängen durch die UB Kiel mit Hilfe zusätzlich bereitgestellter Mittel einen großen Zuwachs erfahren. Die zusätzliche Erwerbung erfolgte entsprechend hinlänglich bekannter und speziell durch aktuelle Umfragen bei den Fakultäten ermittelter Bedarfe. So konnten bei uns nur für das Fach Medizin z. B. Thieme eRef mit vielen Modulen, Via Medici, AMBOSS, Elsevier Clinical Key Student und Springer Protocols zur Verfügung gestellt werden. Auch nehmen die Mitglieder der CAU verstärkt die Möglichkeit wahr, über Web-Formulare Anschaffungsvorschläge zu machen. Dies führt dazu, dass unsere Erwerbungsabteilung viele zusätzliche E-Books zur Verfügung stellt, denn inzwischen gilt bei uns der Grundsatz E-Book vor Print.

EK, Augsburg: Mit Blick auf die elektronischen Angebote haben wir vor allem die Studienliteratur erheblich erweitert. Vor der Corona-Pandemie bestand Zurückhaltung gegenüber hochpreisigen und groß dimensionierten digitalen Verlagsprodukten. Durch die elektronischen Semester ergab sich bei uns jedoch ein erhöhter Handlungsdruck und es wurden in Abstimmung mit den Dozierenden und dem Dekanat der Medizinischen Fakultät neue Lizenzen und dauerhafte Zugangsrechte erworben. Auch im Laufe des Jahres wurde das elektronische Angebot weiter ausgebaut. So bieten wir nun neu einige Thieme-E-Books sowie die Bilddatenbank Anatomie, Elsevier Clinical Key Student, aktuelle deutschsprachige Springer E-Books und den 3D-Anatomieatlas Visible Body an. Auch im Modellstudiengang spielt für die Medizin-Studierenden in Augsburg, die bisher erst in den ersten beiden Studienjahren sind, die Grundlagenliteratur die größte Rolle. Diesen Bedarf konnten wir weitgehend elektronisch abdecken.

Wie andere Bibliotheken stellte die UB Augsburg zu Beginn der Corona-Pandemie Informationen zu frei verfügbaren Verlagsangeboten auf ihrer Webseite bereit. Die TB Medizin erstellte zudem eine Webseite mit Hinweisen zu Informationsportalen und Ressourcen zu COVID-19 und SARS-CoV-2. Verlinkt wurden unter anderem die Informationsseite der UB Mainz [5] und der COVID-19 Hub von ZB MED [6] sowie frei verfügbare Verlagsangebote. Bei der späteren Betrachtung von Nutzungsstatistiken wurden die verlinkten E-Books, beispielsweise zu Beatmung und Intensivmedizin, sehr gut genutzt.

FW, Hamburg: In der ÄZB haben wir bereits seit 2016 begonnen, Medien primär digital zu erwerben. Unser Bestand wurde in 2020 und 2021 noch einmal erweitert, da für das Bibliothekssystem der Universität und alle anderen Universitäts- und Hochschulbibliotheken in Hamburg sog. Corona-Sondermittel für den Erwerb elektronischer Fachliteratur zur Verfügung gestellt wurden. Dies kam unseren Nutzer:innen in der Pandemie sehr zugute, denn bei der Nachfrage nach Lehrbüchern, die bei uns immer gerne als Printexemplar genutzt werden, konnte in den meisten Fällen auf E-Books verwiesen werden. Eine Entwicklung, die wir gerade beobachten, ist in diesem Zusammenhang, dass die Präferenz der Studierenden sich hier scheinbar verändert – obwohl bei uns aktuell die Ausleihe von Lehrbüchern möglich ist, werden viel weniger ausgeliehen als noch vor einem Jahr, während die Nutzung der E-Books steigt. Hier, so kann man spekulieren, hat vielleicht die Digitalisierung der Lehre einen Wandel bewirkt. Oder ist die technische Ausstattung im beruflichen und privaten Bereich besser geworden? Wir haben hier keine unterstützenden Angebote, stellt ihr digitale Devices zur Verfügung?

