gms | German Medical Science

GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Lessons learned from the pandemic – ein Praxisbericht aus der Bibliothek des Robert Koch-Instituts

Lessons learned from the pandemic – a field report from the library of the Robert Koch Institute

Fachbeitrag Ein Jahr COVID-19

Search Medline for

  • corresponding author Jens Erling - Robert Koch-Institut, Informations- und Forschungsdatenmanagement (MF 4), Bibliothek, Berlin, Deutschland
  • Katharina Heldt - Robert Koch-Institut, Informations- und Forschungsdatenmanagement (MF 4), Bibliothek, Berlin, Deutschland
  • Jessica Sturm - Robert Koch-Institut, Informations- und Forschungsdatenmanagement (MF 4), Bibliothek, Berlin, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2021;21(1-2):Doc05

doi: 10.3205/mbi000494, urn:nbn:de:0183-mbi0004942

Published: September 16, 2021

© 2021 Erling et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Die Coronavirus-Pandemie stellt die Welt vor eine nie dagewesene Herausforderung. In Deutschland ist insbesondere das Robert Koch-Institut als das nationale Public-Health-Institut in die Pandemiebewältigung involviert. Um die pandemiebedingte Arbeit der Wissenschaftler:innen des Robert Koch-Instituts (RKI) zu unterstützen, erstellt die Bibliothek des Instituts eine zentrale fortlaufende Literaturübersicht und bietet weitere Services an. Im Artikel wird dargestellt, inwieweit die Bibliothek des RKI in die Lagebewältigung involviert ist.

Keywords: Pandemie, Bibliothek, Public Health, Deutschland, Robert Koch-Institut, Praxisbericht, Literaturrecherche, Literaturverwaltung, forschungsnahe Dienste

Schlüsselwörter: Pandemie, Bibliothek, Public Health, Deutschland, Robert Koch-Institut, Praxisbericht, Literaturrecherche, Literaturverwaltung, forschungsnahe Dienste

Abstract

The coronavirus pandemic challenges the world in a previously unimaginable way. In Germany, the Robert Koch-Institute (RKI) as Germany’s national public health institute is in particular involved in the pandemic response. To support the pandemic related work of the scientists at the RKI, the library is providing a central ongoing literature collection and other services. The article describes the extent to which the RKI library is involved in managing the situation.

keywords: pandemic, library, public health, Germany, Robert Koch Institute, field report, literature search, literature management, research related services

Keywords: pandemic, library, public health, Germany, Robert Koch Institute, field report, literature search, literature management, research related services


Einleitung

Seit Dezember 2019 steht die Welt mit der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie vor einer großen Herausforderung. In Deutschland nimmt das Robert Koch-Institut (RKI) als das nationale Public-Health-Institut eine zentrale Rolle in der Pandemiebekämpfung ein. Im RKI ist das Management von Krisensituationen durch einen internen Krisenplan festgelegt, um eine effektive Zusammenarbeit sowohl intern als auch mit externen Akteuren gewährleisten zu können. In diesem Rahmen wurden bereits am 28. Januar 2020 der RKI-Krisenstab und das Lagezentrum aktiviert, das die strategische Arbeit des Krisenstabs operativ unterstützt [1]. Die für die Lagebewältigung identifizierten Aufgaben werden vom Lagezentrum an die entsprechenden Stellen verteilt.

Schon wenige Tage später, am 4. Februar 2020, erhielt die Bibliothek des RKI durch das Lagezentrum den Auftrag, eine Literaturrecherche zum neuartigen Coronavirus in der Datenbank PubMed durchzuführen, die Ergebnisse intern zentral zur Verfügung zu stellen und fortlaufend zu aktualisieren. Seit Beginn des Ausbruchsgeschehens werden bei der Erforschung von SARS-CoV-2 und COVID-19 kontinuierlich neue Erkenntnisse gewonnen und fortlaufend publiziert. Somit ist diese Aufgabe auch eineinhalb Jahre nach dem initialen Auftrag aktiv und wird kontinuierlich bearbeitet. Die Umsetzung dieses Auftrages und die zusätzlichen Aufgaben, die im Laufe der Pandemie von der Bibliothek übernommen wurden, sowie die damit einhergehenden Herausforderungen werden in diesem Artikel dargestellt.

Die Bibliothek des RKI ist eine wissenschaftliche Spezialbibliothek und ist mit 4,3 Vollzeitäquivalenten besetzt. Sie gehört zu der Abteilung „Methodenentwicklung und Forschungsinfrastruktur“ (MF). Innerhalb dieser Abteilung ist die Bibliothek dem Fachgebiet „Informations- und Forschungsdatenmanagement“ (MF 4) zugeordnet. Das Fachgebiet ist zuständig für den Aufbau einer umfassenden Informationsinfrastruktur und entwickelt Konzepte zum Management und der Veröffentlichung von im RKI erzeugten Forschungsdaten und weiteren Forschungsprodukten.


