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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Eine Pilotstudie zur Errichtung eines Komplikationsregisters der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)

Meeting Abstract

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  • T. Kostuj - Universität Witten/Herdecke, Witten; Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim, Frankfurt am Main
  • R. Matta-Hurtado - Klinik für Orthopädie, Rheumaorthopädie und Unfallchirurgie, Katholisches Krankenhaus Dortmund-West der Katholischen St. Luskas Gesellschaft, Dortmund
  • K. Schmidt - Klinik für Orthopädie, Rheumaorthopädie und Unfallchirurgie, Katholisches Krankenhaus Dortmund-West der Katholischen St. Luskas Gesellschaft, Dortmund
  • Studiengruppe Komplikationsregister der DGORh

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 67

doi: 10.3205/14gmds205, urn:nbn:de:0183-14gmds2056

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Kostuj et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Die rheumatoide Arthritis (RA) ist mit einer Prävalenz von 1% in Westeuropa und in den USA die häufigste entzündlich rheumatische Erkrankung des Erwachsenenalters. Durch den Einsatz moderner Basistherapeutika konnte in den letzten Jahren eine allgemeine Verringerung der orthopädischen Operationen wie auch der TEP-Raten bei RA-Patienten verzeichnet werden. Damit kann davon ausgegangen werden, dass heute die vor rund 15 Jahren noch geltende Aussage, dass ungefähr 25% der Patienten mit RA innerhalb von 20 Jahren nach erkanntem Krankheitsbeginn einen operativen Gelenkersatz benötigten, nicht mehr zutrifft. Durch den stetigen Anstieg der immunmodulierenden Basistherapie in den letzten Jahren ist jedoch davon auszugehen, dass ein RA-Patient, der sich einer orthopädischen Operation unterziehen muss, immunsuppressiv behandelt wird. Das wirft die Frage auf, ob eine solche immunsuppressive Behandlung das Operationsergebnis beeinflusst und ob sich durch sie die postoperative Komplikationsrate erhöht.

Die Datenlage hinsichtlich des perioperativen Managements der zirka 20 sogenannten „disease modifying antirheumatic drugs“ (DMARD) bzw. Biologika ist begrenzt und uneinheitlich. Verlässlich durch Studien belegt sind lediglich die Empfehlungen zur Fortsetzung von Metothrexat [1] und zur Unterbrechung der Therapie mit TNF-Alpha bis zum Abschluss der Wundheilung [2]. Aus diesem Grunde hat sich die DGORh entschlossen, ein Register zur Erfassung der Art des Eingriffs, des perioperativen Medikamentenmanagements und des Auftretens etwaiger Komplikationen zu etablieren. Dieses Register soll der Entwicklung evidenzbasierter Therapieempfehlungen dienen.

Die im Folgenden zu berichtenede Pilotstudie lieferte erste Ergebnisse und diente der Anpassung der Methodik im Register.

Material und Methode: Nach Aufklärung und schriftlichem Einverständnis der Patienten wurden in den neun an der Pilotstudie teilnehmenden Einrichtungen die medikamentöse Therapie, das perioperative Patientenmanagement (etwaiges Absetzen und Wiederansetzen der Medikamente mit den jeweiligen Zeitpunkten) sowie Art und Lokalisation des Eingriffs erfasst. Bei Auftreten einer Komplikation wurden das Datum der Diagnose der Komplikation, die Art der Komplikation und die erforderliche Therapie (operativ oder konservativ) dokumentiert. Darüber hinaus wurden ein etwaiges Operationsdatum für einen Revisionseingriff sowie vorhandene Risikofaktoren erfasst. Für die Pilotstudie wurden die Daten zunächst nur abteilungs- bzw. klinikintern nachverfolgt, d.h. es wurden nur Komplikationen erfasst, die im stationären Aufenthalt auftraten oder zu einer Wiedervorstellung in der Abteilung führten. Eine sektorübergreifende Dokumentation oder die Nachverfolgung bei einem Klinikwechsel wurden noch nicht berücksichtigt. Zwar wurden in der Pilotstudie alle Arten von Komplikationen erfasst, die Auswertung jedoch auf Wundheilungsstörungen und Infektionen fokussiert.

