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63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

02. - 06.09.2018, Osnabrück

Ballistogardiography on aircrafts

Meeting Abstract

  • Nico Jähne-Raden - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Henrike Gütschleg - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
  • Mario Kallenbach - Institut für Flugführung, TU Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
  • Ulf Kulau - Institut für Betriebssysteme und Rechnerverbund, TU Braunschweig, Braunschweig, Deutschland
  • Klaus-Hendrik Wolf - Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 63. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Osnabrück, 02.-06.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocAbstr. 89

doi: 10.3205/18gmds148, urn:nbn:de:0183-18gmds1481

Veröffentlicht: 27. August 2018

© 2018 Jähne-Raden et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Aufgrund des zunehmenden Flugaufkommens und steigender Passagierzahlen, steigt auch die Anzahl medizinischer Vorfälle während eines Fluges [1], [2]. Solche Ereignisse reichen von leichtem Unbehagen bis zu lebensbedrohlichen Situationen. Einer besonderen Beobachtung bedürfen Passagiere, die bereits an Herzproblemen leiden und durch veränderte Luftdruck- und Feuchtigkeitsverhältnisse im Flugzeug gestresst sind.

Durch die Ballistokardiographie (BCG), der sensorbasierten Untersuchung der Körperoberflächenbeschleunigung durch die Herzmuskelkontraktion und der entstehenden Pulswelle [3], ist eine nichtinvasive Vitalparametererhebung im Flugzeug zu evaluieren.

Ein solches BCG-System, wie es in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig entstanden ist, erlaubt eine Ableitung verschiedener Vitalparameter für ein Passagier-Health-Monitoring. Dieses Monitoring soll in einer zentralen Übersicht der relevanten Vital- und Aktivitätsparameter zusammenlaufen und Entscheidungskonzepte der Deeskalation für das Flugpersonal liefern.

Mit den BCG-Sensoren ist es u.a. möglich, Informationen über die Auswurfkraft und das Auswurfvolumen des Herzens zu bekommen. Misst man den Zeitabstand der Pulswelle an verschiedenen Stellen des Körpers, kann man die Pulstransferzeit (Blutdruckreferenz) bestimmen.

Mögliche Vitalparameter sind Herzfrequenz, R-R-Abstand oder Atemfrequenz, aber auch komplexere (Vital-)Parameter wie Blutdruck, Klappenschlusszeiten, Auswurfvolumen oder Stressanalyse.

Die verarbeiteten und neu erhobenen Informationen werden weiterhin an zentraler Stelle zum Beispiel über ein Display kommuniziert.

Ziel des Projektes ist festzustellen, ob es möglich ist BCG-Daten aus einer verrauschen Flugzeugumgebung, über Sensoren die im Sitz und der Rückenlehne verbaut sind, zu extrahieren und Vitalparameteranomalien daraus abzuleiten, um geeignete Gegenmaßnahmen bei den Passagieren einleiten zu können. Das System soll bereits während der Boardingzeit laufen, um frühestmögliche Risikoerkennung und medizinische Intervention zu ermöglichen, um Notfälle während des Fluges zu vermeiden.

Vorgeschlagene Methode: Zusätzliche Sensoren erfassen die Flug- und Triebwerksschwingungen. Diese werden genutzt bei der Filterung der Passagierdaten.

Durch eine geeignete Verarbeitung der BCG-Rohdaten, über autarke Prozessoreinheiten in den Sitzen, können diese von den Umgebungsschwingungen bereinigt und zur Erhebung der Vitaldaten genutzt werden.

Der Einsatz von z.B. Mustererkennungsverfahren kann so eine mögliche Abweichung vom medizinischen „Normal“ oder einer möglichen intraindividuellen Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Verlauf des Fluges zeigen. Bei Erkennen eines potentiellen medizinischen Notfalls ist eine Bereitstellung optionaler Handlungsparadigmen unter Berücksichtigung der ermittelten Symptome möglich.

Unter Einhaltung der bestehenden Datenschutzrichtlinien ist auch eine Weitergabe der Daten für die weitere medizinische Behandlung denkbar.

Zu klären ist, unter welchen Flugbedingungen (Boarding, Start, Landung, Turbolenzen, etc.) sich welche Parameter in welcher Güte erheben lassen.

Diese technischen Bedingungen sollen dann als Ergebnis in Modelle münden, die wiederspiegeln, welcher Einsatz von welchen Sensoren, an welchen Positionen unter welchen Bedingungen des Flugbetriebes unter Betrachtung der gegebenen Bedingungen und der Berücksichtigung der Ressourcen Kosten, Platz und Gewicht, die besten Ergebnisse bringen. Dafür wird der Kabinensimulator des Instituts für Flugführung der TU Braunschweig verwendet, um die äußeren Beschleunigungseinflüsse zu simulieren.

Diskussion: Eine valide Aussage der extrahierten BCG-Rohdatenqualität aus der schwingungsverrauschten Flugzeugumgebung und deren Nutzbarkeit für die Vitalparameterableitung ist aktuell nicht möglich.

Zudem ist für die Skalierbarkeit eine Eruierung geeigneter Möglichkeiten der Darstellung des Passagierbefindens und des Umgangs mit der potenziellen Datenflut, unerlässlich.

Unter den gegebenen Umständen scheint der Einsatz der kostengünstigen und energieeffizienten BCG-Sensorik zur Überwachung der Passagiervitalparameter eine vielversprechende Möglichkeit.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Silverman D, Gendreau M. Medical issues associated with commercial flights. Lancet. 2009 Jun 13;373(9680):2067-77. DOI: 10.1016/S0140-6736(09)60209-9 Externer Link
2.
Hinkelbein J, Spelten O, Wetsch W, Schier R, Neuhaus C. Emergencies in the sky: In-flight medical emergencies during commercial airtransport. Trends in Anaesthesia and Critical Care. 2013;3(4):179-182. DOI: 10.1016/j.tacc.2013.03.001 Externer Link
3.
Giovangrandi L, Inan O, Wiard R, Etemadi M, Kovacs GTA. Ballistocardiography – a method worth revisiting. In: Proceedings of the Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine and Biology Society. 2011. p. 4279–82.