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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Medizinische Prozessunterstützung durch Smart Wearables

Meeting Abstract

  • S. Jonas - Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
  • A. Hannig - Uniklinik RWTH Aachen, Aachen
  • C. Spreckelsen - Institut für Medizinische Informatik, RWTH Aachen, Aachen
  • T. Deserno - RWTH Aachen, Institut für Mediznische Informatik, Aachen

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 339

doi: 10.3205/14gmds027, urn:nbn:de:0183-14gmds0272

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Jonas et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung: Behandlungsprozesse in Kliniken sind komplex und dadurch fehleranfällig. Laut AOK Krankenhausreport sind Behandlungsfehler die Ursache für 19.000 Tote im Jahr, fast 6-mal mehr als im Straßenverkehr [1]. Große Probleme sind Krankenhaushygiene und Medikation. Gleichzeitig wird geschätzt, dass jede zweite Leistungsabrechnung durch Krankenhäuser fehlerhaft ist und so ein volkswirtschaftlicher Gesamtschaden von rund 2 Milliarden Euro jährlich alleine in Deutschland entsteht [2].

Basierend auf Vorarbeiten zu Smart Wearables [3] stellen wir in diesem Beitrag ein System vor, um Behandlungsqualität, Abrechnung und Dokumentation von Arbeitsabläufen gleichzeitig zu verbessern.

Material und Methoden: Zur Umsetzung von automatischer Qualitätssicherung und Dokumentation werden Smart Wearables eingesetzt, die nächste Evolutionsstufe nach den Smartphones. Smart Wearables nennt man direkt am Körper getragene Geräte, die mit Sensorik, Konnektivität und Ausgabemodalitäten versehen sind [4]. Um eine Prozessunterstützung zu gewährleisten, muss eine Aktionserkennung die Tätigkeit und den Kontext erkennen. In dem hier vorgeschlagenen System wird der Kontext durch Radio-Frequency Identification (RFID)-Chips und Kamerasensoren (beispielsweise die der intelligenten Brille Google Glass oder der Smartwatch Galaxy Gear von Samsung) erkannt. Letztere können als Barcodescanner für Patienten- und Medikamentendaten eingesetzt werden, während RFID-Chips zur Lokalisierung benutzt werden können [5]. Zusätzlich sollen durchgeführte Tätigkeiten anhand der Muskelbewegungen durch spezielle Sensoren (wie Myo von Thalmic) erkannt werden. Anhand der durchgeführten Tätigkeit in einem Kontext kann dann die entsprechende Aktion gefolgert werden. Erkannte Aktionen können durch eine Ontologie auf Plausibilität geprüft werden. So kann eine Fehlmedikamentation oder ein Hygienefehler wie unterlassenes Händewaschen in Echtzeit erkannt und ein Feedback an die ausführende Pflegekraft gesendet werden. Zeitgleich erfolgt ein automatischer Eintrag in eine Dokumentationsdatenbank. Anhand der Dokumentation kann im Folgenden eine transparente Abrechnung der Krankenhausleistungen gegenüber den Krankenkassen erfolgen.

Wir zeigen das Systemkonzept anhand einer einfachen Beispielapplikation, der Medikation in der stationären Pflege. Die Stationsschwester stellt die patientenspezifische Medikation zusammen, indem Sie auf die Krankenakte des Patienten zurückgreift. Diese ist durch einen Marker eindeutig gekennzeichnet; das System erkennt den Kontext. Google Glas erkennt den Barcode auf der Tablettenpackung und vergleicht die hierüber automatisch ermittelte Wirkstoffkombination mit der Fallakte des Patienten. Im Falle einer Unstimmigkeit wird ein rotes Ampelsignal in der Brille dargestellt, ist das Medikament gemäß der Verschreibung wird dies mit grünem Signal bestätigt.

Ergebnisse und Diskussion: Das hier vorgestellte System zur Unterstützung von Prozessen kann den klinischen Alltag in dreifacher Hinsicht verbessern:

1.
Qualitätssicherung durch Fehlerdetektion und entsprechender Warnung während der Ausführung von klinischen Prozessen, wie der Einhaltung von Hygienemaßnahmen,
2.
Entlastung des Gesundheitspersonals durch automatische Dokumentation, und
3.
transparente Leistungsabrechnung durch Echtzeiterfassung der ausgeführten Tätigkeiten.

Dabei werden zu keiner Zeit patientenspezifische medizinische Informationen zwischen dem Smart Wearable und dem Krankenhausinformationssystem übertragen.

Weiterhin stellt unser System einen generellen Ansatz zur Prozessunterstützung im klinischen, industriellen und häuslichen Alltag dar, der z.B. im Ambient Assisted Living (AAL) direkt einsetzbar ist.


Literatur

1.
Jürgen K, Max G, Jörg F, Jürgen W. Krankenhaus-Report 2014: Schwerpunkt Patientensicherheit. Schattauer Verlag; 2014. S. 530.
2.
Pressestelle GKV. Faktenblatt Abrechnungsprüfung in Krankenhäusern. 2013.
3.
Jonas S, Hannig A, Spreckelsen C, Thomas TM. Wearable technology as a booster of clinical care. Proc SPIE Med Img 2014 Jan; San Diego, CA, USA.
4.
McCann J, Bryson D. Smart clothes and wearable technology. Elsevier; 2009. p. 483.
5.
Takebe Y, Kanai-Pak M, Kuwahara N, Maeda J, Hirata M, Kitajima Y, et al. Recognition of nursing activity with accelerometers and RFID. Kybernetes. 2013;42(7):1059–71.