gms | German Medical Science

46. Gemeinsame Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie

14.05. - 16.05.2020, Nürnberg

Die „anticholinerge Last” als Demenz-Risikofaktor: Ergebnisse einer Untersuchung an 936 älteren, ambulant urologischen Patienten mit Überaktiver Blase

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • A. Wiedemann - Ev. Krankenhaus Witten gGmbH, Urologie, Witten, Deutschland; Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Geriatrie, Witten, Deutschland
  • A. Ivchenko - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Geriatrie, Witten, Deutschland
  • H.-J. Heppner - Helios-Klinikum Schwelm, Geriatrie und geriatrische Tagesklinik, Schwelm, Deutschland

Bayerische Urologenvereinigung. Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. 46. Gemeinsame Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie. Nürnberg, 14.-16.05.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20urobay062

doi: 10.3205/20urobay062, urn:nbn:de:0183-20urobay0628

Veröffentlicht: 30. Juli 2020

© 2020 Wiedemann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Einleitung: Bewegungsmangel, Diabetes mellitus, Rauchen, Übergewicht, Depression, arterielle Hypertonie und die chronische medikamentöse Therapie mit Anticholinergika (Gray SL, 2015) gelten als Risikofaktoren einer Demenz. Gerade eine solche anticholinerge Therapie stellt jedoch die Basis der medikamentösen Therapie der Überaktiven Blase (ÜAB) dar. Sie representiert aber häufig nicht die einzige anticholinerge Medikation eines älteren Patienten. Im Rahmen einer nichtinterventionellen Studie zur Therapie mit Trospiumchlorid wurden auch Daten zur sog. „anticholinergen Last“ durch die bestehende Komedikation bei älteren, ambulant-urologischen Patienten erfasst.

Methode: In der offenen, multizentrischen, prospektiven und nichtinterventionellen Studie wurden über 65jährige Patienten mit ÜAB aus urologischen Praxen rekrutiert. Die anticholinerge Belastung vor Gabe eines „urologischen“ Anticholinergikums wurde mittels der „Anticholinergic Cognitive Burden Scale“ (ACB) erfasst (Boustani M, 2008). Die Stärke des anticholinergen Potentials der einzelnen Medikamente wird in dieser Skala durch einen Punktwert zwischen 1 und 3 gekennzeichnet. Zur Beurteilung der Morbidität diente die deutsche Version des CIRS-G (Hock G, 2005).

Ergebnisse: Für die Untersuchung der anticholinergen Belastung konnten 936 Patienten (533 davon Frauen (57,94 %)) herangezogen werden. 491 (52,46 %) Patienten nahmen keine anticholinerge Medikation ein (ACB = 0), 445 (47,54 %) wiesen eine anticholinerge Belastung (ACB ≥ 1) auf. Davon hatten 110 (11,75 %) Patienten einen klinisch relevanten ACB-Score von ≥ 3, der mit dem erhöhten Risiko einer kognitiven Verschlechterung und einer höheren Mortalität assoziiert ist. Es fanden sich Hinweise darauf, dass die anticholinerge Belastung bei Männern höher liegt als bei Frauen und mit einem höheren Ausmaß der Morbidität sowie mit höherem Alter einhergeht.

Schlußfolgerung: Etwa die Hälfte der behandelten Patienten ≥ 65 Jahre wies bereits vor Gabe eines urologischen Anticholinergikums für die ÜAB eine anticholinerge Belastung auf. 11,75 % lagen mit einem ACB-Score von ≥ 3 sogar im höchsten Risikobereich. Daher ist die Gabe eines nicht ZNS-gängigen Anticholinergikums oder das Ausweichen auf nicht-anticholinerge Therapiemaßnahmen gemäß den Empfehlungen der Priscus-Liste (Holt S, 2010) gerade für diese Patienten anzuraten.