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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Lizenzverträge für elektronische Medien lesen lernen – Struktur und Auslegungsregeln

Reading and understanding licensing agreements for electronic resources – structures and rules of interpretation

Fachbeitrag AGMB-Jahrestagung in Basel 2015

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  • corresponding author Mareike Grisse - ZB MED – Leibniz-Informationszentrum Lebenswissenschaften, Köln, Deutschland

GMS Med Bibl Inf 2015;15(3):Doc19

doi: 10.3205/mbi000346, urn:nbn:de:0183-mbi0003464

Published: December 21, 2015

© 2015 Grisse.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Zusammenfassung

Lizenzverträge für elektronische Medien sind oft eng beschriebene, mehrseitige Verträge, die von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren gelesen, verstanden und unterschrieben werden müssen. In diesem Beitrag wird erklärt, wie man mit juristischen Methoden einzelne Klauseln auslegen kann. Dabei wird auch auf die Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen eingegangen. Ein Überblick über die Struktur von Verträgen erleichtert das Aufspüren von Klauseln und von Lücken in Verträgen. In Exkursen wird auf Unterschiede zum angloamerikanischen Rechtsraum aufmerksam gemacht.

Schlüsselwörter: elektronische Medien, Lizenzverträge, Bibliothek, Verlag, Struktur von Lizenzverträgen, Auslegungsmethoden, AGB-Kontrolle

Abstract

Licenses for electronic resources are often written in a small font size and still a couple of pages long. This article introduces rules of interpretation for vague clauses. German law regulating general terms and conditions is explained. An overview of typical structures in licensing agreements between libraries and publishers helps finding relevant clauses. Differences between German and Anglo-American law are referenced.

Keywords: electronic resources, licensing agreements, library, publisher, structure of licenses, rules of interpretation, general terms and conditions


Einleitung

Warum brauchen Bibliotheken für elektronische Medien Lizenzverträge und warum sind diese oft so lang und kompliziert?

Das ‚Warum?‘ ist eigentlich ganz einfach erklärt. Ein Urheber oder eine Urheberin erschafft ein Werk. Ähnlich wie ein Eigentümer einer Sache darf ein Urheber oder eine Urheberin mit seinem Werk uneingeschränkt machen was er will und solange er niemandem schadet. Dritte haben erst einmal keinerlei Rechte am Werk. Man spricht hier auch von einem „ausschließlichen Recht“. Alle, die nicht Urheber oder Urheberin des Werkes sind, sind darauf angewiesen, dass ihnen durch Gesetz oder Vertrag ein Recht eingeräumt wird. Diese Rechte Dritter schränken die Rechte des Urhebers bzw. der Urheberin ein. Dies gilt auch für die USA [1]. Deshalb spricht das Urheberrechtsgesetz (UrhG) auch von „Schranken“. Die §§ 11–44 UrhG klären, wie der Urheber oder die Urheberin sein bzw. ihr Werk nutzen kann, bevor im Abschnitt 6 (§§ 44a ff UrhG) die Rechte Dritter kodifiziert sind.

Die gesetzlichen Regelungen ermöglichen Bibliotheken viele Nutzungen, aber in verschiedenen Fällen brauchen Bibliotheken mehr Erlaubnisse.

In der Regel übertragen viele Urheber und Urheberinnen wissenschaftlicher Werke bei der Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift den Großteil oder alle Rechte an den Verlag. Der Verlag wiederum kann Bibliotheken einzelne Nutzungs- und Verwertungsrechte einräumen. Je vielseitiger die Nutzung in der Bibliothek ist, umso mehr Rechte braucht sie.

Lizenzverträge nach deutschem Recht versuchen etwaige Lücken des Gesetzes zu schließen. Alles, was per Gesetz dem Dritten nicht erlaubt ist, muss durch Vertrag erlaubt werden. In der Praxis ist es oftmals einfacher und schneller, einen einzelnen Vertrag auf Vollständigkeit zu prüfen, anstatt parallel das Urheberrechtsgesetz und den Vertrag zu lesen und sich die Rechte zusammenzustückeln. Außerdem können durch den Vertrag Rechte ausgeschlossen werden, die eigentlich per Gesetz gewährt wurden. Man spricht hier von sog. „abdingbaren Rechten“.

