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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Geschrieben, publiziert, zitiert: Entwicklung Kieler medizinischer Publikationen von 2015 bis 2019 im Zeichen des Projektes DEAL

Written, published, cited: development of Kiel medical publications from 2015 to 2019 under the auspices of the DEAL project

Fachbeitrag

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  • corresponding author Oliver Weiner - Universitätsbibliothek Kiel, Zweigbibliothek Medizin, Kiel, Deutschland
  • Stefan Spoddig - Universitätsbibliothek Kiel, Zweigbibliothek Medizin, Kiel, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2020;20(3):Doc28

doi: 10.3205/mbi000485, urn:nbn:de:0183-mbi0004858

Published: December 22, 2020

© 2020 Weiner et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Anlässlich eines Projektes zum Zweitverwertungsrecht wurde auf die Publikationsdaten der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zugegriffen und diese analysiert. Im Fokus des Projekts zum Zweitverwertungsrecht standen die Ermittlung der korrespondenzführenden Autoren und die Prüfung der Möglichkeit, Publikationen in das OA-Hochschulschriften-Repositorium der Universitätsbibliothek Kiel (MACAU) einzustellen.

Ausgehend von der Annahme, dass die korrespondenzführenden Autoren das Urheberrecht innehaben, umfasst der ermittelte Datenbestand alle Publikationen, deren Urheberschaft bei der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein liegen.

Im erweiterten Ansatz wurden im Datenbestand die Verlagszugehörigkeit und Zitationshäufigkeit der Publikationen ermittelt, um deren Entwicklung dann über einen 5-Jahresverlauf zu beobachten und in einen Kontext zu den Maßnahmen im Projekt DEAL zu stellen. Bei der erweiterten Datenanalyse stand folgende Fragestellung im Fokus: Hatten das DEAL-Projekt und der Elsevier-Boykott Einfluss auf das Publikationsverhalten Kieler Wissenschaftler*innen hinsichtlich Verlagswahl und Zitierhäufigkeit im Zeitrahmen 2015 bis 2019?

Schlüsselwörter: Projekt DEAL, Publikationsanalyse, Zitationsanalyse, Publikationsverhalten, Open Access, Medizinische Publikation, Wissenschaftsverlag

Abstract

Scientific output and scholarly content in general at the medical department of Kiel University is considered on the basis of open access publishing strategies. Since most of the scholarly output has already been published, bibliographic data of the branch library of the faculty of medicine are collected and analysed. The central question is whether the scholarly content can be published in open access pathways especially those of the Institutional Open Access Repository of Kiel University MACAU. For this purpose, corresponding authors had to be identified for each publication as they hold potential copyright. Taking into consideration that corresponding authors affiliated with Kiel University hold the copyright, the collected bibliographic data represent editions for which copyright is held by Kiel University Medical Faculty and Kiel University Hospital UKSH. A closer look at the data considered the publishers and citation rates of the scientific content. The citation data of the publications was monitored over a period of 5 years and correlated to measures taken in the DEAL project. Further analysis of the data raised the question whether the DEAL project and the boycott of Elsevier’s products had influence on which publishers scientists of Kiel University chose and how often the publications were cited between 2015 and 2019.

Keywords: project DEAL, publication analysis, citation analysis, publication behavior, open access, medical publication, science publisher


Einleitung

Im Publikationsprozess führt der korrespondenzführende Autor für die Autorengemeinschaft den Austausch mit dem „Editorial Board“ der herausgebenden Zeitschrift ([1], S. 72).

Beim Open-Access-Publizieren, dem Finanzieren von Publikationen durch Forschungsförderung und dem DEAL-Ansatz des „publish and read“ kommen auf die korrespondenzführenden Autoren weitere verantwortliche Funktionen zu. Durch den Wandel in der wissenschaftlichen Publikationsfinanzierung weg vom Subskriptionsmodel hin zur Finanzierung über Publikationsgebühren muss der korrespondenzführende Autor auch mit seiner Affiliation zu einer finanzierenden Universitäts- und Forschungseinrichtung betrachtet werden.

