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Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Hessen

20. - 21.05.2016, Bad Nauheim

Beeinflusst Stalking durch den Ex-Partner die Bestellung eines Gutachters durch Familiengerichte?

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker M. Croessmann - Sana Klinikum Offenbach, Psychiatrie, Offenbach, Deutschland
  • M.A. Rose - Goethe Universität Frankfurt, Kinder- und Jugendmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Hessen. Bad Nauheim, 20.-21.05.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16sgkjP29

doi: 10.3205/16sgkj34, urn:nbn:de:0183-16sgkj345

Veröffentlicht: 6. Mai 2016

© 2016 Croessmann et al.
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Gliederung

Text

Gegenstand: Die Vernachlässigung von Ex-Partner-Stalking wirkt sich negativ auf das Kindeswohl aus. Der Schutz von Kindern vor Gewalt und Vernachlässigung ist in der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Auch Kinder, die Gewalt „nur“ miterleben, erleiden Beeinträchtigungen ihrer kognitiven Fähigkeiten und ihrer langfristigen Entwicklung.

Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Online-Befragung ehemaliger Betroffener inklusive demographischer Merkmale über Stalking durch Ex-Partner, mögliche stattgehabte häusliche Gewalt und Ausgänge der Gerichtsverfahren.

Ergebnis: Von 75 antwortenden Befragten waren 28% Männer / 72% Frauen; die durchschnittliche Trennungsdauer lag bei 36 Monaten (Median). In 51% handelt es sich um ehemalige Ein-Kind-Familien, in 28% um Zwei-Kind-Familien und in 20% um Mehr-Kind-Familien. Bei 39,2% der Familiengerichtsverfahren ging der Streit ausschließlich um das Umgangsrecht. Fast 48% (davon 75% Frauen) gaben an, nach der Trennung/Scheidung Opfer von Stalking ihres Ex-Partners geworden zu sein. In 37,5% der Gesamtstichprobe hatten (gemeinsame) Kinder bei Täter und Opfer gelebt. Jeder zweite Stalker hatte Abitur und/oder einen Hochschulabschluss. Zwar bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen häusliche Gewalt und Ex-Partner-Stalking (zweiseitiger Fisher-Test p=0,024), allerdings führte diese Konstellation nicht zwangsläufig zur Bestellung eines Gerichtsgutachters (p=1,000).

Diskussion: Ex-Partner-Stalking trat zwar bevorzugt mit, aber auch ohne vorhergehende häusliche Gewalt auf. Die Daten zeigen weiterhin, dass sich fast nur Mütter/ Väter an der Umfrage beteiligten, die Opfer von Ex-Partner-Stalking wurden. Dies spricht dafür, dass gelegentliche häusliche Gewalt bei starken Beziehungskrisen in gewissen Grenzen immer noch als normal erlebt bzw. hingenommen wird, Ex-Partner-Stalking hingegen als eine Verletzung der neugewonnenen Privatsphäre und damit einen erheblichen Stress- und Leidensfaktor darstellt.

Fazit: In der Praxis würde die Berücksichtigung von Ex-Partner-Stalking dahin führen, dass das gemeinsame Sorgerecht weniger oft vergeben und / oder das Umgangsrecht zumindest vorübergehend eingeschränkt oder aufgehoben wird (bis das Stalking des Ex-Partners nachlässt). Zukünftige prospektive Untersuchungen sollten diesen provokanten Ansatz re-evaluieren.