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43. Gemeinsame Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie und der Bayerischen Urologenvereinigung

18.05. - 20.5.2017, Wien, Österreich

Metabolische Azidose nach radikaler Zystektomie: Eine unterschätzte und untertherapierte Komplikation, die sich einfach verhindern lässt

Meeting Abstract

  • J.-F. Jokisch - LMU München, München, Deutschland
  • T. Grimm - LMU München, München, Deutschland
  • G. Schulz - LMU München, München, Deutschland
  • C. Stief - LMU München, München, Deutschland
  • A. Karl - LMU München, München, Deutschland

Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. Bayerische Urologenvereinigung. 43. Gemeinsame Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie und der Bayerischen Urologenvereinigung. Wien, 18.-20.05.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17oegu041

doi: 10.3205/17oegu041, urn:nbn:de:0183-17oegu0412

Veröffentlicht: 3. April 2017

© 2017 Jokisch et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Die radikale Zystektomie (RC) gilt als kurativer „Goldstandard“ des muskelinvasiven und des nicht-muskelinvasiven BCG-refraktären Harnblasenkarzinom (HB). Für die Harnableitung mit Ileum-Neoblase (NB) präsentiert die metabolische Azidose (MA) eine gefürchtete postoperative Komplikation, die das Outcome des Eingriffs gefährden kann. Diese Analyse betrachtet daher die postoperative Azidose-Rate und die prophylaktische medikamentöse Verschreibung von Bikarbonat-Präparaten (HCO).

Material & Methoden: Es erfolgte eine retrospektive Analyse von 220 Patienten, die eine RC auf Grund eines HB erhielten. Die Patientendaten entstammen aus einem großen onkologischen Rehabilitations-Zentrum (RZ) aus Bayern.

Ergebnisse: Die Patientendaten von 196 Männern (89%) und 24 Frauen (11.5%) wurden analysiert. Das durchschnittliche Alter lag bei 66 Jahren. Das mediane postoperative Intervall zwischen dem Eingriff der RC und der Aufnahme in das RZ lag bei 6.2 Wochen. Venöse Blutgasanalysen (BGA) zur Aufnahme in das RZ lagen bei allen Patienten vor. 10% der Patienten präsentierten eine moderate metabolische Azidose (MMA) (pH < 7.35 und > 7.2), 8% wiesen eine schwere Azidose auf (SMA) (pH< 7.2), 66% zeigten eine unauffällige BGA (pH 7.35- 7.45) und 16% zeigten eine Alkalose (pH>7.45). Die festgestellten Azidosen hatten in 95% der Fälle eine metabolische Genese (Base Excess zwischen -5 und -2). 33% der untersuchten Patienten wurden initial mit Bikarbonat (HCO) per os therapiert (mediane tägliche Dosis = 2 g/ Tag). Eine initiale Therapie mit HCO erhielten 32% der Patienten mit Alkalose bei Aufnahme, 15% der Patienten mit MMA und 44% mit SMA bei Aufnahme. 37% der Patienten unter Therapie zeigten eine normale BGA. Bei der Aufnahme in das RZ zeigten insgesamt 18% der Patienten eine Alkalose, 2% eine MMA, 9% eine SMA und 71% normwertige pH-Werte. 93% der Patient mit normwertigen pH-Werten, 100% der Patienten mit SMA und MMA erhielten HCO während des stationären Aufenthalts im RZ. Eine Erhöhung der HCO-Dosis erhielten 59% der Patienten, 35% erfuhren keine Dosiserhöhung und 6% erhielten eine Dosisreduktion. 94% der Patienten mit MMA und unter Therapie mit HCO zeigten eine pH-Normalisierung während des Aufenthalts im RZ, keiner der Pateinten mit SMA zeigte eine Normalisierung der pH-Werte unter Therapie.

Conclusio: Lediglich 33% der untersuchten Patienten wurden postoperativ mit HCO versorgt, sodass die Mehrheit der Patienten (67%) keine medikamentöse Prävention einer metabolischen Azidose erfuhr. Die Notwendigkeit einer postoperativen HCO-Gabe spiegelt sich in postoperativen azidotischen Stoffwechsellagen bei 18% der Patienten wieder; 95% dieser Patienten wiesen eine metabolische Geneseder Azidose auf. Patienten mit MA hatten in weniger als 55% eine Therapie mit HCO. Lediglich 15% der Patienten mit MMA und lediglich 44% der Patienten mit SMA wurden postoperativ mit HCO versorgt. Die Zahlen machen zum einen die Notwendigkeit einer präventiven HCO-Gabe bzw. postoperative BGA deutlich, zum anderen zeigte sich eine deutliche und schnelle Reduktion in MA durch die Gabe von HCO.