Angloamerikanische Verträge sind sehr komplex. Der Grund für die Komplexität liegt insbesondere in der ‚Fair Use Klausel‘. Die ‚Fair Use Klausel‘ nach 17 U.S.C. 107 (http://www.copyright.gov/title17/92chap1.html) ist eine Generalklausel und verwendet – im Gegensatz zu Spezialklauseln – einen allgemeinen, auslegungsbedürftigen Wortlaut, in diesem Fall den Begriff „fair use“. Da es oftmals unklar ist, wann eine Nutzung „fair use“ ist und wann nicht, werden in angloamerikanische Verträgen einfach alle denkbaren Nutzungen erlaubt beziehungsweise eingeschränkt.

Für beide Rechtsordnungen gilt: viele der im Gesetz eingeräumten Rechte sind vertraglich abdingbar ([2], [3] Rn. 14).


Auslegungsmethoden

In Lizenzverträgen und im Gesetz versuchen die Parteien durch möglichst präzise Sprache eine eindeutige Regelung zu finden. Dennoch sind unbestimmte Rechtsbegriffe an der Tagesordnung. Durch die Auslegungsmethoden kann man ermitteln, was mit einer unklaren Regelung eigentlich gesagt werden sollte.

Es gibt hingegen auch viele Fälle, in denen gerade ein unbestimmter Begriff notwendig ist, um eine gewisse Flexibilität zu wahren. Als Beispiel kann eine Metadatenlieferung entweder immer am 15. eines Monats vereinbart werden oder die Metadaten müssen schnellstens nach der Freischaltung geliefert werden. Der erste Fall ist sehr präzise. Im zweiten Fall muss man erst tatsächlich feststellen, wann die Freischaltung war und außerdem eine Definition für „schnellstens“ entwickeln. Beide Varianten sind legitim, je nachdem, was gewünscht wird.

Bei der Auslegung können bis zu vier verschiedene Ansätze gewählt werden: Wortlaut, Sinn und Zweck, Systematik sowie Entstehungsgeschichte.

Die Auslegung hat vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ([4], Rn. 14). Diese Auslegungsmethode ist sehr wichtig, leicht anwendbar und sollte immer als erstes genutzt werden. Was bedeutet ein Wort im allgemeinen Sprachgebrauch? Hat das Wort unter Fachleuten eine besondere Bedeutung? Was sind Synonyme? Wie kann man das Wort definieren?

Im angloamerikanischen Rechtsraum ist die Wortlautauslegung die wichtigste Auslegungsmethode ([5], A. II. 1. S. 22). Deshalb hat sich in englischsprachigen Verträgen durchgesetzt, dass zu Beginn einige wichtige Begriffe definiert werden. Über diese Begriffe soll zwischen den Parteien kein Zweifel herrschen. Auch in Deutschland werden Definitionen am Anfang von Gesetzen und Verträgen immer populärer.

Die teleologische Auslegung, d.h. die Auslegung nach Sinn und Zweck ([6], Rn. 46) ist eine weitere wichtige Auslegungsmethode. Gem. §§ 133 und 154 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Kurz gesagt: Was wollten die Parteien mit dieser Formulierung sagen?

Bei dieser Auslegungsmethode betrachtet ein neutrales Gericht die Interessen beider Parteien und die Umstände, die zu der Vereinbarung geführt haben ([4], Rn. 18, 29). Vorvertragliche Korrespondenz kann zur Vertragsauslegung herangezogen werden. Deshalb kann es streitentscheidend sein, dass man die erklärende E-Mail aus den Verhandlungen als qualifizierten Sachvortrag im Prozess einbringen kann.

Bei der systematischen Auslegung wird die Struktur des Vertrages betrachtet. Werden z.B. in den vorherigen oder nachfolgenden Klauseln dem Lizenznehmer Rechte eingeräumt, dann spricht das dafür, dass es auch in der fraglichen Klausel um diese Rechtseinräumung geht.

Die letzte Auslegungsmethode hilft selten weiter und wird deshalb in der Praxis wenig angewandt. Bei der Auslegung unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte ([4], Rn. 16) (historisch) werden die Umstände berücksichtigt, die zu der Formulierung geführt haben. Wenn z.B. die Klausel in einem vorherigen Vertrag bewusst anders formuliert war, dann kann diese Erkenntnis helfen, den Sinn und Zweck der heutigen Klausel oder den Veränderungswillen der Parteien zu illustrieren.

In der Praxis werden die verschiedenen Auslegungsmethoden zusammen angewendet.


AGB-Kontrolle

Nachdem man sich durch die Auslegungsmethoden Klarheit über den Inhalt der fraglichen Klausel geschaffen hat, ist zu prüfen, ob diese Klausel wirksam ist. Ist eine Klausel nicht wirksam, so kann sich weder die Bibliothek noch der Verlag darauf berufen.

