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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Telemedizinisches Notfall- und sektorenübergreifendes Qualitätsmanagement in der akuten Schlaganfallversorgung – Studienergebnisse prospektiver Beobachtungsstudien

Meeting Abstract

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  • Patrick Andreas Eder - Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, Bad Kissingen, Germany
  • Asarnusch Rashid - Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, Bad Kissingen, Germany
  • Bernd Griewing - Rhön-Klinikum AG, Campus Bad Neustadt, Bad Neustadt, Germany
  • Hassan Soda - Rhön-Klinikum AG, Campus Bad Neustadt, Bad Neustadt, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 317

doi: 10.3205/19gmds035, urn:nbn:de:0183-19gmds0359

Veröffentlicht: 6. September 2019

© 2019 Eder et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: In der akuten Schlaganfallversorgung haben sich in Deutschland Qualitätsstrategien (Audit & Feedback oder Voranmeldung durch den Rettungsdienst), als wesentlicher Bestandteil eines sektorübergreifenden Qualitätsnetzwerkes für Stroke Units etabliert [1]. Die Zeit bis zur ersten Bildgebung (Door-to-CT) und zur Thrombolyse (Door-to-Needle) bzw. Thrombektomie (Door-to-Groin) sind klinische Qualitätsindikatoren in der akuten Schlaganfallversorgung und sollten, um Langzeitschäden zu vermeiden, so kurz wie möglich gehalten werden [2]. Trotz enormer Qualitätsverbesserungen und der Ausdehnung der Zeit bis zur Therapie, besteht die dringende Notwendigkeit, die Versorgungszeiten zu reduzieren, die Zuweisungskonzepte zu verbessern sowie die Therapiequote zu steigern. Das telemedizinische Notfallmanagement entlang der Rettungsdienst-Klinik Nahtstelle stellt dabei einen Ansatz zur sektorenübergreifenden Qualitätsverbesserung dar [3].

Problemstellung: Nicht jedes Krankenhaus mit einer Stroke-Unit kann eine erweiterte Bildgebung mittels Perfusions-CT bzw. Diffusions-MRT oder eine Neurochirurgie anbieten, und nicht jede Stroke Unit kann rund um die Uhr eine mechanische Rekanalisation durchführen. Daher ist es aus Sicht des Schlaganfallnetzwerks entscheidend, den Bedarf des Patienten bereits vor Eintreffen des Rettungsdienstes zu erheben, um geeignete Maßnahmen frühzeitig vorzubereiten.

Methoden: Es wurden zwei prospektive Beobachtungsstudien in einer ländlichen geprägten Versorgungsstruktur der akuten Schlaganfallversorgung zum telemedizinischen Notfallmanagement durchgeführt. Die erste Studie (Stroke Angel) untersuchte die Einhaltung zur telemedizinischen Voranmeldung mit einem Schlaganfallscore (4-Item-Stroke Scale) durch den Rettungsdienst und dessen Einfluss auf klinische Qualitätsindikatoren. Die zweite Studie (TeleStroke Ambulance) befindet sich aktuell in der Rekrutierungsphase und untersucht die Machbarkeit eines score- und videobasierten telemedizinischen Notfallmanagement. Es wurde angenommen, dass eine Videosequenz das klinische Bild der neurologischen Defizite eine Ergänzung zum prähospitalen Score darstellt. Das bestehende telemedizinische Notfallmanagement wurde um die Funktion einer Übermittlung einer Videosequenz (proprietäre Anwendung mit Request per sicheres Hypertext-Übertragungsprotokoll) erweitert.

Ergebnisse: Während eines Beobachtungszeitraums (Auditphase) von 42 Monaten erhöhte sich die Chance im Vergleich zur Standardversorgung durch die telemedizinische Voranmeldung mit dem 4-Item-Stroke Scale innerhalb von 10 Minuten nach der Aufnahme eine Bildgebung (n=1.124) und innerhalb von 20 Minuten eine Thrombolyse (n=349) durchzuführen signifikant. Die Ergebnisse wurden den Prozessbeteiligten via E-Mail und in Form von Aushängen mitgeteilt sowie auf dem jährlichen interdisziplinären Workshop vorgestellt (Feedbackphase). Die Zwischenergebnisse derTeleStroke Ambulance Studie (n=64) zeigen, dass in 74% der Fälle, eine Videoübertragung bei der Befundung und Einschätzung des Patienten geholfen hat. In 84% der Einsätze mit Videoübertragung besteht bei den Neurologen eine hohe Akzeptanz hinsichtlich der Funktionalität.

Diskussion: Das bestehende telemedizinische klinische Versorgungskonzept der Stroke Units wird durch die digitale Einbindung des Rettungsdienstes ergänzt. Im Gegensatz zu anderen Konzepten, bei denen der Rettungsdienst telemedizinisch mit einem Notarzt [4] oder der Klinikneurologe mit einem Neurologen in einem Rettungswagen mit mobilem CT [5] kommuniziert, kann die Videoübertragung zwischen Notarzt- und Rettungsdienst und einem Facharzt einer Stroke Unit dabei helfen, Entscheidungen über die richtige Zuweisung gemeinsam abzuklären und klinische Prozesse frühzeitig vorzubereiten.

Schlussfolgerung: Das telemedizinische Notfall- und sektorenübergreifende Qualitätsmanagement verbessert die prähospital-klinische Vernetzung sowie den Behandlungsprozess bei Verdacht auf einen akuten Schlaganfall.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

1.
Huang Q, Zhang JZ, Xu WD, Wu J. Generalization of the right acute stroke promotive strategies in reducing delays of intravenous thrombolysis for acute ischemic stroke: a meta-analysis. Medicine. 2018 Jun;97(25):e11205.
2.
Zerna C, Thomalla G, Campbell BC, Rha JH, Hill MD. Current practice and future directions in the diagnosis and acute treatment of ischaemic stroke. The Lancet. 2018 Oct 6;392(10154):1247-56.
3.
Soda H, Ziegler V, Shammas L, Griewing B, Kippnich U, Keidel M, Rashid A. Telemedizinische Voranmeldung in der akuten Schlaganfallversorgung. Der Nervenarzt. 2017 Feb 1;88(2):120-9.
4.
Winter B, Wendt M, Waldschmidt C, Rozanski M, Kunz A, Geisler F, Grittner U, Kaczmarek S, Ebinger M, Audebert HJ, Stroke Emergency Mobile (STEMO) Consortium. 4G versus 3G-enabled telemedicine in prehospital acute stroke care. International Journal of Stroke. 2019 Mar 15:1747493019830303.
5.
Bergrath S, Reich A, Rossaint R, Rörtgen D, Gerber J, Fischermann H, Beckers SK, Brokmann JC, Schulz JB, Leber C, Fitzner C. Feasibility of prehospital teleconsultation in acute stroke – a pilot study in clinical routine. PloS one. 2012 May 18;7(5):e36796.