Literaturrecherche zum neuartigen Coronavirus

Der Arbeitsauftrag des Lagezentrums, eine zentrale Literatursammlung bereitzustellen, erforderte ein systematisches Vorgehen in der Recherchemethode, angelehnt an den Recherche-Prozess eines Living Systematic Reviews. Mit Hinblick auf die Dringlichkeit priorisierte die Bibliothek diesen Auftrag vor anderen Aufgaben, die im Rahmen des Tagesgeschäftes anfielen. Das Bibliotheksteam hat sich dazu entschieden, zusätzlich zur Datenbank PubMed auch die Datenbank Embase auszuwerten, um eine möglichst vollständige Datenbasis zu erhalten. Darüber hinaus wurden zu Beginn die medizinischen Zeitschriften identifiziert, bei denen viele Publikationen zu COVID-19 erschienen sind, um diese täglich direkt auf neue Veröffentlichungen zu prüfen. Somit wurde der Zeitverzug bei der Indexierung der Publikationen in PubMed und Embase umgangen. Ein Großteil der Verlage richtete zeitnah eigene Sammlungen mit Publikationen zu COVID-19 ein, sodass nicht mehr einzelne Zeitschriften, sondern das gesamte Verlagsportfolio auf neue relevante Veröffentlichungen geprüft werden konnte. Schnell wurde jedoch festgestellt, dass die Datenbank-Indexierung von pandemierelevanten Publikationen, insbesondere innerhalb der PubMed-Datenbank, im Frühsommer 2020 nur noch wenige Tage dauerte. So wurde die Sammlung der Literatur bald nur noch über die Datenbanken durchgeführt. Lediglich einige wenige Zeitschriften werden aktuell noch manuell auf neue COVID-19-Publikationen geprüft, weil diese aufgrund der fehlenden Datenbank-Indexierung nicht automatisiert auffindbar sind.

Die vielen offenen Fragen rund um das Virus und COVID-19 verlangten einen noch schnelleren und offeneren Umgang mit neuen Forschungserkenntnissen. Wissenschaftler:innen reagieren darauf, indem sie ihre Manuskripte, neben der Einreichung bei einem Verlag, auch auf Preprint-Servern öffentlich bereitstellen [2]. Daher wurden seit März 2020 verschiedene Preprint-Server im Hinblick auf neue Publikationen zu COVID-19 mit erheblichem Zeitaufwand manuell ausgewertet. Mit der Bereitstellung von preVIEW (https://preview.zbmed.de/) , einer von ZB MED entwickelten Metasuchmaschine für Preprint-Veröffentlichungen, wurde diese Arbeit ab Juni 2020 deutlich erleichtert. Von nun an konnten bibliographische Angaben zu Preprints exportiert werden. Zunächst wurden durch preVIEW nur die Preprint-Server medRxiv und bioRxiv ausgewertet. Auf Anregung u.a. des RKI wurden zeitnah weitere Preprint-Server für die Indexierung ausgewählt [3]. Zusätzlich wird im RKI für das Auffinden von Vorabveröffentlichungen die Datenbank EuropePMC herangezogen, da dort weitere Preprint-Server indexiert sind [4]. Aufgrund der unterschiedlichen Datenbasis und der fehlenden Abstracts beim Export von EuropePMC werden fortwährend beide Quellen ausgewertet.

Mit Beginn der Bearbeitung des Auftrages war klar, dass die fortlaufende Zusammenstellung der Literatur einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten würde. Daher wurde geprüft, ob bereits Literatursammlungen zu COVID-19 existierten und inwieweit diese nachnutzbar wären. Zu einem frühen Zeitpunkt in der Pandemie gab es diese Zusammenstellungen von zwei Anbietern (LitCovid (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/research/coronavirus/) und WHO-Datenbank (https://search.bvsalud.org/global-literature-on-novel-coronavirus-2019-ncov/)), jedoch waren diese für die Bedürfnisse des RKI nicht ausreichend. Die Gründe waren u.a. der alleinige Fokus auf PubMed-Daten und die fehlende Berücksichtigung anderer Datenbanken, keine Preprint-Indexierung, Fokus auf alle Coronaviren – nicht explizit SARS-COV-2, mangelnde Dublettenkontrolle oder fehlende bzw. schlechte Exportmöglichkeiten.

Suchstrategie

Die Deckung des Informationsbedarfs der RKI-Wissenschaftler:innen und die Recherche nach dem neuen Erreger gestaltete sich zu Beginn des Ausbruchsgeschehens als sehr schwierig. Die inkonsistente Bezeichnung vor der Einführung des Erregernamens SARS-CoV-2 erforderte eine Identifizierung aller im wissenschaftlichen Kontext verwandten Bezeichnungen anhand von Handrecherche. Die reine Suche nach Coronaviren generierte auch mit der zeitlichen Eingrenzung auf die Jahre 2019/2020 in der Datenbank PubMed sehr viele Treffer, die sich auf bereits beschriebene Coronaviren wie SARS oder MERS bezogen. Die am häufigsten verwandten Beschreibungen für den neuen Erreger waren zu Beginn des Ausbruchsgeschehens lediglich Beschreibungen (z.B. ncov 2019, novel Coronavirus, Coronavirus Disease 2019 Virus) oder Bezeichnungen, die eine regionale Korrelation zu der Stadt Wuhan, dem örtlichen Tiermarkt, der Region Hubei oder China im Allgemeinen enthielten (z.B. Wuhan Seafood Market Pneumonia Virus, Wuhan Coronavirus). Die offizielle Einführung einer Terminologie für den Erreger SARS-CoV-2 [5] und für das Krankheitsbild COVID-19 [6] am 11. Februar 2020 vereinfachte die Suche enorm. Der Zeitverzug im Publikationsprozess bildete die neuen Terminologien aber erst deutlich später ab, weswegen weiterhin mit den zuvor identifizierten Suchbegriffen recherchiert werden musste.