„Die Affiliation der Korrespondenzautorin bzw. des -autors ist für die Übernahme von Publikationsgebühren in Open-Access-Verträgen wie auch für die Berechtigung zur Publikation einzelner Open-Access-Beiträge in Zeitschriften über Transformationsverträge typischerweise entscheidend.“ [2]

Analysiert man das Publikationsaufkommen aller affiliierten korrespondenzführenden Autoren einer Fakultät oder Gesamtuniversität über mehrere Jahre, kann die Entwicklung des Publikationsaufkommens hinsichtlich Verlagsverteilung oder Zitationsrate dieser Organisation als eine geschlossene Einheit betrachtet werden. Dieser Ansatz wurde bei der Datenanalyse Kieler medizinischer Publikationen verfolgt, um die Wirksamkeit der Maßnahmen im Projekt DEAL zu untersuchen. Haben die DEAL-Maßnahmen Einfluss auf die Kieler Wissenschaftler*innen hinsichtlich ihrer Verlagswahl oder Zitierhäufigkeit genommen?


Das Projekt DEAL aus Kieler Sicht

Das Projekt DEAL wurde im Auftrag der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen und unter Federführung der Hochschulrektorenkonferenz 2015 aufgenommen, um einen Wandel im wissenschaftlichen Zeitschriftenbezug vom Subskriptionsmodell hin zu bezahlten OA-Publikationsdienstleistungen herbeizuführen. Die CAU Kiel hat sich zusammen mit anderen deutschen Universitäts- und Forschungseinrichtungen dem Projekt angeschlossen.

Die drei weltweit größten Wissenschaftsverlage Elsevier, Springer und Wiley sollten durch Vertragsverhandlungen zu neuen bundesweiten Transformationsverträgen zur Förderung von Open Access bewegt werden. Der Elsevier-Verlag zeigte sich den Zielen der DEAL-Projektgruppe von Anfang an nicht zugänglich, so dass die teilnehmenden Einrichtungen ab 2017 aufgerufen wurden ihre auslaufenden Elsevier-Verträge nicht mehr zu verlängern [3]. Mit Auslaufen der Elsevier-FreedomCollection, die über 2.000 Zeitschriftentitel der MINT-Fächer abgedeckt hat, hat sich die CAU Kiel 2018 dem Boykott angeschlossen. 2018 wurden mit den Verlagen Wiley und SpringerNature Übergangsvereinbarungen hin zu Transformationsverträgen getroffen, was einen unveränderten Bezug an Zeitschriften der beiden Verlage bedeutete. Seit 2019 besteht ein DEAL-Vertrag mit Wiley, dem sich die CAU Kiel zu Anfang desselben Jahres angeschlossen hat. Die OA-Publikationsförderung wurde Mitte des Jahres 2019 durch die UB Kiel aufgenommen. Mit dem Verlag SpringerNature wurde durch die DEAL-Projektgruppe ein Vertrag im Januar 2020 unterzeichnet, dem sich die CAU Kiel ebenfalls zu Beginn desselben Jahres angeschlossen hat.


Methode

Für das Projekt der OA-Zweitveröffentlichung hat die Medizinische Fakultät der CAU Kiel aus ihrer Datenbank zur leistungsorientierten Mittelvergabe (LOM) die Publikationsdaten aller angeschlossenen Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Die Publikationsdaten aus der LOM-Datenbank umfassen alle Arten von Publikationen aus Zeitschriften (Forschungs- und Übersichtsartikel, Kommentare u.a.). Buch-, Poster- und Kongressbeiträge werden in einer separaten LOM-Datenbank erfasst und waren somit nicht Gegenstand dieser Untersuchung.

Um möglichst aktuelle Publikationen für das Hochschulrepositorium der UB Kiel (MACAU) zu ermitteln, wurden insgesamt 7.488 Publikationen der Jahre 2015 bis 2019 für die Datenanalyse ausgewählt.

