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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Die Bibliothek der Medizinischen Universität Graz: Visionen – Konzepte – Fakten

The library of the Medical University of Graz: visions – concepts – facts

Fachbeitrag

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GMS Med Bibl Inf 2009;9(2-3):Doc53

doi: 10.3205/mbi000181, urn:nbn:de:0183-mbi0001819

Published: September 2, 2009

© 2009 Kortschak.
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Zusammenfassung

Der Artikel gibt einen kurzen Überblick zur Geschichte und zur Philosophie der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz. Die Bibliothek wurde 2004 gegründet und hat in den letzten fünf Jahren moderne Standards entwickelt.

Schlüsselwörter: Bibliothek der Medizinischen Universität Graz, Österreich, Entwicklung, Standards

Abstract

This article gives short overview of the history and the philosophy of the Library of the Medical University of Graz. The library was founded in 2004 and developed in the last five years modern standards.

Keywords: Medical University, Graz, Austria, library, development, standards


Die Bibliothek der Medizinischen Universität Graz

Monasterium sine libris

Die junge Geschichte der Universitätsbibliothek baut auf der Grundidee des Eco’schen Zitates auf („Ein Kloster ohne Bücher ist wie ein Staatswesen ohne Habe, eine Festung ohne Truppen, eine Küche ohne Geschirr, ein Tisch ohne Speisen, ein Garten ohne Pflanzen, eine Wiese ohne Blumen, ein Baum ohne Blätter.“ Eco, U. Der Name der Rose) – auch wenn der Titel durchaus anders interpretiert werden könnte. Nicht der Weg zur rein digitalen Bibliothek ist hier das primäre Thema, sondern die Entscheidung der Neugründung einer Universitätsbibliothek für die Medizinische Universität Graz (MUG) im Jahr 2004 [1]. Bereits 2003 begannen die Vorbereitungen für die Ausgliederung der österreichischen Universitäten und die Umwandlung der Medizinischen Fakultäten in Graz, Wien und Innsbruck in Medizinische Universitäten. In diesem Kontext musste auch für Graz eine Entscheidung über die Zukunft der Bibliothek getroffen werden, die mit den parallel laufenden Bauarbeiten für ein neues Bibliotheksgebäude zu Gunsten der Errichtung einer eigenständigen Medizinischen Universitätsbibliothek ausfiel. 2004 wurde eröffnet und aus heutiger Sicht – fünf Jahre später – scheint man damals Vieles richtig gemacht zu haben. Die Institution hat sich, trotz zahlreicher skeptischer Stimmen am Anfang, innerhalb und außerhalb der Medizinischen Universität etabliert. Nicht nur das architektonisch mehrfach prämierte Gebäude sondern auch das Angebot ließen die Bibliothek zu einem gern besuchten Ort und einem Kompetenzzentrum für wissenschaftliche Informationen wachsen (zur Architektur und zum Grundkonzept vgl. [2], http://www.gsund.net/cms/beitrag/10054214/1482563/).

No risk – no fun

Viel Wissen, viel Kreativität und Risikofreude standen am Anfang und sie waren zugleich der Motor für die bisherige Entwicklung. Mit der Herauslösung aus der Stammbibliothek, dem Aufbau einer modernen einschichtigen Bibliothek sowie der Integration in die Universitätsverwaltung, der Zusammenführung aller Zeitschriftenbestände in der Zentralbibliothek, der Datenmigration aus dem Bibliothekssystem der Karl-Franzens-Universität Graz (KFUG) in das neu implementierte der MUG usw. wurden viele operative Schritte gesetzt, die erst nach und nach für die Bibliothekskunden sichtbare Ergebnisse brachten. Das Risiko wurde und wird durch „freiwillige Selbstkontrolle“ im Rahmen zahlreicher interner und externer Aktivitäten regelmäßig evaluiert: „Reorganisation des Zeitschriftenbestandes am Beispiel der Medizinischen Universität Graz“, 2004 (Das Projekt wurde unter anderem im Rahmen eines Vortrages auf der AGMB-Tagung 2005 in Graz vorgestellt: http://www.agmb.de/05_graz/Kortschakvortrag.pdf.); Teilnahme am BIX seit 2006 (Porträt der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz auf Einladung der BIX-Redaktion: http://www.bix-bibliotheksindex.de/index.php?id=135); „Wie zufrieden sind die Benutzer der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz? Ergebnisse einer Befragung im Winter 2007“ gemeinsam mit dem Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin [3] können hier als Beispiele genannt werden.