EK, Augsburg: Bisher leihen wir noch keine Devices aus, eine Ausleihe von Tablets ist aber angedacht. Erste Schritte in diese Richtung machen wir seit November 2020 mit der Technikausleihe der TB Medizin. Darüber können technische Helfer wie Kopfhörer, Presenter, Adapter, Kabel oder eine Dokumentenkamera ausgeliehen werden.


Digitale Angebote: ELearning & Co.

So wie die Umstellung der Medien auf digitale Angebote unter Corona-Bedingungen einen Schub erhielt, so mussten die Bibliotheken auch ihre Angebote zur Schulung von Informationskompetenz, die klassischen Bibliotheksführungen oder Veranstaltungen im Rahmen der Orientierungseinheit der Erstsemester u.v.m. der Situation entsprechend modifizieren. Neben individuellen Beratungen per Telefon oder Mail wurden neue ELearning-Formate entwickelt, die als Webinare, Tutorials oder digitale Bibliotheksführungen online verfügbar waren.

OW, Kiel: Bei umfangreicheren Informationsbesprechungen mit den Benutzer:innen der ZwB Medizin haben Sitzungen via Zoom Einzug gehalten. Hier sind sie überwiegend bei Beratungen zur Literaturverwaltung mit EndNote und Citavi sowie Datenbankrecherchen zum Einsatz gekommen. Die Schulungen zur Literaturverwaltung werden von mir und einem Kollegen inzwischen komplett als Online-Veranstaltungen angeboten und ähnlich gut angenommen wie die Präsenzschulungen vor der Pandemie.

FW, Hamburg: Unsere Nutzer:innen wurden und werden ebenso via Videokonferenz zu Recherchethemen etc. beraten. Wir haben sehr schnell im ersten Lockdown reagiert und auf unserer Homepage (https:// www.uke.de/organisationsstruktur/zentrale-bereiche/%C3% A4rztliche-zentralbibliothek-(%C3%A4zb)/index.html) Tipps und Hilfen zum selbstständigen Arbeiten mit Medien ergänzt. Diese weist auf digital verfügbare Alternativen hin und greift Angebote anderer Bibliotheken, Datenbanken und Verlage auf. Darüber hinaus wurde zusätzlich eine virtuelle Bibliotheksführung, Tutorials und Informationsmaterialien erstellt (Abbildung 3 [Abb. 3]). Um die bibliothekarische Auskunft während der Schließzeiten etwas zu entlasten, haben wir zusätzlich zwischen April und Juni 2020 eine telefonische Sondersprechstunde für Fragen zu Technik, VPN, etc. eingerichtet.

Aufgrund der hohen Nachfrage werden die Kurse zu Recherche und Literaturverwaltung seit Mai 2020 regelmäßig als Webinar angeboten. Auf zunächst vor allem vertonte Powerpoint-Präsentationen folgten bald digitale Live-Veranstaltungen mit teils mehreren Dozierenden im Tandemunterricht. Besonders die ins Curriculum der Zahn- und Allgemeinmedizin eingebundenen Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten forderten den Bibliothekar:innen viel Einsatz ab, welcher aber durch sehr gutes Feedback der Teilnehmer:innen belohnt wurde.

EK, Augsburg: Auch für die Studierenden an der Medizinischen Fakultät in Augsburg wurden die Lehrangebote vollständig umgestellt. Die Einführungsveranstaltung für die neuen Medizin-Studierenden wurde als synchrone Online-Veranstaltung angeboten, an der etwa die Hälfte des Jahrgangs teilnahm. Dabei haben wir vor allem die Zugänge zu den elektronischen Lehrbüchern und Lernplattformen demonstriert. Als Alternative zu den kurzen, praktischen Bibliothekseinführungen vor Ort erstellte unser Team mit tatkräftiger Unterstützung der studentischen Hilfskräfte vier Videos, in denen sich die TB Medizin vorstellt. Unsere Hauptzielgruppe sind dabei unsere Studienanfänger:innen. Die Themen sind an die Bibliothekseinführungen angelehnt: Ausstattung der Bibliothek, Regeln in der Bibliothek, Ausleihbedingungen und Nutzung des Selbstverbuchers. Um zusätzlich ansprechbar zu sein, bieten wir regelmäßige Online-Termine für Studierende an, als allgemeine Bibliothekseinführung oder für Einzelfragen. Dieses Angebot wird jedoch so gut wie nicht genutzt.

