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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Externes Benchmarking stationärer Anschlussheilbehandlungen nach Hüft- sowie nach Knie-Endoprothetik zwischen Rehabilitationseinrichtungen in Rheinland-Pfalz

Meeting Abstract

  • C. Baulig - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten
  • M. Grams - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten
  • B. Röhrig - Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK), Alzey
  • S. Linck-Eleftheriadis - Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK), Alzey
  • F. Krummenauer - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 95

doi: 10.3205/14gmds217, urn:nbn:de:0183-14gmds2177

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Baulig et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Die Implantation von Hüft (HEP)- und Knieendoprothesen (KEP) gehört in Deutschland zu den häufigsten Eingriffen (EPRD, 2012). Die anschließende stationäre Rehabilitation nach Endoprothetik ist kostenintensiv und effektiv. Um deren Kosteneffektivität auch über verschiedene Anbieter hinweg zu sichern, empfehlen sich prospektive Kohortenstudien zur klinischen und ökonomischen Ergebnisqualität. Diese können Indikatoren der Ergebnisqualität zwischen verschiedenen Leistungserbringern vergleichen und im Falle klinisch oder ökonomisch relevanter Abweichungen konstruktive Ansätze zur Verbesserung der Qualität aufzeigen.

Für die stationäre Anschlussheilbehandlung nach Hüft- und Knie-Endoprothetik wurde zu diesem Zweck ein externes Benchmarking zwischen neun stationären Rehabilitations-Einrichtungen des Landes Rheinland-Pfalz vorgenommen. Als konfirmatorische Fragestellung wurde untersucht, ob sich die Einrichtungen entlang des Kosten-normierten Effektschätzers (CNEE) als Parametrisierung der Kosteneffektivität unterschieden.

Die Untersuchung wurde gefördert durch die Deutsche Arthose-Hilfe e.V.

Material und Methoden: Für insgesamt 8.672 Patienten nach unilateraler Hüft-Endoprothetik sowie 8.180 Patienten nach unilateraler Knie-Endoprothetik, die sich zwischen 01/2007 und 12/2009 einer im Median 21 Tage dauernden stationären Rehabilitation in einer von neun mittelstädtischen Einrichtungen in Rheinland-Pfalz zu Lasten einer Gesetzlichen Krankenkasse unterzogen hatten, wurden Angaben zum Behandlungsergebnis auf Basis der Software EVA-Reha® (MDK Rheinland-Pfalz) dokumentiert. Als primärer Indikator der klinischen Ergebnisqualität wurde die intraindividuelle Änderung des Staffelstein-Index bei Entlassung gegenüber Aufnahme bestimmt [%], als primärer ökonomischer Indikator die Relation [%/€] dieser Index-Änderung zu den mit Krankenkassen abgerechneten direkten Kosten [€] (CNEE=Cost Normalized Effect Estimate) für die erfolgte Anschlussheilbehandlung. Entlang dieses Indikators wurden die Einrichtungen mittels eines zweiseitigen Kruskal / Wallis-Tests zum Niveau 5% gegenüber gestellt auf der Basis von Einrichtungs-weisen Versorgungszahlen von 326–3.814 Patienten nach Hüft- respektive 340–3.466 nach Knie-Endoprothetik.

Ergebnisse: Zwischen den Einrichtungen variierte das mediane Alter der Patienten nach HEP von 71–75 Jahren und nach KEP von 72–75 Jahren, der Anteil weiblicher Patienten variierte von 62–77% (HEP) und 70–81% (KEP).

Die direkten Kosten wurden sowohl für HEP als auch für KEP mit im Median 2.023 Euro (1.879–2.023 Euro) berechnet und unterschieden sich zwischen den Einrichtungen lokal signifikant (Kruskal/Wallis-Test p<0,001), wobei die Verweildauer entlang der Einrichtungen zwischen 19–21 Tagen variierte und sich damit durchweg homogen zeigte.

