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Open Access an der Medizinischen Universität Graz – Therapieentscheidungen im Spannungsfeld zwischen Forschung und klinischem Alltag
Open access at the Medical University of Graz – therapeutic decisions caught between research and clinical practice
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Published: | September 10, 2019 |
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Zusammenfassung
Open Access an einer Medizinischen Universität passiert oftmals einfach. Dennoch lassen sich mit gezielten Maßnahmen und institutioneller Unterstützung Erfolge erzielen. Viele AutorInnen sind aber oftmals zwischen Forschung, Lehre und klinischem Alltag kaum in der Lage, die zusätzlichen Variationen und Förderbedingungen von Open Access zu durchschauen und für sich zu nutzen. So müssen diese sich auf Strukturen verlassen können, welche ihnen die Institutionen bereitstellen. Diese Strukturen müssen daher professionell und effizient die Möglichkeiten die Open Access bietet erfassen und versuchen diese in die tägliche Struktur der AutorInnen einzubauen. Gelingt dies in ausreichenden Maßen wie bei Transformationsabkommen, Plan S und Publikationsfonds, dann erhöht sich die Rate der Open-Access-Publikationen, ohne diese einer spezifischen Maßnahme zuordnen zu können, sie passieren dann augenscheinlich einfach.
Abstract
Open access at a medical university very often just happens by chance. However, sustained success can be achieved by targeted measures and institutional support. Many authors – caught between teaching, research and clinical tasks – are hardly able to fully know and take advantage of the various options of open access and the requirements stipulated by research funders. Authors hence need to rely on the framework provided by their institutions. Therefore, this framework must cover professionally and efficiently the possibilities offered by open access and become part of authors’ daily routine. If this is accomplished to a sufficient extent, such as with transformative agreements, Plan S and publication funds, the number of open access publications goes up without knowing which measure has been crucial and open access publishing just seems to happen.
Anamnese
Allgemeine Open-Access-Philosophie an der Medizinischen Universität Graz
Das Thema Open Access wird an der Medizinischen Universität Graz bereits seit vielen Jahren aktiv gelebt und mitgestaltet. So gibt es bereits seit dem Jahr 2014 den Open-Access-Koordinator, der einerseits Angehörige der Medizinischen Universität Graz zu allen Themen rund um Open Access berät und der auch die permanent notwendige Trendverfolgung im Bereich Open Access durchführt. Eine vom Open-Access-Koordinator erstellte Open-Access-Leitlinie wird derzeit aufgrund von Plan S einer Revision unterzogen und in weiterer Folge dem Rektorat zur Begutachtung vorgelegt. Über die Universitätsbibliothek nimmt die Medizinische Universität Graz an großen Transformationsabkommen teil, die es Angehörigen der Universität ermöglicht, ohne Mehrkosten und mit geringem administrativen Aufwand Open Access zu publizieren. Zudem wird von der Abteilung Forschungsmanagement ein Open-Access-Publikationsfonds zur Verfügung gestellt und verwaltet. Was den grünen Weg anbelangt wurde bislang ausschließlich auf PubMed Central zurückgegriffen, allerdings sind die Arbeiten an einem institutionellen Repositorium nahezu abgeschlossen. VertreterInnen der Medizinischen Universität Graz nehmen aktiv an den beiden Hochschulraumstrukturmittelprojekten Austrian Transition to Open Access (AT2OA, https://www.at2oa.at/home.html) und e-Infrastructures Austria Plus (https://www.e-infrastructures.at/de) teil.
Die Vizerektorin für Forschung und Internationales, Mag. Caroline Schober-Trummler, ist seit dem Frühjahr 2016 offizielle Vertreterin der uniko in der Expertengruppe „Open Science/Science 2.0“ (https://eua.eu/issues/21:open-science.html) der European University Association (https://eua.eu), was den sehr hohen Stellenwert von Open Science und Open Access für die Universität unterstreicht.
Diagnose
Open-Access-Leitlinie
Eine wichtige Grundlage einer nachhaltigen Open-Access-Strategie ist eine gelebte Open-Access-Leitlinie. Durch diese Leitlinie werden die Rahmenbedingungen für Open Access an der Universität vorgegeben. Sie soll die grundsätzliche Position der Universität zu Open Access beschreiben und auf Maßnahmen zur Umsetzung aufmerksam machen. Damit diese aber erfolgreich sein kann, bedarf es gewisser unterstützender Maßnahmen und vorab Entscheidungen, insbesondere ob eine verpflichtende Richtlinie oder nur eine empfehlende Leitlinie zur Anwendung kommen soll.
Diese Entscheidung hat auch eine starke rechtliche Komponente, da es einerseits das Recht auf Wissenschaftsfreiheit gibt, welche ForscherInnen laut STGG Artikel 17 [1] haben, aber die einer Verpflichtung zum Open Access publizieren nicht grundsätzlich zuwiderlaufen muss, da die ForscherInnen nicht abgehalten werden zu publizieren ([2], S. 42ff). Dennoch wäre eine breitere Diskussion, ob solch eine Verpflichtung verfassungsrechtlich möglich wäre, wünschenswert. Einerseits um Bewusstsein für die Thematik zu schaffen, andererseits um Klarheit zu erzielen, ob dies möglich und erwünscht ist.
Problematischer scheint bei diesem Thema aber die laut UG 2002 § 106 (1) [3] bestehende Unabhängigkeit der ForscherInnen, welche es ermöglicht, dass diese ihre Publikation unabhängig und selbstständig veröffentlichen können. Eine Einschränkung dieser Freiheit wäre wahrscheinlich nur über eine Gesetzesänderung oder über neue/geänderte Dienstverträge oder Betriebsvereinbarungen möglich.