Schritt für Schritt probierten wir weitere Formate aus. Beispielsweise ist die TB Medizin in der Lehrveranstaltung „IT-Infrastrukturen in der Medizininformatik“ mit einer Einheit zur PubMed-Datenbankrecherche vertreten. Diese setzten wir im Sommer 2020 asynchron mit Einführungsvideo, Arbeitsblatt und Lösungsvideo um und im folgenden Wintersemester als synchrone Online-Veranstaltung. Für die Mitarbeiter:innen der Universitätsmedizin wurden ebenfalls regelmäßige Online-Termine angeboten, die überwiegend als Einzelberatungen, teilweise aber auch für Teams einer Klinik, stattfanden. Für das Literaturverwaltungsprogramm EndNote erstellten wir ein frei verfügbares Online-Tutorial, das zugleich als Skript für synchrone Online-Veranstaltungen dient.

In der UB Augsburg formierte sich zudem ab Herbst 2020 das Team „IK Online“, das sich bereichsübergreifend über digitale Lernangebote austauscht. Als erstes Projekt des Teams wurden Leitlinien für den Qualitätscheck und die Webpräsentation von Lernangeboten erarbeitet. In diesem Zuge erweiterten und überarbeiteten auch wir noch einmal unser Online-Angebot und bieten nun einen ELearning-Kurs für Medizin-Studierende (exELearning-Modul) und Online-PubMed-Kurse für fortgeschrittene Studierende und Forschende an.

Auf Wunsch von Studierenden haben wir im Dezember 2020 außerdem den virtuellen Lesesaal (Abbildung 4 [Abb. 4]) eröffnet, eine Art Dauer-Webkonferenz zu den ursprünglichen regulären Öffnungszeiten der TB Medizin (montags bis freitags, 8:30 bis 20:00 Uhr). Wie bei vergleichbaren Angeboten anderer Bibliotheken war die Idee, auch online einen gemeinsamen Lernort anzubieten, der idealerweise Struktur in den Studienalltag bringt, eine konzentrierte Atmosphäre wie vor Ort in der Bibliothek sowie ein Gemeinschaftsgefühl schafft und so die Motivation fördert. Die Zugangsdaten werden den Medizin-Studierenden in Moodle bereitgestellt. Im Virtuellen Lesesaal ist jeweils eine Person aus dem Team der TB Medizin anwesend (Bibliothekspersonal oder studentische Hilfskraft). Es wurde keine Nutzungsstatistik geführt, jedoch kamen insbesondere in der Klausurphase im Wintersemester häufig zehn oder mehr Studierende pro Tag in den Virtuellen Lesesaal (von 168 Medizin-Studierenden). Genutzt werden fast ausschließlich die Breakout-Rooms zum gemeinsamen Lernen, Fragen an das Bibliothekspersonal kommen in der Regel nicht vor. Mit den Lockerungen und Präsenzveranstaltungen im Verlauf des Sommersemesters 2021 beobachten wir jedoch eine stark zurückgehende Nutzung des Virtuellen Lesesaals.


Ausblick: was geht – was bleibt?

Seit Mai sinken die Infektionszahlen, die Landesregierungen erlauben wieder mehr Mobilität im öffentlichen Raum und auch an den Universitäten und Universitätsbibliotheken ist die Rückkehr zu einem – wenn auch eingeschränkten – Wissenschaftsbetrieb zu bemerken. Für die Bibliotheken muss nun überlegt werden, welche Erkenntnisse im vergangenen Jahr gewonnen werden konnten und ob sich daraus neue, bessere Handlungsräume erschließen lassen – was bleibt, was soll bleiben und was kann gehen?

