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93. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte

31.10.2020, Koblenz (Online-Konferenz)

Unklare entzündliche Oberlidschwellung

Meeting Abstract

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  • A. Birzer - Koblenz
  • F. Weinand - Koblenz

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte. 93. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte. Koblenz (Online-Konferenz), 31.-31.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20rma10

doi: 10.3205/20rma10, urn:nbn:de:0183-20rma105

Veröffentlicht: 15. Dezember 2020

© 2020 Birzer et al.
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Gliederung

Text

Eine 68-jährige Patientin stellte sich mit seit einer Woche bestehender zunehmender Schwellung und Überwärmung des rechten Oberlides und Ptosis freitags notfallmäßig vor. Schmerzen wurden verneint. Vor 2,5 Monaten war eine Tumordefektdeckung mit Oberlidhaut im Bereich des Nasenrückens und angleichender beidseitiger Blepharoplastik erfolgt. Sonstige Allgemeinsymptome wie Fieber, Erkältungsbeschwerden, Müdigkeit und Abgeschlagenheit wurden verneint.

Befund: Der korrigierte Visus betrug rechts 0.8 und links 1.0. Es zeigte sich eine auf 3 mm verengte Lidspalte, verstrichene Oberliddeckfalte und eine Motilitätseinschränkung auf allseits 20°. Ein deutlicher Exophthalmus ließ sich nicht messen. Das Oberlid war deutlich überwärmt, jedoch kaum geschwollen, die Bindehaut nur mäßig hyperämisch und intraokular ein reizfreier Befund (IOD 25/20 mmHg). Am Augenhintergrund zeigten sich keine Stauungszeichen.

Diagnostik: Das Entzündungslabor war unauffällig. Im zunächst verfügbaren cCT mit Kontrastmittel wurde die Verdachstdiagnose eines entzündlichen Geschehens bestätigt. Deshalb begannen wir sofort eine systemische Doppelantibiose mit Augmentan und Metronidazol und einer Einmalgabe von Solodecortin 250mg bei V.a. eine Orbitaphlegmone. Über das Wochenende zeigte sich keine deutliche Besserung der Beschwerden, deshalb wurde im Verlauf eine MRT-Untersuchung veranlasst. Auch in dieser war aus radiologischer Sicht von einem entzündlichen Geschehen auszugehen. Da die HNO- und MKG-Konsile keinen Fokus nachweisen konnten, bei nur mäßigem Ansprechen auf die Therapie, wurde im Verlauf ein PET-CT bzw. erneutes MRT veranlasst. Auf Beschluss der Kopfzentrumskonferenz erfolgte eine Woche nach Aufnahme der Patientin eine Orbitabiopsie. Es fand sich ab dem Äquator nur noch derbes, kaum vaskulariertes Gewebe, aus dem die Biopsie erfolgte. Die histologische Aufarbeitung ergab eine Metastase eines invasiven lobulären Mammakarzinoms.

Schlussfolgerungen: Anamnestisch berichtete die Patientin über ein vor 7 Jahren therapiertes Mamma-Ca in Remission. 2–3% der Patienten mit systemischen Karzinomen entwickeln eine Orbitale Metastase. 20% der orbitalen Metastasen werden radiologisch fehlinterpretiert. Das klinische Erscheinungsbild kann sehr unterschiedlich sein. Schmerzen, rotes Auge und Lidschwellung, sowie Visusminderung sind eher selten. Eingeschränkte Motilität, Diplopie, Ptosis und tastbarer Tumor sind häufigere Symptome. Eine Orbitaphlegmone muss initial sofort systemisch antibiotisch therapiert werden, auch, wenn das Entzündungsgeschehen nur mäßig ausgeprägt ist. Die Erstdiagnose Orbitaphlegmone hat sich leider als Maskeradesyndrom herausgestellt.