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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Mangelnde Leitlinienkonformität radiologischer Diagnostik bei akutem, nicht-spezifischem Kreuzschmerz

Meeting Abstract

  • R. Linder - WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
  • D. Horenkamp-Sonntag - WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
  • S. Engel - WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
  • U. Schneider - WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg
  • F. Verheyen - WINEG - Wissenschaftliches Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen, Hamburg

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 145

doi: 10.3205/14gmds179, urn:nbn:de:0183-14gmds1798

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Linder et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Bei akutem, nicht-spezifischem Kreuzschmerz sind die Beschwerden üblicherweise selbst begrenzend, so dass die meisten Patienten, die sich erstmalig wegen Rückenbeschwerden in medizinische Behandlung begeben, lediglich einer Beratung und Akutversorgung bedürfen. Nur wenn klinisch der Verdacht auf einen gefährlichen Verlauf besteht (z. B. Nervenausfallerscheinungen beim Bandscheibenvorfall), sollte gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz [1] eine bildgebende Diagnostik sofort veranlasst werden. Ansonsten sollte mindestens sechs Wochen abgewartet werden.

Material und Methoden: Auf der Basis von GKV-Routinedaten der Techniker Krankenkasse wurde gemäß GPS [2], [3] analysiert, bei wie vielen Versicherten, die erstmalig von akuten Rückenschmerzen betroffen waren und bei denen kein Hinweis auf einen gefährlichen Verlauf vorlag, eine potentiell nicht indizierte radiologische Bildgebung erfolgte. Mit dem Ziel, tagesgenaue Angaben zum Diagnosedatum verwenden zu können, wurden als Aufgreifkriterium Arbeitsunfähigkeits (AU) - Diagnosen verwendet. Um den Einfluss von Komorbiditäten zu minimieren, wurde auf Versicherte ohne Rückenschmerz verursachenden Krankheiten in der Krankheitsvorgeschichte fokussiert, bei denen es erstmalig (ein diagnosefreies Indexjahr) zu einer AU wegen Rückenschmerzen (ICD-10-GM M54) kam.

Ergebnisse: Ausgehend von 8,6 Millionen Versicherten hatten 721.034 Versicherte im Zeitraum 2009-2012 erstmalig eine AU aufgrund der Diagnose M54. Davon hatten 23.279 (3,2%) vor der Erst-AU weder Rückenschmerzen noch lagen im Krankheitsverlauf Rückenschmerz verursachende Krankheiten (z. B. Bandscheibenprolabs oder Unfallereignis) oder Tumorerkrankungen (als Ursache für Knochenmetastasen) vor. Bei 7.478 Versicherten (32,1%) erfolgte eine radiologische Bildgebung innerhalb von sechs Wochen nach der AU-Erstdiagnose (12, 18 und 24 Wochen: 36,4%, 39,7% und 42,6%).

Diskussion: Bei jedem dritten Versicherten mit erstmalig aufgetretenem akutem, nicht-spezifischem Kreuzschmerz erfolgt eine radiologische Bildgebung, obwohl nach Leitlinienvorgabe ein abwartendes Vorgehen empfohlen wird. Inwieweit ein Teil dieser Diagnostik dennoch gerechtfertigt sein könnte, ist mit den GKV-Routinedaten detailliert zu analysieren.


Literatur

1.
Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz – Langfassung. Version 4. 2010, zuletzt verändert: August 2013. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Available from: http://www.kreuzschmerz.versorgungsleitlinien.de; DOI: 10.6101/AZQ/000149 Externer Link
2.
Swart E, Ihle P, Hrsg. Routinedaten im Gesundheitswesen. Handbuch Sekundärdatenanalyse: Grundlagen, Methoden und Perspektiven. Bern: Hans Huber; 2005
3.
Gute Praxis Sekundärdatenanalyse (GPS), Leitlinien und Empfehlungen, 3. Fassung 2012, herausgegeben von der Arbeitsgruppe Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten (AGENS) der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi)