gms | German Medical Science

GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Kamerabasierte Photoplethysmographie mittels Kinect

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • L. Tetzlaff - Fachhochschule Brandenburg

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 347

doi: 10.3205/14gmds093, urn:nbn:de:0183-14gmds0935

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Tetzlaff.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Kontaktfreie Diagnoseverfahren gewinnen durch die einfache und schmerzfreie Anwendung am Patienten zunehmend an Bedeutung. Durch die enge Verbindung der Haut zum Gefäßsystem kann durch die Photoplethysmographie (PPG) der Puls bestimmt werden. Das Grundprinzip besteht darin, dass Licht auf die Haut eingestrahlt wird und die zurückgestrahlte Lichtintensität gemessen wird. Je mehr Blut im Untersuchungsabschnitt ist, desto weniger Licht wird reflektiert, da es absorbiert wird. Durch die kamerabasierte PPG ist es möglich den Puls durch Videoaufnahmen des menschlichen Gesichtes bei natürlichem Licht zu ermitteln [1], [2]. Ermöglicht wird dies durch die Absorptionsmaxima des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin im grünen Wellenlängenbereich. Das Pulssignal ist dadurch im grünen Kanal eines RGB-Farbbildes (rot, grün und blau) zu erkennen. Ziel ist es einen Algorithmus zu entwickeln, welcher den Puls exakt ermitteln kann. Verschiedene Aspekte, welche Einfluss auf eine korrekte Pulsbestimmung haben könnten, mussten dafür vorher untersucht werden. Dabei wurden zum einen unterschiedliche Gesichtsregionen (gesamtes Gesicht, Stirn- und Wangenbereich) miteinander verglichen und zum anderen wurden Probanden mit unterschiedlichen Hauttypen in dem Versuch einbezogen. Um den Puls zu bestimmen, wurden verschiedene Verfahren zur Pulsberechnung getestet. Für eine genaue Beurteilung der Ergebnisse müssen die ermittelten Pulsberechnungen mit den Werten eines Blutvolumenpuls-Sensors (BVP), welcher als Gold-Standard dient, verglichen werden.

Material und Methoden: In dem konzipierten Versuchsaufbau fiel natürliches Licht von vorne auf die Probanden ein. Insgesamt wurden mit elf Versuchspersonen die Aufnahmen durchgeführt. Davon waren acht Probanden hellhäutig und drei dunkelhäutig. Die Videos wurden mit der RGB-Kamera der Mircosoft Kinect aufgezeichnet. Mit MATLAB®2013b ist es möglich Aufnahmen mit der Kinect direkt unter Simulink® durchzuführen. Die Videos wurden im AVI-Format mit einer Abtastfrequenz von 30 Hz und einer Auflösung von 640x480 abgespeichert. Synchron zu den Videoaufnahmen würde der Puls an der nichtdominaten Hand mit dem BVP-Sensor von bioPlux abgeleitet. Das bioPlux besitzt 8-Kanäle mit denen es möglich ist, verschiedene Biosignale aufzuzeichnen. Das Gerät hat einen 12-Bit Analog-Digital-Wandler und eine Abtastrate von 1000 Hz. Zur zusätzlichen Überprüfung wurde bei einigen Probanden neben dem BVP-Sensor auch ein Elektrokardiogramm (EKG) mit dem bioPlux abgeleitet. So konnte sichergestellt werden, dass der Sensor exakte Ergebnisse liefert. Die Aufnahmedauer betrug für jeden Probanden jeweils 30 Sekunden. Die Auswertung erfolgte anschließend mit MATLAB®2013b. Für jede Videoaufnahme wurde das Gesicht des Probanden detektiert und ausgeschnitten. Anschließend wurde durch die Gesichtsdetektion der Stirn- und Wangenbereich extrahiert. Für die detektierten Bereiche wurden zuerst die RGB-Kanäle separiert und anschließend erfolgte für jeden einzelnen Kanal die Mittelung über alle Pixel für jedes Einzelbild des Videos. In den entstandenen Signalen könnte im grünen Kanal ein Pulssignal ermittelt werden, welches im Weiteren für die Berechnung des Pulses ausschließlich betrachtet worden ist. Für die weitere Verarbeitung wurde das Signal zuerst normalisiert und mit einem Bandpass gefiltert. Die relevanten Bereiche des Pulssignals liegen zwischen 20 bpm und 240 bpm (beats per minute). In Hertz umgerechnet entspricht dies einem Hochpass von 0.33 Hz und einem Tiefpass von 4 Hz. Die untere Frequenz entfernt aus dem Signal Bewegungs- und Atmungsartefakte. Die obere Frequenz beseitigt das Flackern im Umgebungslicht. Der Puls wurde zum einen über die Detektion der Peaks und zum anderen über die schnelle Fourier-Transformation (FFT) berechnet. Bei der Peak Detektion werden die lokalen Maxima des Pulssignales detektiert. Aus der Anzahl der detektierten Peaks in dem Zeitintervall von 30 Sekunden wurde der Puls berechnet. Mittels der FFT wird der Puls bestimmt, indem die markante Frequenz im Amplitudenspektrum detektiert wird. Diese ist durch einen eindeutigen Peak zu erkennen. Dabei muss die Frequenz von Hz in Schläge pro Minute (bpm) umgerechnet werden.

