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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Notfalldatensätze im Vergleich

Meeting Abstract

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  • P. Neuhaus - Universität Münster, Münster
  • M. Dugas - Universität Münster, Münster

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 330

doi: 10.3205/14gmds009, urn:nbn:de:0183-14gmds0099

Veröffentlicht: 4. September 2014

© 2014 Neuhaus et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Im medizinischen Notfall sind die Rettungskräfte häufig auf Informationen des Patienten angewiesen, was häufig problematisch ist. Es gibt schon seit längerem entsprechende Armbänder für Allergiker. Seit Neuerem erscheinen aber auch von einigen Herstellern Notfalldatensätze in Form von ausfüllbaren Ausweisen im Scheckkartenformat, Speicherkarten, USB-Sticks mit einer kleinen Datenbanksoftware oder Applikationen für Smartphones, die eine breitere Verteilung in der Bevölkerung anstreben. In dieser Auswertung sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den zugrundeliegenden Informationen, d.h. der Notfalldatensätze, aufgezeigt werden.

Material und Methoden: Für die Auswertung wurde eine Internetrecherche durchgeführt, um Notfallausweise und Applikationen für Android-Smartphone zu identifizieren. Insgesamt wurden drei Ausweise für die Geldbörse, acht Gratis-Applikationen für Smartphones und ein früherer Prototyp des Notfalldatensatzes der elektronischen Gesundheitskarte genutzt. Bei den Smartphone-Applikationen wurden nur Applikationen ausgewählt, die kostenlos im App-Store von Android verfügbar sind. Untersucht wurden im einzelnen die Smartphone-Applikationen Emergencies [1], Emergency Backpack [2], Emergency Case [3], Emergency ID Australia [4], ICE Emergency Contact [5], ICE Emergency Information [6], ICE in case of emergency [7] und in case of emergency [8]. Andere untersuchte Datensätze sind die Notfallkarte der VDK [9], die Notfallkarte zum Ausdrucken von Microsoft HealthVault [10], die USB-Notfallkarte SOS eCard [11] und der Prototyp des Notfalldatensatzes der elektronischen Gesundheitskarte (Version 2.3.4) [12], der in einer Proberegion gestestet wurde. Alle Datensätze wurden ausgewertet und mit den wichtigsten Variablen in das CDISC-ODM-Format transferiert und mit UMLS-Codes versehen. Anschließend wurden die Datensätze automatisch mit dem compareODM-toolkit [13] verglichen und ausgewertet.

Ergebnis: Daten wie der Name der Patienten oder Allergien werden in nahezu allen untersuchten Datensätzen unterstützt. Auch die aktuelle Medikation oder die Möglichkeit einen „Notfallkontakt“ anzulegen, besteht bei allen bis auf einem Datensatz. Die Blutgruppe kann auch bei allen Datensätzen außer bei der der VDK Notfallkarte und der eGK-Testkarte hinterlegt werden. Informationen zur Krankenversicherung lassen sich nur bei sechs der Datensätze hinterlegen, auf der eGk sind diese auch hinterlegt, allerdings nicht Teil der Anwendung Notfalldatensatz. Die Möglichkeit, eine Patientenverfügung oder einen Organspendeausweis zu hinterlegen, bietet nur die SOS eCard, da diese Dokumente dort auf einem USB-Stick abgelegt werden können. 5 andere Datensätze enthalten noch die Möglichkeit, das Vorhandensein eines Organspendeausweises oder einer Patientenverfügung zu hinterlegen. Die Größe und das Gewicht des Patienten werden nur in drei Datensätzen erfasst.

Diskussion: Interessant an dem Vergleich ist insbesondere die Tatsache, dass die meisten Smartphone-Applikationen von freien Entwicklern geschaffen wurden. Während der Recherche ist allerdings kein Hinweis auf einen standardisierten oder gar medizinisch validierten Datensatz gefunden worden. Vielmehr wurde anscheinend intuitiv oder im Gespräch mit verschiedenen Ärzten ein Datensatz zusammengestellt. Ein Indiz dafür ist das Merkmal „Blutgruppe“, welches bei vielen Datensätzen vorhanden ist. Beim Notfalldatensatz der eGK ist dieses nicht offiziell vorgesehen, kann aber beispielsweise unter „Hinweise des Patienten“ eingetragen werden, wenn dieser darauf besteht. In der Praxis spielt die Blutgruppe in der Notfallversorgung eher eine untergeordnete Rolle, da vor eine Transfusion diese noch einmal durch einen Schnelltest validiert wird. Alle Datensätze haben das Problem der Aktualität. Bei den Smartphone-Applikationen ist es für den Patienten verhältnismäßig einfach, die Daten auf den aktuellen Stand zu bringen. Bei den Ausdrücken im Scheckkartenformat geht dies auch noch mit vertretbarem Aufwand. Die Aktualisierung der elektronischen Gesundheitskarte ist hingegen ausschließlich einem Mediziner vorbehalten. Insgesamt wäre ein medizinisch validierter Datensatz klar von Vorteil. Er wäre dadurch, dass er nur die nötigsten Informationen enthält, leichter auszufüllen und auch im Falle des Bedarfs leichter zu interpretieren. Hierzu wäre allerdings eine umfangreiche Studie nötig, die im Alltag überprüft, welche Informationen im Notfall wirklich abgefragt werden oder welche Informationen unbedeutend für die Rettungskräfte sind. Auch die Form der Speicherung sollte untersucht werden – so ergibt beispielsweise die Speicherung in einer Smartphone-Applikation keinen Sinn, wenn diese von Rettungskräften nicht aufgerufen wird oder durch beispielsweise eine Bildschirmsperre nicht aufgerufen werden kann.


Literatur

1.
Hawkin M. Emergencies. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.hawkinsoft.emergency Externer Link
2.
Blacksmith Software: Emergency Backpack. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.emergencybackpack.blacksmith_software Externer Link
3.
SouthApps: Emergency Case. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.southapps.ice Externer Link
4.
Emergency ID Australia: Emergency ID. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.emergencyidaustralia.emid Externer Link
5.
Alexandre R. ICE Emergency Contact. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.alexyu.android.ice Externer Link
6.
Owsianowski S. ICE Emergency Information. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=owsianowski.b4a.ice Externer Link
7.
Clusor: ICE in case of emergency. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.clusor.ice Externer Link
8.
Matrix Mobile Applications: In case of emergency. Verfügbar unter: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.matrix.emergency.lite Externer Link
9.
VDK. Notfallkarte. Verfügbar unter: http://www.vdk.de/bawue/pages/65824/neu_notfallkarte_fuer_vdk_mitglieder_medizinische_daten_immer_bei_sich Externer Link
10.
Microsoft. HealthVault. Verfügbar unter: https://www.healthvault.com Externer Link
11.
Neidiger H. SOS eCard. Verfügbar unter: http://www.allergiepass.com/informationen.php Externer Link
12.
Gematik. Facharchitektur Daten für die Notfallversorgung (NFDM). Verfügbar unter: http://www.gematik.de/cms/media/dokumente/release_2_3_4/release_2_3_4_fachanwendungen/gematik_NFD_Facharchitektur_NFDM_V170.pdf Externer Link
13.
Dugas M, Fritz F, Krumm R, Breil B. Automated UMLS-based comparison of medical forms. PLoS One. 2013;8(7):e67883. DOI: 10.1371/journal.pone.0067883 Externer Link