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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Das Sprunggelenkendoprothesenregister der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e.V.: Erhebungsinstrumente und -methodik sowie erste Ergebnisse

Meeting Abstract

  • T. Kostuj - Universität Witten/Herdecke, Witten; Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim, Frankfurt am Main
  • M. Preis - Aukammklinik Zentrum für Fußchirurgie, Wiesbaden
  • M. Walther - Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, Schön Klinik München Harlaching, München
  • E. Aghayev - MEM Forschungszentrum Institut für Evaluative Forschung in der Medizin. Universität Bern, Bern
  • F. Krummenauer - Universität Witten/Herdecke, Witten
  • C. Röder - MEM Forschungszentrum Institut für Evaluative Forschung in der Medizin. Universität Bern, Bern

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 69

doi: 10.3205/14gmds230, urn:nbn:de:0183-14gmds2302

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Kostuj et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Seit ihrer Etablierung in den 1990er Jahren findet die Endoprothetik des oberen Sprunggelenkes als Alternative zur Arthrodese zunehmend Verbreitung. Dennoch war die Anzahl der endoprothetischen Versorgungen in Deutschland in den Jahren 2010–2012 zugunsten der Arthrodese leicht rückläufig. Eine mögliche Ursache ist die im Vergleich zur Endoprothetik an Hüft- und Kniegelenk in der Literatur beschriebene höhere Komplikationsrate von 14,8 % [1]. Das freiwillige, im Jahr 2011 eröffnete Sprunggelenkendoprothesenregister der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e.V. (D.A.F.) soll einen detaillierten Überblick über das Outcome und die Patientenzufriedenheit nach diesem Eingriff liefern.

Nachfolgend soll die Ergebnisdarstellung aus ersten Auswertungen, neben der Darstellung des „Registerdesigns“, Aufschluss geben, in welchem Maße bei der Primärversorgung Komplikationen registriert wurden, wie viele der dokumentierten Folgeeingriffe auf Komplikationen zurückzuführen sind, und wie sich die Patientenzufriedenheit in einem Follow-up von nunmehr zwei Jahren darstellt.

Material und Methode: Das Register arbeitet erhebungsbogenbasiert mit den eigens dafür entwickelten IDES-Instrumenten [2]. Diese selbsterklärenden Erhebungsinstrumente sind entweder als nur 10 Items umfassender Minimaldatensatz oder alternativ als umfangreicher wissenschaftlicher Datensatz unter Einschluss sogenannter „Patient Reported Outcome Measures“ (PROMs) in Form der Ankle Hindfoot Scale der American Orthopedic Foot and Ankle Society (AOFAS-AHS) [3] verfügbar.

Die Erhebungszeitpunkte sind in das Ermessen des behandelnden Arztes gestellt, wobei folgende Zeitpunkte empfohlen werden:

  • präoperativ
  • 3-6 Monate postoperativ nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahmen
  • 1-Jahres Kontrolle
  • 2-Jahres Kontrolle
  • weitere Kontrollen nach individueller Absprache
  • Folgeeingriffe und Revisionseingriffe.

Die Daten werden im Rahmen von Kontrolluntersuchungen erhoben. Eine postalische Befragung bzw. Datenerfassung wird nicht durchgeführt. Die Speicherung und Verarbeitung der Daten erfolgt pseudonymisiert nach Aufklärung und schriftlichem Einverständnis der Patienten.

Knapp 2½ Jahre nach Start des Registers nehmen deutschlandweit 26 Ärzte aus 23 Einrichtungen in 18 deutschen Städten am Register teil. Aus 18 dieser Einrichtungen wurden bereits Daten übermittelt. Die Dokumentation und die statistische Auswertung erfolgen im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung am IEFM in Bern unter Verwendung von SAS (Version 9.4, SAS Institute, Inc., Cary, NC, USA). Die epidemiologische Auswertung und Bewertung der Daten erfolgt in Zusammenarbeit mit der Registerarbeitsgruppe der D.A.F.

Ergebnisse: Es liegen derzeit 621 Datensätze zu Primärimplantationen vor, ferner wurden 1.427 Nachuntersuchungen mit einem maximalen Follow-up von 9 Jahren sowie 121 Datensätze zu Re-Operationen erfasst. Letztere beinhalten Revisionen und sonstige Folgeeingriffe am betroffenen Unterschenkel und Fuß wie etwa Arthrodesen bei Anschlussarthrosen oder Sehneneingriffe. Echte Revisionen mit Komponentenwechsel, die auf mechanische und infektiöse Komplikationen zurückzuführen sind, lagen bei 7,6% der Patienten vor.

