gms | German Medical Science

GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Prospektive Erfassung zur Bewertung der Behandlungseffizienz und Qualität des netzwerkgeführten Versorgungsverlaufs und der Bedeutung von qualitätssichernder Dokumentation im Lymphnetz bei Patienten mit lymphologischer Behandlung

Meeting Abstract

  • S. Hahn - Lymphologicum® - Deutsches Netzwerk Lymphologie e.V., Hofheim
  • V. Rahms - AMEOS Klinikum, Diabetes und Gefäßzentrum, Schönebeck (Elbe)
  • H. Uhleman - Klinikum Altenburger Land GmbH, Praxis für Angiologie MVZ Altenburger Land GmbH, Altenburg
  • K. Waldvogel-Röcker - Therapiezentren Waldheim/Waldhausen, Hannover

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 82

doi: 10.3205/14gmds229, urn:nbn:de:0183-14gmds2297

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Hahn et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Die methodische Erfassung von Basisdaten des lymphologischen Indikationsgebietes ist derzeit noch nicht sehr umfangreich. In aktuellen Untersuchungen wurden erste Informationen zu Versorgungsqualität, Versorgungsbedarf und leitliniengerechter Versorgung von Lymphödemen erhoben. Allerdings ist eine Datensammlung zum Nachweis der Behandlungseffizienz netzwerkgemanagter Patienten nicht existent. Hinzu kommt die Problematik, dass die gesetzlich vorgeschriebene Nachweispflicht für die Behandlungsentscheidung und Therapiedurchführung im Rahmen einer lückenlosen medizinischen Verlaufsdokumentation aus zeitlichen Gründen größtenteils nur unzureichend und in der Regel papierbasiert stattfindet. Papierdokumentierte Parameter sind nicht auswertbar und als Informationsgeber oftmals nicht aussagekräftig oder „transportfähig“, was die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Behandlungsentscheidung und Therapieergebnis erheblich begrenzt. Die LYR-Studie bezieht sich auf die Dokumentation und Qualitätssicherung netzwerkspezialisierter Leistungserbringer, die im Rahmen des Behandlungsprozesses in die Behandlung und Versorgung lymphologisch erkrankter Patienten im ambulanten Umfeld eingebunden sind. Die hier vorliegende epidemiologische Untersuchung gilt als Feasibility-Study (Machbarkeitsstudie). Das Ziel der LYR Konzeption ist es, einen netzwerkgeführten Behandlungsprozess und die dazugehörige webbasierte Dokumentation auf ihre Durchführbarkeit und Effizienz zu überprüfen (Primärparameter). Weitere Ziele waren die Veränderung der Lebensqualität im Beobachtungszeitraum, der Einfluss der Frequenz von MLD sowie der Wickelhöhe auf das Entstauungsergebnis und eine explorative Analyse möglicher Korrelationen (Sekundärparameter).

Material und Methoden: Es wurden bundesweit sechs regional tätige Lymphnetzwerke mit insgesamt sieben Ärzten, zwölf Therapeuten und fünf Fachhändlern in die Studie eingebunden. Die Netzwerke sollten alle Patienten, die den Einschlusskriterien entsprachen und die Teilnahme am netzwerkgeführten Versorgungsprozess unterschrieben haben in einer webbasierten Verlaufsdokumentation erfassen und die weitere Behandlung im Rahmen der KPE-1 ebenfalls dokumentieren. Hierfür wurde eine für die Studienzentren dezentrale Datenerfassung durch ein Remote Data Entry (RDE) entwickelt, welches eine fachübergreifende (restriktive) Einsichtnahme der beteiligten Leistungserbringer ermöglichte und eine leitliniengemäße Behandlung von Patienten mit Lipödem, Lymphödem und Ödemmischformen abbildete. Es konnten so 65 Patienten eingeschlossen und beobachtet werden. Die Datenanalyse erfolgt bezüglich der Primärparameter hauptsächlich mit Hilfe deskriptiver Statistik, die Sekundärparameter wurden auch hinsichtlich vorhandener Korrelationen überprüft.