Aufgrund dieser komplexen rechtlichen Rahmenbedingungen hat sich an der Medizinischen Universität Graz in Zusammenarbeit zwischen Open-Access-Koordination der Bibliothek, dem Forschungsmanagement und der Expertise der Rechtsabteilung die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine empfehlende Leitlinie einfacher umzusetzen sein wird. Dieser Weg beinhaltet den Vorteil, dass ForscherInnen weiter unabhängig und selbstständig entscheiden können, wie und wo sie ihre Arbeiten veröffentlichen.
Ganz bewusst wurde auf eine Regelung verzichtet, welche einen bestimmten Weg (Gold, Hybrid, Green) bevorzugt. Diese Regelungen sollen in den Förderrichtlinien des Forschungsmanagements festgelegt werden, da diese bei Bedarf einfacher anzupassen sind, als eine durch alle Universitätsgremien abgesegnete Leitlinie.
Neben einer finanziellen Förderung von Open Access können weitere institutionelle Förderungen von Open Access unabhängig von der Leitlinie möglich sein. ForscherInnen die sich entscheiden, Open Access zu publizieren oder freiwillig ihre Arbeiten in das Repositorium hochladen, sollen auch einen Vorteil, z.B. bei der Habilitation, davon haben. Auch können jene Institute und Kliniken bei der Leistungsorientierten Mittelvergabe belohnt werden, die Open-Access-Publikationen fördern. Auch weitere Vorteile bei der Personalentwicklung sind denkbar.
Sollten alle Punkte für eine Open-Access-Leitlinie geklärt sein, dann ist es von besonderer Bedeutung, dass die Entscheidung darüber in den politischen und wissenschaftlichen Gremien der Universität gefällt wird, da dies im Sinne der wissenschaftlichen Selbstverwaltung der Universität ist.
Falls die Unterzeichnung der Berliner Erklärung am 11.11.2004 durch die österreichische Rektorenkonferenz [4] als nicht ausreichend angesehen wird, ist eine Unterzeichnung der Berliner Erklärung [5] zur Unterstützung und Förderung von Open Access erst zu empfehlen, wenn die Universität eine Open-Access-Leitlinie veröffentlicht hat und ein Repositorium im Betrieb ist.
Eine zusätzliche öffentliche Unterstützung der Pariser Erklärung zu Open Educational Resources [6] durch das Rektorat wurde auch empfohlen, da es ebenfalls im Sinne von Open Science ist, dass dieselben Regelungen auch für Ressourcen der Lehre (Open Educational Ressources) möglich sein sollen.
Die ausgearbeitete Leitlinie und Empfehlungen zur Umsetzung sowie ein Strategiepapier zum Thema Open Access wurden im Wintersemester 2015/16 dem Rektorat vorgestellt und zur weiteren Beratschlagung und Behandlung übergeben. Da sich aber inzwischen die Rahmenbedingungen z.B. durch den Plan S geändert haben, ist eine Überarbeitung der Leitlinie notwendig geworden.
Repositorium
Für den Grünen Weg (Green Open Access) ist ein Aufbau und das Betreiben eines institutionellen Repositoriums wichtig. Es muss aber sichergestellt sein, dass alle rechtlichen und personellen Fragen vorab geklärt werden.
Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Betreiben eines Repositoriums ist, dass die ForscherInnen die ihre Artikel hochladen wollen, dies auch dürfen. Denn in der Regel unterschreiben die AutorInnen Verträge mit den Verlagen, in denen sie alle Rechte exklusiv dem Verlag abtreten. Daher ist es wichtig, dass die AutorInnen sich ihr Zweitveröffentlichungsrecht absichern, durch standardisierte Vertragszusätze der Universität oder nachträgliche Rechteeinräumung mittels Vorlagen der Universität. Das Problem hierbei ist, dass der Verlag diese Vereinbarungen nicht akzeptieren muss und eine Publikation im gewünschten Journal scheitern kann.
Die Verlage haben aber eigene Regelungen, die eine Zweitveröffentlichung unter gewissen Umständen erlauben. Ein gutes Tool um solche Bedingungen nachzuschlagen ist die SHERPA RoMEO-Liste (https://dev.sherpa.ac.uk/romeo/index.php). Allerdings sind diese Regelungen von den Verlagen jederzeit änderbar.
Ein weiterer Weg wäre ein nationales oder besser europäisches Recht zur Zweitveröffentlichung. Probleme und Möglichkeiten dieses Weges wurden bereits in der Arbeitsgruppe Politik & Recht des Open Science Networks Austria (OANA) thematisiert [7]. Da die Novelle zum Urheberrecht nun zwar ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht beinhaltet, wäre diese Frage zum Teil gelöst. Es ist aber abzuklären, in wie weit dieses Recht auch bei Verträgen mit ausländischen Verlagen zwingend ist. Die Rechtsmeinungen darüber sind divergent, aber es ist davon auszugehen, dass auch das Zweitveröffentlichungsrecht im URHG § 37 [8] für die Mehrzahl der Publikationen der Medizinische Universität Graz nicht anwendbar ist, da die Rechtsordnung jenes Landes maßgeblich ist, in welcher der Verlag seinen Hauptsitz hat oder welche im Vertrag vereinbart wurde und dies ist in der Regel nicht Österreich.
Zusätzlich sind Haftungsfragen zu bedenken. Die rechtliche Haftung kann nicht einfach auf die AutorInnen, die ihre Arbeiten hochladen, abgewälzt werden, wie dies oftmals auf Plattformen im Internet vorgesehen ist. Da nach Ansicht von Rechtsexperten ein Haftungsrisiko auf einzelne MitarbeiterInnen überzuwälzen (z.B. über AGBs des Repositoriums) aufgrund des Dienstnehmerhaftungsprivilegs rechtlich sehr begrenzt bis faktisch gar nicht möglich ist [9], sind auch diese Rechtsfragen vorab zu klären und im Sinne der AutorInnen zu regeln.
