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GMS Medizin — Bibliothek — Information.

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

ISSN 1865-066X

Nationallizenzen aus Sicht und im Förderspektrum der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): Grundlagen und Einbindung in die Förderstrukturen

National licences from the point of view and in the funding spectrum of the Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): basic principles and embedding into the structures of funding

Fachbeitrag

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  • corresponding author Reinhard Rutz - Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme, Bonn, Deutschland External link

GMS Med Bibl Inf 2007;7(2):Doc32

The electronic version of this article is the complete one and can be found online at: http://www.egms.de/en/journals/mbi/2007-7/mbi000084.shtml

Published: December 10, 2007

© 2007 Rutz.
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Zusammenfassung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist größter Drittmittelgeber für die Forschung an deutschen Hochschulen. Im Bereich der Informationsinfrastrukturförderung stellte sie 2007 in diesem Rahmen für den seit 2004 unterstützten Erwerb von retrospektiv angelegten Nationallizenzen als Teil des geförderten Systems der Überregionalen Literaturversorgung erneut 15 Mio. Euro und erstmals für den Abschluss von Nationallizenzen für laufende elektronische Zeitschriften 18,5 Mio. Euro zur Verfügung.

Im Beitrag werden die Zielsetzungen der DFG mit dem Konzept der Nationallizenzen sowie deren bisherige Umsetzung beschrieben. Vorgestellt werden auch die Grundzüge der Schwerpunktinitiative „Digitale Information 2008-2012“. Auch diese Initiative ist Teil des von der DFG seit vielen Jahrzehnten geförderten Systems der überregionalen Literaturversorgung mit ihrem wesentlichen Teilgebiet, der Sondersammelgebietsförderung.

Schlüsselwörter: Nationallizenzen, Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS), Schwerpunktinitiative "Digitale Information 2008-2012", überregionale Literaturversorgung der Forschung

Abstract

The Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist the biggest third-party research funding organisation in Germany. In 2007 it supplied 15 Million Euro for national licences for archived digital content and for the first time 18.5 Million Euro for national licences for current subscriptions of e-journals in oder to support research information infrastructure.

The paper describes DFG's aims and the hithero installation process of national licences funding program since 2004. Furthermore a basic outline of the focus initiative "Digital Information 2008-2012" will be given. The initiative is part of DFG's system of nationwide literature supply for research purposes which includes support for the important area of special subject collections. This system is funded by the DFG since decades.

Keywords: national licences, information infrastructure for science and the humanities, focus initiative "digital information 2008-2012", nationwide literature supply for research


Aufgaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist die zentrale Selbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaft in Deutschland. Sie fördert alle Zweige der Wissenschaft durch die Finanzierung von Forschungsprojekten und gestaltet im Rahmen ihres Auftrages zur Politikberatung – planerisch und durch Förderung – die infrastrukturellen Voraussetzungen für Wissenschaft und Forschung. Als größter Drittmittelgeber der deutschen Hochschulen steuerte sie in 2006/07 die Vergabe von Forschungsmitteln in einem Excellenzwettbewerb. Mit den vergebenen Mitteln wurden wesentliche Wissenschaftsstrukturen initiiert und gestaltet.

Das Gesamtbudget der Deutschen Forschungsgemeinschaft beträgt für 2007, ohne die Mittel für die auf fünf Jahre konzipierte Exzellenzinitiative, rund 1,9 Mrd. €. Hierin enthalten sind ca. 36 Mio. € für den Normalhaushalt der Informationsinfrastrukturförderung. Zusätzlich stehen im laufenden Haushaltsjahr 2007 für die Informationsinfrastrukturförderung Sondermittel in der Größenordnung von 15 Mio. € für den Erwerb retrospektiv angelegter Nationallizenzen sowie erstmals auch rund 18,5 Mio. € zur Erprobung des Ankaufs von Nationallizenzen laufender elektronischer Zeitschriften zur Verfügung.