Ergebnisse: In der LYR-Studie wurde der QS-Dokumentationsbogen für netzwerkgesteuerte Versorgung in ein RDE-System überführt und damit der KPE-1 Versorgungsverlauf systematisch vorgegeben. 87,5% der Leistungserbringer empfanden den Versorgungsablauf über den Dokumentationsbogen allgemeingültig und gut bis sehr gut systematisiert. 44% der Leistungserbringer schätzten den Dokumentationsbogen in seiner Analogie als hilfreich ein, um den Versorgungsprozess besser zu steuern. Als weitere relevante Ergebnisse zur Beurteilung der Machbarkeit einer netzwerkgeführten webbasierten Dokumentation kann festgehalten werden, dass ein Patienteneinschluss in ein bestehendes lymphologisches Netzwerk vor allem in strukturschwachen Regionen schwierig war. Dies zeigte sich daran, dass vier von sieben Ärzte angaben, dass ein Patienteneinschluss aufgrund weiter Anreisebedingungen der Patienten zum Arzt oder nachfolgenden Leistungserbringern des Netzwerks schwierig war und weitere zwei von sieben Ärzte die Frage mit trifft eher zu ebenfalls bestätigten. So konnten viele potenzielle Patienten nicht unter Netzwerkbedingungen untersucht und behandelt werden, da die Wege zu einzelnen Leistungserbringer zu weit waren. Dieses Ergebnis zeigte uns, dass ein Großteil der Netzwerke nicht über die notwendige regionale Infrastruktur verfügt und die netzwerkgeführte Versorgung der Patienten aussetzt, sobald sich der Patient außerhalb eines Ballungszentrums befindet. Überwiegend wurde das Einwilligungsprozedere zur Studienteilnahme als unproblematisch empfunden. Dies ist dahingehend wichtig, dass auch bei einer netzwerkgesteuerten Versorgung der Patient dieser Versorgung aktiv zustimmen muss. So konnte in der LYR Studie auch das vorgeschlagene rechtssichere Vorgehen positiv bewertet werden.

Durch die prospektive Datenerfassung der LYR Studie kann gezeigt werden, dass eine netzwerkgesteuerte Versorgung eine schnelle Aufnahme der Behandlung mit kontinuierlicher Terminvergabe und Versorgung ohne Brüche ermöglicht. Der verwendete Dokumentationsbogen ist laut der Studienergebnisse praxisrelevant, praxistauglich sowie verständlich und erleichtert die Steuerung des Patienten im Netzwerk. Die LYR Studie zeigt auch, dass gegenüber dem webbasierten dokumentieren noch einige Hürden in den beobachteten Netzwerken bestehen. Bezüglich der Sekundärparameter muss noch eine gesonderte Auswertung vorgenommen werden, somit können zu dieser Zeit nur Tendenzen beschrieben werden. Mit Hilfe der bereits vorliegenden Auswertungen kann bereits gezeigt werden, dass je höher die Anzahl der MLD-Termine pro Woche ist, desto geringer ist die durchschnittliche Dauer der Entstauung.

Diskussion: Eine starke Limitation der LYR Studie stellt sicherlich die Betrachtung von nur 6 kleinen Netzwerken und der Fallzahl von 65 Patienten dar. Somit konnte das Ziel insgesamt 150 Patienten zu betrachten (25 pro Netzwerk) nicht erreicht werden. Dies lag zum Einen an der Tatsache, dass Netzwerke in strukturschwachen Regionen aufgrund eigener infrastruktureller Schwierigkeiten nicht genügend Patienten einschließen konnten. Zum Anderen lag die Schwierigkeit in der ambulanten Versorgungsebene selbst, da die beteiligten Fachleute einer Studiensituation gegenüber eher unerfahren waren. Zudem handelt es sich bei der beobachteten Patientengruppe um eine sehr heterogene Stichprobe mit unterschiedlichsten Ödemformen in den unterschiedlichsten Stadien. Dies führt dazu, dass die erhobenen Sekundärparameter nochmals gesondert in einer Subgruppenanalyse betrachtet werden müssen, um bezüglich der biologischen Endpunkte exakte Aussagen treffen zu können.