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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Ein Methodenvorschlag zur Abschätzung Abteilungs-spezifischer Erlösentwicklungen der vollstationären Versorgung auf der Basis publizierter Sekundärdaten – Illustration am Beispiel der Augenheilkunde

Meeting Abstract

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  • U. Hahn - Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Düsseldorf
  • F. Krummenauer - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Wit-ten/Herdecke, Witten

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 89

doi: 10.3205/14gmds210, urn:nbn:de:0183-14gmds2102

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Hahn et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Eine gewachsene Besonderheit der vollstationären Versorgung in Deutschland ist das sogenannte Belegarztwesen: freiberufliche Ärzte mit eigener Praxis behandeln im Krankenhaus ihre Patienten vollstationär. Alle anderen Leistungen (Pflege, stationäre Unterbringung etc.) in den sogenannten Belegabteilungen werden vom Krankenhaus gestellt (Ausnahme: in einigen Fällen wird neben dem Belegoperateur auch ein Beleganästhesist tätig). In Hauptabteilungen z.B. der Universitätsklinika werden im Unterschied dazu auch die medizinischen Leistungen durch Ärzte im Angestelltenverhältnis des Krankenhauses erbracht. Der Nutzen der Belegabteilungen liegt in der sektorenübergreifenden Patientenversorgung ohne Bruch in Diagnostik und Therapie bei Übergang zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Bis 1955 wurde die Mehrzahl der stationären Fälle durch freiberufliche Ärzte erbracht, seither hat die Bedeutung der Belegabteilung immer weiter abgenommen.

Vorgestellt werden soll eine Methodik [1] zur Abschätzung der jährlichen Erlösentwicklung der vollstationären Versorgung differenziert nach den Abteilungstypen (Belegabteilung und Hauptabteilung). Die Methodik basiert auf publizierten Sekundärdaten; zur Abschätzung der Erlösentwicklung eingebrachte Modellannahmen werden zusammengestellt, das Vorgehen wird exemplarisch auf Daten der Augenheilkunde angewendet.

Material und Methoden: Das Institut für Entgeltsysteme im Krankenhaus (InEK) stellt in jährlich aktualisierter Form folgende Sekundärdaten bereit:

  • Im Fallpauschalenkatalog werden alle abrechenbaren vollstationären Fallpauschalen, die Diagnosis Related Groups (DRG), gruppiert nach Major Diagnostic Categories (MDC) aufgeführt [2]. Für jede DRG wird differenziert nach Haupt- und Belegabteilung die obere und untere Grenzverweildauer zur Klassifizierung von Fällen nach Kurz-, Normal-, und Langlieger angegeben. DRG- und Abteilungsspezifisch werden dann Bewertungsrelationen (BR) für Normallieger, der darauf anzuwendende tagesgenaue Abschlag für Kurzlieger bzw. ein Zuschlag für Langlieger ausgewiesen. In der Belegabteilung werden entsprechend Bewertungsrelationen für „Belegoperateur“ (höhere Bewertungsrelation) und „Belegoperateur und Beleganästhesist“ (niedrigere Relation) differenziert ausgewiesen.
  • Die Begleitforschung [3] nennt abteilungsspezifisch für jede DRG die jährliche vollstationäre Fallzahl mit Anteilen nach Normal-, Kurz- und Langliegern.
  • Das Produkt aus Basisfallwert und relevanter Bewertungsrelation entspricht der Fallvergütung [€]. Seit 2010 ermittelt das InEK jährlich den (Bundes-)Basisfallwert.
  • Das jährliche Erlösvolumen einer MDC ergibt sich kumuliert über die Erlösprofile pro DRG und Abteilungstyp:
  • Abteilungsspezifisch werden pro DRG Produkte aus dem jeweiligen Anteil der Fälle nach Normal-, Kurz- und Langlieger-Status stratifiziert nach der jeweils relevanten Bewertungsrelation kumuliert und damit entlang des Basisfallwerts extrapoliert.
  • Der Gesamterlös wird geschätzt als Summe der abteilungsspezifischen Erlöse der jeweiligen DRGs.