Nach HEP wurde für das Gesamtkollektiv der neun betrachteten Kliniken ein Anstieg des Staffelstein-Index von im Median 24% (Interquartilspanne 18–33 %) um im Median 53% (45–60%) auf im Median 78% (71–86%) bei Entlassung ermittelt. Die intraindividuelle Änderung unterschied sich zwischen den Einrichtungen lokal signifikant (Kruskal/Wallis-Test p<0,001). Der Kosten-normierte Effektschätzer (CNEE) für das Gesamtkollektiv lag im Median bei 12 Prozentpunkten Anstieg im Staffelstein-Index pro 1.000 Euro Investition (Interquartilspanne 9–16% pro 1.000 Euro); im CNEE unterschieden sich die Einrichtungen statistisch signifikant (Kruskal/Wallis-Test p<0,001).

Ein ähnliches Bild zeigte sich nach KEP: Es ergab sich ein medianer Anstieg des Staffelstein-Index im Gesamtkollektiv von im Median 24 % (17–33 %) um 50 % (44–57 %) auf im Median 76 % (67–85 %) bei lokal signifikantem Unterschied zwischen den Einrichtungen (Kruskal/Wallis-Test p<0,001). Der Kosten-normierte Effektschätzer (CNEE) lag für das Gesamtkollektiv im Median bei 12 Prozentpunkten Anstieg des Staffelstein-Index pro 1.000 Euro Investition (8–17% pro 1.000 Euro), vergleichbar dem HEP-Kollektiv. Auch hier unterschieden sich die Einrichtungen statistisch signifikant (Kruskal/Wallis-Test p<0,001) bezüglich der CNEE-parametrisierten Kosteneffektivität.

Diskussion: Es zeigte sich bei der stationären Anschlussheilbehandlung nach Hüft- wie auch nach Knie-Endoprothetik eine statistisch signifikante und klinisch sowie ökonomisch relevante Heterogenität zwischen den an diesem externen Benchmarking beteiligten Einrichtungen aus Rheinland-Pfalz. Explorative Zusatzanalysen im Rahmen einer Risikoadjustierung konnten diese Heterogenitäten nicht auflösen.

Entsprechend der Vereinbarung mit den in EVA-Reha© Daten eingebenden Einrichtungen wurde das klinische Ergebnis der Anschlussheilbehandlung nur funktionell bewertet; eine Erweiterung auf Instrumente zur Messung der indikations- oder gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde mit Blick auf die limitierten Dokumentationsressourcen unterlassen. Der für das klinische Assessment verwendete Staffelstein-Index beinhaltet hierbei sowohl funktionale als auch patientenbezogene Aspekte. Er ist in Deutschland etabliert und konnte in mehreren aktuellen Studien Konstruktvalidität als Assessment-Tool erweisen. Dennoch ist aufgrund der fehlenden internationalen Akzeptanz keine Vergleichbarkeit mit internationalen Studien möglich.

Zusammenfassend zeigten die Ergebnisse, dass ein CNEE-basiertes Benchmarking eine neue Perspektive in diesem Versorgungssegment darstellt: Nicht zwingend ist die Einrichtung mit dem besten klinischen Ergebnis auch diejenige Einrichtung mit einer optimalen Rentabilität der Investitionen in Bezug auf das Nutzen/Kosten-Verhältnis. Vorliegende Ergebnisse legen also aus methodischer Perspektive nahe, externes Benchmarking nicht nur – wie derzeit üblich – auf das klinische Versorgungsergebnis, sondern auch auf die zugrunde liegende Kosteneffektivität des gesamten Versorgungsprozesses zu beziehen.


Literatur

1.
Grams M. Konzeption und Evaluation quantitativer Benchmarks für internes und externes Qualitätsmanagement in der Orthopdischen Endoprothetik – multizentrische Kohortenstudie an Rehabilitations-Kliniken in Rheinland-Pfalz. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades "Dr. rer. medic." der Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Gesundheit. 2013.
2.
EVA-REHA® - Evaluation in der Rehabilitation. http://www.mdk-rlp.de//eva-reha/ Externer Link
3.
Baulig C, Grams M, Röhrig B, Linck- Eleftheriadis S, Krummenauer F. A retrospective multicenter cohort benchmarking study between nine rehabilitation departments in Rhineland-Palatinate (Western Germany). under review. S. 20