Bibliotheken werden in den meisten Fällen vom Verlag vorgegebene Vertragsbedingungen vorgelegt bekommen. Daneben gibt es verschiedene online zugängliche Muster mit bibliotheksspezifischen Regelungen. Einige Beispiele sind über die Linksammlung auf der Seite des Goportis-Kompetenzzentrums Lizenzen verlinkt (http://www.goportis.de/lizenzen/links.html).

Diese Verträge und Klauseln werden in der Regel allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) gem. § 305 Abs. 1 BGB sein. Dabei ist es unerheblich, ob in der Überschrift von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gesprochen wird oder wie das sonstige Layout der Klauseln ist. Selbst in Briefen, E-Mails oder handschriftlichen Notizen kann man AGBs verstecken ([7], Rn. 8), solange diese gem. § 305 Abs. 1 BGB (1) für eine Vielzahl von Verträgen (2) vorformuliert (3) bei Vertragsschluss (4) einseitig gestellt wurden.

Eine AGB ist am Prüfungsmaßstab der §§ 305–310 BGB zu prüfen ([3], Rn. 15). Diese Normen dienen dem Schutz desjenigen, der die AGBs der anderen Partei akzeptieren muss. Wenn Bibliothekarinnen und Bibliothekare im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit einen Lizenzvertrag abschließen, dann agieren sie als Unternehmer oder Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB oder sie sind juristische Personen des öffentlichen Rechts. Unternehmer, Unternehmerinnen und juristische Personen des öffentlichen Rechts werden nicht so stark geschützt wie Verbraucher oder Verbraucherinnen ([8], Rn. 2ff). Für sie gelten gem. § 310 I S. 1 BGB nicht die §§ 305 II, III, 308 Nr. 1, 2–8 und 309 BGB. Oder andersherum gesagt: AGBs dürfen gegenüber einem Unternehmer nicht gegen die vier Paragrafen § 308 Nr. 1b BGB (Klausel Verbot mit Wertungsmöglichkeit); § 307 BGB (Inhaltskontrolle); § 305c BGB (Überraschende und mehrdeutige Klauseln) oder § 305b BGB (Vorrang der Individualabrede) verstoßen. Anstatt auf Details dieser Regelungen einzugehen, verweise ich auf Kommentarliteratur und Rechtsprechung.

Wenn eine Klausel der AGB-Prüfung nicht standhält, dann ist diese Klausel unwirksam. Die Rechtsfolgen sind in § 306 BGB kodifiziert. Die Teilunwirksamkeit führt nur zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages, wenn ein Festhalten am Vertrag auch unter Berücksichtigung von Änderungen eine unzumutbare Härte darstellen würde. Statt der unwirksamen Klausel gelten die gesetzlichen Vorschriften ([9], Rn. 12).

Eine AGB-Prüfung nach deutschem Recht sollte im Streitfall immer gemacht werden.


Struktur und Inhalt von Lizenzverträgen

Lizenzverträge enthalten regelmäßig Regelungen, die sich in die folgenden zehn Kategorien einsortieren lassen:

1.
Parteien
2.
Präambel
3.
Definitionen
4.
Rechte und Pflichten
5.
Preise und Zahlungsmodalitäten
6.
Haftung
7.
Beendigung des Vertrages
8.
Sonstiges: Gerichtsstandsklausel, anwendbares Recht, salvatorische Klausel, Vollständigkeit des Vertrages, Form
9.
Unterschriften
10.
Anlagen: Titellisten

1. Parteien

Die Vertragsparteien sollten zu Beginn des Vertrages eindeutig identifizierbar benannt werden [10]. Dazu gehören die Angabe der Rechtsform und die Adresse. Die präzise Identifikation der Parteien ist wichtig. Häufig werden die Parteien im restlichen Vertrag nur noch über Abkürzungen oder allgemeine Begriffe definiert. Durch eine sogenannte Klammerdefinition wird die entsprechende Abkürzung eingeführt, z.B. „ZB MED“ anstelle von „Deutsche Zentralbibliothek für Medizin (ZB MED) – Leibniz-Informationszentrum Lebenswissenschaften“.

2. Präambel

Eine Präambel wird in vielen Verträgen nicht vorkommen. In einer Präambel kann man das Ziel einer Zusammenarbeit beschreiben. Standard-Lizenzgeschäfte sind Massenverträge, bei denen eine prosaische Einleitung oftmals nicht nötig sein wird. Die Präambel ist im angloamerikanischen Bereich von größerer Bedeutung, da sie den Gerichten ermöglicht, den Willen der Parteien bei der Auslegung zu berücksichtigen.

