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Auswirkungen von Sprachbarrieren auf die ärztliche und pflegerische Versorgungsqualität
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Veröffentlicht: | 27. Mai 2024 |
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Hintergrund: Jährlich veranstalten wir im SkillsLab die Skillsnight, eine Simulation einer Nachtschicht mit verschiedenen Fällen in der Notaufnahme, die Medizinstudierende und Pflegeschüler gemeinsam erarbeiten. Geschulte Simulationspatienten sorgen für eine realitätsnahe Atmosphäre. Ein fallspezifischer Tutor betreut das Szenario. Im letzten Jahr entschieden wir uns, erstmals einen Fall mit ausschließlich englischsprachigen Patienten einzubauen, um die Sprachbarriere im Klinikalltag zu simulieren. Wir untersuchten, wie eine Sprachbarriere die Versorgungsqualität und das Wohlempfinden der Patienten beeinflusst.
Methoden: Eine realistische Umgebung wurde aufgebaut, in der die Teilnehmenden einen COVID-19-Pneumonie-Fall bearbeiten mussten. Die erforderlichen Materialien waren vorhanden, aber versteckt, um die Selbstständigkeit der Teilnehmenden zu fördern. Der Simulationspatient reagierte nur auf Englisch oder Zeichensprache, um eine bewusste Kommunikation zu erzwingen. Eine Novalgin-Allergie wurde simuliert, um Anamnesefehler durch die Sprachbarriere zu prüfen.
Ergebnisse: Trotz Verbesserungen im Verlauf der Nacht hatten alle Teams ähnliche Probleme. Generell machte sich im Patientenkontakt vor allem auf pflegerischer Seite die Sprachproblematik bemerkbar. In zwei von acht Anamnesen wurde das Erfragen von Medikamentenallergien vergessen, was einmal zu einem anaphylaktischen Schock durch Novalgin führte, was nicht eindeutig der Sprachbarriere zuzuordnen war. Behandelnde wünschten mehr Kommunikation mit dem Patienten, da es schwer sei, Informationen zu behalten und diesen über Diagnostik aufzuklären. Der Patient betonte, dass Keywords zwar hilfreich, nonverbale Kommunikation und Zeichen der Empathie jedoch wichtiger seien als verbale Informationen.
Interpretation: Die Ergebnisse und Rückmeldungen der Beteiligten entsprechen nur teilweise den Erwartungen. Behandelnde wünschten sich einen größeren medizinischen Wortschatz, während der Patient die Sprachbarriere und mangelnde medizinische Aufklärung nicht als Problem empfand. Dies legt nahe, dass nicht der genaue Inhalt, sondern die empathische Art der Behandlung entscheidend ist. Zeichen der Anteilnahme wurden von dem Patienten als ebenso wichtig und effektiv wie beruhigende Worte betrachtet. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer wertschätzenden zwischenmenschlichen Interaktion, bei der die Sprache nicht entscheidend ist, wohl aber nonverbale Kommunikation. Dies entlastet das Behandlungsteam, erfordert aber erhöhte Aufmerksamkeit und Empathie gegenüber dem Patienten. Trotzdem bleibt die Sprachbarriere ein Problem, da ein Patient ein Recht auf umfassende Aufklärung hat und diese zwingend benötigt, um in weitere Maßnahmen einzuwilligen. Es sollte zeitnah ein Übersetzer hinzugezogen werden. Zu sagen bleibt, dass in einer Akutsituation eine Sprachbarriere durch Mimiken und Gesten der Zuwendung überbrückt werden kann, bis man eine Lösung für das Kommunikationsproblem gefunden hat.