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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Berücksichtigung unterschiedlicher Risikogruppen beim Überlebenszeitvergleich zwischen allogen transplantierten und ausschließlich medikamentös behandelten Patienten in einer Studie zur chronischen myeloischen Leukämie

Meeting Abstract

  • M. Pfirrmann - Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE), Ludwigs-Maximilians-Universität München, München
  • R. Hehlmann - III. Medizinische Klinik Mannheim, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim
  • M. Lauseker - Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE), Ludwigs-Maximilians-Universität München, München
  • J. Hasford - Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie (IBE), Ludwigs-Maximilians-Universität München, München

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 344

doi: 10.3205/14gmds146, urn:nbn:de:0183-14gmds1468

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Pfirrmann et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: In die deutsche Studie IIIA zur chronischen myeloischen Leukämie wurden in einem Stratum Patienten mit Eignung für und Einverständnis zu eine(r) allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) eingeschlossen. Entsprechend der tatsächlichen Verfügbarkeit eines bzgl. des humanen Leukozytenantigens (HLA) passenden Verwandtenspenders wurden die Patienten entweder für die HSZT oder eine fortgesetzte medikamentöse Therapie randomisiert [1]. Der Hauptzielparameter für den Therapievergleich war das Überleben ab Diagnose. In einer post-hoc geplanten Subgruppenanalyse interessierte das Ergebnis des Therapievergleiches innerhalb unterschiedlicher Risikogruppen bzgl. der Transplantation.

Material und Methoden: Um Risikogruppen für das Überleben ab dem Transplantationszeitpunkt zu unterscheiden, wurde der EBMT-Score entwickelt [2]. Der Score setzt sich aus den Variablen „Alter“, „Krankheitsstadium“, „Zeit zwischen Diagnose und Transplantation“, „HLA-Matching“ und „Kombination aus Spendergeschlecht und Empfängergeschlecht“ zusammen und kann ganzzahlige Werte zwischen 0 und 7 annehmen. Je niedriger der Wert, desto höher werden die Überlebenswahrscheinlichkeit eingeschätzt. Heutzutage kommt für Patienten mit einem EBMT-Risikoscore 0 oder 1 eine Transplantation weiterhin in Frage. Allerdings will der Arzt bereits ab Diagnose entscheiden, ob eine Transplantation verfolgt werden sollte oder nicht. Zum Diagnosezeitpunkt sind Alter und Krankheitsstadium bekannt. Laut Score gibt es für Alter <20 keinen Punkt, für Alter zwischen 20 und 40 einen Punkt und ab 40 Jahren 2 Punkte. Mit dem Studieneinschlusskriterium „chronische Phase“ haben alle Patienten bei Diagnose 0 Punkte bei „Krankheitsstadium“. Weiter wurde angenommen, dass man die HSZT innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose realisieren könnte (0 Punkte; nach 1 Jahr: 1 Punkt). Für die tatsächlich transplantierten Patienten wurden die Ergebnisse der Spendersuche übernommen. Ein Spender mit HLA-Matching ergibt 0 Punkte, ein Spender ohne HLA-Matching einen Punkt. Die Kombination „weiblicher Spender, männlicher Empfänger“ ergibt einen, alle anderen Kombinationen 0 Punkte. Die Punkte aller fünf Prognosefaktoren werden addiert. Entsprechend der beobachteten gemeinsamen prozentualen Verteilung aus der beiden Parameter „HLA-Matching“ und „Geschlechterkombination“ innerhalb der tatsächlich Transplantierten wurden für die Nicht-Transplantierten zufällige Werte gezogen, um zu simulieren, welche Ergebnisse zum Spender im Falle einer Transplantation vorgelegen hätten. Diese Simulationen wurden 999mal wiederholt, um die Ergebnisse zur Log-rank-Statistik des Überlebenszeitvergleiches zwischen HSZT und medikamentöser Therapie für die einzelnen Risikogruppen zu untersuchen. Die Analyse erfolgte gemäß Randomisierungsergebnis.

Ergebnisse: Von 166 Patienten, die wegen der Angabe, einen passenden Spender zu haben, für die Transplantation randomisiert wurden, wurden 151 auch tatsächlich transplantiert. Entgegen der Angaben war in manchen Fällen doch keine Transplantation mit einem Verwandtenspender mit HLA-Matching möglich. Für die 15 übrigen der 166 Patienten und die 261 ohne Vorliegen eines Verwandtenspenders mit HLA-Matching wurden entsprechend obigem Vorgehen Spenderdaten simuliert. Der mediane P-Wert war für keine der resultierenden Risikogruppen signifikant.

Diskussion: Mit dem gewählten Vorgehen sollte eine Möglichkeit aufgezeigt werden, bereits zum Diagnosezeitpunkt eine vom mutmaßlichen Transplantationsrisiko abhängige Therapieentscheidung zu treffen. Zugleich sollte bei Betrachtung der vorliegenden Daten ein Bias wegen der Zeit zwischen Diagnose und Transplantation vermieden werden. Dazu wurde das Überleben aller Patienten bereits ab Diagnose berechnet und der Therapievergleich gemäß Randomisierungsergebnis vorgenommen. So wurden Patienten, für die eine HSZT vorgesehen war, die aber zuvor verstarben, für den HSZT-Arm gewertet. Mit dem zur Diagnose berechneten Score wurde der reale Entscheidungszeitpunkt des Arztes abgebildet. Das Risiko, bei Transplantation einen ungünstigeren EBMT-Score zu haben, wurde durch die Wahl, Überlebenswahrscheinlichkeiten nach dem EBMT-Score zum Diagnosezeitpunkt zu unterscheiden, berücksichtigt. Ein statistisch signifikanter Überlebensvorteil konnte innerhalb der Risikogruppen für keinen der Therapieansätze identifiziert werden – was allerdings auch geringer Power innerhalb der Gruppen geschuldet gewesen sein könnte. Jüngst wurde gezeigt, dass innerhalb der deutschen Studien CML III [1] und IIIA die Risikofaktoren des EBMT-Scores durchaus sehr unterschiedlichen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeiten besitzen [3]. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse werden weitete Analysen vorgenommen.


Literatur

1.
Hehlmann R, Berger U, Pfirrmann M, Heimpel H, Hochhaus A, Hasford J et al. Drug treatment is superior to allografting as first-line therapy in chronic myeloid leukemia. Blood. 2007;109(11):4686-92.
2.
Gratwohl A, Hermans J, Goldman JM, Arcese W, Carreras E, Devergie A et al. Risk assessment for patients with chronic myeloid leukaemia before allogeneic blood or marrow transplantation. Chronic Leukemia Working Party of the European Group for Blood and Marrow Transplantation. Lancet. 1998;352(9134):1087-92.
3.
Pfirrmann M, Saussele S, Hochhaus A, Reiter A, Berger U, Hossfeld DK, Nerl C, Scheid C, Spiekermann K, Mayer J, Hellmann A, Lechner K, Falge C, Sayer HG, Bunjes D, Ganser A, Beelen DW, Baldomero H, Schanz U, Heimpel H, Kolb HJ, Hasford J, Gratwohl A, Hehlmann R; Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Forschung (SAKK) and the German CML Study Group. Explaining survival differences between two consecutive studies with allogeneic stem cell transplantation in patients with chronic myeloid leukemia. J Cancer Res Clin Oncol. 2014 Aug;140(8):1367-81. DOI: 10.1007/s00432-014-1662-y Externer Link