3. Definitionen

Die Definitionen sind ein wichtiger Bestandteil moderner Lizenzverträge. Dieses Stilelement stammt aus dem angloamerikanischen Bereich, wo die Wortlautauslegung entscheidend ist. Über präzise Definitionen können die Anwender Zweifel ausräumen. Bei der Lektüre des weiteren Vertragswerkes wird immer wieder auf die definierten Begriffe zurückgegriffen. In englischsprachigen Verträgen heben sich definierte Begriffe dadurch ab, dass sie mit Großbuchstaben beginnen. So bekommen „Authorized Users“ Rechte eingeräumt. Die Großbuchstaben sind ein Hinweis darauf, dass man die Definition meistens am Anfang des Vertrages nachblättern kann.

4. Rechtekatalog

Aus bibliothekarischer Sicht das wichtigste Kapitel ist die Rechteeinräumung. Nach § 29 II UrhG kann der Urheber oder die Urheberin Dritten Rechte einräumen. Dieser Regelung entspricht in den USA 17 U.S.C. 106. Der Verhandlungsführer / die Verhandlungsführerin muss wissen, welche Rechte die Nutzer/Nutzerinnen für eine sinnvolle Nutzung brauchen. Das kann je nach Einrichtung sehr unterschiedlich sein. Empfehlenswert ist die Erstellung einer Checkliste aller benötigten Rechte [10]. Beispiele von Checklisten s. [11], [12], [13].

Wenn im vorformulierten Vertrag ein benötigtes Recht nicht erwähnt wird, dann sollte es eingefügt werden. Dabei sollte man die Formerfordernisse beachten. Häufig heißt es zu Ende des Vertrages, dass nur schriftliche Änderungen oder Ergänzungen Vertragsbestandteil werden können.

5. Preise und Zahlungsmodalitäten

Im Anhang werden häufig Paket- oder Einzelpreise detailliert aufgeführt. Im Hauptvertrag gibt es hingegen allgemeine Regelungen. Hier wird u.a. festgelegt, wann das Zahlungsziel ist, in welcher Währung Rechnungen erstellt werden oder ob es jährliche Preissteigerungen gibt.

6. Haftung

Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung von Haftungsregeln. Die Parteien haften, wenn eine Pflicht verletzt wurde. Spätestens an dieser Stelle sind die mit den Nutzungsrechten verbundenen Pflichten der Parteien aufzuführen.

Dabei kann man unterscheiden zwischen vertraglichen Hauptleistungspflichten, vertraglichen Nebenleistungspflichten und Sorgfaltspflichten. Die Hauptleistungspflichten bestehen daraus, dass der Verlag einen Zugang zum lizenzierten Werk bereitstellt und die Bibliothek die Lizenzgebühren zahlt. Die Nebenleistungspflichten sind sehr unterschiedlich. Hierzu kann gehören, dass die Bibliothek die Nutzer und Nutzerinnen über die Nutzungsrechte informiert oder dass sie ein sicheres Netzwerk unterhält oder dass sie das Logo des Verlages im Discovery Service zeigt. Der Verlag verpflichtet sich zum Beispiel dazu, Qualitätsstandards einzuhalten, Metadaten zu liefern, Störungen in einer bestimmten Zeit zu beheben oder Nutzungsstatistiken zu liefern [14].

In der Praxis tückisch sind Regelungen, die dem Verlag die Sperrung des Zugangs gestatten. Wenn die lizenzierende Bibliothek oder ein Nutzer / eine Nutzerin schädigende Handlungen vornimmt, dann darf der Verlag den gesamten Zugang der Bibliothek sperren. Diese Regelung ist für den Lizenznehmer schwierig, denn er hat häufig keine Kontrolle über die Nutzerinnen und Nutzer. Alles was er tun kann ist die Nutzerinnen und Nutzer auf die Nutzungsrechte hinzuweisen und bei Bekanntwerden von missbräuchlichem Verhalten deren Zugang zu sperren. Ist die Sperrungsklausel sehr offen formuliert, dann darf der Verlag den kompletten Zugang sperren, ohne vorab die Bibliothek über den Verstoß zu informieren und ihr eine Chance zu geben, selber Maßnahmen zu ergreifen. Es sollte auch geklärt werden, für welche Zeitspanne der Verlag den Zugang sperren darf und in welchen konkreten Fällen er diese Maßnahme ergreifen kann.

In einer vertraglichen Beziehung sind die Parteien eng miteinander verbunden und haben die Möglichkeit, den jeweils anderen zu schädigen. Das kann z.B. dadurch geschehen, dass man Geschäftsgeheimnisse des anderen öffentlich macht. Die Parteien sind deshalb verpflichtet, Sorgfalt walten zu lassen, um den Anderen nicht zu schädigen.

