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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Entwicklung einer lungenarealspezifischen Bestimmung des Atemflusses unter CPAP- und BiPAP-Beatmung

Meeting Abstract

  • F. Schudt - Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen; Kompetenzzentrum für Informationstechnologie KITE
  • O. Catikkaya - Klinikum Wetzlar, Wetzlar
  • L. Mursina - Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen; Kompetenzzentrum für Informationstechnologie KITE
  • A. Weissflog - ThoraTech GmbH, Gießen
  • U. Koehler - Philipps Universität Marburg, Marburg
  • V. Groß - Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen
  • K. Sohrabi - Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen; Kompetenzzentrum für Informationstechnologie KITE

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 181

doi: 10.3205/14gmds090, urn:nbn:de:0183-14gmds0906

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Schudt et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Der Atemfluss ist ein guter Indikator für schlafbezogene Atmungsstörungen, weshalb die kontinuierliche Messung vor allem in der Schlafmedizin eine wichtige Rolle spielt. Ein häufig angewendetes Verfahren zur Flussbestimmung erfolgt über einen Pneumotachographen, der präzise Messwerte liefert. Dieser ist jedoch bedingt durch seine Form und Größe in der Praxis insbesondere bei Langzeitmessungen am Patienten recht unbequem und schränkt diesen in seinem natürlichen Schlafverhalten ein. Einige Forschungsgruppen haben sich deshalb mit weiteren Möglichkeiten und alternativen Verfahren der Atemflussbestimmung beschäftigt und haben mittels der akustischen Bestimmung anhand der Atemgeräusche gute Ergebnisse erzielt [1], [2]. Hierbei wurden die trachealen Atemgeräusche herangezogen und es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen den gemessenen Geräuschen und dem Atemfluss. Auch unsere Arbeitsgruppe hat sich bereits mit diesem Thema beschäftigt und erzielte mit hoher Signifikanz Korrelationen zwischen dem simultan detektierten Atemfluss mittels Pneumotachographie und aus dem trachealen Atemgeräusch berechneten Atemfluss [3]. Diese Ergebnisse motivierten uns dazu, die entwickelte Methode auch unter nicht-invasiver Beatmung, CPAP- (Continuous Positive Airway Pressure) und BiPAP- (Bi-Level Positive Airway Pressure) Beatmung, zu untersuchen.

Im Rahmen der vorliegenden Studie soll das bisherige Verfahren modifiziert werden, wodurch unter nicht-invasiver Beatmung eine lokale und lungenarealspezifische Bestimmung der Atemflüsse gewährleistet werden kann. Somit haben wir uns entschlossen, unseren Berechnungsalgorithmus nicht wie bisher am trachealen, sondern am normalen Atemgeräusch, welches direkt über den Lungen aufgezeichnet wurde, anzuwenden.

Material und Methoden: Die Messungen wurden an 15 männlichen und 5 weiblichen lungengesunden Probanden durchgeführt. Die Atemgeräusche wurden mit einem Geräuschsensor, der auf dem Rücken der Probanden auf Höhe der jeweiligen Lungenhälfte geklebt wurde, aufgezeichnet. Die Messstelle wurde zunächst auskultiert, um eine optimale Position zu gewährleisten.

Als Referenzmethode wurde zusätzlich ein Pneumotachograph als Standardmessverfahren verwendet. Hierfür wurde der Pneumotachograph patientennah zwischen der Fullface-Maske und dem Beatmungsschlauch des Beatmungsgeräts integriert. Die Aufzeichnungen erfolgten in liegender Position zunächst für fünf Minuten unter CPAP-Beatmung (Druck:10 cm H2O) und anschließend für weitere fünf Minuten unter BiPAP-Beatmung (Druck Inspiration: 10 cm H2O, Druck Exspiration: 6 cm H2O). Die Vergleichbarkeit der Methoden wurde dadurch ermittelt, in dem der berechnete Atemfluss mit der simultan aufgezeichneten Spirometrie statistisch bewertet wurde. Diese Auswertung erfolgte hierbei über eine Korrelationsanalyse.

Ergebnisse: Mit Modifikation des Algorithmus im Berechnungsverfahren konnte sowohl unter CPAP- als auch unter BiPAP-Beatmung der Atemfluss detektiert werden. In dieser einführenden Untersuchung wurden die berechneten und gemessenen Atemflusskurven qualitativ miteinander verglichen. Für die statistische Auswertung wurden die Pearson Korrela-tionskoeffizienten separat für beide Beatmungsmodi berechnet. Zur Bestimmung der mittleren Koeffizienten wurden alle berechneten Werte Z-transformiert, über das gesamte Probandenkollektiv gemittelt und anschließend wieder rücktransformiert. Für beide Beatmungsmodi ergaben sich im Mittel Korrelationskoeffizienten von 0,88 (CPAP) und 0,91 (BiPAP), mit p-Werten stets <0,01. Bei der getrennten Betrachtung von In- und Exspiration zeigten sich niedrigere Koeffizienten bei der Ausatmung.

Diskussion: In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass durch unser Berechnungsverfahren anhand des normalen Atemgeräuschs die Atemflussstärke auch unter CPAP- und BiPAP-Beatmung generell detektiert und über den Zeitverlauf dargestellt werden kann. Die Korrelationskoeffizienten zeigten sowohl unter CPAP- als auch unter BiPAP-Beatmung einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen und dem berechneten Atemfluss. Die Koeffizienten der Exspiration waren insbesondere unter der CPAP-Beatmung geringer als die der Inspiration. Da die exspiratorischen Atemgeräusche generell leiser sind [4], könnte dies hierfür ein Grund sein. Der kontinuierliche CPAP-Druck verstärkt diesen Effekt und schwächt das Atemgeräusch zusätzlich, was wiederum die Flussberechnung beeinflusst. In weiteren Studien wollen wir diesen Einfluss durch eine bessere Signalvorverarbeitung reduzieren. Ebenfalls gilt es zu untersuchen, inwieweit eine quantitative Bestimmung des Atemflusses anhand der normalen Atemgeräusche möglich ist.

Insgesamt eröffnen diese Ergebnisse potentielle Anwendungsgebiete für die Langzeit-Atemflussbestimmung auch beatmeter Patienten.

Das Verfahren ermöglicht erstmalig eine auf die Lungenareale spezifische Bestimmung der Atemflüsse. Dies könnte perspektivisch im klinischen Umfeld bei der Überwachung von Intensivpatienten als Langzeit-Monitoring-Verfahren eingesetzt werden.


Literatur

1.
Soufflet G, Charbonneau G, Polit M, Attal P, Denjean A, Escourrou P, Gaultier C. Interaction between tracheal sound and flow rate: a comparison of some different flow evaluations from lung sounds. IEEE Trans Biomed Eng. 1990;37(4):384-91.
2.
Hossain I, Moussavi Z. Relationship between airflow and normal lung sounds. IEEE Proceedings. IEEE Canadian Conference on Electrical & Computer Engineering 2002. p. 1120-2.
3.
Sohrabi K, Basu D, Schudt F, Scholtes M, Balzer B, Hildebrandt O, Gross V. Bestimmung der Atemstromstärke mithilfe des ThorAKUSTIK-Verfahrens bei Mund- und Nasenatmung. Pneumologie. 2012;66(11):669–73.
4.
Gavriely N, Cugell DW. Airflow effects on amplitude and spectral content of normal breath sounds. J Appl Physiol. 1996;80(1):5–13.