Für die Ermittlung der korrespondenzführenden Autoren und der Verlagszugehörigkeit wurden die Datenbanken PubMed und Google Scholar genutzt. Nach Ermittlung aller korrespondenzführenden Autoren unter Herausnahme von Co-Autorenschaften, Dubletten, Kongress- und Posterbeiträgen sowie aller Publikationen mit unklarer Urheberschaft sind 2.138 Publikationen mit CAU-Korrespondenzautorenschaft in die Datenanalyse aufgenommen worden (Tabelle 1 [Tab. 1]). Durch Anreicherung der Publikationsdaten um die Angabe des Verlages und um Zitationen konnte als „Nebenbeiprojekt“ eine erweiterte Datenanalyse hinsichtlich Verlagswahl und Rezeption der Kieler Publikationen vorgenommen werden.

Die Zitationsanalyse wurde mit Hilfe des „Web of Science“ (WoS) durchgeführt. Publikationen aus Zeitschriften kleinerer Verlage mit eher nationalem Wirkungsgrad wie Aus- und Fortbildungszeitschriften sind nicht im WoS gelistet, woraus sich bei deren Auswertung meist 0 Zitationen ergeben haben. Da die Publikationsdaten für 2019 im Frühjahr 2020 aus der LOM-Datenbank noch nicht zur Verfügung standen, wurde das Publikationsaufkommen der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums S-H für dieses Jahr aus der Datenbank WoS ermittelt. Die weitere Datenanalyse wurde mit Hilfe von Microsoft Excel durchgeführt.

Im Folgenden werden die Ergebnisse nach den Aspekten Verteilung der Publikationen nach Verlagen und Anteil erzielter Zitationen nach Verlagen präsentiert.


Ergebnis Verlagsverteilung

Die erste Sichtung hat ergeben, dass sich drei Viertel der Publikationen mit CAU-Korrespondenzautorenschaft auf die Verlage Elsevier, SpringerNature, Wiley, Oxford University Press, Taylor & Francis, LWW und Thieme verteilen und sich die Societies (Fachgesellschaften) und kleinere Verlage das übrige Drittel teilen. Um in der Ergebnisdarstellung den Anteil an Verlagen auf 10 zu beschränken, ist ein Schnitt bei unter 37 Publikationen in der 5-Jahresbetrachtung gezogen worden. Für Publikationen aus Verlagen, die weniger als 37 Publikationen in der 5-Jahresbetrachtung auf sich vereinigen konnten, sind Cluster mit den Merkmalen „Open-Access-Verlage“, „Societies“ und „sonstige Verlage“ gebildet worden.

Die kleinsten Anteile ab 37 Publikationen entfallen auf die nicht in das Projekt DEAL involvierten Verlage LWW, Taylor & Francis, Oxford UP und Thieme. Einen Anteil von 136 Publikationen (6,36%) vereinen die Societies (Fachgesellschaften) als erster Cluster auf sich. Der Cluster Open-Access-Verlage erreicht einen Anteil von 259 Publikationen (12,11%). Als erster DEAL-involvierter Verlag folgt Wiley mit 288 Publikationen (13,47%). Im Cluster „sonstige Verlage“ vereinen 63 Verlage 301 Publikationen (14,08%) auf sich (Abbildung 1 [Abb. 1]). Der tatsächliche Anteil könnte bei den „sonstigen Verlagen“ sogar höher ausfallen, da der Datenabzug 2019 aus dem WoS erfolgt ist, in dem Publikationen kleinerer Verlage mit einer nationalen Ausrichtung in Fort- & Weiterbildungszeitschriften nur geringe Berücksichtigung finden ([1], S. 225). Die meisten Publikationen konnten die DEAL-involvierten Verlage Elsevier und SpringerNature mit 422 (19,74%) bzw. 443 (20,72%) Publikationen aus der Kieler Medizinischen Fakultät auf sich vereinen.

Die DEAL-involvierten Verlage vereinen (als einzeln betrachtete Verlage) die drei größten Anteile auf sich, zusammengenommen 53,9% der Publikationen.