Fehlt eine Haftungsregelung, dann bestimmt sich die Haftung gem. § 280 ff BGB. Derjenige, der fahrlässig oder vorsätzlich eine Pflicht verletzt, haftet dem Geschädigten für die daraus entstehenden Schäden.

In Haftungsregelungen wird häufig der Haftungsmaßstab festgelegt. So kann man die Haftung für fahrlässig verursachte dingliche Schäden ausschließen.

Es ist beliebt, eine Haftungshöchstgrenze zu vereinbaren. Dabei kommt es oft vor, dass der Verwender (z.B. ein Verlag) die eigene Haftung begrenzt, die gegnerische Partei hingegen voll haften soll. Hier sollten Bibliotheken auf die Einfügung einer eigenen Haftungshöchstgrenze bestehen.

Nimmt man z.B. an, dass sich beide Parteien gegenseitig massiv geschädigt haben (Schäden von jeweils mehreren Millionen), dann würde, eine einseitige Haftungshöchstgrenze von 10.000 EUR bedeuten, dass A maximal 10.000 EUR zahlt, B hingegen Millionen.

7. Beendigung des Vertrages

Lizenzverträge können enden, weil der Lizenzzeitraum abgelaufen ist, oder durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung. Bei der ordentlichen Kündigung ist eine Kündigungsfrist einzuhalten. Normalerweise kann man ohne Angabe von Gründen ordentlich kündigen. Bei der außerordentlichen Kündigung muss ein Kündigungsgrund vorliegen. Dann kann das Vertragsverhältnis sofort beendet werden. Wann ein Kündigungsgrund vorliegt, steht im Vertrag. Teilweise wird noch anhand der Schwere des Verstoßes entschieden, ob das Vertragsverhältnis sofort oder unter Einhaltung einer Frist endet.

8. Sonstiges

Bei Verträgen mit internationalen Verlagen sollte geklärt werden, welches Recht angewendet wird. Außerdem sollten die Parteien den Gerichtsstand festlegen. So verhindern die Parteien, dass man sich erst um Formalitäten streitet, bevor es um den Inhalt des Vertrages geht. Deutsche Bibliotheken können vereinbaren, dass das zuständige Gericht in Deutschland am Geschäftssitz (entspricht § 17 ZPO) ist und deutsches Recht angewendet wird. Das verringert den Aufwand. Sollte ein Verlag darauf bestehen, dass amerikanisches Recht von einem amerikanischen Gericht angewendet wird, lautet die allgemeine Empfehlung, dass ein Gericht in den Staaten Delaware, New York oder Kalifornien unter Anwendung des jeweiligen Landesrechts urteilt. Diese drei US-Staaten haben den Ruf, verhältnismäßig ausländerfreundlich zu urteilen. Zumindest sind in diesen Staaten sehr viele ausländische Unternehmen ansässig, so dass die Richter mit typischen grenzüberschreitenden Problematiken vertraut sind.

9. Unterschriften

Die Unterschriften gehören unter den Vertrag. Die Unterzeichnenden sollten vorher klären, dass sie die benötigten Vollmachten haben. Eine Vollmacht braucht nicht schriftlich erteilt worden zu sein. Genauso wirksam sind mündliche Vollmachten. Daneben sind Duldungs- und Anscheinsvollmachten Besonderheiten, die in der Praxis häufig vorkommen [15]. Welche Formerfordernisse der Vertrag erfüllen muss, entscheiden die Parteien selbst. In den USA ist es übrigens üblich, auf jeder Seite des Vertrages sein Kürzel zu hinterlassen und auf der letzten Seite richtig zu unterschreiben. So kann sichergestellt werden, dass keine Seite (böswillig) ausgetauscht wurde.

10. Anlagen

Die Anlagen bestehen meistens aus den Titellisten und genauen Preisangaben.


Fazit

Zu guter Letzt bleibt zu bemerken, dass jeder Vertrag anders ist. Jede Partei ist selbst verantwortlich dafür, dass die eigenen Rechte, Pflichten und Haftungsregelungen hinreichend präzise eingebracht werden. Sowohl Bibliothek als auch Verlag sind an einem harmonischen Vertragsverhältnis interessiert. Bei Unklarheiten helfen klärende Gespräche und kleinere Probleme können im Alltag geregelt werden. Sollte aber ein kleines Problem zu einem großen Problem werden, dann ist es gut, einen mit Bedacht verhandelten Vertrag zur Hand zu haben.


Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.


Literatur

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