Der Aufbau und Betrieb eines Repositoriums wird ohne zusätzliche personelle Ressourcen nur schwer zu verwirklichen sein. Denn die Unterstützung der ForscherInnen beim Hochladen und die Beratung bei rechtlichen Fragen (welches Format darf hochgeladen werden, welche Embargofristen sind zu beachten, gibt es Möglichkeiten einer sofortigen Zweitveröffentlichung, Fragen zu Autorenverträgen etc.) sind notwendig. Daneben müssen auch der technische Betrieb und die Wartung der Systeme und der Daten gewährleistet sein, Schnittstellen zu anderen Systemen müssen aufgebaut und gewartet werden und weitere Kosten entstehen durch Serverinfrastruktur und Softwarelösungen. Die Personalkosten nur für den Aufbau eines Repositoriums bewegen sich zwischen 1,5 und 3 VZÄ für einen Zeitraum von 6–12 Monaten. Stehen weniger VZÄ zur Verfügung, verlängert sich die Zeit für den Aufbau. Der Betrieb eines Repositoriums würde mit 0,5-2,5 VZÄ zu veranschlagen sein, je nach Funktionalität des Repositoriums [10].
Die Konzeption am Repositorium ist an der Medizinischen Universität Graz nahezu abgeschlossen. Die Arbeiten dafür wurden im Zuge eines Hochschulraum Strukturmittel Projektes durch die Abteilung für Forschungsevaluierung und Forschungsdokumentation durchgeführt. Mit solch einem Repositorium soll der Nachweis der Publikationen der Universität und der Aufbau eines Publikationsarchives in Zukunft sichergestellt werden.
Finanzierung von Open-Access-Publikationen
Grundsätzlich sollten Förderungen nach eindeutigen Regeln vergeben werden. Diese werden an der Medizinischen Universität Graz zum Teil auch vom Forschungsmanagement vorgegeben, da dieses für die Förderung von Open Access bei Einzelpublikationen zuständig ist. Zur Zeit der Erstellung des Konzeptes der Leitlinie und Strategie zu Open Access hatte das Forschungsmanagement ein Pilotprojekt zur Finanzierung solcher Artikel. Dieses wurde ab 2019 in den Regelbetrieb übernommen und die Förderbedingungen [11] wurden überarbeitet und nachgeschärft.
Inhaltliche Kriterien einer Förderung von Einzelpublikationen abseits der Vorgaben des Forschungsmanagements an den Kliniken und Instituten sind hingegen nicht zentral vorgegeben. Dies hat gegenüber einer zentralen Lösung den Vorteil, dass die Institute und Kliniken gezielter Publikationen für eine Open-Access-Publikation auswählen können und eigenständig entscheiden, wieviel Ressourcen sie dieser Form der Publikation zuteilen möchten. Auch könnte die inhaltliche Entscheidung, welche Artikel dafür in Frage kommen, von den einzelnen Institutionen getroffen werden.
Der Nachteil ist, dass es noch keine Kostenart Open Access an der Medizinischen Universität Graz gibt und es daher zurzeit noch sehr schwierig ist, die genauen Kosten für Open-Access-Publikationen zu erheben. Es sollte aber eine jährliche Evaluierung der genauen Kosten für Open-Access-Publikationen der Universität als Gesamtes sowie der einzelnen Kliniken und Institute in Zukunft durchgeführt werden.
Auf der anderen Seite nimmt die Bibliothek der Medizinischen Universität aktuell an zwei großen Open-Access-Transformationsabkommen im der Rahmen der KEMÖ teil. Diese beiden Abkommen ermöglichen es den AutorInnen der Medizinischen Universität Graz bei den beiden Verlagen Springer und Wiley Open-Access-Artikel in ausgewählten Hybrid-Zeitschriften zu publizieren. Die Kosten für diese Abkommen werden teilweise aus dem laufenden Erwerbsbudget der Bibliothek, über Förderungen des FWF und über das HRSM-Projekt AT2OA (Austrian Transition to Open Access https://at2oa.at/home.html) finanziert.
Plan S
Im September 2018 hat sich eine Koalition „cOALition S“ gebildet, welche das Ziel hat die Transformation des Publikaktionsmarktes hin zu Open Access voranzutreiben. Hinter dieser „cOALition S“ stehen unter anderem mehrere Fördergeber (für Österreich der FWF), die EU-Kommission und das European Research Council (ERC), sowie Wellcome und die Bill and Melinda Gates Foundation. Diese haben den „Plan S“ entwickelt und darin Bedingungen genannt, unter welchen diese in Zukunft nur noch bereit sein werden, Publikationen aus ihren Förderprojekten zuzulassen [12]. Alle von cOALition S-Mitgliedern geförderte Publikationen müssen direkt und unmittelbar Open Access zur Verfügung stehen, entweder in reinen Open Access Journals, auf Open-Access-Plattformen oder in Open-Access-Repositorien ohne Embargo.
Nach teilweise kritischen Rückmeldungen wurde mit 31.5.2019 eine überarbeitete Version der Bedingungen publiziert. Plan S tritt nun nicht mit 1.1.2020, sondern erst 1.1.2021 in Kraft. Für alle Projekte, die vom FWF bis zum 31.12.2020 gefördert werden, ist somit die bis zu diesem Zeitpunkt gültige Open-Access-Policy in Kraft. Transformationsabkommen sind bis zum Jahr 2024 durch die Fördergeber förderbar, aber ab dann sollten die Verlage ihr Portfolio auf Gold Open Access umgestellt haben. Es werden neun verschiedene Wege zur förderbaren Publikation möglich sein [13].
cOALition S-Fördergeber verpflichten sich laut Plan S auch, die Kriterien zur Bewertung von WissenschaftlerInnen und wissenschaftlichem Output anzupassen und Plan S hebt die Transparenz bei Open-Access-Publikationskosten hervor. Zudem wurden die technischen Voraussetzungen für Open-Access-Repositorien wurden überarbeitet.