Die ersten Datenbankrecherchen (bis Ende Februar 2020) enthielten daher eine Korrelation zum Ort des Ausbruchsgeschehen. Die Entwicklung von einer lokal begrenzten Epidemie zur weltweiten Pandemie erforderte eine Überarbeitung und Überprüfung des Suchstrings. Für die räumliche Ausbreitung der Pandemie wurde ein Suchstring mit Korrelation zum Ursprungsort erstellt. Für die möglichst systematische Recherche wurde ein zweiter Suchstring ohne Ortsbezug eingeführt. Für beide Suchstrings wurden neue Alerts in PubMed und Embase eingerichtet. Eine ausführliche Beschreibung der Suchstrategie und der verwandten Suchstrings wurden intern auf einer neu eingerichteten Intranetseite dokumentiert und für die Mitarbeiter:innen des Instituts zur Weiterverwendung zur Verfügung gestellt. Leider war aufgrund der hohen Arbeitslast eine vollständige Dokumentation aller Veränderungen nicht immer sofort möglich. Oft wurden neu identifizierte Supplementary Concepts oder Entry Terms nur in die Alerts integriert.

Hier exemplarisch dargestellt anhand beider PubMed-Suchstrings vor Einführung der MeSH Terms (Version ca. Oktober/November 2020):

Suchstring PubMed 1:

("Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2" [Supplementary Concept] OR "COVID-19" [Supplementary Concept] OR "covid 19 diagnostic testing" [Supplementary Concept] OR "covid 19 drug treatment" [Supplementary Concept] OR "covid 19 serotherapy" [Supplementary Concept] OR "covid 19 vaccine" [Supplementary Concept] OR "Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2"[tiab] OR ncov*[tiab] OR covid*[tiab] OR sars-cov-2[tiab] OR "sars cov 2"[tiab] OR "SARS Coronavirus 2"[tiab] OR "Severe Acute Respiratory Syndrome CoV 2"[tiab] OR "Wuhan coronavirus"[tiab] OR "Wuhan seafood market pneumonia virus"[tiab] OR "SARS2"[tiab] OR "2019-nCoV"[tiab] OR "hcov-19"[tiab] OR „novel 2019 coronavirus“[tiab] OR "2019 novel coronavirus*"[tiab] OR „novel coronavirus 2019*“[tiab] OR "2019 novel human coronavirus*"[tiab] OR „human coronavirus 2019“[tiab] OR "coronavirus disease-19"[tiab] OR "corona virus disease-19"[tiab] OR "coronavirus disease 2019"[tiab] OR "corona virus disease 2019"[tiab] OR "2019 coronavirus disease"[tiab] OR "2019 corona virus disease"[tiab] OR „novel coronavirus disease 2019“[tiab] OR „novel coronavirus infection 2019“[tiab] OR "new coronavirus*"[tiab] OR "coronavirus outbreak"[tiab] OR "coronavirus epidemic"[tiab] OR "coronavirus pandemic"[tiab] OR "pandemic of coronavirus"[tiab]) AND ("2019/12/01"[PDAT] : "2099/12/31"[PDAT])

Suchstring PubMed 2:

("wuhan"[tiab] or china[tiab] or hubei[tiab]) AND ("Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2" [Supplementary Concept] OR "COVID-19" [Supplementary Concept] OR "covid 19 diagnostic testing"[Supplementary Concept] OR "covid 19 drug treatment"[Supplementary Concept] OR "covid 19 serotherapy"[Supplementary Concept] OR "covid 19 vaccine"[Supplementary Concept] OR "coronavirus*"[tiab] OR "corona virus*"[tiab] OR ncov[tiab] OR covid*[tiab] OR sars*[tiab])

Mit der vorübergehenden Einführung von SARS-CoV-2 und COVID-19 als Supplementary Concepts, also einer suchbaren und thematisch grob zusammengeführten Indexierung, in der PubMed-Datenbank, wurde die Suche erleichtert. Für SARS-CoV-2 wurde das Supplementary Concept „Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2“ und für COVID-19 das Supplementary Concept „covid 19“ eingeführt. Diese wurden später unter den neuen MeSH terms „SARS-CoV-2“ (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/mesh/2052180) und „COVID-19“ (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/mesh/2052179) via Automatic Term Mapping als jeweilige Entry Terms indexiert. Im weiteren Pandemieverlauf wurde der PubMed-Suchstring mehrfach um die wichtigsten neu identifizierten Supplementary Concepts ergänzt (z.B. „post-acute COVID-19 syndrome“, „sars cov 2 variants“) und die Wissenschaftler:innen über die Einführung informiert. Seit Einführung der Automatic Term Mapping-Funktion in der neuen PubMed-Oberfläche, werden neu eingeführte Supplementary Concepts automatisch mit durchsucht und müssen nicht zwingend im Suchstring enthalten sein. Die Zusammenstellung der Entry Terms und der Supplementary Concepts wurde während des Pandemieverlaufs mit den laufenden PubMed-Suchstrings abgeglichen, stichprobenartig auf Funktionalität überprüft und ggf. in die Suchstrings integriert.