SpringerNature konnte über den 5-Jahres-Betrachtungszeitraum seinen Anteil am Publikationsaufkommen mit Korrespondenzautorenschaft deutlich von 15,0% auf 25,5% steigern (Tabelle 2 [Tab. 2]). Der Anteil erreichte 2019 sogar mit 121 Publikationen auch den absolut höchsten Wert, den ein Verlag in dieser Analyse auf sich vereinen konnte. Da die DEAL-Förderung von SpringerNature-Publikationen erst ab 2020 aufgenommen wurde, lässt sich die künftige Entwicklung mit Spannung erwarten.

Der (auf hohem Niveau liegende) Anteil von Elsevier-Publikationen (Tabelle 2 [Tab. 2]) stagniert im 5-Jahresvergleich (21,5% in 2015 auf 21,1% in 2019) hingegen. Bei den absoluten Zahlen zeigt der Anteil der Elsevier-Publikationen keinen stetigen Anstieg, sondern folgt im 2-Jahresrhythmus einem Auf und Ab. Der niedrige Wert in 2018 könnte auf den Elsevier-Boykott zurückzuführen sein, jedoch wäre dieser Effekt dann nicht nachhaltig. In 2019 steigt der Anteil auf 100 Publikationen und erreicht damit seinen höchsten Verlagswert.

Wiley als drittgrößter Verlag hat einen Rückgang an Publikationen in der 5-Jahresbetrachtung zu verzeichnen (16% in 2015 auf 13,7% in 2019) (Tabelle 2 [Tab. 2]). Bei den absoluten Zahlen ist eine Schwankung im 2-Jahresrhythmus in der Publikationsverteilung festzustellen. Der deutliche Anstieg von 2018 auf 2019 könnte auf die aufgenommene DEAL-Publikationsförderung hindeuten. Da der 2019 erreichte Anteil jedoch fast alle 2 Jahre erreicht wird, ist das noch kein eindeutiges Merkmal für eine Auswirkung der DEAL-Publikationsförderung.

Die Kieler Zahlen lassen sich mit anderen Universitätsstandorten in Deutschland vergleichen. An der Universitätsbibliothek Bielefeld wurde eine ähnliche Untersuchung des Gesamtpublikationsaufkommens an den Universitäten Gießen, Regensburg, Göttingen, Bielefeld, Siegen und dem Forschungszentrum Jülich für die Jahre 2015–2017 durchgeführt [2]. Trotz des Unterschiedes gesamtuniversitäres Publikationsaufkommen vs. Publikationen Medizinische Fakultät CAU Kiel weisen die prozentualen Verlagsanteile nur geringe Unterschiede auf. Eine Betrachtung der Kieler Zahlen für den gleichen Zeitraum 2015–2017 zeigt, dass die Publikationsverteilung bis zu einer maximalen Abweichung von 5% an allen Standorten vergleichbar ist.


Ergebnis Zitationsranking

Lassen sich aus einem Zitationsranking DEAL-bedingte Einflüsse wie z.B. der Elsevier-Boykott feststellen? Seit 2017 hat die DEAL-Projektgruppe in Deutschland zum Boykott von Zeitschriften aus dem Elsevier-Verlag aufgerufen. Auch in anderen Ländern wie Norwegen, Schweden und Irland haben Konsortien Verhandlungen mit Elsevier aufgenommen, um Transformationsverträge durchzusetzen. Dies ist durch Presseberichte auch in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbemerkt geblieben [4]. Gleichzeitig ist auch der Anteil von OA-Publikationen in Deutschland im gleichen Zeitraum gestiegen [5].

Abbildung 2 [Abb. 2] stellt alle ausgewerteten Parameter der Zitationen von 2015 bis 2019 dar. Auf der X-Achse stehen die Verlage mit ihrer Gesamtzahl an Publikationen, die blaue Säule stellt die mindestens einmal zitierten Publikationen dar, die rote Säule fasst die Zitationen auf die Publikationen eines Verlages zusammen. Die durchschnittliche Zitierung pro Publikation errechnet sich aus der Gesamtzahl der Zitationen dividiert durch die Gesamtzahl der Publikationen eines Verlages.

