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Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Elektronische Laborbücher als Teil des Forschungsdatenmanagements in den Lebenswissenschaften

Electronic laboratory books as part of research data management in the life sciences

Mitteilung AGMB-Jahrestagung in Göttingen 2019

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GMS Med Bibl Inf 2019;19(3):Doc25

doi: 10.3205/mbi000450, urn:nbn:de:0183-mbi0004505

Published: December 20, 2019

© 2019 Lindstädt.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Elektronische Laborbücher lösen zunehmend Laborbücher in Papierform ab. Dies bietet Vorteile in der operationalen Handhabung, ist aber auch eine strategische Entscheidung im Hinblick auf die Etablierung eines durchgängigen Forschungsdatenmanagements für digitale Forschungsdaten. Bei der Auswahl und Einführung eines elektronischen Laborbuchs sind eine Reihe von Kriterien und Rahmenbedingungen zu beachten und vorbereitende Analysen durchzuführen.

Schlüsselwörter: elektronisches Laborbuch, Forschungsdaten, Forschungsdatenmanagement

Abstract

Electronic laboratory books are increasingly replacing paper laboratory books. This offers advantages in operational handling, but is also a strategic decision with regard to the establishment of integrated research data management for digital research data. When selecting and introducing an electronic laboratory book, a number of criteria and framework conditions must be observed and preparatory analyses carried out.

Keywords: electronic lab notebook, research data, research data management


Einleitung

Vor dem Hintergrund der Einhaltung der Leitlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis (GWP), den Möglichkeiten einer Digitalisierung von Forschungsprozessen und den wachsenden Anforderungen an ein institutionelles Forschungsdatenmanagement kommt der Nutzung eines elektronischen Laborbuchs (Electronic Lab Notebook ELN) in den Lebenswissenschaften eine wachsende Bedeutung zu.

Die Möglichkeiten einer beweissicheren, transparenten Dokumentation von Experimenten, deren Einträge durch die digitale Form schnell durchsuchbar sind, bieten gegenüber der Papierform Vorteile zur Wahrung der GWP und dem Nachweis ihrer Einhaltung.

Darüber hinaus spielt ein Laborbuch eine zentrale Rolle in der Dokumentationsphase im Lebenszyklus von Forschungsdaten. Bei der Nutzung eines ELN wird schnell deutlich, dass auch vor- und nachgelagerte Phasen wie die Datenerhebung oder die Datenanalyse in einen Gesamtprozess eines Forschungsdatenmanagements integriert werden müssen. Somit löst die Einführung eines ELN nicht selten eine Analyse des gesamten digitalen Workflows von Forschungsdaten in einer Forschungseinrichtung aus. Eine Einbettung des ELN in eine vernetzte digitale Forschungsumgebung (API, Standardschnittstellen, Import-, Exportfunktionen, Anbindung an Repositorien, u.a.) wird in Gang gesetzt.

Neben diesen eher strategischen Gründen zur Einführung eines ELN bietet es operative Vorteile in der Nutzung:

  • Kein Informationsverlust durch unleserliche Handschrift
  • Direkte Einbindung/Verlinkung bereits digital vorliegender Daten (z.B. Messergebnisse, Bild-, Video-, Audiodateien)
  • Such- und Filterfunktionen
  • Funktionen zum kollaborativen Arbeiten (Rechte-, Rollenmanagement)
  • Erstellung und Verwendung von Vorlagen (Templates, z.B. für sich wiederholende Prozesse)

Auswahl- und Einführungsprozess

Die Einführung eines geeigneten Electronic Lab Notebook gliedert sich grob in drei Phasen, die jeweils ihre besonderen Herausforderungen bergen. Am Anfang steht die Auswahl eines oder mehrerer möglicherweise geeigneter Produkte. Daran schließt sich eine Testphase an, während der sich im Idealfall ein Produkt als passend herauskristallisiert. Sobald ein ELN lizensiert und implementiert ist, folgt die Verbreitung in den Forschungsgruppen.

Auswahlprozess

Eine große Hürde im Auswahlprozess stellt die Produktvielfalt dar. Es existiert ein breites Angebot von fast hundert Produkten mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Ausstattungsmerkmalen und Preisstrukturen. Wichtig ist hierbei, sich nicht in den Möglichkeiten zu verlieren, sondern sich zunächst auf die Definition der institutseigenen Bedürfnisse zu konzentrieren („Muss-Kriterien“). Diese können dann mit den Produktmerkmalen angebotener Elektronischer Laborbücher abgeglichen werden.

ZB MED kann bei der Auswahl eines geeigneten Elektronischen Laborbuchs auf der Grundlage einer eigens erstellten Informationsbasis unterstützen, die Produkte anhand ihrer Merkmale filterbar macht. Die Informationsbasis enthält Details zu den folgenden Kernfunktionen eines ELN:

  • Kernfunktionen Datenverarbeitung (zum Beispiel Import- und Exportformate, Vorlagen)
  • Kernfunktionen Publizieren & Sharing (zum Beispiel Metadatenerstellung, Beweissicherheit)
  • Kernfunktionen IT & Datenschutz (zum Beispiel Datenspeicherung, Bereitstellungsmodell)
  • Informationen zu Herstellersupport, Kosten, Referenzen

Herausforderungen ergeben sich aber nicht nur im Auswahlprozess. Auch während der Test- und Einführungsphase ist eine gute Planung und Begleitung essentiell für die spätere allgemeine Akzeptanz und breite Nutzung des Elektronischen Laborbuchs.

Testphase

Neuerungen – so tiefgreifend sie auch die tägliche Arbeit erleichtern und effizienter machen – gehen oft zunächst mit Mehrarbeit und der Notwendigkeit einher, alte Gewohnheiten anzupassen. Aus diesem Grund kann es hilfreich sein, für die Testphase Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, die sowohl „computeraffin“ sind als auch Veränderungen gegenüber aufgeschlossen. Darüber hinaus empfiehlt sich die Entwicklung eines testbegleitenden Fragebogens, in dem die Testpersonen ihre Eindrücke festhalten können. Deren Auswertung kann wichtige Hinweise zur Eignung eines Produktes geben.

Einführungsphase

Für die Einführungsphase ist ein spezielles Supportangebot empfehlenswert. Die Erfahrung zeigt, dass der Bedarf an Unterstützung zu Beginn am höchsten ist. Auch ist eine Person, die sich einmal von der Nutzung eines ELN abgewandt hat, weil es für ein Problem keine zeitnahe Hilfestellung gab, nur sehr schwierig wiederzugewinnen. Eine Möglichkeit, dem vorzubeugen, könnten zum Beispiel vorherige Testpersonen sein, die mit ihrem Erfahrungswissen als Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.


Ausblick

ZB MED hat die Thematik der Einführung eines ELN im Hinblick auf die wissenschaftlich-theoretische Einordnung in ein Forschungsdatenmanagement und die gute wissenschaftliche Praxis, vor allem aber auch im Hinblick auf praxisbezogene Handlungsmöglichkeiten, in einem ELN-Wegweiser dokumentiert. Hier finden sich eine Beschreibung von relevanten Auswahlkriterien, konkrete Tools wie eine Bedarfsabfrage, Best-Practice-Beispiele, eine Checkliste sowie zahlreiche Links zu weiterführenden bzw. Hintergrundinformationen [1].


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

1.
ZB MED, Hrsg. Elektronische Laborbücher im Kontext von Forschungsdatenmanagement und guter wissenschaftlicher Praxis – ein Wegweiser für die Lebenswissenschaften. Köln; 2019. DOI: 10.4126/FRL01-006415715 External link