COVID-19 Datenbank

Nachdem die Bibliothek den Auftrag erhalten hatte, Literatur zu COVID-19 zu sammeln, musste entschieden werden, wie die Daten aus diversen Quellen zusammengeführt und für die Wissenschaftler:innen bereitgestellt werden sollten. Als einzige kurzfristige und praktikable Lösung stellte sich die Nutzung des vom RKI lizenzierten Literaturverwaltungsprogramms EndNote in der Version X7 heraus. Im RKI ist die Nutzung von EndNoteWeb seitens des Datenschutzbeauftragten untersagt. Aus diesem Grund kann im Institut nur mit der Desktop-Version gearbeitet werden, bei der eine Datenbank nicht von mehreren Personen gleichzeitig geöffnet werden kann. Die Datenbank wird daher im schreibgeschützten Modus zur Verfügung gestellt, um einen gleichzeitigen Zugriff durch mehrere Nutzer:innen zu ermöglichen. Damit das Bibliotheksteam trotzdem neue Referenzen hinzufügen kann, wird die EndNote-Datenbank zweifach gespeichert. Die erste Version existiert in einem geschützten Bereich, zu dem nur die Bibliotheksmitarbeiter:innen Zugang haben, sodass die Datenbank nicht von anderen bearbeitet oder gesperrt werden kann. In dieser Datenbank werden die regelmäßigen Updates vorbereitet und zu einem späteren Zeitpunkt in die zweite Datenbank, die in einem Gruppenlaufwerk allen RKI-Mitarbeiter:innen zur Verfügung steht, importiert. Diese kann ausschließlich gelesen bzw. Inhalte daraus kopiert werden. In den ersten drei Monaten wurde die Datenbank an jedem Wochentag aktualisiert. Dieses Vorgehen konnte aufgrund knapper personeller Ressourcen nicht dauerhaft beibehalten werden. So wurden die Updates ab Mai nur noch an drei Tagen in der Woche eingespielt. Aktuell wird die EndNote-Datenbank wöchentlich aktualisiert. Diese Frequenz hat sich sowohl für die Nutzer:innen der Datenbank als auch für das Bibliotheksteam als sinnvoll erwiesen. Nichtnutzer:innen von EndNote wünschten sich zudem ein alternatives Format. Daher wird bei jedem Update zusätzlich ein PDF-Dokument mit den bibliographischen Angaben, inklusive Digital Object Identifier (DOI) als Hyperlink, zu allen neuen Publikationen erstellt.

Um die Arbeit der Wissenschaftler:innen möglichst effektiv zu unterstützen, wurden die Referenzen anfänglich mit den jeweiligen Volltexten angereichert. Die daraus resultierende Dateigröße der bereitgestellten Datenbank führte jedoch zu erheblichen Wartezeiten bei der Bearbeitung. Daher mussten immer wieder neue Datenbanken angelegt werden, um die Hardware nicht zu stark zu belasten, sodass bereits bis zum 30. Juni 2020 vier EndNote-Datenbanken existierten. Da mit der wachsenden Anzahl der Datenbanken keine Dublettenprüfung möglich war, wurde eine Gesamtdatenbank ohne PDF-Dateien erstellt, die auch heute noch in dieser Form fortgeführt wird.

Für die zuvor dargestellten Suchstrings wurden bei den jeweiligen Datenbanken Alerts eingerichtet, um täglich Informationen über neue Publikationen zu erhalten. Diese Alerts wurden in die interne EndNote-Datenbank importiert und dabei die Dubletten anhand der EndNote-Felder „Author“, „Year“, „Title“ und „Secondary Title“ herausgefiltert. Anschließend musste eine weitere Dublettenprüfung nur mit dem Titel vorgenommen werden, da die Datenbanken beim Datenexport für die Publikationen Metadaten in unterschiedler Form mitliefern. Exemplarisch seien hier die Zeitschriftentitel genannt. Während diese bei PubMed abgekürzt werden, werden sie bei Embase ausgeschrieben, wodurch derselbe Artikel nicht mehr als Dublette erkannt wird. Idealerweise wird zur Identifizierung von Dubletten ein eindeutiger Identifier herangezogen. Für Schriftwerke eignet sich hier der DOI, der jedoch in den Grundeinstellungen von EndNote X7 nicht als Feld für die Dublettenprüfung genutzt werden kann. Dies funktioniert nur mit einem Workaround, der im RKI seit Mai 2020 benutzt wird. Dazu wurde ein Feld in EndNote identifiziert, dass für die Dublettenprüfung herangezogen werden kann, aber beim Datenimport aus externen Quellen nicht mit Metadaten befüllt wird. Hier kam das Feld „Label“ in Frage. Allen Referenzen, die einen DOI im dafür vorgesehenen Feld haben, wird zunächst mit Hilfe des EndNote-Werkzeugs „Change Fields“ die Syntax „https://doi.org/“ vorangestellt, sofern der DOI nicht bereits in dieser Form dargestellt wird. Anschließend werden die Inhalte aus dem Feld „DOI“ mit dem Werkzeug „Move/Copy Fields“ in das Feld „Label“ kopiert und die Grundeinstellungen von EndNote dahingehend angepasst, dass die Dublettenprüfung anhand dieses Feldes erfolgt. Publikationen, die keinen DOI haben, oder im Falle von mehrfach vergebenen DOIs müssen weiterhin durch die reguläre Duplikatsuche gefiltert werden. Dies betrifft jedoch nur einen Bruchteil der Veröffentlichungen.

Die Aufbereitung der Referenzen muss in einer zusätzlichen Datenbank erfolgen. In diese werden die Alerts aus den Datenbanken PubMed, Embase, preVIEW und EuropePMC eingespielt und wie beschrieben bearbeitet. Anschließend werden zwei XML-Exporte generiert und in die Gesamtdatenbank eingespielt. Bei einem XML-Export, der alle Referenzen mit DOIs enthält, wird das Label-Feld für die Dublettenprüfung herangezogen. Die zweite XML-Datei enthält die Referenzen ohne DOI und wird beim Import anhand der Felder „Author“, „Year“, „Title“ und „Secondary Title“ geprüft.


