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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

QM-ROCT: Erweiterung des Bilddatenmanagementsystems XNAT zur cloudbasierten Qualitätsbestimmung von retinalen optischen Kohärenztomographien

Meeting Abstract

  • D. Krefting - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Berlin
  • M. Beier - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Berlin
  • C. Jansen - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Berlin
  • F. Haußer - Hochschule für Technik Berlin, Berlin
  • I. Beckers - Hochschule für Technik Berlin, Berlin
  • A. Brandt - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • J. Wu - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 208

doi: 10.3205/14gmds096, urn:nbn:de:0183-14gmds0964

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Krefting et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Die Optische Kohärenztomographie (OCT) zählt zu den nicht-invasiven Bildgebungsverfahren und ermöglicht tomographische Gewebeaufnahmen in Echtzeit. Durch diese Eigenschaften gewinnt OCT in vielen Bereichen der medizinischen und technischen Analyse immer mehr an Bedeutung. Mit der verwendeten nahen Infrarotstrahlung wird eine Eindringtiefe von bis zu 3 mm in Gewebe bei einem gleichzeitig hohen lateralen und axialen theoretischen Auflösungsvermögen von bis zu 1 µm erzielt. In der medizinischen Forschung und Praxis wird insbesondere die retinale OCT eingesetzt, also die Aufnahme der Netzhaut im menschlichen Auge. Jedoch führen technische Bildfehler, Bewegungen des Objektes und Aufnahmefehler der Operatoren zu einer Reduzierung der Auflösung und zu einem hohen Hintergrundrauschen [1]. Deshalb muss zurzeit eine nachträgliche Einschätzung der Verwendbarkeit der Aufnahmen durch geeignetes Fachpersonal erfolgen. Dies ist zum einen bei zunehmendem Datenvolumen nur mit hohem personellem Aufwand möglich, zum anderen können die Qualitätskriterien für unterschiedliche Analyseverfahren unterschiedlich sein. Deshalb wird im Rahmen des Forschungsprojektes QM-ROCT ein Datenmanagementsystem für OCT-Aufnahmen entwickelt, das Qualitätsmerkmale automatisiert bestimmt und verwaltet. Besondere Anforderungen sind dabei das dynamische Einbinden neuer Qualitätsbestimmungsverfahren in die Plattform und die effiziente Bildverarbeitung auch bei hohem Datenaufkommen. Dabei bieten cloudbasierte Rechenressourcen Vorteile. Zum einen skalieren sie und können dadurch Lastspitzen abfangen, z.B. in der Datenakquisephase einer Studie. Zum anderen können virtuellen Maschinen auch Sicherheitsmaßnahmen unterstützen: Mit der Beendigung einer VM werden auch die darin für die Analyse zwischengespeicherten Daten komplett gelöscht. Zum anderen schützt die Softwareausführung innerhalb einer VM auch das System, da bei Softwarefehlern nur die VM, nicht jedoch das Gesamtsystem betroffen ist.

Material und Methoden: Das System nutzt ausschließlich freie und quelloffene Softwarekomponenten. Zur Archivierung und Verwaltung der Bilddaten und Qualitätsmerkmale wird das Bilddatenmanagementsystem XNAT eingesetzt [2]. XNAT erweitert das klassische PACS um Funktionen für die standortübergreifende bildbasierte Forschung. Dazu gehört neben einer projektbasierten Datenverwaltung und einem feingranularen rollenbasierten Rechtemanagement auch eine sogenannte Pipeline-Engine, die eine automatisierte, schrittweise Ausführung von Prozessen erlaubt. Beim Import der Bilder werden ausgewählte Metadaten in die XNAT-Datenverwaltung importiert, die anschließend beliebig erweitert werden können.

Die Verwaltung der QS-Algorithmen erfolgt in einer selbstentwickelten, webbasierten Komponente, dem Code- und Job-Manager (CJM). Algorithmen können hochgeladen, für die VMs kompiliert und auf diesen mit Testdaten ausgeführt werden. Die Algorithmen werden im Hintergrund durch das Versionskontrollsystem Git archiviert.

Die Ausführung der Bildanalysen erfolgt in einer IaaS-Cloud (Infrastructure as a Service). Die Cloudinfrastruktur nutzt das freie Cloudbetriebssystem OpenStack [3]. Explizit als Mehrnutzer-System ausgelegt, bietet es eine projektspezifische Verwaltung von Ressourcenzuweisungen (Quotas), virtuellen Maschinen, Festplattenspeicher und Netzwerken.

Das entwickelte System hat eine service-orientierte Architektur; alle Komponenten sind lose gekoppelt und können neben einer graphischen Nutzerschnittstelle auch automatisiert über ihr REST-Interface angesprochen werden. Bis auf die Kommunikation innerhalb des privaten Netzwerks der Cloudinfrastruktur, in die auch der CJM-Server eingebunden ist, sind alle Kommunikationswege transportverschlüsselt (https und ssh). Die Rechenknoten selber sind nicht von außen erreichbar, können aber den Datentransfer von und zum XNAT-Server initiieren.

