Artikel
Funktionelle Langzeitergebnisse nach radikaler Prostatektomie – Ergebnisse einer Ausbildungsklinik
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 20. Juni 2023 |
---|
Gliederung
Text
Einleitung: Die funktionellen Ergebnisse nach radikaler Prostatektomie in der Literatur sind extrem heterogen. Gleichzeitig sind Kenntnisse über die die Lebensqualität eines Mannes entscheidend beeinflussenden Ergebnisse essentiell für jede Klinik, insbesondere wenn verschiedene Operateure ausgebildet werden. Bei diesbezüglich (u.a. bei insuffizientem Rücklauf) nicht geeigneter Datenlage unseres Prostatakarzinomzentrums (zertifiziert seit 2008) entschlossen wir uns zu einer retrospektiven Analyse.
Methode: Von 2008 bis 2018 wurden in unserer Klinik 1.407 radikale Prostatektomien von insgesamt 6 Operateuren durchgeführt. 556 (39,5%) unserer Patienten hatten ein Low-Risk-Prostatakarzinom, 440 (31,3%) ein Intermediate-Risk- und 315 (22,4%) ein High-Risk-Prostatakarzinom. 96 (6,8%) Patienten waren retrospektiv nicht zu klassifizieren. Beidseitig nerverhaltend wurden 24,3% operiert, einseitig nerverhaltend 15,6% und 60,1% ohne Nerverhalt. Die Daten wurden jeweils präoperativ sowie 3–6 Monate, 1 Jahr und 2 Jahre postoperativ erhoben. Abgefragt wurden der IIEF-5 und die Vorlagenanzahl.
Ergebnisse: Zwei Jahre postoperativ benötigten 902 (88,9%) Patienten 0–1 Vorlage, 62 (6,1%) Patienten 2 Vorlagen und 51 (5,0%) Patienten ≥3 Vorlagen. 530 (86,3%) der ohne Nerverhalt operierten Patienten waren kontinent (0–1 Vorlage). Bei unilateralem Nerverhalt waren 133 (88,7%) Patienten kontinent, bei bilateralem Nerverhalt 238 (94,8%) Patienten. Die Rate der kontinenten Patienten variierte in Abhängigkeit von Operateur und Nerverhalt zwischen 90 und 97%. Die Unterschiede der Kontinenzraten waren zwischen den Operateuren statistisch signifikant. Die höchste Rate kontinenter Patienten hatte der erfahrenste Operateur. Zwei Jahre postoperativ gaben bei beidseitigem Nerverhalt altersabhängig 10–15% der Patienten (41–69 Jahre) einen IIEF-Score von ≥22 an, 28–44% einen IIEF-Score von >18. Bei einseitigem Nerverhalt lag bei 0–14% der Patienten der IIEF-Score ≥22, bei >18 bei 8–57% der Patienten. Die Rate der Patienten mit IIEF-Score >18 variierte von 22–42% bei beidseitigem und 4–18% bei einseitigem Nerverhalt, in Abhängigkeit vom Operateur. Ausgenommen wurden Operateure, bei denen es Daten für <10 der entsprechenden Operationsmodalität gab. Ebenso wie die Kontinenzraten waren auch die Potenzraten in Abhängigkeit vom Operateur statistisch signifikant unterschiedlich. Die höchste Rate potenter Patienten hatte der Operateur mit der höchsten Operationszahl.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bestätigen, dass die Kontinenzraten auch nach zwei Jahren in Abhängigkeit vom Nerverhalt signifikant unterschiedlich sind, sodass auch bei nicht optimaler Potenz ein Nerverhalt in Erwägung zu ziehen ist, sofern onkologisch möglich. Wenngleich insbesondere bei der Potenz Unterschiede zwischen den Operateuren in Abhängigkeit von der Erfahrung festzustellen sind, so sind die Ergebnisse insgesamt vergleichbar mit der Literatur und zeigen, dass bei systematischem Heranführen der Operateure an den Eingriff auch bei unerfahreneren Operateuren ethisch vertretbare funktionelle Ergebnisse zu erzielen sind.