Retraction Watch

Die sehr schnelle Veröffentlichung von Forschungsergebnissen führte im Verlauf der Pandemie bereits zu unzähligen zurückgezogenen oder inhaltlich veränderten Publikationen. Bei vielen dieser Publikationen aus seriösen Journals steht der Rückzug der Artikel in direktem Zusammenhang mit einem nicht korrekt eingehaltenen Peer-Review-Prozess oder anderen Verstößen gegen die Ethik des wissenschaftlichen Publizierens [7]. Durch Monitoring von Retraction Watch (https://retractionwatch.com/retracted-coronavirus-covid-19-papers/) und dem Auswerten eines zusätzlich installierten PubMed- und Embase-Alerts informiert das Bibliotheksteam intern zeitnah über diese zurückgezogenen Publikationen oder Expressions of Concern, für den Fall, dass sich Wissenschaftler:innen des Instituts mit diesen Publikationen beschäftigen und die Ergebnisse für die eigene Forschung heranziehen.

Insbesondere der Surgisphere-Skandal [8] im Juni 2020 und die daraus resultierenden Retractions in den Zeitschriften „Lancet“ und „New England Journal of Medicine“ erschwerten Literaturrecherchen für Evidenzsynthesen im Pandemieverlauf. Publikationen, die diese beiden zurückgezogenen Publikationen zitiert hatten, mussten teilweise zusätzlich auf inhaltliche Fehler geprüft werden, da in der Originalpublikation ein gefälschter Datensatz verwandt wurde.

Mit steigender Anzahl auffälliger Publikationen stieg auch der Unterstützungsbedarf des wissenschaftlichen Personals. Zunehmend erreichten das Bibliotheksteam Anfragen zur Hilfe im Umgang mit zurückgezogenen Publikationen in Form von Backward Citation Matching. Dies gestaltete sich ebenfalls schwierig, da es sich überwiegend um nicht indexierte Publikationen von Preprint-Servern handelte, die inhaltlich verändert oder ohne Bekanntgabe zurückgezogen wurden. In diesen Fällen konnte durch die ursprüngliche Sammlung der Volltexte teilweise Abhilfe geschaffen werden.


Monitoring von RKI-Publikationen

Mit Beginn der Pandemie stieg die Anzahl der Veröffentlichungen zu COVID-19/SARS-COV-2 mit Beteiligung von Autor:innen des RKI kontinuierlich an. Die Bibliothek erhielt bald den zusätzlichen Auftrag, ein Monitoring aller Publikationen zu COVID-19 aus dem RKI durchzuführen. Zumeist werden diese Publikationen über PubMed und Scopus identifiziert. Bei beiden Datenbanken wurden entsprechende Alerts eingerichtet. Darüber hinaus dienen als Informationsquelle Meldungen der Wissenschaftler:innen im Rahmen des RKI-internen Veröffentlichungsworkflows und die Nachverfolgung aktiver Twitter-User aus dem RKI, die über diese Kommunikationsplattform auf neue Publikationen hinweisen. Neben Publikationen in Fachzeitschriften werden auch veröffentlichte Preprints in der Auflistung (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Publikationen.html) dargestellt. Zudem werden die Volltexte der Publikationen auf dem Repositorium des RKI bereitgestellt, sofern die entsprechenden Nutzungsrechte vorhanden sind.


Repositorium und DOI-Vergabe

Das RKI verfolgt das Ziel, seine Publikationen langfristig zur Verfügung zu stellen. Das gilt insbesondere für Informationen, die im Rahmen der Pandemie veröffentlicht werden. Um die Langzeitverfügbarkeit sicherzustellen, werden vom RKI herausgegebene Publikationen auf dem Repositorium des Instituts im Platin Open Access bereitgestellt. Jede Veröffentlichung erhält einen DOI, um Zitierbarkeit und langfristige Auffindbarkeit sicherstellen zu können. Durch die DOI-Vergabe kann zudem eine transparente Versionshistorie realisiert werden. Diese Transparenz im Umgang mit den eigenen Veröffentlichungen ist insbesondere während einer Pandemie wichtig. Seit Beginn der Pandemie wurden neben den Publikationen, bei den das RKI ohnehin als Herausgeber tätig ist, etwa 100 zusätzliche Publikationen (Poster, Infografiken, Berichte usw.) auf dem Repositorium bereitgestellt und mit einem DOI versehen. Darüber hinaus sind inzwischen nahezu 1.000 Berichte und Datensätze aus der Arbeit des DIVI-Intensivregisters (https://edoc.rki.de/handle/176904/7011) über das Repositorium frei verfügbar und mit DOIs und weiteren Metadaten angereichert. Die Ablieferung dieser Inhalte erfolgt täglich automatisiert über eine Schnittstelle. Des Weiteren wurden RKI-Mitarbeiter:innen außerhalb der Bibliothek im Umgang mit dem Repositorium geschult, um diese zu befähigen, eigenständig Publikationen einreichen und publizieren zu können.


Online-Schulungen

Die zuvor beschriebenen Dienstleistungen der Bibliothek führten zu einem erhöhten Bedarf der Wissenschaftler:innen hinsichtlich der hausinternen Fortbildungen zur Informationskompetenz. In diesem Rahmen wurden von der Bibliothek vor der Pandemie regelmäßig Schulungen zur Literaturrecherche und Literaturverwaltung angeboten. Wegen der im März 2020 intern verordneten Absage aller Vor-Ort-Veranstaltungen konnten diese Fortbildungen zunächst nicht mehr durchgeführt werden. Um dem Bedarf der Wissenschaftler:innen gerecht zu werden, wurden die vorhandenen Fortbildungsangebote kurzfristig als digitale Veranstaltungen konzipiert und durchgeführt. Darüber hinaus wurden Beratungsangebote in Form von Videokonferenzen realisiert. Zusätzlich hat das Bibliotheksteam auch vermehrt Online-Schulungen von externen Anbietern beworben (z.B. von HEBIS) oder externe Referenten eingeladen. Der Fachinformationsdienst Pharmazie der UB Braunschweig demonstrierte beispielsweise das neu entwickelte Drug-Disease-Network (http://fid-forum.ifis.cs.tu-bs.de:8080/drugstats/fid-graph/graphscript/ai-access_2021_ee_5.html#) in einer Online-Schulung direkt für die RKI-Mitarbeiter:innen.