Die österreichische Universitätenkonferenz (uniko) hat in einer Stellungnahme zum Erstentwurf von Plan S festgehalten, dass die uniko dem Übergang des wissenschaftlichen Publikationssystems hin zu Open Access grundsätzlich positiv eingestellt ist und den Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen begrüßt, hat aber am Erstentwurf doch auch deutliche Kritik geübt. So sieht die uniko im Erstentwurf von Plan S eine Benachteiligung der von Plan S betroffenen WissenschafterInnen durch weniger Auswahlmöglichkeiten bei Journals (es kann sein, dass wichtige Journals nicht im DOAJ gelistet oder in Transformationsabkommen inkludiert sind bzw. dass es in einem Fachgebiet noch gar keine entsprechenden Open-Access-Journals gibt), und der Geltungsraum von Plan S derzeit noch ein relativ kleiner ist. Weltweit gesehen umfasst cOAlition S nur ein kleines Netzwerk, d.h. dass auch nur ein kleiner Teil der globalen Forschungscommunity Plan S unterliegt. Es bedarf daher einer Umstellung des weltweiten Systems des researcher assessment. Plan S bietet zudem keine befriedigende Lösung für Bücher. Eine Umstellung sollte sich mit allen Publikationstypen befassen, bevor allgemeine Lösungen vorgelegt werden. Die uniko merkt zudem kritisch an, dass Forschende nur rudimentär in die Implementierung von Plan S eingebunden und deren Interessen nur mangelhaft berücksichtig wurden. Das Einhalten von Plan S kann persönliche Karrierenachteile beinhalten (Publikation in Journals mit niedrigeren Impact Faktoren z.B.) und die Kooperation mit Institutionen, die nicht an den Plan S gebunden sind, erschweren. Plan S hält fest, dass die Gesamtkosten im Publikationssystem nach der Transformation nicht höher sein sollten als die bisherigen Kosten. Jedoch hält Plan S auch fest, hierfür keine Lösungen anbieten zu können. Die aktuellen Preise für OA-Publikationen und die Förderungen hierfür lassen jedoch ein erhebliches Delta erkennen. Dies müsste von AutorInnen oder Forschungsförderern oder Institutionen ausgeglichen werden. Der sich erhöhenden Aufwand in den Universitätsbibliotheken und Forschungsservices (für Beratung und Administration) ist nicht sichergestellt. Es sind keine Details bekannt, wie Plan S finanziert werden soll. Die Transformation zu Open Access darf nicht zu einer Minderung der Qualität der Publikationen führen. Bei einem Finanzierungsmodell, in dem pro Open-Access-Artikel bezahlt wird, besteht die Gefahr, dass Quantität über Qualität gestellt wird. Es wäre widersprüchlich zu verlangen, dass Projektergebnisse verpflichtend Open Access publiziert werden müssen, während AntragstellerInnen nach deren high-impact-papers (oft nach wie vor non-Open-Access!) beurteilt werden. Die derzeit vorliegenden Zeitpläne werden als zu kurz erachtet. Es sollten in einem ersten Schritt nur Programme mit einem entsprechenden OA-Umfeld pilotiert werden. Die cOAlition S-Mitglieder haben noch nicht dargelegt, wie sie Sorge tragen wollen dafür, dass sich hochqualitative OA-Medien etablieren, und welche Art von Anreize und Unterstützung gesetzt werden kann. Es erscheint unrealistisch, dass bereits 2023 valide Evaluierungsergebnisse zu erwarten sind. Es fehlen bislang auch Kriterien zur Definition von Erfolg oder Misserfolg der Initiative. Es sollte zwischen den Auswirkungen auf die OA-Rate (Publikationen und Journale) und jene auf Forschende unterschieden werden [14]. Eine Stellungnahme seitens der österreichischen Universitätenkonferenz zum revidierten Plan S liegt derzeit noch nicht vor.
Wie die Verlage sich auf diese neuen Bedingungen endgültig einstellen werden, wird sich in naher Zukunft weisen. RELX/Elsevier versucht dies z.B. mit Mirror Journals zu erreichen. Elsevier hat im Rahmen eines Pilotprogrammes ein Portfolio von ca. 40 sogenannten Mirror Journals aus den Bereichen Naturwissenschaft, Lebenswissenschaft und Medizin gegründet. Diese Mirror oder auch X Journals sind Spiegelpublikationen der Original-Zeitschriften, mit dem Unterschied, dass es sich bei den Mirror Journals um reine Gold-Open-Access-Zeitschriften handelt. Mirror Journals verfügen zwar über dieselben Editorial Boards, denselben Geltungsbereich und dieselbe Ausrichtung sowie dieselben Peer-Review-Prinzipien wie die entsprechende Closed-Access-Subskriptionszeitschrift, allerdings haben Mirror Journals eine andere ISSN, andere Metriken und noch keinen Impact Factor, da es sich um Neugründungen handelt.
Die Namensähnlichkeit der Journals (Mirror Journals unterscheiden sich vom Original nur durch den Zusatz „X“, z.B. aus „Atherosclerosis“ wird „Atherosclerosis X“) kann zu der falschen Annahme führen, dass der veröffentlichte Artikel im Originaljournal mit Impact Factor erscheinen wird. Bei Auswahl des Mirror Journals wird der Artikel jedoch im gespiegelten Journal publiziert. Dies kann zu Problemen bei der Ermittlung von Zitierdaten und in der Folge der Zeitschriftenbewertungen führen, was in weiterer Folge die persönliche und institutionelle Leistungsbilanz beeinträchtigen kann.
Aber schon in Jänner 2019 hat Robert-Jan Smits, Open-Access-Beauftragter der EU-Kommission, davor gewarnt, dass diese Mirror Journals nicht mit den Bedingungen von Plan S kompatibel sein werden [15]. Elsevier selbst sieht diese Mirror Journals hingegen als geeigneten Weg um die Transformation zu Open Access voranzutreiben und die Förderbedingungen zu erfüllen [16].