Der Aufbau von Netzwerken und Kooperationen stand und steht für „Fun“.

Exemplarisch soll hier kurz ein Projekt vorgestellt werden. Im Frühjahr 2007 haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek begonnen, sich mit den Möglichkeiten der Verbesserung des Informationsangebotes und der Kommunikationsstrukturen zu beschäftigten. Ziel des Gesamtprojektes war die professionellere Vermittlung, daher wurde auch ein externer Experte für Informations- und Kulturvermittlung engagiert. Nach einer Evaluierungsphase erarbeitete das Team ein Schulungsprogramm in Informationskompetenz, das nun regelmäßig und für neue wissenschaftliche/ärztliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtend im Rahmen der internen Aus- und Weiterbildung über die Stabstelle für Personalentwicklung der Universität angeboten wird. Entsprechend adaptierte Module sind in der Zwischenzeit auch im Curriculum für Pflegewissenschaften bzw. in der Diplomanden- und Dissertantenausbildung für Zahnmedizin verankert. Trotz dieser Maßnahmen hat sich im Laufe des Projektes gezeigt, dass dem geplanten Aufbau einer Kommunikationsstruktur zwischen wissenschaftlich und ärztlich Tätigen große Bedeutung zukommt. In Gesprächen wurde die Idee einer Informationstour geboren. Von Ende Jänner bis Anfang Mai 2009 präsentierte die Bibliotheksleiterin gemeinsam mit dem Vermittlungsexperten an über 40 Instituten, Kliniken und klinischen Abteilungen rund 400 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern/Ärztinnen und Ärzten im Rahmen von Dienstbesprechungen, Institutskonferenzen oder Weiterbildungsveranstaltungen – besonders mitgetragen durch die Leiter – das (elektronische) Angebot der Bibliothek. Es entwickelte sich dabei aber auch ein lebhafter Diskurs, der sehr viel persönliches Verständnis für die Bedürfnisse, Möglichkeiten, Wünsche und Probleme aller evoziert hat. Neben Informationsmaterial wurde auch ein kleiner Fragebogen verteilt, um die Zufriedenheit zu erheben. Das sehr positive Feedback – zwischen 83%–93% hat nicht nur überrascht sondern auch gefreut. Als nachhaltiges Ergebnis ist nun ein Kommunikationsforum zwischen wissenschaftlichen Ansprechpartnerinnen/-partnern und der Bibliothek entstanden.

Die Visionen der Autorin von einer offenen Bibliothek aus dem Jahr 1996 sind mehr als 10 Jahre später realer geworden: „A open library does not only mean to unlock the storage and to introduce more attractive opening hours, the change must also happen in the heads of the librarians. Spitzweg’s idyll is no longer up to date and has to be replaced by the professional image of managing and controlling masses of books and knowledge. Instead of nursing and developing complicated rule systems we should rather play our part within scientific work with more self-confidence. Access to information in all sorts of variations nowadays is possible outside the libraries. The ‘administrator of the house of scriptures’ could become an expert who can give structure to the flood of information“ [4].

Der Weg ist das Ziel

Unter dem Motto „Die Bibliothek als Netz in der Manege der Google-Gesellschaft“ verfolgt die Bibliothek heute klare Ziele: „Entwicklung, Pflege und Evaluierung von Services, die dem Informationsbedarf der Universität entsprechen und die den Kunden lehren das gesamte Informationsangebot zu verstehen und effektiv zu verwenden. Die Förderung der Fähigkeiten zum selbständigen lebenslangen Lernen. Die Vernetzung mit anderen nationalen und internationalen Bibliotheken und wissenschaftlichen Institutionen zum Mehrwert der Medizinischen Universität Graz und der Scientific Community“ (http://www.medunigraz.at/bmed/21).

Zahlen und Fakten

Die Universitätsbibliothek besteht seit 2004 als Abteilung der Organisationseinheit Administration und Dienstleistungen im Aufgabenbereich des Vizerektors für Finanzmanagement und Organisation. Die Bibliothek ist in alle betriebswirtschaftlichen Prozesse wie Prozessdokumentation, Risikomanagement, Personalentwicklung und strategische Zielplanung eingebunden.