Ergebnisse: Das prototypisch implementierte System ermöglicht den Neurowissenschaftlern, neue Bilder in XNAT hochzuladen und mit den bereits ins System integrierten QS-Verfahren zu analysieren. Die Bildauswahl erfolgt dabei zurzeit noch manuell, der Datentransfer, die Analyse mit neuen oder aktualisierten Algorithmen sowie der Transfer der Ergebnisdaten (Qualitätsindikatoren und Übersichtsbilder) erfolgt automatisiert. Die XNAT-Pipeline sendet eine Jobanfrage an den CJM-Server, der als Gateway zwischen XNAT und der Cloud fungiert. Der CJM startet eine virtuelle Maschine von einem Image, auf dem die aktuellen Algorithmen sowie ein Webservice zur Jobausführung installiert sind. Sobald die VM gestartet und über das interne Netzwerk erreichbar ist, sendet der CJM den Jobrequest an die VM. Diese lädt sich die Eingangsdaten herunter, führt die Analysealgorithmen aus und sendet die Ergebnisse zurück an XNAT. Diese werden dort unter einem eigenen Datentyp (qualityIndicator) gespeichert und sind dann mit den üblichen XNAT-Methoden erreichbar. Derzeit bietet das System die Bestimmung des Signal-Rausch-Verhältnisses, sowie der Anteil von auswertbaren Pixeln in vordefinierten „Regions of Interest“ (ROI).

Auf der anderen Seite können Algorithmenentwickler über die Nutzerschnittstelle neue Algorithmen hochladen und testen. Zurzeit werden in Matlab geschriebene Verfahren unterstützt. Diese werden automatisch nach dem Upload für das Zielsystem (Linux 64-bit) kompiliert. Mit Beispielbildern können die Verfahren getestet werden. Dies wird ebenfalls in einer virtuellen Maschine durchgeführt, um Störungen des Gesamtsystems durch instabilen Code zu verhindern. Erst wenn der Entwickler das neue Verfahren freigibt, wird es in die Algorithmenverwaltung aufgenommen. Handelt es sich um eine neue Version eines bereits integrierten Verfahrens, so wird die bisherige Version archiviert und durch die neue Version ersetzt. Auch die mit verschiedenen Versionen erzielten Ergebnisse werden versioniert, um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Diskussion: Die in diesem Artikel beschriebene IT-Infrastruktur ermöglicht die automatisierte Qualitätsanalyse retinaler OCT-Aufnahmen in der medizinischen Forschung. Dabei wird die Qualitätsanalyse in die bereits von den Forschern genutzte Plattform zur Verwaltung der Studiendaten und damit in den täglichen Arbeitsablauf integriert. Die Ausführung der cloudbasierten Analyse ist lose mit dem XNAT-System über die Pipeline-Schnittstelle gekoppelt. Dies ermöglicht sowohl den Entwicklern als auch den Forschern die Möglichkeit, das QS-System kontinuierlich um neue Bilder und neue Algorithmen zu erweitern. Das System ist als voll funktionsfähiger Prototyp mit anonymisierten Beispieldaten implementiert. Performancetests zeigen, dass der Start einer VM in der Infrastruktur zurzeit mehrere Minuten dauert, so dass die Mehrfachnutzung von VMs zumindest für schnelle Verfahren vermutlich performanter ist. Deshalb wird zurzeit die Nutzung eines Workflowmanagementsystems zum Scheduling und zur Fehlerbehandlung untersucht. Das System ist derzeit für die institutionsinterne Nutzung ausgelegt, die institutionsübegreifende Nutzung erfordert voraussichtlich über die zur Zeit eingesetzte passwortbasierte Authentisierung, Autorisierung und Identifizierung hinausgehende Methoden, wie z.B. den Einsatz von Clientzertifikaten [4]; sowie eine mehrstufige Pseudonymisierung der Bilddaten [5].

Die entwickelte Architektur ist nicht auf die QS-Bestimmung von OCT-Aufnahmen beschränkt, sondern kann für beliebige Analyseverfahren von in XNAT verwalteten Daten genutzt werden. So wird momentan die Analyse von Biosignaldaten aus der Schlafmedizin über eine eigene XNAT-Instanz, aber auf der gleichen Cloudinfrastruktur durchgeführt.


Literatur

1.
Tewarie P, Balk L, Costello F, Green A, Martin R, Schippling S, Petzold A. The OSCAR-IB consensus criteria for retinal OCT quality assessment. PLoS ONE. 2012 Apr;7(4):e34823. DOI: 10.1371/journal.pone.0034823 Externer Link
2.
Marcus DS, Olsen TR, Ramaratnam M, Buckner RL. The extensible neuroimaging archive toolkit. Neuroinformatics. 2007;5(1):11-33.
3.
Openstack.org [Internet]. Verfügbar unter: http://www.openstack.org/ [besucht am 31.3.2014] Externer Link
4.
Sax U, Mohammend Y, Rienhoff O. Grid-Computing in der biomedizinischen Forschung. Datenschutz und Datensicherheit. Urban und Vogel; 2007.
5.
Krefting D, Wu J, Hoheisel A, Siewert R, Sebert M, Canisius S, Drepper J. A generic data protection concept for distributed medical image and biosignal processing. HealthGrid 2011, Bristol. S. 10.