Therapie
Transformationsabkommen
Österreich hat im Bereich von Transformationsabkommen in Europa und international eine Vorreiterrolle inne. 2014 wurde im Rahmen der Kooperation E-Medien Österreich das weltweit erste Transformationsabkommen mit dem Verlag des Institute of Physics abgeschlossen [17], dem zeitnah weitere Abkommen folgten. Mittlerweile gibt es in Österreich bereits zehn Transformationsabkommen mit unterschiedlichen Verlagen und Fachgesellschaften und es wurden alle bisherigen Abkommen erneuert [18]. Die Medizinische Universität Graz hat in diesem Zusammenhang mit zwei Großverlagen Transformationsabkommen abgeschlossen: Springer und Wiley.
Springer Compact
Das Transformationsabkommen mit dem Verlag Springer wurde erstmals als Pilotprojekt unter dem neuen Lizenzmodell Springer Compact mit 1. Jänner 2016 für drei Jahre abgeschlossen. Das Abkommen – ein Konsortialvertrag mit Open-Access-Komponente der 34 Einrichtungen in Österreich inkludiert (darunter zahlreiche Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen) – beinhaltet einerseits den lesenden Zugriff auf fast das gesamte Portfolio des Springer Verlags ebenso wie das Publizieren in Springer Open-Choice-Zeitschriften. Das Springer Compact-Abkommen wurde für den Zeitraum 2019 bis 2021 mit denselben teilnehmenden Einrichtungen verlängert. Das Abkommen beinhaltet wiederum den lesenden Zugriff auf mehr als 2.000 Springer-Zeitschriften und die Möglichkeit in fast 2.000 Open Choice Journals von Springer ohne Mehrkosten Open Access zu publizieren. Eine Publikation im Rahmen des Springer Compact-Abkommens ist unter den folgenden Bedingungen möglich: AutorInnen müssen Angehörige der Medizinischen Universität Graz sein, der/die Autor/in muss „corresponding author“ sein, die Publikation muss seitens des Verlags redaktionell zur Veröffentlichung in einem Open Choice Journal zugelassen sein, und bei der Publikation muss es sich um ein original paper, ein review paper, eine brief communication oder eine continuing education handeln.
Wiley
Die Medizinische Universität Graz nimmt gemeinsam mit 21 weiteren Einrichtungen an einem Transformationsabkommen mit dem Verlag Wiley teil, das von 2018 bis 2020 läuft. Analog zu Springer Compact handelt es sich beim Wiley-Abkommen um einen Konsortialvertrag mit Open-Access-Komponente. Das Abkommen beinhaltet den lesenden Zugriff auf fast das gesamte Portfolio von Wiley (ca. 1.500 Zeitschriften). In knapp 1.400 Wiley Online Open Journals können Angehörige der Medizinischen Universität Graz ohne Mehrkosten und ohne administrativen Aufwand Open Access publizieren. Voraussetzung für das Publizieren ist, dass der Artikel redaktionell seitens Wiley genehmigt wurde, der/die Autor/in „corresponding author“ ist und die Publikation einer der folgenden Publikationstypen entspricht: case report, clinical message, commentary, consensus, drug focus, history, meta analysis, original article, rapid publication, review article, technical note oder tutorial.
Vor- und Nachteile von Transformationsabkommen
Für die WissenschafterInnen bieten Springer Compact und das Wiley-Abkommen eine Möglichkeit, in (renommierten) Subskriptionszeitschriften ohne Mehrkosten (nicht abgedeckt sind allerdings Gebühren für Colour Figures oder Page Charges) und ohne administrativen Aufwand Open Access zu publizieren und damit die Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu erhöhen und gegebenenfalls auch leichter Mandates von Forschungsförderungseinrichtungen erfüllen zu können. Aufgrund der Tatsache, dass in diesen Abkommen zu einem großen Teil Creative-Commons-Lizenzen (CC BY 4.0 oder CC BY-NC 4.0) zur Anwendung kommen, ist auch eine entsprechende Verbreitung und eine potentielle Nachnutzung der Publikationen möglich. Zudem können die Publikationen unmittelbar in institutionelle und/oder fachspezifische Repositorien bzw. auf Homepages hochgeladen werden. Die Verlagspublikationen werden automatisiert vom Verlag in PubMed Central eingespielt.
Ein großer Vorteil dieser Abkommen ist, dass für die teilnehmenden Einrichtungen im Konsortium das sogenannte „double dipping“ vermieden wird.
Die Zentralisierung der Finanzierung und der administrativen Abwicklung entlastet WissenschafterInnen – die Kehrseite davon ist, dass in der scientific community kein Bewusstsein für die Kosten von Open-Access-(Publizieren) geschaffen wird. Ein grundsätzliches Verständnis der scientific community für Open Access und dessen Unterstützung ist jedoch für eine Transition unerlässlich.
Obwohl der lesende Zugriff auf fast gesamte Verlagsportfolios als inhaltliche Erweiterung und bequem angesehen werden kann, so sind nun mit dem Umstieg auf das Datenbankmodell und der Komponente des Publizierens sehr hohe Kosten in diesen Abkommen gebündelt, die nur schwer wieder entkoppelt werden können.
Obwohl die Workflows zur Identifizierung von berechtigen Autorinnen weitestgehend problemlos funktionieren, sind doch intellektuelle Nacharbeiten notwendig, und die dadurch entstehenden Overheads (Personalkosten die im eigenen Haus anfallen, unter anderem um Artikel zu verifizieren oder die im Rahmen der Evaluierung und Optimierung von Workflows anfallen) sind noch nicht kalkuliert.
Aufgrund der Umstellung des Geschäftsmodells weg von der Bezahlung für Subskriptionen hin zu einem Modell, in dem die Publikationen das ausschlaggebende Kriterium sind, werden Einrichtungen mit einem hohen Publikationsoutput stärker belastet als Einrichtungen mit wenigen Publikationen, die aber durchaus stark vom lesenden Zugriff profitieren. Mittel- und langfristig werden aus diesem Grund Umschichtungen von Geldern unerlässlich sein, um solche Abkommen großflächig für viele und unterschiedliche Einrichtungstypen- und größen in Österreich finanzierbar zu machen.