Publikationen aus Elsevier-Zeitschriften vereinen die meisten Gesamtzitationen über den gesamten Betrachtungszeitraum auf sich. Mit Abstand folgen dann nahezu gleichauf die Verlage SpringerNature, Wiley und die Publikationen aus den Open-Access-Verlagen. Deutlich dahinter folgen dann die übrigen Verlage und Cluster. Die DEAL-involvierten Verlage vereinen somit als Einzelverlage nicht nur die meisten Publikationen auf sich, sondern auch die drei höchsten Anteile bei den Gesamtzitationen.

Beim Zitationsranking lohnt sich ein detaillierterer Blick. In Tabelle 3 [Tab. 3] sind alle Parameter der Zitationsanalyse in tabellarischer Form zusammengefasst. Die Klammern markieren jeweils die Platzierung bzw. Prozentanteile innerhalb der Kategorien.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Publikation mindestens einmal zitiert wird, lag bei den Open-Access-Verlagen mit 74,5% am höchsten. Mit kleinem Abstand folgen dann die Publikationen von Oxford UP (74%), LWW (73%), Elsevier (71%) und den Societies (70%). Die Quote der zitierten Publikationen lag bei Wiley mit 66% deutlich dahinter. SpringerNature konnte im Anteil mindestens einmal zitierter Publikationen nur eine Quote von 47% aufweisen. Der niedrigste Wert im Vergleich der DEAL-involvierten Verlage. Dieser Wert steht im Kontrast zu der hohen Steigerung beim Anteil des Verlags bei den Publikationen. Der hohe Anteil an SpringerNature-Publikationen schlägt sich nicht in einen ebenso hohen Wert bei den mindestens einmal zitierten Publikationen nieder.

Eine Betrachtung des Rankings nach dem Durchschnitt der Zitate pro Publikation stellt LWW, den Verlag mit dem kleinsten Anteil an Publikationen, in der Betrachtung sowohl der mindestens einmal zitierten Publikationen (Ø zitierte Publ.) als auch der Gesamtpublikationen (Ø gesamt Publ.) mit 6,5 bzw. 4,81 Zitierungen pro Publikation jeweils an erste Stelle.

Unter den DEAL-involvierten Verlagen schneidet Elsevier hier am besten ab. Die hohe Gesamtzitationsrate (1.755 Zitationen) der 300 mindestens einmal zitierten Elsevier-Publikationen bestätigt die Bedeutung des Verlages. Jede der 300 mindestens einmal zitierten Publikationen hat im Durchschnitt 5,85 Zitierungen auf sich vereinigt. Der Durchschnitt aller 422 bei Elsevier erschienen Publikationen erzielt ebenfalls mit 4,15 Zitierungen den zweiten Rang.

Trotz des Umstandes, dass nur 47% der SpringerNature-Publikationen mindestens einmal zitiert wurden, erreichen diese 207 zitierten Publikationen insgesamt 1.047 Zitierungen. Dies ist der zweithöchste Wert bei den ermittelten Zitationen unter allen Verlagen, was zu einer durchschnittlichen Zitationsrate von 5,05 Zitierungen pro Publikation führt.

Wiley kann mit seinen 190 mindestens einmal zitierten Publikationen insgesamt 998 Zitationen erzielen, was einer durchschnittlichen Zitationsrate von 5,25 pro Publikation entspricht.

Bei einer Betrachtung des Rankings auf die durchschnittliche Zitationsrate im Anteil aller bei einem Verlag erschienenen Publikationen (Ø gesamt Publ.) belegen Wiley mit 3,46 Zitierungen pro Publikation und SpringerNature mit 2,36 hingegen nur mittlere bis hintere Platzierungen. Hier schneiden LWW (4,81), Elsevier (4,15) Oxford UP (3,64) und die Publikationen aus den Clustern Open-Access-Verlage (3,77) und Societies (3,57) besser ab.


Fazit

Die meisten Publikationen der Medizinischen Fakultät der CAU Kiel werden, wie zu erwarten, bei den DEAL-involvierten Verlagen SpringerNature, Elsevier und Wiley veröffentlicht.