Die Beratung aller Aktivitäten bezüglich der wissenschaftlichen Informationsstruktur in Deutschland wird seit etwa 50 Jahren ganz wesentlich durch ein eigenes Expertengremium der DFG, dem Ausschuss für wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme (AWBI, früherer Bibliotheksausschuss, BA) gestaltet. Das betrifft sowohl die überregionale Planungsarbeit für die Informationslandschaft als auch die konkrete Förderberatung der DFG für Infrastruktur und Projekte wissenschaftlicher Bibliotheken und Informationseinrichtungen sowie informationsinfrastrukturelle Vorhaben direkt aus der Wissenschaft. Verantwortlich für die Umsetzung und Durchführung aller Informationsinfrastrukturaktivitäten innerhalb und außerhalb der DFG ist die Gruppe "Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS)".


Schwerpunktinitiative „Digitale Information“ und überregionales Literaturversorgungssystem

Im Kontext der Informationsinfrastrukturförderung wurde Anfang 2007 von der DFG die Schwerpunktinitiative „Digitale Information 2008-2012“ beschlossen. Neben anderen, in einem Positionspapier erläuterten zukünftigen Handlungsschwerpunkten, ist ein klar definierter Förderschwerpunkt zur Unterstützung der Lizenzierung digitaler Medien zur bundesweiten Bereitstellung in Deutschland vorgesehen samt einer derzeit vorbereiteten Initiative für Lizenzierungs-Pilotversuche auf internationaler Ebene, umgesetzt durch EU-Tender im Rahmen von Knowledge Exchange.

Dieser Schwerpunktbereich ist in seinen Einzelmaßnahmen eng verknüpft mit dem, seit vielen Jahrzehnten durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten System der überregionalen Literaturversorgung und ihrem wesentlichen Teilgebiet, der Sondersammelgebietsförderung. Mit der Integration des angeführten Schwerpunktbereiches in das überregionale System soll das, bis vor wenigen Jahren noch weitgehend auf gedruckte Publikationen ausgerichtete System, vornehmlich getragen durch 23 Staats- und Universitätsbibliotheken mit den zugeordneten etwa 140 Sondersammelgebieten, drei zentralen Fachbibliotheken (darunter die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln) und rund 30 Spezialbibliotheken, auch für die digitale Medienwelt und deren Nutzererwartung zukunftsfähig gemacht werden. Leitidee ist es, das Grundkonzept der überregionalen Literaturversorgung auf die digitale Welt zu übertragen. Jedem Wissenschaftler und letztlich jedem wissenschaftlich interessierten Bürger in Deutschland soll der möglichst freie Zugang zu allen Publikationen unter für ihn akzeptablen Bedingungen geöffnet werden. Beabsichtigt ist es, anders ausgedrückt, dem übergreifenden Informationsgedanken des ‚barrierefreien Zugriffs’ auf elektronische Medien, wie er auch für den Bereich des Open Access im weiten Sinne verankert ist, im Rahmen der überregionalen Literaturversorgung samt ihrem Service den notwendigen unverzichtbaren Raum zu verschaffen. So kann den aktuellen netzbasierten Informationsmöglichkeiten und Informationsversorgungsentwicklungen, sowie den hieraus folgenden und berechtigten Anforderungen der Wissenschaftler umfassend und benutzerorientiert Rechnung getragen werden.

Mit den DFG-finanzierten bundesweit Zugang eröffnenden Nationallizenzen für digitale Publikationen soll deshalb, anstatt individueller Verträge oder Campuslizenzen, der Zugang für alle Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland ermöglicht werden, im Sinne des Kerngedankens der überregionalen Literaturversorgung und seines digitalen Pendants, dem Open Access. Als Ideal in das formulierte Ziel aufgenommen, aber nicht immer durchsetzbar, ist die Einbeziehung der individuellen Nutzung durch Privatpersonen mit ständigem Wohnsitz in Deutschland in die Lizenzvereinbarungen. Dadurch sollte das Dienstleistungsmodell, wie es bisher für die gedruckten Medien galt, mit dem ungleich größeren Nutzungskomfort des direkten Dokumentzugriffs in der digitalen Medienwelt fort- und umgesetzt werden.