OW, Kiel: Eine Rückkehr in den normalen Dienstbetrieb ist durch die allgemeine Corona-Lage und die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bis heute ja noch nicht möglich. Durch die tägliche Arbeit vor Ort und die Zugänglichkeit der Bibliothek für Benutzer:innen kommt unsere Bibliothek dem normalen Betrieb jedoch so nah wie möglich. Ein normaler Dienstbetrieb wird wohl erst wieder aufgenommen und wahrgenommen werden können, wenn auch die Studierenden wieder aus den digitalen Semestern zum Präsenzunterricht an die Universität zurückkehren. Jetzt im Juni 2021, wo die Infektionszahlen deutlich zurückgehen, fordern auch die Studierenden eine Rückkehr an die Uni zu Präsenzveranstaltungen. Wir hoffen dann, dass sie auch wieder den Weg in die Bibliotheken finden und wir uns durch das studentische Leben wieder täglich aufs Neue in unserer Arbeit motivieren und inspirieren lassen dürfen. Eine leere Bibliothek ohne Studierende hat etwas von einem „lost place“.

FW, Hamburg: Dem kann ich aus Sicht der ÄZB nur beipflichten – gerade in Zeiten, in denen die wissenschaftlichen Bibliotheken als Lernorte immer beliebter geworden sind, mutet eine leere Bibliothek befremdlich an. Aber jenseits dessen haben wir es – so spiegeln es auch unsere Arbeitstreffen wider – eigentlich ganz gut durch dieses Corona-Jahr geschafft. Wir hatten keine Infektionsgeschehen in der Bibliothek, unsere Kolleg:innen haben allesamt kooperiert und von unseren Nutzer:innen kam überwiegend positives Feedback, da wir für fast jedes Problem eine Lösung gefunden haben. So eindrückliche Geschehnisse wie diese Pandemie hinterlassen aber natürlich nachdrückliche Folgen, die wir zum Teil erst zukünftig wahrnehmen werden – und denen wir dann hoffentlich wieder mit Zuversicht und Kreativität begegnen. Hinsichtlich der Reaktion auf wenig planbare Ereignisse haben wir viel gelernt und nehmen nun „Pandemische Zustände“ in unser Risikoportfolio für das Qualitätsmanagement auf.

EK, Augsburg: Auch die TB Medizin konnte den Herausforderungen durch die Corona-Pandemie grundsätzlich gut begegnen. Ein Grund dafür liegt sicherlich darin, dass unsere Bibliothek in mehreren Aspekten noch „übersichtlich“ ist und so für viele Fragen schnelle und unkomplizierte Lösungen ermöglichen kann. Das ist räumlich gesehen wortwörtlich der Fall: Die Größe des Lesesaals und die Anzahl an Arbeitsplätzen sind gut überschaubar, es gibt weder mehrere Stockwerke noch verschiedene Eingänge. Zusätzlich ist auch die Zielgruppe noch vergleichsweise klein: Zu Beginn der Corona-Pandemie gab es bei uns nur einen Jahrgang von Medizin-Studierenden, ab Herbst 2020 einen zweiten, so dass bisher nur der Literaturbedarf für die ersten beiden Studienjahre elektronisch abgedeckt werden musste.

FW, Hamburg: Ja, vor diesem Hintergrund wird es noch einmal wirklich interessant, in welcher Form unsere Nutzer:innen zukünftig Medien präferieren. Wir stellen ja bereits fest, dass die Nachfrage nach elektronischen Medien wächst und dies, obwohl analoge wieder verfügbar wären. Sollte sich dieser Trend halten, werden wir unseren Printbestand an Lehrbüchern weiter reduzieren. Ist bei euch diese Entwicklung auch schon absehbar?

OW, Kiel: Nach unserer Erfahrung stellt die Pandemie für Mitarbeiter:innen und Studierende einen Katalysator in Sachen digitale Mediennutzung dar. Die Nutzung digitaler Prüfungs- und Lerntools spielte bei uns schon vor Corona eine bedeutende Rolle. Um unsere Nutzer:innen und besonders die Medizin-Studierenden im digitalen Online-Studium zu unterstützen, konnten wir mit Hilfe von Corona-Sondermitteln das Angebot an elektronischen Medien bedeutend ausweiten. Es wird im Wesentlichen von der Benutzung/Akzeptanz durch die Studierenden und den zukünftigen Finanzierungsmöglichkeiten abhängen, ob sich dieses erweiterte E-Medienangebot langfristig halten lässt. Wir planen aber daher die Nutzung unseres Präsenzbestandes in naher Zukunft einer kritischen Nutzungsanalyse zu unterziehen. Die kritische Betrachtung Printbestand vs. digitaler Medienbestand in der Medizin trifft uns aber nicht unerwartet – Corona hat sie vielleicht nur etwas beschleunigt.