Eine deutliche Schwachstelle von Springer Compact – vor allem für Einrichtungen mit einer naturwissenschaftlichen/medizinischen Ausrichtung – ist die Tatsache, dass auch im aktuellen Transformationsankommen Nature-branded-Journals, die durchwegs einen sehr hohen Impact (Factor) ausweisen, ausgenommen sind. Ein weiteres Problem an der Medizinischen Universität Graz ist, dass im Rahmen von Springer Compact auch (deutschsprachige) Publikationen gefördert werden, die für die institutionelle Leistungsbilanz wenig bis keine Rolle spielen, was dem Bestreben der Universität nach Exzellenz zuwiderläuft.
Ein grundsätzliches Problem besteht nach wie vor in der wenig transparenten Preispolitik von Verlagen, die nicht nur Subskriptionen, sondern auch Article Processing Charges betrifft. So gibt es zum Beispiel nach wie vor Journals, bei denen eine einzige APC mehr kostet als das Zeitschriftenabonnement. Wohl auch aufgrund der Tatsache, dass es sowohl bei Springer als auch bei Wiley nur mit einzelnen Ländern oder Einrichtungen mit einem starken Fokus auf den europäischen Raum Transformationsabkommen gibt, wurden bislang auch nur sehr wenige Zeitschriften von Hybrid auf Gold-Open-Access umgestellt. Dies ist vor allem auch in Zusammenhang mit Plan S kritisch zu sehen, der vorsieht, dass Publikationen aus Hybridabkommen nur bis 2024 gefördert werden.
Auswertung Transformationsabkommen
Auswertung Springer Compact 2016–2018
Für die Auswertung von Springer Compact und die Wirksamkeit dieses Abkommens stehen nun Daten aus drei Jahren zur Verfügung.
In den Jahren 2016–2018 wurden im Rahmen dieses Abkommens 276 Artikel bei Springer publiziert (Artikel aus BMC, Nature wurden nicht einbezogen). Davon sind 217 Artikel Hybrid-Open-Access publiziert worden 3 Artikel in Springer Open-Journalen (nicht Teil des Abkommens) und 55 Artikel sind closed-access-Artikel (bewusstes opt out oder Journal nicht Teil des Abkommens oder das acceptance date des Artikels war noch im Jahr 2015). Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass beinahe 80% der veröffentlichten Artikel (corresponding author Medizinische Universität Graz) Open Access bei Springer publiziert wurden. Diese Rate wäre ohne Abkommen nicht zustande gekommen.
Die Daten der Jahre 2016–2018 zeigen deutlich die höhere Sichtbarkeit dieser Open-Access-Artikel. So wurden Open-Access-Artikel ungefähr 128.000-mal heruntergeladen, während Closed-Access-Artikel nur 11.000-mal heruntergeladen wurden. Der durchschnittliche Impact Factor der Journale, in welchen Open Access publiziert wurde, beträgt 1,4612, während der Impact Factor der Closed-Access-Journale, in denen publiziert wurde, im Schnitt 1,8090 beträgt. Der allgemein niedrige Impact Factor bei Springer ist sicherlich auch der Tatsache geschuldet, dass sehr viele Artikel in deutschsprachigen Journalen publiziert wurden und diese im Allgemeinen einen niedrigeren Impact Factor aufweisen. Diese Journale sind dennoch für die fachliche Kommunikation vor allem für den niedergelassenen und klinischen Bereich von Bedeutung.
Ein weiterer überraschender Punkt der Auswertung war die Zitierhäufigkeit der Artikel. Bei Auswertungen der Zitierdaten aus Clarivate Web of Science zeigt sich in der Regel, dass die Open-Access-Fachartikel mit Affiliation Medizinische Universität Graz einen höhere Zitationsrate (14,26 Zitate pro Artikel für die Jahre 2013–2017) haben, als Closed Access Artikel (6,46 Zitate/Artikel für die Jahre 2013–2017). Aber bei den Artikeln über Springer Compact zeigt sich ein nicht so eindeutiges Bild.
Die Open-Access-Artikel haben im Zeitraum 2016–2018 74 Zitate (Mittelwert aus Zitaten aus Web of Sicence und Scholar.Google) generiert, während die Closed-Access-Artikel im selben Zeitraum 40 Zitate generiert haben. Dies ergibt eine Zitationsrate für Open-Access-Artikel von 0,34 Zitate/Artikel und für Closed-Access-Artikel eine Zitationsrate von 0,73 Zitate/Artikel. Auch zeigt sich dass der Abstand zwischen Open-Access- und Closed-Access-Zitationsrate über die Jahre bisher nicht kleiner geworden ist.
So benötigt ein Open-Access-Artikel 1.730 Downloads um ein Zitat zu generieren, während ein Closed-Access-Artikel nur 275 Downloads dafür benötigt. Dieser Umstand dürfte sich eben auch darauf zurückführen lassen, dass sehr viele Artikel in deutschsprachigen Journalen publiziert wurden, die zwar sehr viel gelesen werden, aber deswegen nicht öfter zitiert werden.
Auswertung Wiley-Transformationsabkommen
Da der Vertrag mit Wiley erst ein Jahr läuft, sind die Daten dafür noch nicht so aussagekräftig wie bei Springer Compact. Auch ist es bei Wiley nicht möglich, etwaige Downloads zu erheben.
Im Zeitraum 2018 wurden aufgrund des Vertrages 27 Artikel Open Access publiziert. Bei weiteren 17 Artikeln wählten die AutorInnen die Closed-Access-Variante. Dazu kommen noch 3 Artikel welche in Gold- oder Free-Access-Journalen publiziert wurden (diese sind nicht Teil des Abkommens). Eine Open-Access-Rate von 57% ist im Vergleich zur Open-Access-Rate bei Springer sicher noch ausbaufähig.
Dennoch zeigt sich, dass aufgrund der ausschließlich englischsprachigen Publikationen der durchschnittliche Impact Factor der Open-Access-Publikationen bei 3,4443 liegt. Die Closed-Access-Publikationen haben einen niedrigeren Impact Factor, welcher im Durchschnitt um die 2,9240 liegt.
