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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Evaluation der Wirksamkeit einer Assistierenden Gesundheitstechnologie: Erfahrungen aus der Phase-III-Therapiestudie AGT-Reha-WK

Meeting Abstract

  • Bianca Steiner - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Germany
  • Horst Peter Borrmann - Deutsche Rentenversicherung Nord Ost West Informationstechnik GmbH, Laatzen, Germany
  • Lena Elgert - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Germany
  • Andreas Figlewicz - Deutsche Rentenversicherung Reha-Zentrum Bad Pyrmont, Bad Pyrmont, Germany
  • Reinhold Haux - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Braunschweig, Germany
  • Ralf Kreikebohm - Institut für Rechtswissenschaften, Technische Universität Braunschweig, Braunschweig, Germany
  • Birgit Saalfeld - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Michael Thiel - Deutsche Rentenversicherung Reha-Zentrum Bad Pyrmont, Bad Pyrmont, Germany
  • Klaus-Hendrik Wolf - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 237

doi: 10.3205/19gmds081, urn:nbn:de:0183-19gmds0816

Veröffentlicht: 6. September 2019

© 2019 Steiner et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Bei Schulterläsionen ist die stationäre oder ganztägige ambulante Rehabilitation die Standardtherapie [1]. Zur nachhaltigen Sicherung des Rehabilitationserfolgs ist eine Fortführung der Rehabilitation erforderlich [2]. Hierzu dient in der Regel eine mehrmonatige medizinische Trainingstherapie (MTT). Zusätzlich erhalten die Rehabilitand_innen Heimübungsprogramme, die sie eigenständig, aber mitunter nicht oder falsch ausführen. Zur Anleitung und Kontrolle der Übungshäufigkeit und -qualität hat das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik das Tele-Rehabilitations-System „AGT-Reha“ entwickelt und mit einer Pilotstudie auf die technische Machbarkeit sowie Akzeptanz evaluiert [3].

Dieser Beitrag stellt die laufende Studie „Evaluation der Wirksamkeit und Kosten der poststationären häuslichen Tele-Rehabilitation mit AGT-Reha im Vergleich zur Medizinischen Trainingstherapie“ (AGT-Reha-WK) vor und berichtet über Erfahrungen bei der Durchführung [4].

Methoden: Die Phase-III-Therapiestudie AGT-Reha-WK untersucht, inwieweit das Training mit AGT-Reha der MTT nicht-unterlegen ist. Primärer Endpunkt ist der medizinische Reha-Erfolg. Sekundäre Endpunkte sind: (1) Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit, (2) Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit sowie (3) Verstetigung und Nachhaltigkeit des Trainings. Der medizinische Reha-Erfolg wird in Form der Schulterfunktion mit der deutschen Version des Shoulder Pain and Disability Index (SPADI) erhoben. Die Studie ist als zweiarmige, monozentrische, unverblindete, (überwiegend) nicht-randomisierte Studie mit einer Gesamtstudiendauer von 2,5 Jahren geplant. Die Studiendauer pro Proband_in beträgt sieben Monate zuzüglich eines Follow-Ups drei Monate nach Beendigung der Heimübungsphase zur Beurteilung der Nachhaltigkeit. Während der Heimübungsphase soll die AGT-Reha-Gruppe sechs Monate einmal wochentäglich mit Unterstützung des AGT-Reha-Systems trainieren. Die Vergleichsgruppe nimmt sechs Monate die MTT in der verordneten Häufigkeit in Anspruch. Insgesamt sind 84 Personen (42 pro Behandlungsgruppe) in die Studie einzuschließen. Die Auswahlgrundgesamtheit besteht aus Rehabilitand_innen des Rehazentrums Bad Pyrmont, die sich aufgrund chronischer Schulterschmerzen in stationärer Behandlung befinden.

Ergebnisse: AGT-Reha-WK startete im März 2017. Bisher umfasst die AGT-Reha-Gruppe 33 und die MTT-Gruppe 17 Proband_innen. Nichtsdestotrotz ist anzunehmen, dass die angestrebte Gesamtstudiendauer nicht einzuhalten ist und sich um etwa ein Jahr verlängert. Unvorhersehbare Hardwareübergabezeiten, die Limitation der vorhandenen Hardware sowie Fluktuationen der Rekrutierungsrate waren aus der Pilotstudie bekannt und flossen in die Berechnung der Gesamtstudiendauer ein. Im Studienverlauf führten jedoch u.a. ein Rückgang von ins Rehazentrum anreisenden Rehabilitand_innen, Modifikationen in der Standardnachsorge und überlappende Urlaubsphasen zu unerwarteten Verzögerungen im Rekrutierungsprozess. Proband_innen, die ihr MTT-Rezept nicht einlösten, bildeten überraschwenderweise eine dritte „unbehandelte“ Vergleichsgruppe, die die Anzahl der MTT-Probanden zusätzlich herabsetzte.

AGT-Reha-WK hat gezeigt, dass die Randomisierung im Rahmen eines Therapievergleichs mit Assistierenden Gesundheitstechnologien (AGT) aufgrund starker individueller Präferenzen der Proband_innen (häusliches Trainings vs. Training in einer Einrichtung) im beschriebenen Patientenkollektiv nicht umsetzbar ist. Erfahrungsberichte zeigen, dass sich Personen aus Regionen mit schlechter Infrastruktur und in Schichtarbeit Arbeitende, vorzugsweise für ein Training mit AGT-Reha entscheiden.

Schlussfolgerung: Die Erfahrungen der AGT-Reha-WK-Studie zeigen die Bedeutung einer Pilotstudie und Ansätze, wie bereits bei der Planung sowie während der Durchführung Schwierigkeiten zu bewältigen sind. Zur Beurteilung der Nicht-Unterlegenheit der Therapie mit AGT-Reha im Vergleich zur MTT ist es noch zu früh.

Danksagung: Wir danken allen am AGT-Reha-Projekt Beteiligten für Ihre Unterstützung bei der Planung und Durchführung der AGT-Reha-WK-Studie. Besonderer Dank gilt den Physiotherapeut_innen des Rehazentrums Bad Pyrmont sowie Felix Heinrich und Nadine Schulz für die Betreuung der Probanden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Stein C. Untersuchung der Wirksamkeit einer manuellen Behandlungstechnik nach dem Faszien-Distorsions-Modell bei schmerzhaft eingeschränkter Schulterbeweglichkeit [Dissertation]. Hannover: Medizinische Hochschule Hannover; 2008.
2.
Bundesarbeitergemeinschaft für Rehabilitation (BAR). Praxisleitfaden-Strategien zur Sicherung der Nachhaltigkeit von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Frankfurt: Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation; 2008.
3.
Wolf KH, Saalfeld B, Oppermann B, Riquel J, Kobelt A, Borrmann HP, et al. AGT-Reha: Assistierende Gesundheitstechnologien für das medizinische Tele-Reha-Training – Ausgewählte Ergebnisse der Pilotstudie. In: Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Hrsg. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 194.
4.
DRKS - Deutsches Register Klinischer Studien (German Clinical Trials Register). [Accessed 16 July 2019]. Available from: https://www.drks.de/drks_web/navigate.do?navigationId=trial.HTML&TRIAL_ID=DRKS00011596 Externer Link