Derzeit versorgt die Bibliothek rund 4300 Studierende und 520 Lehrende mit wissenschaftlicher Information aller Art.

Das 2004 eröffnete Bibliotheksgebäude befindet sich im Universitätsklinikum im Zentrum für Medizinische Grundlagenforschung (Abbildung 1 [Abb. 1]). Die Infrastruktur der Bibliothek und des angeschlossenen Lernzentrums bietet 200 Leserplätze, 4 Seminar- und Gruppenräume mit umfangreicher Präsentationstechnik, 48 Internetarbeitsplätze, W-LAN im Lernzentrum, 2 Medienboxen, Scanner/Kopierer/Drucker.

Die Bibliothek ist für jedermann kostenlos zugänglich, die elektronischen Ressourcen dürfen nur nach Maßgabe der vertraglichen Bestimmungen gelesen werden (Abbildung 2 [Abb. 2] ).

In der Freihandpräsenzbibliothek sind nur die Lehrbücher für Studierende aller Universitäten und Hochschulen ausleihbar. Das Angebot umfasst 550 gedruckte Zeitschriften-Abos, 75.000 gedruckte Zeitschriftenbände und 4000 e-Journals. Die 50.000 Bücher sind teilweise den Instituten und Kliniken zur Verfügung gestellt. Die wichtigsten medizinischen Datenbanken werden über die Plattform Ovid-SP angeboten, der Linksolver ist in allen Datenbanken – auch in PubMed integriert. Die vorwiegend deutschsprachigen E-Books werden – ebenso wie die Titel der Lehrbuchsammlung – in Absprache mit den Lehrenden erworben.

Über den Literaturservice werden Zeitschriftenartikel aus eigenen und Beständen anderer Bibliotheken vermittelt.

Schulungen werden im Rahmen der Lehre, der betrieblichen Weiterbildung und zur Einführung neuer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen angeboten (Abbildung 3 [Abb. 3] ).

Als Bibliothekssystem ist ein lokales Aleph 500 mit einigen Schnittstellen zu anderen Systemen – wie zum Beispiel der Datenbank zur Studierendenverwaltung – implementiert, elektronische Zeitschriften werden über die EZB nachgewiesen.

Die Bibliothek ist Mitglied des Österreichischen Bibliothekenverbundes, der Kooperation E-Medien Österreich und der AGMB. Vertraglich vereinbarte Kooperationen gibt es mit der Österreichischen Nationalbibliothek zur elektronischen Ablieferung von Dissertationen im Rahmen des Pflichtexemplarrechts und mit der Universitätsbibliothek der Karl-Franzens-Universität Graz. Ein Kooperationsvertrag mit der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Graz wird demnächst unterzeichnet.

Kontakt

Bibliothek der Medizinischen Universität Graz
Stiftingtalstraße 24
A-8010 Graz
Österreich
Tel.: +43 316 385-73050, Fax -73059
Email: bibliothek@medunigraz.at
http://www.medunigraz.at/bmed/

Öffnungszeiten

Bibliothek: Montag bis Freitag 8:00–20:00

Lernzentrum: Montag bis Freitag 8:00–20:00; Samstag, Sonntag & Feiertage 9:00–22:00


Literatur

1.
Kortschak U. 2004 - die Bibliothek der Medizinischen Universität Graz als Newcomer. Med Bibl Inf. 2005;5(1):55-7. Available from: http://www.agmb.de/mbi/2005_1/kortschak.pdf External link
2.
Kortschak U. Monasterium sine libris. In: Corce H, Klug I, editors. Croce-Klug: Architektur und Medizin – medical architectur. Graz: raum kunst; 2008. p. 15-17.
3.
Harder E, Matthias J, Havemann F. Wie zufrieden sind die Benutzer der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz? Ergebnisse einer Befragung im Winter 2007. Berlin: Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin; 2008. Available from: http://www.ib.hu-berlin.de/~fhavem/umfrage/Ergebnisse.htm External link
4.
Kortschak U. Open library. In: Pejova Z. Proceedings/Workshop Information and Library Support to Management Development Programmes in Central and Eastern European and Former Soviet Union Countries. Ljubljana: ICPE; 1996. p. 17.