Auf bei den Zitationsdaten zeigt sich schon im ersten Jahr, dass die Open-Access-Artikel etwas besser zitiert werden. Die Rate Zitation pro Artikel liegt bei 0,52, während die Rate Zitation pro Artikel bei den Closed-Access-Artikeln bei 0,50 liegt. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die Open-Access-Artikel den kleinen Vorteil weiter ausbauen können.
Auch von Interesse sind die Altmetrics-Daten der Wiley-Artikel. So haben alle Open-Access-Artikel 101 Altmetrics-Punkte während die Closed-Access-Artikel nur über 11 Altmetrics-Punkte verfügen. Dies zeigt wie bei Springer auch schon, dass die Open-Access-Artikel bei Wiley eine höhere Sichtbarkeit generieren und sich dies aber auch in einer leicht höheren Zitationsrate niederschlägt.
Finanzierung durch den Open-Access-Publikationsfonds
Ein Open-Access-Publikationsfonds existiert an der Medizinischen Universität Graz seit mehreren Jahren. Zuerst noch als Pilot-Projekt durch das Forschungsmanagement initiiert, seit 2019 als offizieller Publikationsförderung mit spezifischen Förderrichtlinien [11] eingeführt. Der Pilot-Fonds hatte zwar auch spezifische Förderbedingungen, nur mussten diese aufgrund geänderter Publikationsverhalten nachgeschärft werden.
Bis zur Einführung des offiziellen Publikationsfonds waren die Förderbedingungen folgende:
- Antrag musste vor Einreichung gestellt werden.
- Die Medizinischen Universität Graz musste als Affiliation angegeben werden.
- Einreichender Autor musste first, last oder corresponding author sein.
- Der Artikel musste in einer Zeitschrift erscheinen, welche in den Top 50% seiner Kategorie im JCR indexiert ist.
- Es gab keine Unterscheidung zwischen Gold- oder Hybrid-Open-Access.
- Wenn es Förderungen von FWF u.a. gibt, muss zuerst diese verwendet werden.
2016–2018 wurden ungefähr 20% der Gold-Open-Access-Publikationen dieses Zeitraums durch diesen Pilot-Fonds gefördert. Weitere 8% wurden vom FWF gefördert, 39% wurde von den Instituten und Kliniken selbst bezahlt und der Rest von 33% wurde von anderen Stellen bezahlt. Eine genaue Auswertung der Publikationskosten an der Medizinischen Universität Graz ist im Zuge eines Projektes in den kommenden Jahren geplant.
Die Erhebung von Kosten für Hybrid-Open-Access gestaltet sich überaus schwierig, da außer den Daten des Publikationsfonds des Forschungsmanagements aktuell wenig valide Daten hierfür zur Verfügung stehen.
Die neuen Förderbedingungen für den offiziellen Fonds wurden aufgrund der alten sehr weitreichenden Bedingungen verschärft.
- Antrag muss vor Einreichung gestellt werden.
- Die Medizinischen Universität Graz muss als Affiliation angegeben werden.
- Einreichender Autor muss first, last oder corresponding author sein.
- Hybrid-Artikel werden nur noch gefördert, wenn diese in einem Journal mit einem Impact Factor größer als 10 erscheinen und diese auch nur mit einem Maximal-Betrag von 3.500 Euro. Hierbei wird eine Direktverrechnung angeboten.
- Ansonsten werden nur noch Gold Open Access Artikel gefördert. Mit 70% der APC aber maximal 2.000 Euro für Artikel in Journalen die in den Top 10% ihrer Kategorie im JCR erscheinen und mit 50% aber maximal 1.500 Euro für Artikel in Journalen in den Top 20% ihrer Kategorie im JCR. Das Journal muss außerdem im DOAJ indexiert sein und es gibt nur eine Refundierung.
- Wenn es Förderungen von FWF u.a. gibt, muss zuerst diese verwendet werden.
Zur Stärkung des Publikationsfonds sind auch Mittel aus dem HRSM-Projekt AT2OA (https://at2oa.at/home.html) vorgesehen. Wenn dieses Projekt aber 2020 ausläuft, müssen etwaige Kosten dann wieder von der Universität selbst getragen werden. Diese Mittel werden zurzeit vor allem für die Förderung von Artikeln verwendet, welche in die Förderschiene Top 20% ihrer Kategorie im JCR fallen. Während die beiden anderen Förderschienen aus dem Publikationsfonds bezahlt werden und vor allem der Exzellenzförderung dienen sollen.
Diskussion
Die Maßnahmen und Aktivitäten die gesetzt wurden, um an der Medizinischen Universität Graz den Gedanken von Open Access zu stärken und die Publikationstätigkeit in Richtung Open Access zu lenken sind, durchaus erfolgreich gewesen.
Der Publikationsfonds ist ein zusätzliches Angebot zur Finanzierung neben den Kosten, die Institute und Kliniken tragen. Dennoch zeigen Gespräche und Schulungen zu Open Access, dass viele keine Kenntnis dieser Möglichkeit haben, einige den administrativen Aufwand scheuen und einige andere Quellen zur Finanzierung benötigen, da ihre Arbeiten nicht den Förderrichtlinien entsprechen.
Erfreulicherweise zeigt das Open Access Monitoring der Abteilung für Forschungsevaluierung und Forschungsdokumentation der Medizinischen Universität Graz, dass im Jahr 2009 bereits 33% der Publikationen mit Affiliation Medizinische Universität Graz frei zugänglich sind. Im Jahr 2018 sind schon um die 53% Open Access verfügbar Auch erste Auswirkungen des Springer-Abkommens dürften in den Jahren 2016–2018 die Open-Access-Rate erhöht haben. So sind in den Jahren 2016 und 2017 bereits über 60% der Artikel frei zugänglich [19]. Der leichte Rückgang 2018 auf unter 60% lässt sich mit einiger Sicherheit auf Embargoperioden zurückführen.