Exemplarisch wurde mit diesem Ansatz die Erlösentwicklung in der vollstationären Augenheilkunde (MDC 02 „Krankheiten und Störungen des Auges“) für den Zeitraum 2005 bis 2011 geschätzt, indem als Modellannahme für die untere Grenzverweildauer ein maximal eintägiger Abschlag und für die obere ein maximal eintägiger Zuschlag angenommen wurden. Als weitere Modellannahme wurde für Belegabteilungen nur die Bewertungsrelation für „Belegoperateur“ zugrunde gelegt. Als Referenzwert für die monetäre Bewertung des Falls vor 2010 wurde ferner der Durchschnitt der Lands-Basisfallwerte heran gezogen.

Ergebnisse: Die geschätzten Gesamterlöse für ophthalmologische vollstationäre Leistungen ist von € 549 Mio. in 2005 auf € 629 Mio. angestiegen, das entspricht einem Zuwachs von 14,6%. Absolut haben im Zeitablauf sowohl die Hauptabteilung (von € 490 Mio. auf € 567 Mio.) wie auch die Belegabteilung (von € 58 Mio. auf 62 Mio.) gewonnen, allerdings hat sich das relative Gewicht der Belegabteilungen am Gesamterlösvolumen rückläufig entwickelt (von 10,6% auf 9,9%) im betrachteten Zeitraum 2005 bis 2011.

Diskussion: Vorgeschlagen wurde eine Methodik um Erlösentwicklungen der vollstationären Versorgung entlang von DRGs bzw. MDCs insgesamt und getrennt nach Abteilungstypen (Hauptabteilung und Belegabteilungen) abzuschätzen. In der Sache zeigte die obige Hochrechnung eine – geringe – Abnahme der relativen Bedeutung von Belegabteilungen an der Gesamterlösentwicklung für die vollstationäre augenheilkundliche Versorgung im Zeitraum 2005 bis 2011.

Unschärfen der Schätzung ergeben sich aus fehlenden Daten über die Verteilung der Unter-/Überschreitungsdauern nach Tagen. In der Hochrechnung wurde daher die vereinfachende Annahme getroffen, dass Unter- bzw. Überschreitungen jeweils für einen Tag erfolgten ohne entsprechende stochastische Variation. Ferner fehlen Daten über die Verteilung die Verteilung der Fälle in Belegabteilungen auf die alleinige Beteiligung eines „Belegoperateurs“ respektive eines „Belegoperateurs und Beleganästhesisten“. In der Hochrechnung wurden alle Fälle als alleinig von einem „Belegoperateur“ behandelt gewertet, die Erlösentwicklung damit also unterschätzt. Schließlich wichen die landesspezifischen Basisfallwerte vom (Bundes-)Basisfallwert bzw. dem durchschnittlichen Landesbasisfallwert ab; da die vollstationären Fälle über die Bundesländer nicht gleichverteilt sind, resultiert eine in Richtung und Ausmaß nicht spezifizierbare Verschiebung der hochgerechneten gegenüber den realen Erlösen. In der Summe ist der Effekt der oben beschriebenen Unschärfen jedoch gering: Im Abgleich mit dem seit 2010 vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Erlösen [4] nach MDC zeigten sich für die Jahre 2010 und 2011 jeweils nur Abweichungen von 1,1%.


Literatur

1.
Hahn U, Neuhann T, Mehnert D, Ober M, Neuhann, Schmickler S, Krummenauer F. Leistungen und Erlöse vollstationärer ophthalmologischer Versorgung. Eingereicht.
2.
InEK Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus. Fallpauschalen-Katalog. In: EK Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, Editor. Siegburg: jährliche Erscheinungsweise.
3.
InEK Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus. Begleitforschung gem. 17b Abs. 8 KHG. In: EK Institut fr das Entgeltsystem im Krankenhaus, Editor. Siegburg: jährliche Erscheinungsweise.
4.
Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) Diagnosen, Prozeduren, Fallpauschalen und Case Mix der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern, Fachserie 12 Reihe 64. Wiesbaden: jährliche Erscheinungsweise.