EK, Augsburg: Für uns hat das letzte Jahr natürlich auch wichtige Impulse für unseren zukünftigen Bestandsaufbau der Lehrbücher und Monografien gegeben. Im Jahr 2020 wurden weiterhin auch die gedruckte Lehrbuchsammlung sowie insbesondere der Präsenzbestand der Teilbibliothek Medizin weiter ausgebaut. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Nutzung der gedruckten Literatur nach den Pandemie-bedingten Einschränkungen weiter entwickeln wird und ob in Abstimmung mit der Medizinischen Fakultät zukünftig eine „E-Preferred“-Strategie für bestimmte Bestandsbereiche sinnvoll sein könnte.

Auf jeden Fall erhielten die Online-Lernangebote der TB Medizin einen besonderen Schub. Auch wenn wir bereits einen Blended-Learning-Kurs für das Wintersemester 2019/2020 entwickelt hatten, die Selbstverständlichkeit, mit der Online-Formate erarbeitet, angeboten und genutzt werden, wäre ohne die digitalen Semester wohl kaum erreicht worden. Gleiches gilt für die Bereitschaft, verschiedene synchrone und asynchrone Formate und technische Umsetzungen auszuprobieren. Als sehr hilfreich erwiesen sich dabei die Fortbildungsangebote der Universität Augsburg und insbesondere des Bereichs Medizindidaktik & Qualifikation für Lehre des Department of Medical Education Augsburg (DEMEDA). Die Online-Lernangebote zur orts- und zum Teil auch zeitunabhängigen Nutzung sind sicherlich ein Bereich, der auch nach der Corona-Pandemie fortgeführt werden wird.

FW, Hamburg: Da der ELearning-Bereich bei uns schon lange vor Corona etabliert war, waren die Kolleg:innen aus dem Bereich IK geradezu begeistert, alle nur denkbaren Formate der digitalen Lehre einzusetzen. Sogar unsere Auszubildende entwarf im Rahmen ihres Einsatzes in der Öffentlichkeitsarbeit eine Bibliotheksführung, wir erprobten EndNote- und PubMed-Schulungen, Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten und vieles andere als digitale Formate. Die Art und Weise, wie hier neue Konzepte berufsgruppenübergreifend und interdisziplinär entwickelt und umgesetzt wurden, hat alle Beteiligten positiv überrascht. Wenn es zukünftig die Wahl gibt, ob einige dieser Veranstaltungen in Präsenz oder digital stattfinden sollen, würden sowohl viele der Studierenden als auch unsere Kolleg:innen des IK-Teams sich für die digitale Variante entscheiden. Ich möchte vor diesem Hintergrund noch einmal den positiven Aspekt betonen, den die Pandemie hier sichtbar gemacht hat.

OW, Kiel: Die Corona-Pandemie wird auch das Schulungskonzept und -angebot der ZwB Medizin nachhaltig verändern. Zwar sind die Veranstaltungen zur Literaturverwaltung und PubMed in der Vergangenheit gut angenommen worden, jedoch hat der Präsenzcharakter eine Teilnahme von Wissenschaftler:innen oft aus dienstlichen Gründen verhindert, bzw. nicht angesprochen. Online-Veranstaltungen ermöglichen eine ortsunabhängige Teilnahme und haben keinen verpflichtenden Charakter. Dadurch haben Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen die Möglichkeit neben den Studierenden die Schulungsangebote unkompliziert vom Dienst- oder Arbeitsplatz aus zu verfolgen.

Eine Rückkehr zu ausschließlich in Präsenz abgehaltenen Schulungen wird es nach Pandemieende auch nicht geben. Ein gesunder Mix aus Präsenz- und Online-Veranstaltungen wird den Bedürfnissen aller Teilnehmer:innen hoffentlich entgegenkommen und die Akzeptanz weiterbefördern.