Dennoch zeigen solche Abkommen, so gut diese für die Steigerung von Open-Access-Raten auch sind, dass diese Hybridmodelle eine teure und langwierige Transformation hin zu Open Access sind, die man sich leisten können muss. Die Gefahr, die dabei besteht ist, dass durch solche Modelle Open Access zum Luxusgut wird, und das sich diese nicht alle Institutionen leisten werden können/wollen [20]. Außerdem können solche Hybrid-Modelle dazu führen, dass sich diese Modelle auf Kosten alternativer Open-Access-Angebote oder anderer Verlage/Societies finanzieren. Die hohen Subskriptionsgebühren werden bestenfalls in hohe Publikationsgebühren transferiert.
Auch konnte z.B. bei Springer bis heute keine Transformation hin zu Open Access festgestellt werden. Bis jetzt wurden in keiner nennenswerten Weise Journale transformiert [21]. Es hat sich in der Vergangenheit auch gezeigt, dass die große Periode der Umstellung von Subskriptionszeitschriften hin zu Gold-Open-Access-Journalen um das Jahr 2005 war. Seitdem gibt es eine stetige Abnahme, auch wenn immer wieder vereinzelt Journale umgestellt werden, aber größere Umstellungen sind eher die Ausnahme [22]. Auch wenn aktuell immer mehr Institutionen/Länder solche Abkommen mit Verlagen schließen, lässt sich grundsätzlich nur feststellen, dass die Verlage im Allgemeinen nur ihre Einnahmen, die sie bis jetzt aus Subskription und Hybrid-Open-Access hatten, mehr oder weniger auf die neuen Abkommen umlegen und so das Preisniveau nicht sinkt und bei zukünftigen Folgeverträgen die allzu gut bekannten Preissteigerungsraten zu erwarten sind. Auch zu analysieren wird sein, wie sich die Kosten des Hybrid-Open-Access Publizierens auf die vielen verschiedenen Förderer, Geldgeber und Programme aufteilen. Eine erste grobe Analyse der Ausgaben von Hybrid-Open-Access im Jahr 2018 hat gezeigt, dass sehr viele Hybrid-Artikel nicht vom Publikationsfonds oder den Instituten und Kliniken oder dem FWF bezahlt wurden. Es bleiben einige Artikel, welche von bisher nicht bekannten Quellen finanziert wurden. Dies wären wahrscheinlich andere Fördergebern, Direktverrechnungen mit gewerblichen Fördergebern usw. Diese Kosten werden aber in Zukunft auch den Universitäten zugerechnet werden. Deswegen ist eine präzise Auswertung der Kostenflüsse unabdingbar und auf dieser Auswertung basierend sollten die Kosten intern wie extern verteilt werden.
In wie weit Plan S der Forschungsförderer diese Modelle schneller zum Erfolg führen wird, bleibt abzuwarten, auch wenn dies wünschenswert wäre. Denn bis 2024 können solche Hybrid-Modelle noch gefördert werden, aber wenn dann die Verlage ihr Portfolio nicht oder nur unzureichend umgestellt haben, werden die Folgekosten für solche Verträge den einzelnen Universitäten bleiben. So werden die Big Deals bestehen bleiben und eine Abkehr von solchen Abkommen wird für eine einzelne Institution sehr schwierig werden, da die Entziehungskur für AutorInnen vom Service des Read and Publish ein schmerzvoller und konfliktreicher Vorgang werden kann.
Vielleicht vielversprechender als Big Deals könnten lokale Abkommen einzelner Institutionen mit kleineren und mittleren Verlagen sein. Denn damit ließe sich spezifischer auf die Bedürfnisse der Fachuniversitäten eingehen und ein Read und Publish muss nicht immer mehr mit dem Gesamtportfolio des Verlages verknüpft werden. Die Frage von Workflows kann vielleicht auch vor Ort besser entschieden werden, da jede Institution seine eigenen Vorgehensweisen präferiert und umsetzen möchte.
Zusätzlich könnte in der Medizin auch die Verwendung eines Preprint Servers wie medRxiv (https://www.medrxiv.org) oder bioRxiv (https://www.biorxiv.org) von entscheidender Bedeutung sein. Denn in einem Repositorium in welchen oftmals neben den Open-Access-Artikeln nur Postprint nach Ablauf einer Embargoperiode zu finden sind, könnten diese Preprints, wenn diese wie bei medRxiv einen Editorial Process durchlaufen haben und ethische, datenschutzrechtliche Fragen dabei geklärt sind, ein wenig Druck aus dem System nehmen. Dennoch wird gerade in der Medizin, aufgrund der Thematik bei klinischen Studien, die eben auch durch die Peer Review eine Überprüfung erfahren, ein Preprint noch mit großem Vorbehalt betrachtet.
Fazit
Der Patient Open Access an der Medizinischen Universität Graz spricht auf die oben beschriebenen Therapien gut an. Im Vergleich zu Placebo zeigen außerdem die therapeutischen Maßnahmen eine signifikante Besserung des Open-Access-Publikationsverhalten der ForscherInnen an der Medizinischen Universität Graz. Kurz- und Mittelfristig kann dies, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln aus Publikationsfonds, Transformationsverträgen und HRSM-Projekten, eine Möglichkeit sein die Transformation weiterzuführen. Auch durch die Zugabe von Plan S kann eine weitere Verbesserung des Allgemeinzustandes erwartet werden, wenn die Dosierung angepasst wird. Dennoch ist eine langfristige Perspektive zur Komplettumstellung des Publikationssystems hin zu Open Access, wie dies auch die OANA bis zum Jahr 2025 empfiehlt [23], mit den aktuell zur Verfügung stehenden Maßnahmen und Mitteln nur möglich, wenn die politische und institutionelle Unterstützung weiter ausgebaut und verfestigt wird.
Anmerkung
Interessenkonflikte
Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.
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