Schon vor Abschluss des DEAL-Vertrages mit SpringerNature konnte der Verlag einen kräftigen Zuwachs an Publikationen verzeichnen. Die Steigerung des Verlagsanteils im 5-Jahres Betrachtungszeitraum um 10% belegt diese Entwicklung deutlich (Tabelle 2 [Tab. 2]). Durch Übernahme der DEAL-OA-Publikationskosten ab 2020 ist mit einem weiteren Anstieg beim Verlagsanteil zu rechnen.

Die Wahrscheinlichkeit von der Fachcommunity durch Zitationen wahrgenommen zu werden ist unter den DEAL-Verlagen bei SpringerNature allerdings am geringsten. Nur 47% der beim Verlag erschienen Publikationen wurden zitiert. Das ist sicherlich auf den großen Anteil von nationalen Fort- und Weiterbildungszeitschriften im Springer-Portfolio zurückzuführen, die weniger in internationalen Publikationen zitiert werden. Die einmal zitierten Publikationen vereinen jedoch den zweithöchsten Wert an den Gesamtzitationen auf sich, was den Rückschluss zulässt, dass die Publikationen dann in international anerkannten Zeitschriften erschienen sind.

Wiley vereinigt den dritthöchsten Anteil an den Publikationen aus der Kieler Medizinischen Fakultät auf sich. Ein deutlicher Anstieg auf Grund der DEAL-OA-Publikationsförderung ist bisher nicht feststellbar. Zwar ist der Anteil von 50 Publikationen in 2018 auf 65 in 2019 angestiegen, jedoch erreicht der Anteil im 5-Jahres Betrachtungszeitraum alle 2 Jahre nahezu diesen Wert. In der prozentualen Betrachtung ist der Anteil von Wiley an den Publikationen innerhalb der 5 Jahre sogar rückläufig – von 16,0% auf 13,7% (Tabelle 2 [Tab. 2]).

Im Zitationsranking belegen die Publikationen aus Wiley-Zeitschriften einen mittleren Rang. Die Zitationsrate liegt hier bei 66%. Ähnlich wie bei SpringerNature vereinen die mindestens einmal zitierten Publikationen jedoch einen hohen Anteil an Gesamtzitationen auf sich, was ebenfalls auf in der Fachcommunity anerkannte Zeitschriften schließen lässt.

Elsevier musste als einziger DEAL-involvierter Verlag mit dem bundesweiten Zeitschriftenboykott seit 2017 eine spürbare Sanktion tragen. Trotz dieser Sanktion lassen sich Auswirkungen der DEAL-Maßnahmen anhand der Kieler Publikationsdaten nicht in einem bedeutenden Umfang feststellen.

In Elsevier-Zeitschriften ist der zweithöchste Anteil an Publikationen aus der Kieler Medizinischen Fakultät erschienen. Der Anteil an den Gesamtpublikationen liegt bis auf den kleinen Einbruch im Anteil 2018 stabil um die 20% (21,6% in 2015 zu 21,1% in 2019). Ein Rückschluss, den Einbruch in 2018 auf DEAL-Maßnahmen zurückzuführen, kann nicht eindeutig gezogen werden. Die Wirkung war nicht nachhaltig und konnte bereits im Anteil 2019 kompensiert werden.

Im Zitationsranking liegt Elsevier mit Abstand vor den beiden anderen DEAL-Verlagen. Zwar weisen LWW-Publikationen in der durchschnittlichen Zitierung pro Publikation ein besseres Verhältnis auf, aber die 300 mindestens einmal zitierten Elsevier-Publikationen erzielen mit 1.755 Zitationen absolut den höchsten Wert aller Verlage.

An der Bedeutung von Elsevier-Zeitschriften unter den Wissenschaftler*innen ist nicht zu zweifeln. Somit erstaunt es nicht, dass die Boykottmaßnahmen lokal nur geringe Auswirkungen zeigen. Die Wissenschaftscommunity ist bestens digital vernetzt und Informationen lassen sich scheinbar auch über IP-, Universitäts- und Landesgrenzen hinweg beschaffen [6].