In dieser Konzeption sind DFG-finanzierte Nationallizenzen eine notwendige, konsequente und integrative Weiterentwicklung des im konventionellen Printbereich über viele Jahrzehnte etablierten und praktizierten Service der DFG-Sondersammelgebiete und der zentralen Fachbibliotheken. Das übergeordnete Ziel ist der Nutzen für die Gesamtheit der wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland, ihren Versorgungsauftrag im Interesse der Forschung konkret mit digitalem Content zu unterstützen und für alle, in Deutschland wissenschaftlich Arbeitenden, den bestmöglichen Informationszugang zu sichern. Mit der nationalen Lizenzierung wird gewährleistet, dass die erworbenen, zum Teil hochspeziellen elektronischen Informationen auch an den „entlegensten“ Stellen netzbasiert zugänglich werden. Somit können die Zugangskriterien für den Wissenschaftler der diese Information benötigt erfüllt werden. Seitens der DFG ist es beabsichtigt durch Digitalisierungsmaßnahmen das Spektrum und den Service mit der Bereitstellung elektronischer Medien und Informationen konsequent zu vergrößern, auch dies ein Ausgangsgedanke von Open Access. Eine entsprechende mittelfristige Aktionslinie ist deshalb Teil der vorliegenden Förderschwerpunkte.


Gegenstand und Inhalte der Nationallizenzen

Grundlage der Verhandlungen über Nationallizenzen, welche immer dauerhaft mit allen notwendigen Rechten und technischen Voraussetzungen zur Archivierung und Bereithaltung erworben werden müssen, sind stets die fachlich begründeten Vorschläge der Sondersammelgebiete (SSG), entsprechend den üblichen Auswahlkriterien des überregionalen Systems der Literaturversorgung. Zunächst vornehmlich aus praktischen, nunmehr ganz wesentlich auch aus Erfahrungsgründen, erfolgen die Lizenzverhandlungen über gemeldete Objekte allerdings ausschließlich und gebündelt durch jeweils eine federführende Bibliothek pro Verlag und nicht etwa einzeln, durch eine der ca. 140 SSG- und Sammelschwerpunktsbibliotheken. Wichtige Teile der Verhandlungen sind dabei die im Vertrag festzuhaltende Bereitstellung von Metadaten einschließlich der Zulässigkeit ihrer Aufnahme in überregionale Nachweisinstrumente und natürlich die Sicherung der Zugangswege für die lizenzrechtlich erworbenen Materialien. Diese Sicherung erfolgt entweder über den Verlag, wofür zusätzliche Kosten anfallen können, oder, falls eine andere Lösung erforderlich ist, über die entsprechende, dann zur Bereitstellung und Langfristsicherung verpflichtete SSG-Bibliothek bzw. einem von ihr beauftragten Partner. Die Verhandlungsführerschaften werden auf der Grundlage eines von der DFG fest vorgegeben Kriterien- und Anforderungskataloges durchgeführt. Seit der ersten Aktion zur Förderung der Nationallizenzen erfolgen die Verhandlungen nun jährlich durch die acht großen Sondersammelgebietsbibliotheken, darunter auch die Zentralbibliothek für Medizin. Der inhaltlich materialbezogene Verhandlungsumfang wird dabei durch die, von den Bibliotheken des überregionalen Systems der Literaturversorgung zur Lizenzierung vorgeschlagenen Objekte vorgegeben. Eine erfolgreiche Verlagsverhandlung ist eine wichtige Voraussetzung für die Aufnahme des Objektes in den weiteren Verfahrensgang. Es wird gefordert, dass alle, den Verhandlungsführern verbindlich vorgegebenen Vertragspunkte der „Grundsätze für den Erwerb geförderter Nationallizenzen im System der überregionalen Sammelschwerpunkte“ in den entsprechenden Lizenzverträgen realisiert werden.

Nach den für die DFG geltenden Verfahrensregeln treten die Verhandlungsführer nach Abschluss der Verlagsverhandlungen schließlich als Antragsteller für die bei ihnen, bzw. über sie von den SSG-Bibliotheken angemeldeten und erfolgreich verhandelten Backfiles bei der DFG an. Die als Ergebnis des Auswahl- und Verhandlungsprozesses übernommenen Objekte werden als Anträge, nach den etablierten Verfahren der DFG begutachtet. Auf Grundlage der getroffenen Voten wird schließlich über die Anträge entschieden.


Finanzierung und weitere Entwicklung

Seit Beginn der Erwerbung von Nationallizenzen im Jahr 2004 wurden insgesamt vier Fördermaßnahmen durchgeführt und dafür von der DFG rund 80 Mio. Euro investiert. Alle erworbenen Medien sind auf der Internetseite http://www.nationallizenzen.de aufgeführt. Eine Anmeldung zur Nutzung ist dort möglich.