Zu 619 der 621 Datensätze liegen valide Angaben zum Auftreten perioperativer chirurgischer Komplikationen vor: In 93% verlief die Endoprothesenimplantation komplikationslos. Wundheilungsstörungen (5%) waren vor Innenknöchelfrakturen (3%) und Hämatomen (2%) die häufigsten Komplikationen. Die Wundheilungsstörungen bedurften in der Regel keiner operativen Intervention, sondern konnten konservativ therapiert werden. Eine periprothetische Infektion wurde in 0,3% der Fälle registriert.

In den 415 Datensätzen der jeweils letztvorhandenen Nachuntersuchung pro Patient bewerteten 89,9% der Patienten das Ergebnis als „exzellent“ oder „gut“, 9,4% als „mäßig“ und nur 0,7% als „schlecht“ (n=3). Die hohe Zufriedenheit der Patienten spiegelt sich auch in der Entwicklung des AOFAS-Scores im Zeitverlauf wider: Für 115 Patienten sind bereits Daten zu 3 Nachuntersuchungen verfügbar. Die dort berichteten Score-Werte stiegen von einem präoperativen Median von 33 auf einen Medianwert von 81 nach 3-6 Monaten und 87 nach einem Jahr an. Im zweiten postoperativen Jahr zeigte sich der Median des AOFAS-Scores bei 85 der maximal möglichen 100 Punkte.

Die drei Patienten, die bei der letzten Nachuntersuchung ihr postoperatives Ergebnis als „schlecht“ eingestuft haben, wiesen auch entsprechende AOFAS-AHS-Scores auf sowie klinisch diese Scores motivierende Korrelate:

  • 3 Monate postoperativ: AOFAS-Score-Wert von 28 (präoperativ 10) Punkte, Frühlockerung der Tibiakomponente
  • 1,5 Jahre postoperativ: AOFAS-Score-Wert von 41 (präoperativ 35) Punkte, Lockerung der Tibiakomponente und der Verdacht auf Lockerung der Taluskomponente
  • 4,5 Jahre postoperativ: Reduktion des Score-Wertes auf 11 (präoperativ 32) Punkte, symptomatische Arthrose des unteren Sprunggelenkes, Rückfußinstabilität, Verdacht auf Lockerung der Tibiakomponente

Diskussion: Das Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. kann aktuell noch nicht als nationales Register angesehen werden. Nach einem kontinuierlichen Zuwachs der berichtenden Einrichtungen in den ersten beiden Jahren stagniert die Teilnehmerzahl aktuell. Mit Deutschlandweit 240 implantierenden Kliniken und rund 1.300 jährlichen Implantationen weist das Register mit einer jährlichen Erfassung von rund 150 Primärimplantationen und 23 registrierten Ärzte aktuell eine Abdeckung von rund 10% der nationalen Versorgung ab. Eine Überprüfung der Vollständigkeit der Erfassung der einzelnen Zentren hat bis dato noch nicht stattgefunden.

Dennoch ermöglicht es schon jetzt, Komplikationen und Folgeeingriffe den einzelnen Patienten respektive deren Ersteingriffen eineindeutig zuzuordnen. Es gelingt daher, prothesenunabhängige zweizeitige Zusatzeingriffe von Re-Operationen bei Komplikation und Revision mit Komponentenwechsel zu unterscheiden. Somit wird das Register zuverlässigere Aussagen über das Outcome der Patienten ermöglichen als eine anonymisiert entkoppelnde Registrierung.


Literatur

1.
Hintermann B, Valderrabano V, Knupp M, Horisberger M. The HINTEGRA ankle: short- and mid-term results. Orthopade. 2006;35(5):533-45.
2.
Diel P, Thier C, Aghayev E, Preis M, Dudda M, Espinosa N, Röder C. The International Documentation and Evaluation System IDES: a single center observational case series for development of an ankle prosthesis documentation questionnaire and study of its feasibility and face validity. J Foot Ankle Res. 2008;3:4.
3.
Kitaoka HB, Alexander IJ, Adellar RS, Numley JA, Meyerson MS, Snaders M. Clinical rating systems for the ankle-hindfoot, midfoot, Hallux and lesser toes. Foot Ankle Int. 1994-;15: 349-35