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Das klarzellige Adenokarzinom der weiblichen Urethra – eine seltene Tumorentität
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Veröffentlicht: | 20. Juni 2023 |
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Primäre Tumore der Harnröhre sind eine seltene Entität. In der Literatur existieren nur Einzelfallbeschreibungen. Ein gehäuftes Auftreten wird posttraumatisch oder nach Infektionen beobachtet. Histologisch handelt es sich um Urothel-, Plattenepithel-, Adenokarzinome oder Melanome. Die Inzidenz primärer Urethratumore, mit Ausnahme des Adenokarzinoms, ist bei Männern höher. Wir berichten über den Fall eines klarzelligen Adenokarzinoms der Urethra einer Frau. Eine 85-jährige Patientin stellte sich 08/2021 in unserer Klinik wegen einer schmerzlosen Hämaturie vor. Zystoskopisch zeigte einen Harnröhrentumor. Histologisch wurde ein nephrogenes Adenom diagnostiziert. Im weiteren Verlauf wurde die Patientin erneut wegen Harnverhaltung und lokalen Tumorwachstums 11/2021 in unserem Haus vorgestellt. Es erfolgte eine erneute partielle transurethrale Resektion. Histologisch zeigte erneut das bereits bekannte nephrogene Adenom. Aufgrund der beschriebenen hohen Rezidivrate erfolgte die interdisziplinäre Besprechung des weiteren Procederes im interdisziplinären Tumorboard. Es wurde die Entscheidung zur möglichst kompletten transurethralen Resektion getroffen. Im Vorfeld erfolgte eine MRT-Bildgebung 01/2022. In der anschließenden Resektion ergab sich histologisch ein Tumor vom Müllerischen Typ im Sinne eines klarzelligen Karzinoms (ehemals mesonephrisches Adenokarzinom) pT1 pNx V0 L0 Pn0 RX. Wir besprachen den Befund erneut in unserem Tumorboard. Im Staging konnte eine Metastasierung ausgeschlossen werden. Die empfohlene Exenteration wurde von der Patientin abgelehnt. Wir führten daraufhin 03/2022 eine nochmalige ausgedehnte transurethrale Nachresektion aus. Dabei bestätigte sich eine lokale Tumorfreiheit. Postoperativ erfolgte eine adjuvante Strahlentherapie. Der ambulante Verdacht auf eine vesikovaginale Fistel konnte 11/2022 endoskopisch ausgeschlossen werden. Die Patientin befindet sich aktuell in regelmäßiger Tumornachsorge und ist bis dato rezidivfrei. Aufgrund der Seltenheit ist eine optimale Behandlungsstrategie unbekannt. Chirurgie, Strahlen- und Chemotherapie werden als Optionen beschrieben. Es scheint sich jedoch um eine aggressive Tumorentität mit schlechter Prognose zu handeln. Man sollte sie daher differentialdiagnostisch bei Harnröhrentumoren in Betracht ziehen und entsprechend radikal behandeln.