Bei diesen vier Förderungen handelte es sich um Sonderfördermaßnahmen, da bisher reguläre jährliche Wirtschaftsplanmittel im LIS-Etat nicht angesetzt werden konnten. Eine sukzessive Bereitstellung von Mitteln für Nationallizenzen im Normalhaushalt wird ab 2008, im Rahmen des Mittelzuwachses durch die Schwerpunktinitiative „Digitale Information 2008-2012“ mit der Folge eines regulären LIS- Förderprogramms gewährleistet sein. Da Sonderfördermaßnahmen aus jährlich neu und einmalig bereitgestellten Zusatzmitteln finanziert werden, konzentrierten sich die bisherigen Erwerbungen notwendigerweise auf abgeschlossene Textsammlungen, Werkausgaben, Backfiles wissenschaftlicher Zeitschriften und, in geringer Zahl, auf eBook-Kollektionen und nicht mehr fortgeführte Datenbanken.

Die Bereitstellung laufender, die aktuelle Forschung widerspiegelnder digitaler Materialien ist jedoch für eine angemessene Informationsversorgung von Wissenschaft und Forschung ohne Zweifel unverzichtbar. Darum wurden im Sommer 2007 von der DFG erstmals auch solche Objekte in einer Reihe von Pilotvorhaben mit einem Gesamtvolumen von immerhin 18,5 Mio. € bewilligt, als ergänzende Förderung zu den bisherigen Sonderfördermaßnahmen. Mit den abzuschließenden Lizenzverträgen und ihrer praktischen Ausübung sollen neben dem Zugang zu diesen digitalen Objekten zugleich auch künftige gemeinsame Finanzierungsmodelle, wie sie im konventionellen Bereich der SSG-Bibliotheken seit Jahrzehnten anerkannt sind, ermittelt und erprobt werden. Hierbei wird man sicher, wie auch im konventionellen Bereich der SSG-Bibliotheken, in der Welt elektronischer Publikationen nicht von einer 100% Finanzierung laufender, m.a.W. nicht abgeschlossener Informationsmedien durch eine Forschungsförderorganisation wie der DFG ausgehen können. Vielmehr werden Modelle zur gemeinsamen Finanzierung durch mehrer Partner greifen müssen, wie zum Beispiel eine Integration der Förderungsträger, der SSG-Bibliotheken und anderer nutzender Bibliotheken. Wie diese Modelle aussehen könnten soll in Pilotvorhaben erarbeitet und intensiv erprobt werden. Diese Pilotvorhaben sind auf drei Jahre konzipiert und an deren Ende steht die Evaluierung der Ergebnisse. Es wäre gewiss verfrüht bereits heute und an dieser Stelle Prognosen zu Finanzierungslösungen oder zur künftigen Praxis der Förderung anzustellen.

Demgegenüber wurden die Kosten für Backfiles, also im Prinzip abgeschlossene Medien, bisher in allen vier Sonderfördermaßnahmen mit Bewilligungszusage stets vollständig aus den bereitgestellten Sondermitteln der DFG getragen. Eigenleistungen oder Kostenbeteiligungen der Bibliotheken beim Erwerb dieser ausgehandelten Lizenzen, sowie Folgekosten oder andere Verpflichtungen fielen und fallen bei dieser Finanzierung weder bei den beteiligten Einrichtungen noch bei den privat registrierten Nutzern an. Natürlich ist die kostenlose Nutzung der DFG-Lizenzen ausschließlich auf den persönlichen wissenschaftlichen Gebrauch der Nutzer beschränkt. Kommerzielle Verwertungen oder Nutzungen sind in jedem Fall dauerhaft ausgeschlossen, sowohl beim Zugang über eine eingetragene Einrichtung sowie selbstverständlich auch für Privatnutzer.

Wie sich die Erwerbungsfinanzierung für abgeschlossene Medien durch die sukzessiven Überführung in den LIS-Fördernormalhaushalt und der damit absehbarer Reduzierung der bisherigen jährlichen Sondermittel bei gleichzeitiger Ausweitung der Förderung auf laufende digitale Objekte entwickelt, wird die zukünftige Haushaltsentwicklung zeigen. Eine Prognose wäre deshalb auch hier sicher verfrüht, zumal die Laufzeit der Schwerpunktinitiative bis 2012 avisiert wurde.