Ergebnisse: Das bioPlux lieferte sowohl für den BVP-Sensor als auch für das EKG identische Ergebnisse. Dadurch konnte der BVP-Sensor als Referenzsignal genutzt werden. Für alle Probanden konnten mit beiden Berechnungsverfahren Pulswerte ermittelt werden. Bei den dunkelhäutigen Probanden lieferte die FFT im Vergleich mit dem BVP-Sensor die genaueren Ergebnisse, da die Pulskurve für die Peak Detektion durch Artefakte gestört war. Bei den hellhäutigen Probanden lieferten sowohl Peak Detektion als auch die FFT korrekte Ergebnisse. Für die unterschiedlichen Regionen im Gesicht konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Bei der Pulsberechnung lieferten sowohl Gesicht als auch der Wangenbereich identische Pulswerte und im Stirnbereich traten minimale Unterschiede auf. Insgesamt wurden bei der Peak Detektion fünf von elf und bei der FFT sieben von elf Übereinstimmungen ermittelt.

Diskussion: Mit dem entstanden Algorithmus ist es möglich den Puls aus Videoaufnahmen des Gesichtes zu bestimmen. Für eine korrekte Bestimmung des Pulses müssen gute Lichtverhältnisse vorherrschen. Dabei sollte das Licht den Probanden gleichmäßig von vorn beleuchten. Durch verschiedene Tageszeiten entstanden bei den Videoaufnahmen unterschiedliche Lichtverhältnisse, welches Einfluss auf die exakte Berechnung des Pulses hatte. In weiteren Untersuchungen sollte dieser Einfluss überprüft werden, um genauere Aussagen zu den notwendigen Lichtverhältnissen treffen zu können. In dem entstandenen Algorithmus können derzeit Bewegungsartefakte nicht berücksichtigt werden. Während der Aufzeichnung muss der Proband ruhig sitzen, um die Berechnung falscher Werte zu vermeiden. Um solche Fehlmessungen zu verhindern, muss der Algorithmus weiterentwickelt und verbessert werden. Mit dem Versuch konnte festgestellt werden, dass die FFT für die Bestimmung des Pulses besser geeignet ist als die Detektion der Peaks. Die Peak Detektion setzt ein starkes und hochamplitudiges Pulssignal voraus um einen korrekten Pulswert berechnen zu können. Die FFT konnte auch bei einem niedrigamplitudigen Pulssignal einen akzeptablen Puls ermitteln. Mit der FFT wäre die Bestimmung des Pulses sogar in wenigen Sekunden möglich, was Grundlage für eine Echtzeitanwendung sein könnte. Neben der Kinect könnten auch andere Videoaufnahmegeräte eingesetzt werden. Mit einer Webcam oder einem Smartphone wäre die Bestimmung des Pulses ebenfalls möglich und würde dadurch verschiedene Einsatzmöglichkeiten ergeben. Für die Weiterentwicklung des Algorithmus sind zukünftig, neben der Bestimmung des Pulses, auch die Berechnung der Atemfrequenz und Sauerstoffsättigung geplant.


Literatur

1.
Verkruysse W, Svaasand LO, Nelson JS. Remote plethysmographic imaging using ambient light. Opt Express. 2008 Dec 22;16(26):21434-45.
2.
Poh MZ, McDuff DJ, Picard RW. Non-contact, automated cardiac pulse measurements using video imaging and blind source separation. Opt Express. 2010 May 10;18(10):10762-74. DOI: 10.1364/OE.18.010762 Externer Link