Lessons learned

Die Coronavirus-Pandemie bedeutet für viele Menschen weltweit eine große Belastung mit diversen Einschränkungen. Sie erfordert einen flexiblen Umgang mit verschiedenen Herausforderungen. Die primäre Herausforderung für die Mitarbeiter:innen der Bibliothek des Robert Koch-Instituts war die Bewältigung der dargestellten neuen Aufgaben unter der Berücksichtigung, dass das übliche Tagesgeschäft weitergeführt und die jeweiligen privaten Umstände der Mitarbeiter:innen berücksichtigt werden mussten. Auf eine weltweite Pandemie konnte man sich nicht vorbereiten und es konnte auf keinen Leitfaden für eine derartige Situation zurückgegriffen werden. Die Ausmaße und Dauer der Pandemie hat sich niemand vorstellen und viele der Probleme und Herausforderungen hat man im Vorfeld nicht prognostizieren können. Insbesondere in den ersten Monaten führte dies zu einer hohen Belastung des Bibliotheksteams. Der (Zeit-)Druck, unter dem gearbeitet werden musste, war außergewöhnlich hoch. Neben Fachkenntnissen waren vor allem eine gute Organisation, Flexibilität und Resilienz wichtige Faktoren, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Zudem ist eine gut ausgebaute, stabile IT-Infrastruktur während einer Pandemie zwingend erforderlich. Insbesondere um neu eingestelltes Personal zu informieren oder dem schnell wachsenden Schulungsbedarf kurzfristig zu begegnen, war die Ausstattung des gesamten Bibliothekspersonals mit entsprechender Technik notwendig, u.a. zur Durchführung der Tätigkeiten aus dem Homeoffice.

Eine Entlastung war auch die bibliothekarische Fachcommunity, die an mehreren Stellen unterstützen konnte. Ohnehin, aber insbesondere während der dynamischen Entwicklungen einer Pandemie, ist eine externe Vernetzung elementar. So wurde z.B. die für die Literatursammlung initial entwickelte Suchstrategie durch die Arbeitsgemeinschaft Evidenzbasierte Medizin der AGMB auf Logik geprüft. Durch die Bibliothek der Medizinischen Fakultät Mannheim wurden Recherchen in zusätzlichen, nicht vom RKI lizenzierten Datenbanken durchgeführt. Der „Praxisleitfaden Systematische Literaturrecherche der Universitätsmedizin Mainz“ (https://kurzelinks.de/Praxisleitfaden) und die COVID-19 Ressourcensammlung der UB Mainz (https://www.ub.uni-mainz.de/de/evidenzbasierte-informationen-zum-coronavirus) wurden im Intranet des RKI dauerhaft verlinkt und zur Nachnutzung empfohlen. Der von ZB MED bereitgestellte Dienst preVIEW und die schnelle Umsetzung von Änderungsvorschlägen sorgte bei der Sammlung von Preprints für eine erhebliche Zeitersparnis. Auch die Bereitstellung von zahlreichen Fachartikeln zu COVID-19 durch andere Bibliotheken soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

Ein weiterer wichtiger Schritt war eine im Mai 2020 durchgeführte Befragung unter den Nutzer:innen der Datenbank. Ziel war es herauszufinden, welche Informationen besonders relevant sind, in welcher Frequenz sie Updates benötigen und für welche Zwecke die Daten genutzt werden. Die Auswertung ergab, dass die EndNote-Datenbank den Informationsbedarf der Wissenschaftler:innen sehr gut bedient. Die Bibliothek erspart durch das Anlegen der EndNote-Datenbank den Wissenschaftler:innen viel Arbeit. Sie müssen keine eigenen Datenbank- und Handrecherchen durchführen oder Suchstrings erstellen und können direkt in der bereitgestellten Datenbank nach ihren jeweiligen Fragestellungen recherchieren. Auch wenn die Befragung zunächst einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutete, führte sie dazu, dass das Bibliotheksteam langfristig entlastet und die Datensammlung noch näher an die Bedürfnisse der Nutzer:innen angepasst werden konnte. So wurde durch die Rückmeldungen z.B. deutlich, dass eine Bereitstellung der Volltexte in EndNote für die Nutzer:innen nicht zwingend erforderlich war. Zudem wirkte sich die mit den Rückmeldungen einhergehende Dankbarkeit der Nutzer:innen für den bereitgestellten Service positiv auf die Motivation der Bibliotheksmitarbeiter:innen aus.