Bereits in der Pilotphase waren unter den teilnehmenden Einrichtungen sowohl Rheumaorthopädische Fachabteilungen als auch Orthopädisch-Unfallchirurgische Kliniken vertreten. Derzeit ist jedoch in jeder Abteilung mindestens ein Arzt tätig, der schwerpunktmäßig Patienten mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises behandelt.

Da in der Pilotphase im Wesentlichen die methodischen Aspekte der Registerentwicklung im Fokus standen und die Zahl der in den Datensätzen verzeichneten Wundkomplikationen noch gering war, wurde bisher nur eine deskriptive Statistik und noch keine analytische Auswertung mittelfristig prüfbarer konfirmatorischer Fragestellungen durchgeführt.

Ergebnisse: Nach Auswertung von 873 Fällen aus den 9 teilnehmenden Einrichtungen zeigten sich Komplikationen nur bei 23 (2,6%) dieser Fälle, wobei erwartungsgemäß die Wundheilung betreffende Komplikationen im Vordergrund standen: Wundheilungsstörungen (1,3%), Infektionen mit operativem Re-Interventionsbedarf (1%) und Serome (0,3%).

Es konnten folgende Risikofaktoren für das Auftreten von Wundkomplikationen und Infektionen detektiert werden: Kortisoneinnahmen von mehr als 5 mg täglich oder über mehr als ein Jahr, Diabetes mellitus, eine arterielle Verschlusskrankheit, eine Tumorerkrankung, andere konsumierende Grunderkrankungen (HIV, Kachexie etc.), eine Infektion oder eine Wundheilungsstörung mit Nachweis pathogener Keime in der Vorgeschichte im OP-Gebiet sowie eine aktuelle Infektion an einer anderen Körperregion als dem OP-Gebiet. Unter den 23 Patienten mit Wundkomplikationen und Infektionen waren 4 Diabetiker sowie jeweils 2 Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, einem Tumorleiden oder einer Infektion in der Vorgeschichte.

In der Gruppe der Patienten mit Wundkomplikationen (n=23) waren weniger Patienten mit einer Basistherapie vertreten (87%) als in der Gruppe von 850 Patienten ohne Wundkomplikationen (90%). Hinsichtlich der Differenzierung der Therapieerfordernis der Komplikation sowie ihres Endpunktes (ausgeheilt/gebessert/fortbestehend) war die Dokumentation in der Pilotstudie jedoch nicht differenziert genug, um valide Rückschlüsse auf die Schwere der Komplikation und somit auch auf den Effekt der Unterbrechung oder Fortführung der verschiedenen Basistherapeutika ziehen zu können.

Diskussion: Auch wenn die Pilotstudie bereits erste Tendenzen erkennen lässt, die eine Fortführung der überwiegenden Zahl der Basistherapeutika konstruktiv diskutierbar macht, sind die Validität der Pilotstudiendaten noch nicht ausreichend belastbar, um evidenzbasierte Empfehlungen für das perioperative Medikamentenmanagement geben zu können.

Durch die pseudonymisierte einrichtungs- und sektorübergreifende Erfassung des DGORh-Komplikationsregisters im Echtzeitbetrieb können auch jene Komplikationen dokumentiert werden, die nicht zu einer Wiedervorstellung beim Operateur führen und es kann somit zukünftig eine falsch-niedrige Abbildung der Wundkomplikationen verhindert werden.

Die Pilotstudie mit 9 teilnehmenden Kliniken ist nunmehr abgeschlossen und es steht ein für alle Versorger zugängliches Register zur Verfügung, welches die im Ergebnisteil aufgeführten Modifikationen des Fragebogens berücksichtigt.


Literatur

1.
Visser et al. Multinational evidence-based recommendations for the use of methotrexate in rheumatic disorders with a focus on rheumatoid arthritis: integrating systematic literature research and expert opinion of a broad international panel of rheumatologists in the 3E Initiative. Ann Rheum Dis. 2009; 68: 1086-93.
2.
Heldmann et al. Perioperativer Umgang mit Biologika bei rheumatoider Arthritis. Z-Rheumatol. 2011; 70: 14-20.