gms | German Medical Science

64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Eigenschaften von Intervallkarzinomen im Mammographie-Screening-Programm in Abhängigkeit vom zeitlichen Abstand zwischen Screening-Untersuchung und Diagnosestellung

Meeting Abstract

  • Laura Khil - Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen gGmbH, Bochum, Germany
  • Ina Wellmann - Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen gGmbH, Bochum, Germany
  • Stefanie Weigel - Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Walter Heindel - Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Andreas Stang - Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Hans-Werner Hense - Universität Münster, Münster, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 285

doi: 10.3205/19gmds107, urn:nbn:de:0183-19gmds1072

Veröffentlicht: 6. September 2019

© 2019 Khil et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Seit 2005 wird ein bundesweites Mammographie-Screening-Programm (MSP) auf Grundlage der Europäischen Richtlinien durchgeführt. Frauen im Alter von 50-69 Jahren werde alle 24 Monate zu einer Screeninguntersuchung eingeladen [1]. Folgeuntersuchungen, die innerhalb eines Toleranzbereiches von weiteren sechs Monaten stattfinden, gelten aber noch als reguläre Teilnahme, so dass der zeitliche Abstand zwischen zwei regulären Screeninguntersuchungen maximal 30 Monate beträgt.

Intervallkarzinome sind Mammakarzinome, die außerhalb des MSP nach einem unauffälligen Screeningergebnis im Intervall bis zur potentiell nächsten regulären Screeninguntersuchung diagnostiziert werden. Durch einen Datenabgleich der MSP-Teilnehmerinnen mit den Inzidenzdaten des zugehörigen Landeskrebsregisters können Intervallkarzinome identifiziert werden [2]. In dieser Studie wurde im MSP in Nordrhein-Westfalen untersucht, ob sich die Tumoreigenschaften von Intervallkarzinomen in Abhängigkeit vom zeitlichen Abstand zwischen Screeninguntersuchung und Diagnosestellung unterschieden.

Dazu wurden alle Intervallkarzinome nach ihrem Abstand zur letzten unauffälligen Screeninguntersuchung kategorisiert (Monat 1-6, 7-12, 13-18, 19-24 und 25-30). Nach Ausschluss fehlender Angaben (paarweiser Fallausschluss) wurde für jede zeitliche Kategorie der Anteil von In-situ (ICD-10: D05) und invasiven Karzinomen (ICD-10: C50) sowie der Karzinome im Stadium T2+, mit einer histologischen Differenzierung in Grad III oder mit Lymphknotenbeteiligung (ja vs. nein) bestimmt. Daraus wurden altersstandardisierte Prävalenz Ratios (PR) mit zugehörigen approximierten 95% Konfidenzintervallen berechnet, um zu prüfen, ob es Unterschiede im Anteil dieser Tumoreigenschaften zwischen den Kategorien gab.

Zwischen 2006 und 2012 wurden 8.434 Intervallkarzinome aus 3.330.985 Screeninguntersuchungen identifiziert. Von diesen traten 938 (11 %) nach Monat eins bis sechs auf, 1.553 (18 %) nach Monat 7-12, 2.224 (26 %) nach Monat 13 bis 18, 2.488 (29 %) nach Monat 19-24 und 1.231 (15 %) nach Monat 25 bis 30. Zwischen den drei Gruppen Monat 7-12, Monat 13-18 und Monat 19-24 gab es keine auffälligen Unterschiede in der Verteilung der Tumoreigenschaften, die Gesamtgruppe (Monat 7-24) wurde deshalb in den weiteren Analysen als Referenzgruppe benutzt.

Intervallkarzinome in den Monaten 1-6 bzw. 25-30 waren im Vergleich zu den Monaten 7-24 häufiger In-situ Karzinome (PR1-6 = 1,78; 95%KI [1,34-2,35]; PR25-30 = 1,36; 95%KI [1,04-1,79]), seltener im Stadium T2+ (PR1-6 = 0,87; 95%KI [0,80-0,95]; PR25-30 = 0,92; 95%KI [0,85-0,99]) und wiesen seltener den Differenzierungsgrad III auf (PR1-6 = 0,89; 95%KI [0,80-0,99]; PR25-30 = 0,91; 95%KI [0,83-1,00]). Intervallkarzinome der Gruppe 25-30 wiesen zudem seltener Lymphknotenbeteiligung auf (PR25-30 = 0,87; 95%KI [0,80-0,97]). Sensitivitätsanalysen schlossen Tumoren mit einer neoadjuvanten Therapie (Staging ist therapiebeeinflusst) bzw. Frauen im Alter 67+ (für die nächste Screeninguntersuchung nicht mehr anspruchsberechtigt) aus: dies zeigte keine substantiellen Änderungen in den Ergebnissen.

Zusammenfassend stellt sich bei den insgesamt prognostisch günstigen Intervallkarzinomen der Gruppe Monat 1-6 die Frage, ob es sich um Tumoren handeln könnte, die zwar durch das MSP als ‚screening-typische‘ Verdachtsfälle entdeckt wurden, die dann aber außerhalb des MSP abgeklärt worden sind. Intervallkarzinome, die zwischen den Monaten 25 bis 30 auftraten, könnten insgesamt relativ langsam wachsende Tumoren gewesen sein, so dass es möglich erscheint, dass sich diese Frauen gegen eine weitere Teilnahme am MSP entschieden, sie aber an einem ‚grauen Screening‘ außerhalb des MSP teilnahmen, bei dem der Tumor dann entdeckt wurde.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Malek D, Kääb-Sanyal V. Implementation of the German Mammography Screening Program (German MSP) and First Results for Initial Examinations, 2005-2009. Breast Care. 2016;11:183–7.
2.
Heidinger O, Batzler WU, Krieg V, Weigel S, Biesheuvel C, Heindel W, et al. The Incidence of Interval Cancers in the German Mammography Screening Program. Dtsch Arztebl Int. 2012;109(46):781-7. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0781 Externer Link