Während des Pandemieverlaufs wurde mehrfach festgestellt, dass es nicht möglich ist, im Fall von SARS-CoV-2 und COVID-19 eine vollständige Datenbasis zu generieren. Das gesamte Publikationsgeschehen systematisch anhand der Literatursammlung abzubilden ist nur teilweise möglich. Menschliche Fehler beim Einspielen der Alerts, der Identifizierung von Duplikaten oder die Limitierungen einzelner Datenbanken können immer zu nicht erfassten Referenzen führen. Die kontinuierliche Aktualisierung der Suchstrings und das Monitoring von neuen Recherche-Ressourcen nehmen viel Zeit in Anspruch, die nur teilweise vorhanden ist. Mittlerweile zeigen sich viele Vorteile der eigenen Sammlung:

  • Zeitersparnis
    Die direkte Nachnutzbarkeit der Datenbank bedeutet eine große Zeitersparnis für die Endnutzer:innen, da sie nicht selber in den jeweiligen Datenbanken recherchieren müssen und die Prüfung auf Duplikate für sie entfällt.
  • Bessere Nachvollziehbarkeit von Preprint-Server-Veröffentlichungen
    Verschwundene Preprint-Server-Referenzen konnten teilweise anhand der Volltextsammlung bis Juni 2020 trotzdem zur Verfügung gestellt werden. Teilweise konnten so auch Korrekturen nachvollzogen oder andere Auffälligkeiten leichter identifiziert werden.
  • Nachnutzbarkeit
    Suchstrings, die mit Hilfe der bereitgestellten Suchstrategie erstellt wurden, enthielten weniger Fehler und benötigten deutlich weniger Korrekturen. Die Häufigkeit der Unterstützungsgesuche zum dargestellten Rechercheprozess an die Bibliothek hat abgenommen.
  • Bedarfsgerechte Abbildung des Publikationsgeschehens
    Die EndNote-Datenbank des RKI beinhaltet mit Stand 30.07.2021 236.737 Referenzen. Die Suchstrategie enthält keine Einschränkung auf rein medizinische Literatur, sodass durch die Sammlung auch Referenzen aus anderen Wissenschaftsdisziplinen bereitgestellt werden.
  • Langfristiger Nutzen
    Da die Sammlung nicht auf einer eingeschränkten Suchstrategie im Hinblick auf eine bestimmte Fragestellung zu COVID-19 basiert, kann sie auch längerfristig zur Unterstützung von Evidenzsynthesen genutzt werden. Die Erstellung von Living Systematic Reviews wurde anhand der EndNote-Datenbank teilweise erleichtert.

Mit der stetig anwachsenden Sammlung der Publikationen wurde deutlich, dass die Software EndNote X7 nicht perfekt für den Zweck geeignet ist. Je mehr Referenzen eine Datenbank enthält, desto schlechter wird die Performance des Programms. Der wöchentliche Import von neuen Daten dauert inzwischen bis zu 48 Stunden an. Auch für die Nutzer:innen der Datenbank wird die Arbeit erschwert, weil die Performance unter der Dateigröße leidet. Eine Lösung für diese Probleme wurde bisher nicht gefunden. Unabhängig von der Größe der Datei gibt es durch die proprietäre Software Einschränkungen beim Teilen der Daten mit Nutzer:innen, die EndNote nicht zur Verfügung haben.

Im Verlauf des Ausbruchgeschehens wurden auch einige Vor- und Nachteile der PubMed- und der Embase-Datenbank deutlich. In der Embase-Datenbank ist im Vergleich zu PubMed keine zeitlich unbegrenzte Alert-Funktion voreingestellt. Als die ersten Alerts in den Datenbanken eingerichtet wurden, war nicht absehbar, dass der Suchauftrag so lange bestehen bleiben wird. Nach dem Jahreswechsel 2020/2021 fiel aufgrund der hohen Arbeitslast leider erst nach einiger Zeit eine erhebliche Diskrepanz zwischen den generierten Referenzen in den PubMed- und den Embase-Alerts auf. Der Embase-Suchstring wurde daher vom Suchzeitraum von 2020 auf 2020/2021 umgestellt und auch gleich für die Folgejahre mit eingerichtet. Beim nachträglichen Einspielen der neuen Embase-Referenzen zeigte sich sehr deutlich, welche Zeitschriften von Embase zusätzlich zur Medline-Datenbasis ausgewertet werden. Viele Treffer stammten überwiegend aus dem europäischen Raum. Für ein möglichst systematisches Vorgehen ist daher immer eine Auswertung beider Datenbanken nötig. Mehrfach wurde vor der Pandemie innerhalb des RKIs mit Blick auf die Lizenzgebühren über die Notwendigkeit der Embase-Datenbank diskutiert. Während der Pandemie hat sich gezeigt, dass der Zugang zu den zusätzlich ausgewerteten Zeitschriften zur Informationsinfrastuktur des RKI gehören muss.

Ein großer Unterschied zwischen den beiden Datenbanken ist auch in der zeitlichen Dauer der Indexierung von Literatur zu COVID-19 und SARS-CoV-2 feststellbar. Während das Pandemiegeschehen bei der PubMed-Datenbank sehr zeitnah und mittlerweile auch sehr differenziert indexiert wird, inzwischen gibt es ca. 70 unterschiedliche untergeordnete Supplementary Concepts oder MeSH-Begriffe, wird in Embase nach wie vor die gesamte Literatur unter dem Embase-Thesaurus (Emtree) „coronavirus disease 2019“ und lediglich fünf Unterbegriffen indexiert. Dies ermöglicht aktuell nur eine sehr eingeschränkte inhaltliche Suche innerhalb des Embase-Thesaurus.

Die neu eingeführte Automatic Term Mapping-Funktion der neuen PubMed-Oberfläche bietet in der PubMed-Datenbank eine deutlich benutzerfreundlichere und auch inhaltlich strukturiertere Suche. Die im Hintergrund voreingestellte Suche innerhalb des Tagfields [allfields] generiert automatisch alle übergeordneten MeSH-Terms.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Bibliotheksteam erstmalig Praxiserfahrung in der Arbeit mit einer eigenen, derart umfangreichen Literaturrecherche sowie Literaturdatenbank sammeln konnte und somit die Herausforderungen des wissenschaftlichen Personals bei Tätigkeiten dieser Art in Zukunft noch besser unterstützen können wird. In diesem Zusammenhang hat sich auch gezeigt, dass sich durch die Fortbildungen und Unterstützungsangebote zu diesen Themen in Form von Webinaren und digitalen Besprechungen Lernziele ebenfalls gut erreichen lassen, sodass die RKI-Bibliothek diese Formate auch nach dem Ende der Pandemie anbieten wird.