Erfahrungen und Perspektiven

Wie sich schon heute zeigt werden mit den Nationallizenzen und vor allem mit der Erweiterung der Förderung auf laufende Zeitschriften und der, im Rahmen von Knowledge Exchange realisierten internationale Einbindung der Initiative grundlegend neue Perspektiven für das DFG-System der überregionalen Literaturversorgung eröffnet, möglicherweise also die Basis für neue Förderansätze und Strukturen gelegt. So wurde bei bisherigen Förderprojekten sehr deutlich, dass das klassische Fachprinzip in der SSG-Förderung nicht ohne Adaption auf die digitale Medienwelt übertragbar ist. Die großen Wissenschaftsverlage arbeiten stark fächerübergreifend und daher ist es nicht mehr sinnvoll, dass jedes SSG-Fachgebiet wie im Printbereich eigene Kaufverhandlungen führt. Als Lösung bewährte sich hier die Festlegung von acht fächerübergreifenden Verhandlungsführern für die gemeldeten Titel der SSG-Gemeinschaft ganz zweifellos. Ein durchaus nicht trivialer weiterer Aspekt für die Förderfrage ist die bisher erfolgte, für die DFG-Unterstützung der SSG zentrale Unterscheidung in Grund- und Spitzenbedarfsliteratur. Eine solche Auftrennung kann in einer digitalen Welt nicht mehr ohne Weiteres Geltung haben bzw. umgesetzt werden. Die mit dieser Erkenntnis verbundenen mannigfachen, formalen wie inhaltlichen Konsequenzen müssen intensiv überdacht werden. Unter Berücksichtigung der umfassenden Verfügbarkeit von Nationallizenzen wird man zukünftig vermutlich in starkem Maße auf das individuelle Bedarfs- und Nutzungsmodell der einzelnen Einrichtung eingehen müssen, besonders wenn man an die Literaturzuordnung in Spitzen- und Grundbedarf Konsequenzen ökonomischer oder anderer Art anknüpfen will. Dabei stellt sich natürlich die Frage nach der Feststellung des individuellen Bedarfs einer einzelnen Einrichtung.

Schließlich wirft das gesamte digitale, also nicht nur die aus DFG-Mitteln erworbenen Objekte, lizenzgetragene überregionale Angebot und die darüber hinaus durch Open Access z.B. in Repositorien verfügbar gemachten Materialien zahlreiche ökonomische und administrative Koordinationsprobleme auf, die sukzessive zu lösen sind. Hier ist natürlich ausdrücklich und erneut die Erarbeitung von besser ausgleichenden Verrechnungsmodellen für beteiligte Institute zu nennen. Für bereits erworbene Nationallizenzen stellt sich das Problem des langfristigen Lizenzmanagements sowie die Frage der Metadateneinbindung und deren Bereithaltung. In diesen Kontext gehört auch unabweisbar das Problem der Langfristverfügbarkeit und nicht zuletzt die finanziellen Fragen und Bedingungen des Managements, um nur einige der schon jetzt erkennbaren Problemfelder zu nennen. Inhaltlich bzw. produktspezifisch wird schließlich auch die Frage der nationalen Bereitstellung von eBooks samt angemessenen Kostenmodell virulent werden.

Angesichts der Komplexität und Vielschichtigkeit der hier nur thematisch angerissenen Probleme wird man, wie bisher, bei der Lösung schrittweise vorgehen und Klärung durch Diskussion herbeiführen. Schnelle und dennoch allseits akzeptierte Lösungen wird es wohl kaum geben, wie die Erfahrung im insgesamt hochkomplexen und viele Interessen tangierenden Bereich gezeigt hat.

Dennoch erscheint schon heute der eingeschlagene Weg der Nationallizenzen, trotz aller noch bestehender Fragen, als zukunftsweisend und der digitalen Medienwelt mit seinen wissenschaftlichen Nutzern adäquat. Die im Zuge der Nationallizenzförderung erzielten Ergebnisse, eingebunden in das überregionale System der Literaturversorgung, sowie die in der wissenschaftlichen Community in Deutschland und darüber hinaus erreichte Akzeptanz und Resonanz der bisherigen Fördermaßnahmen und Initiativen sprechen zweifellos für sich.