EK, Augsburg: Ja, das kann ich nur unterstreichen. Eine offene Frage für uns ist auch, wie sich die Bedeutung der TB Medizin als Lernort für die Medizin-Studierenden entwickeln wird, da fehlt uns einfach noch die Erfahrung im Normalbetrieb, zumal ja auch die ersten Studierenden erst kurz vor Corona ihr Medizinstudium bei uns begonnen haben. Unsere Bibliothek blieb also über weite Strecken leer, kein schöner Gedanke, wie ihr beide schon sagtet. Was wir, vielleicht auch auf Grund der Struktur unseres Modellstudiengangs, feststellen konnten, war die Nachfrage nach Gruppenarbeitsplätzen, die wir aber erst in den zukünftigen Bibliotheksräumlichkeiten im neuen Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät ab 2024 erfüllen können. Die Planung unserer neuen Räume sollte unsere Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr berücksichtigen.

FW, Hamburg: Ihr könnt dann die Erfahrungen aus dem Jahr mit Corona unmittelbar in euer weiteres Bibliothekkonzept einfließen lassen – das ist doch eine große Chance, oder?

EK, Augsburg: Ja, insgesamt gab es in der TB Medizin der UB Augsburg bisher einen längeren Zeitraum des Betriebs unter „Corona-Bedingungen“ als unter regulären Bedingungen und die Erfahrungen aus den digitalen Semestern werden die weitere Ausgestaltung des Bibliothekskonzepts, insbesondere in den Bereichen Bestandsaufbau und Online-Lernangebote, stark beeinflussen.

FW, Hamburg: Für uns wird auch die zukünftige Organisation unserer Arbeit zu überdenken sein. Die Möglichkeit von hybriden Arbeitsweisen hat sich teilweise sehr gut umsetzen lassen und Homeoffice-Anteile ließen sich eigentlich gut in unseren Bibliotheksalltag integrieren – hier werden wir gespannt auf die Vorgaben unseres Arbeitgebers schauen.


Fazit

Der gemeinsame Blick auf ein Jahr Corona hat ähnliche Herangehensweisen der drei Bibliotheken an die Herausforderungen des vergangenen Jahres feststellen lassen. Die Erfahrung zeigt sicherlich, dass medizinische Fachbibliotheken eine wichtige Rolle im Kontext der Ausbildung und Versorgung von medizinischem Fachpersonal einnehmen. Und sie zeigt auch, dass Bibliotheken sich verändern und anpassen müssen und dies unter Corona-Voraussetzungen auch sehr gut bewerkstelligen konnten. Vielleicht ist das die zentrale Erkenntnis aus einem Jahr Corona: Die Digitalisierung wird Bibliotheken nicht überflüssig machen. Sie schenkt – ganz im Gegenteil – in Zeiten, in denen Mobilität und Austausch in Präsenz nicht möglich sind, wissenschaftlichen Bibliotheken eine besonders wichtige Funktion als virtuelle Lese-, Lehr- und Lernräume, die sich an den Bedarfen ihrer Kund:innen orientieren.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autor:innen erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Landesportal Schleswig-Holstein. Coronavirus Informationen für Schleswig-Holstein. [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/Coronavirus/Allgemeines/allgemeines_node.html External link
2.
Bayerische Staatskanzlei. Verkündungsplattform Bayern. [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.verkuendung-bayern.de/ External link
3.
hamburg.de. Corona: Aktuelle Verordnung zur Eindämmung. [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.hamburg.de/verordnung External link
4.
Universität Kiel. Rahmenhygienekonzept. [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.uni-kiel.de/de/coronavirus/rahmenhygienekonzept# External link
5.
UB Mainz. Evidenzbasierte Informationen zum Coronavirus. [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.ub.uni-mainz.de/de/evidenzbasierte-informationen-zum-coronavirus External link
6.
ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften. COVID-19 Hub (Übersicht). [Stand: 31.08.2021]. Verfügbar unter: https://www.zbmed.de/covid-19/uebersicht/ External link