gms | German Medical Science

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin

65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. – Landesverband Hessen

20. - 21.05.2016, Bad Nauheim

Elementarbildung und non-kognitive Entwicklung: die Quebec-Studie – ein Lehrstück für Europa?

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker R. Böhm - Kinderklinik EvKB, Sozialpädiatrisches Zentrum, Bielefeld, Deutschland
  • D. Böhm - Kinderklinik EvKB, Sozialpädiatrisches Zentrum, Bielefeld, Deutschland

Süddeutscher Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. 65. Jahrestagung der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gemeinsam mit der Süddeutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. – Landesverband Hessen. Bad Nauheim, 20.-21.05.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16sgkjFV13

doi: 10.3205/16sgkj12, urn:nbn:de:0183-16sgkj122

Veröffentlicht: 6. Mai 2016

© 2016 Böhm et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Welche Effekte im Bereich der non-kognitiven Entwicklung zeigen auf die Gesamtbevölkerung zielende Programme zur frühkindlichen Bildung und Betreuung? Kann ein experimenteller Ansatz die Ergebnisse von Kohortenstudien bestätigen?

Methode: Selektiver Literaturreview

Ergebnisse: Sorgfältige Kohortenstudien (z.B. NICHD, ECLS, Z-PROSO) zeigen für den Bereich der sozioemotionalen Entwicklung tendenziell ungünstige Ergebnisse in Abhängigkeit von Alter (jünger) und Betreuungsdauer (länger). Aus dem kanadischen Quebec liegen nun erstmals Befunde einer quasi-experimentellen Studie zu einem allgemeinen, qualitätskontrollierten und hochsubventionierten Bildungs- und Betreuungsprogramm für 0 bis 4-jährige Kinder vor. In der Experimentalgruppe (Quebec) zeigten sich im Vergleich zur Kontrollgruppe (übrige Bundesstaaten) im Verlauf über 15 Jahre signifikante Verschlechterungen in folgenden Bereichen: Angst, Aggressivität, Hyperaktivität, familiäre Interaktionsmuster, Zufriedenheit, Lebensqualität, Kriminalitätsraten. Jungen sind besonders betroffen.

Diskussion: Durch ihr quasi-experimentelles Design weist die Quebec-Studie erstmals einen kausalen Zusammenhang zwischen früher außerfamiliärer Betreuung und ungünstiger kurz- und längerfristiger non-kognitiver Entwicklung nach. Sie bestätigt damit die Ergebnisse von Meta-Analysen über zahlreiche Kohortenstudien, zeigt ferner eine Passung mit den Resultaten neurobiologischer Studien zur toxischen Stressbelastung in früher Gruppenbetreuung.

Non-kognitive Entwicklungsdimensionen werden in der neueren Forschung als wichtige Determinante für ein gesundes und erfolgreiches Leben angesehen. Europäische Ansätze zur elementaren Bildung und Betreuung müssen daher im Licht dieser Befunde neu überprüft und angepasst werden.


Literatur

1.
Baker M, et al. Universal Child Care, Maternal Labor Supply, and Family Well-Being. Journal of Political Economy. 2008;116:709-45.
2.
Baker M, et al. Non-Cognitive Deficits and Young Adult Outcomes: The Long-Run Impacts of a Universal Child Care Program. 2015. Verfügbar unter: http://www.nber.org/papers/w21571 Externer Link
3.
Böhm R. Auswirkungen Frühkindlicher Gruppenbetreuung auf Entwicklung und Gesundheit. Kinderärztliche Praxis. 2011;82:316-21.
4.
Böhm R. Neurobiologische Aspekte der Kleinkindbetreuung. In: Dammasch F, Hrsg. Das modernisierte Kind. Frankfurt: Brandes & Apsel; 2013.