Fazit

Die Bibliothek des RKI hat innerhalb des Instituts einen wichtigen Beitrag zur bisherigen Lagebewältigung geleistet. Alle Aufgaben im Rahmen der Pandemie wurden zusätzlich zum bibliothekarischen Tagesgeschäft bearbeitet. Typische bibliothekarische Dienstleistungen können im RKI teilweise seit einigen Monaten gar nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung erledigt werden. Da bisher noch kein Ende der Pandemie absehbar ist, wird dies mutmaßlich noch einige Zeit andauern. Die Wissenschaftler:innen werden seit vielen Monaten kontinuierlich mit Updates zu neuen Veröffentlichungen zu COVID-19 versorgt und nehmen weitere Services in Anspruch. Oft traten die Wissenschaftler:innen gerade dann in Kontakt zur Bibliothek, wenn die Komplexität der zu bearbeitenden Fragestellung erweiterte Informationsexpertise erforderte. Die in der Bibliothek vorhandenen Kompetenzen, die Bereitschaft die Wissenschaftler:innen zu unterstützen und auch die Qualität der Arbeitsergebnisse haben sicherlich für eine weitere Verbesserung des Standings der Bibliothek innerhalb des Instituts gesorgt. Nicht zuletzt sorgten auch das proaktive Bereitstellen und die Bewerbung von Diensten über verschiedene interne Kanäle dafür. Falsch wäre der Gedanke gewesen, dass man als Bibliothek im Hinblick auf die Pandemie keinen Beitrag hätte leisten können. Wichtig ist, die eigenen Fähigkeiten zu kennen und diese bei der Aufgabenbewältigung strategisch und gewinnbringend für die eigene Einrichtung einzusetzen.


Anmerkungen

Danksagungen

Die Bibliothek des Robert Koch-Instituts bedankt sich für die Unterstützung und Hilfestellung bei der Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen e.V. (AGMB) und den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Evidenzbasierte Medizin der AGMB, die so zahlreiche Hilfestellungen, Antworten und Hinweise zu unseren Fragen und Unterstützungsgesuchen gegeben haben.

Besonderer Dank gilt:

  • Lorena Cascant Ortolano und Dr. Stefanus Schweizer, stellvertretend für das Team der Universitätsbibliothek der medizinischen Hochschule Mainz
  • Maurizio Grilli und Volker Braun von der Bibliothek der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg
  • Dr. Christina Draheim und Dr. Stefan Wulle, stellvertretend für das Team des Fachinformationsdienstes Pharmazie der Universitätsbibliothek und des Instituts für Informationssysteme der TU Braunschweig
  • Lisa Langnickel, stellvertretend für ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften

Interessenkonflikte

Die Autor:innen erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Halm A, Grote U, an der Heiden M, Hamouda O, Schaade L, Rexroth U; RKI-Lagezentrums-Gruppe. Das Lagemanagement des Robert Koch-Instituts während der COVID-19-Pandemie und der Austausch zwischen Bund und Ländern. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2021 Mar 5;64(4):418-25. DOI: 10.1007/s00103-021-03294-0 External link
2.
Fraser N, Brierley L, Dey G, Polka JK, Pálfy M, Nanni F, Coates JA. The evolving role of preprints in the dissemination of COVID-19 research and their impact on the science communication landscape. PLoS Biol. 2021 Apr 2;19(4):e3000959. DOI: 10.1371/journal.pbio.3000959 External link
3.
Langnickel L, Baum R, Darms J, Madan S, Fluck J. COVID-19 preVIEW: Semantic Search to Explore COVID-19 Research Preprints. Stud Health Technol Inform. 2021;281:78-82. DOI: 10.3233/SHTI210124 External link
4.
Araujo D. Europe PMC to include the full text of COVID-19 preprints. 2020 Jun 8. Available from: http://blog.europepmc.org/2020/06/europe-pmc-full-text-covid19-preprints.html External link
5.
Gorbalenya AE, Baker SC, Baric RS, de Groot RJ, Drosten C, Gulyaeva AA, Haagmans BL, Lauber C, Leontovich AM, Neuman BW, Penzar D, Perlman S, Poon LLM, Samborskiy D, Sidorov IA, Sola I, Ziebuhr J. Severe acute respiratory syndrome-related coronavirus: The species and its viruses – a statement of the Coronavirus Study Group [Preprint]. bioRxiv. 2020. DOI: 10.1101/2020.02.07.937862 External link
6.
World Health Organization (WHO). WHO Director-General’s remarks at the media briefing on 2019-nCoV on 11 February 2020. Available from: https://www.who.int/director-general/speeches/detail/who-director-general-s-remarks-at-the-media-briefing-on-2019-ncov-on-11-february-2020 External link
7.
Committee on Publication Ethics; Directory of Open Access Journals; Open Access Scholarly Publishers Association; World Association of Medical Editors (WAME). Principles of Transparency and Best Practice in Scholarly Publishing. 2018. DOI: 10.24318/cope.2019.1.12 External link
8.
Offord C. The Surgisphere Scandal: What Went Wrong? The Scientist. 2020 Oct 1. Available from: https://www.the-scientist.com/features/the-surgisphere-scandal-what-went-wrong--67955 External link