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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Effekte der telemedizinischen Assistenz bei hausärztlichen Hausbesuchen im Projekt MONA

Meeting Abstract

  • Anja Partheymüller - Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, Bad Kissingen, Germany
  • Christoph Müller - Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, Bad Kissingen, Germany
  • Vera Schneider
  • Asarnusch Rashid - Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, Bad Kissingen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 268

doi: 10.3205/19gmds032, urn:nbn:de:0183-19gmds0326

Veröffentlicht: 6. September 2019

© 2019 Partheymüller et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Aufgrund des demografischen Wandels stellt sich die Sicherstellung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum als zunehmend schwierig dar. Um der medizinischen Unterversorgung entgegenzuwirken und die vorhandenen medizinischen Ressourcen effizienter zu nutzen, gewinnen innovative Versorgungsmodelle mit Hinzunahme telemedizinischer Systeme immer mehr an Bedeutung [1], [2], [3].

Das Forschungsprojekt MONA (Mobile Netzwerkmedizinische Assistenz), Teilprojekt des durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (FKZ: 10.08.90-15.101, 01.01.2016 bis 31.12.2018) geförderten Projektes MoVo, untersuchte die Einsatzmöglichkeiten der Telemedizin zur Erweiterung des Tätigkeitsspektrums von hausärztlichen Versorgungsassistenten, nachfolgend MONA genannt, bei delegationsfähigen Hausbesuchen [4]. Fokus der Untersuchung lag auf der Machbarkeit und den Vor- und Nachteilen der Telemedizin im und auf den Arbeitsalltag der MONA sowie auf der Akzeptanz der Patienten.

Material und Methoden: Mit einer Analyse- und Konzeptionsphase wurden die Anforderungen erfasst, das technische System implementiert und die Integration in die Arbeitsprozesse konzipiert.

Das Telemedizinsystem enthält in Form eines Telemedizinkoffers die Anwendungen „Digitales Stethoskop“ (Aufnahme von Lungen- und Herztönen), „Digitales Otoskop“ (Bildaufnahmen vom äußeren Gehörgang inkl. Trommelfell), „Digitales EKG“ (Messung der Herzaktivität), „Digitale Kamera“, „Digitaler Körperatlas“ (Dokumentation von Wunden) und „Videokommunikation“ (Durchführung von Videovisiten mit dem Hausarzt).

Mittels Tablet und Software wurden die Erhebungen gebündelt erfasst und über Mobilfunk dem delegierenden Hausarzt bereitgestellt.

Der Telemedizinkoffer wird seit 2018 in Hausarztpraxen kontinuierlich eingesetzt. Die Nutzung der verschiedenen telemedizinischen Anwendungen wurde qualitativ und quantitativ in einer viermonatigen Erhebungsphase 2018 untersucht.

Die qualitative Auswertung orientierte sich an der strukturierten Inhaltsanalyse nach Mayring mit vier teilstandardisierten teilnehmenden Beobachtungen bei den MONA-Hausbesuchstouren sowie sechs leitfadengestützten Experteninterviews mit den Studienteilnehmenden.

Zusätzlich wurde auf Basis einer deskriptiv-statistischen Auswertung quantitativ die Einsatzhäufigkeit aller telemedizinischen Anwendungen ausgewertet.

Ergebnisse: Im Erhebungszeitraum setzten vier Arztpraxen den Telemedizinkoffer bei ihren Hausbesuchen (n=50) ein. Hierbei wendeten die MONAs am häufigsten das digitale EKG (n=47), das digitale Stethoskop (n=27) sowie die digitale Wunddokumentation (n=17) an. Der Einsatz des EKGs und des Stethoskops wurde als sinnvolle Erweiterung des bisherigen Tätigkeitsspektrums in den Interviews bewertet. Die MONAs schätzten dies als einen erheblichen Kompetenzzuwachs in der Patientenversorgung ein. Zudem wurden die Faktoren Anwendungsroutine, regelmäßiger fachlicher Austausch mit den Kollegen, schneller technischer Support sowie geeignete Schulungsmaßnahmen für positiv befunden.

Die Mehrzahl der Interviewten hob den erhöhten Zeitaufwand durch Nutzung des Telemedizinkoffers als Herausforderung hervor, welcher eine Neuorganisation der Arbeitsstruktur erforderte. Negativ sind in wenigen Fällen fehlende Mobilfunkabdeckung und technische Probleme aufgefallen (n=15). Angesichts der drohenden Versorgungsdefizite wurde der Zusatzaufwand als angemessen und die technischen Probleme als akzeptabel bewertet. Die Patienten und Anwender wiesen eine hohe Akzeptanz für den Einsatz der Telemedizin auf.

Diskussion: Insgesamt konnten die ausführenden Tätigkeiten der Versorgungsassistenz bei den Hausbesuchen erweitert und etabliert werden. Eine Entlastung der Ärzte konnte nach Einschätzung dieser damit teilweise erreicht werden. Neben der organisatorischen Neuausrichtung der Tätigkeit innerhalb der Arbeitsstätte gilt es zukünftig, das Qualifikationsprofil der Versorgungsassistenz mit entsprechender Zertifizierung zu definieren, den rechtlichen Rahmen zu diskutieren und eine Anerkennung bei Kostenträgern zu verhandeln. Weiterhin sollte sich mit der organisatorischen Zugehörigkeit an der Hausarztpraxis auseinandergesetzt werden, im Projekt zeigte ein mit einer Hausarztpraxis kooperierender ambulanter Pflegedienst eine Alternative zur Versorgungsassistenz des Hausarztes.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
van den Berg N, Schmidt S, Stentzel U, Mühlan H, Hoffmann W. Telemedizinische Versorgungskonzepte in der regionalen Versorgung ländlicher Gebiete. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 2015 Apr 1;58(4-5):367-73.
2.
Eichner A, Pötzl A. eNurse – ein Telemedizinprojekt. MSD; 2018 [Accessed 17 July 2019]. Available from: https://www.msd.de/fileadmin/user_upload/default/documents/gesundheitspreis/projekte_2017/eNurse-Hof.pdf Externer Link
3.
Höhl R. Mit dem Tele-Rucksack auf Hausbesuch. Ärzte Zeitung online. 30.08.2018 [Accessed 17 July 2019]. Available from: https://www.aerztezeitung.de/kooperationen/pro_dialog/article/970420/delegation-geht-flaeche-tele-rucksack-hausbesuch.html Externer Link
4.
Rashid A, Partheymüller A, Müller C. Bessere Mobilität und Versorgung in der Häuslichkeit durch Telemedizin? KU Gesundheitsmanagement. 2017 Dec 01:25–28.