Im Allgemeinen kann behauptet werden, dass die spannenden Jahre erst noch kommen. Ob mit den DEAL-Transformationsverträgen ein nachhaltiger Wandel im Publikationswesen medizinischer Forschungsliteratur eingeleitet worden ist, muss sich in den kommenden Jahren erst noch zeigen. Die gleiche Untersuchung ab 2019 würde den DEAL-Ansatz vielleicht deutlicher dokumentieren.

Die Wirksamkeit der DEAL-Maßnahmen zur Einleitung dieses Wandels lässt sich nur schwer anhand des Publikations- und Zitieraufkommens Kieler medizinischer Publikationen feststellen.

Gerade im Hinblick auf den Elsevier-Boykott ist festzuhalten, dass der Boykott nicht zum Ziel haben kann, die Wissenschaft von den Inhalten des Verlages auszuschließen, sondern gegenüber dem Verlag durch Einbehaltung der Geldzahlungen für Subskriptionszeitschriften ein Zeichen zu setzen. Die DEAL-Vertragsabschlüsse mit Wiley und SpringerNature werden sicherlich Druck auf andere Verlage hin zu Transformationsverträgen ausüben.

Mit den DEAL-Verträgen sind aber auch bedeutende Finanzmittel an die DEAL-Verlage gebunden, die anderen Verlagen entzogen sind. Der DEAL-Ansatz darf sich nicht zum Nachteil der „reinen/goldenen“ OA-Verlage oder kleinerer Verlage mit moderater Preispolitik auswirken. Hier müssen die Forschungsförderer, Universitäten und Universitätsbibliotheken Anreize für Wissenschaftler*innen entwickeln, damit diese sich auch weiterhin für das goldene Open Access oder alternative Verlage entscheiden.

Die Zitationsraten von Kieler medizinischen Publikationen in Zeitschriften von OA-Verlagen zeigen, dass auch dieser Weg erfolgreich sein kann.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.


Literatur

1.
Kaier C, Lackner K, Schilhan L. Publikationsberatung an Universitäten: Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services. Bielefeld: transcript-Verlag; 2020.
2.
Schönfelder N, Jobmann A, Pollack P, Ecker D. OA2020-DE-Forschungsbericht zum Publikationsaufkommen und zur Verteilung wissenschaftlicher Artikel im Kontext der Open-Access-Transformation an deutschen Wissenschaftseinrichtungen. 2019. DOI: 10.4119/unibi/2937155 External link
3.
Haufe G. Vertragskündigungen Elsevier. 2017. Verfügbar unter: https://www.projekt-deal.de/vertragskuendigungen_elsevier/ External link
4.
Resnick B, Belluz BRJ. The war to free science: how librarians, pirates, and funders are liberating the world’s academic research from paywalls. Vox Media. 2019 [letzter Aufruf: 05.10.2020]. Verfügbar unter: https://www.vox.com/the-highlight/2019/6/3/18271538/open-access-elsevier-california-sci-hub-academic-paywalls?pk_campaign=print310519&pk_kwd=science-170719&pk_medium=fb&fbclid=IwAR1CT7s-S_BdPeCAMMLQGH88S28U411SRwzgTBaZBl5RwrsLD2MPxaMfSTI External link
5.
Barbers I, Rosenberger S, Mittermaier B. Auf dem Weg zur Open Access-Transformation: Eine datenbasierte Analyse des DFG-Förderprogramms „Open Access Publizieren“. Informationspraxis. 2020;6(2):1–23.
6.
Schmermund K. Wie die wissenschaftliche Community dem Streit mit Verlagen trotzt: An vielen Universitäten haben Wissenschaftler derzeit keinen Zugriff auf Elsevier-Zeitschriften. Jetzt helfen sie sich untereinander. Forschung & Lehre. 24.01.2019. Verfügbar unter: https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/wie-die-wissenschaftliche-community-dem-streit-mit-verlagen-trotzt-1443/ External link