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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Regulatorische Verankerung zahnärztlicher Forschungsvorhaben am Menschen – eine Lücke in der Musterberufsordnung???

Meeting Abstract

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  • C. Baulig - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Uni-versität Witten/Herdecke, Witten
  • J. Hirsch - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Uni-versität Witten/Herdecke, Witten
  • F. Krummenauer - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Uni-versität Witten/Herdecke, Witten

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 81

doi: 10.3205/14gmds158, urn:nbn:de:0183-14gmds1582

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Baulig et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Jeder Arzt ist durch seine Berufsordnung verpflichtet, sich vor Durchführung eines Forschungsvorhabens durch eine (lokal) zuständige Ethik-Kommission beraten zu lassen. Die grundsätzliche Aufgabe einer Ethik-Kommission ist dabei die Sicherstellung, dass ein Forschungsvorhaben in Übereinstimmung mit ethischen Prinzipien durchgeführt wird. Ethikkommissionen beraten und beurteilen Projekte, welche der epidemiologischen oder klinischen Forschung oder der Versorgungsforschung an und mit Menschen dienen. Oberstes Ziel der Ethik-Kommissionen und ihrer Voten ist es dabei, Rechte, Sicherheit und Wohl sowohl der Patienten bzw. Probanden als auch der Forschenden zu schützen. Gleichzeitig sind diese Kommissionen als „Medizinische Ethik-Kommissionen“ referenziert in der Deklaration von Helsinki und zumeist an (Landes-) Ärztekammern angesiedelt.

Aus Perspektive der Zahnmedizin stellte sich daher die Frage, wie die resultierenden Vorgaben wie die Pflicht zur Beratung durch eine Ethik-Kommission vor Aufnahme von Forschungsvorhaben am zahnärztlichen Patienten referenziert respektive bindend sind.

Material und Methoden: Es erfolgte eine Deutschland-weite Recherche [1], in welcher Form die Ethik-Kommissionen in den Berufsordnungen der Zahnärzte verankert sind, respektive welche weiteren Vorgaben für die Durchführung von zahnärztliche Forschungsvorhaben am Menschen von Relevanz sind.

Ergebnisse: Die durchgeführte Recherche in allen Landesberufsordnungen der Zahnärzte ergab lediglich für das Bundesland Baden-Württemberg [2] einen Verweis, dass vor der Durchführung klinischer Versuche am Menschen, der Prüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten sowie der epidemiologischen Forschung mit personenbezogenen Daten Zahnärzte eine Ethik-Kommission – entweder bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg oder bei einer Universität des Landes – anrufen müssen, um sich ethisch und rechtlich beraten zu lassen. Alle anderen Landesberufsordnungen treffen ebenso wie die Musterberufsordnung der Zahnärzte [3] – im Gegensatz zur Musterberufsordnung der Ärzte [4] – keine Aussage zur Forschung am Menschen. Für Zahnärzte, welche im universitären Umfeld Forschung betreiben, sind darüber hinaus die hochschulrechtlichen Bestimmungen bindend, weshalb jedes Forschungsvorhaben – auch etwa „nur“ die Zusammenfassung von Informationen zu Behandlung oder Behandlungsergebnis ohne individuellen kurativen Anlass – der Vorlagepflicht bei der lokal zuständigen universitären Ethik-Kommission unterliegt.

Grundsätzlich muss sich ferner jedes Forschungsvorhaben am Menschen an den Maßgaben der „Deklaration von Helsinki“ [5] des Weltärztebundes (WMA) orientieren. Mit dieser Deklaration hat der WMA eine Erklärung für ethische Grundsätze der medizinischen Forschung am Menschen, einschließlich der Forschung an identifizierbaren menschlichen Materialien und Daten, entwickelt. Obwohl sich die Deklaration in erster Linie an Ärzte wendet, regt der WMA ausdrücklich andere an der medizinischen Forschung am Menschen Beteiligte an, diese Grundsätze zu übernehmen.

Darüber hinaus verpflichten sämtliche rechtlichen und regulatorischen Vorgaben – Arzneimittelgesetz [6], Medizinproduktegesetz [7] und nicht zuletzt die Verordnung zur Guten Klinischen Praxis – unmittelbar auch den forschenden Zahnarzt zur Anrufung einer lokal zuständigen Ethik-Kommission im Vorfeld eines geplanten Forschungsvorhabens am Menschen. Dies gilt nicht nur für Forschungsprojekte, die mit möglichen Gesundheitsrisiken der Patienten/Probanden einhergehen, sondern auch für die Forschung an menschlichem Körpermaterial (z.B. Blut, Zellen, DNA, Gewebeproben) sowie für die nicht rein kurativ motivierte Zusammenstellung personenbezogener Daten der eigenen Praxis oder Klinik.

Schlussfolgerung: Unabhängig vom Vorliegen bzw. dem Fehlen lokaler berufsrechtlicher Regelungen unterliegt jeder Zahnarzt/jede Zahnärztin bei Forschungsvorhaben am Menschen den gesetzlichen Vorgaben von AMG, MPG, GCP-Verordnung, Transfusionsgesetz sowie Strahlenschutz- und Röntgenverordnung. Zudem setzen die Standards zur „Good Clinical Practice“ (ICH-GCP) (etwa [8]) und allem voran die Deklaration von Helsinki allgemeingültige Maßstäbe.


Literatur

1.
Baulig C, Hirsch J, Krummenauer F. Antragstellung an die Ethik-Kommission Formalismen zum Schutz von Patient und eigener Approbation. Z Zahnrztl Impl. 2013; 29:331-7.
2.
Land Baden-Württemberg. Berufsordnung für Zahnärzte – LZK BW. Available: http://www.lzkbw.de/Patienten/Gesetze_Ordnungen/index.php. [Zugriff am 20.08.2013]. Externer Link
3.
Bundeszahnärztekammer. Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer. Available: http://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/recht/mbo.pdf [Zugriff am 20.08.2013] Externer Link
4.
Bundesärztekammer. Musterberufsordnung für deutsche Ärztinnen und Ärzte. Available: http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/MBO_08_20111.pdf [Zugriff am 20.08.2013]. Externer Link
5.
Weltärztebund. WMA Declaration of Helsinki - Ethical Principles for Medical Research Involving Human Subjects. Available: http://www.wma.net/en/30publications/10policies/b3/index.html [Zugriff am 20.08.2013]. Externer Link
6.
Bundesministerium der Justiz. Gesetze im Internet: Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln, 24.08.1976. Available: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/amg_1976/gesamt.pdf [Zugriff am 20.08.2013] Externer Link
7.
Bundesministerium der Justiz. Gesetze im Internet: Medizinproduktegesetz 02 08 1994. Available: http://www.gesetze-im-internet.de/mpg/ [Zugriff am 20.08.2013] Externer Link
8.
Arbeitsgruppe BPI und VFA. Leitlinie zur guten klinischen Praxis (CPMP/ICH/135/95), 17.01.1997. Available: http://ichgcp.net/pdf/ich-gcp-de.pdf [Zugriff am 20.08.2013] Externer Link