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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Modell-basierte medizinische Geräteintegration für den Digitalen Operationssaal

Meeting Abstract

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  • Stefan Bohn - Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Rafael Mayoral - Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
  • Oliver Burgert - Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI19-3

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds202.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Bohn et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Systeme für die Computer-Assistierte Chirurgie (CAS), medizinische Bildgebung und klinische Informationssysteme werden heute in verschiedenen chirurgischen Disziplinen eingesetzt. Bisher sind bestehende CAS Systeme jedoch im Wesentlichen als monolithische Lösungen für bestimmte Anwendungen konzipiert, was einer Integration und damit einem verbessertem Workflow und einer ergonomischen Anwendung oft entgegensteht. Während in anderen Klinikbereichen herstellerübergreifende Systemintegration auf Basis bestehender Standards (DICOM, IHE, HL7) als Lösung erkannt wurde, können CAS Komponenten im OP aufgrund einer fehlenden einheitlichen Hard- und Softwareinfrastruktur derzeit weder interoperieren noch in anderen Interaktionsszenarien wieder verwendet werden. Medizinische Geräte- und Systemintegration bedeutet, Daten und Funktionen heterogener Systeme für den Nutzer im OP zentral verfügbar zu machen. Die besonderen Herausforderungen bestehen dabei in der Vielfalt heterogener Plattformen und Kommunikationstechnologien, verschiedenen Benutzer-Interaktionsschemen sowie den hohen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsanforderungen. Das Ziel dieser Arbeit ist die Definition eines generischen Geräteintegrationsmodells, welches den Integrationsprozess ausgehend von bestehenden CAS Technologien hin zu einer modularen OP Architektur unterstützt. Basierend auf dem vorgestellten Modell wird eine Architektur abgeleitet und eine Prototyp-Implementierung eines integrierten CAS Systems vorgestellt, welches konform zur angestrebten Therapy Imaging and Model Management Meta-Architektur [1] ist.

Material und Methoden

Für die Entwicklung der Integrationslösung wurden zunächst die beteiligten Systemkomponenten spezifiziert, ausgewählte klinische Use-Cases erarbeitet sowie mehrere Workflows klinischer Arbeitsabläufe untersucht [2].

Das abgeleitete Integrationsmodell beschreibt Daten und Funktionen, sowie Verhalten und Struktur des zu integrierenden Gerätes und betrachtet dieses über den gesamten Einsatzzyklus hinweg, d.h. ausgehend vom perioperativen Setup, dem Einsatz im OP bis hin zur Wartung. Um die Komplexität des integrierten Systems zu Verringen, gliedert das vorgestellte Geräteintegrationsmodell die Kommunikation zwischen zwei Komponenten in klar abgegrenzte Schichten, innerhalb derer jeweils zusammenhängende Funktionen zusammengefasst sind.

Die Data Model Schicht beinhaltet alle Gerätedaten wie z.B. Attribute, Funktionen und Dienste. Dazu gehören auch Meta-Informationen wie Hersteller, Kennung und ID sowie Namen, Typen, Einheiten und Wertebereiche der vom Gerät angebotenen Parameter.

Die Network Configuration Schicht bezieht die Namens- und Dienstattribute aus dem Data Model, um das Gerät und dessen Dienste mittels Service Discovery Technologien im Netzwerk verfügbar zu machen.

Das State, Safety und Event Model sichert die Konsistenz des Data Models, indem es den Zustand der Elemente des Data Models sowie den Gerätestatus überwacht und den berechtigten Zugriff durch Richtlinien sichert. Zusätzlich implementiert dieses Modell einen Subscriber-Mechanismus, durch den für Attributänderungen Events und Alarme ausgelöst werden.

Die User Functions Schicht bildet verschiedene Sichtweisen auf das Gerät ab und strukturiert die Gerätefunktionen entsprechend verschiedener Nutzergruppen oder Profile. Dadurch können für verschiedene Benutzergruppen (klinische Anwender, Service-Personal, Hersteller) bestimmte Funktionsklassen gezielt (un)sichtbar gemacht und so die Benutzerergonomie verbessert werden.

Das User Interaction Model definiert die systemübergreifende Schnittstelle, über die die Interaktion mit dem Benutzer erfolgt. Dies umfasst Ein- und Ausgabegeräte sowie die Erscheinung der GUI im Integrationssystem basierend auf den Elementen der User Functions Schicht.

Das vorgestellte Model realisiert die entsprechende Kommunikationsarchitektur zur Einbindung von Geräten in ein Integrationssystem im Client/Server Prinzip. Der Server implementiert die User Functions basierend auf State, Safety und Event Model sowie dem Data Model. Der Server kann sein Modell ganz oder teilweise in einer technologie-neutralen Beschreibungsform (ASCII / XML) exportieren, um sich bei Clients, d.h. anderen Komponenten oder einem Leitsystem, bekannt zu machen. Diese können die Beschreibung interpretieren und in ihrem jeweiligen Betriebssystem und Framework anhand des User Interaction Models entsprechend visualisieren [3]. Die unterliegenden Kommunikationsmechanismen und Semantiken des jeweiligen Gerätes beruhen auf Standard-Protokollen (DICOM, RTP, HL7, etc.) die ebenfalls im Gerätemodell beschrieben werden. Durch das Fehlen von a priori Wissen über potentielle Kommunikationspartner kann somit gleichzeitig dem ad-hoc Kontext im klinischen Umfeld begegnet sowie die Unterstützung zukünftiger Technologien realisiert werden. Darüber hinaus könnten anhand eines Modell-basierten Ansatzes zukünftig für bestimmte Geräteklassen genormte Gerätemodelle definiert werden.

Ergebnisse

Das vorgestellte Modell wurde anhand einer prototypischen Implementierung eines integrierten CAS-Szenarios am Beispiel intraoperativer 3D-Ultraschall [4] im Labor evaluiert. Der Prototyp umfasst verschiedene Hardwarekomponenten (Trackingsystem, Ultraschallgerät, Analog-Videomischer) sowie Softwareapplikationen (Bildverarbeitung/Segmentierung, DCM4CHEE PACS Server, 3D-Ultraschallrekonstruktion). Alle Komponenten wurden entsprechend des vorgegebenen Konzepts als Client/Server modelliert und mit Standard-Ethernet vernetzt. Autoadaptive Netzwerkkonfiguration und Plug-and-Play Diensterkennung wurde mit dem ZeroConf-Standard (DICOM Correction Item 633) realisiert. Die Kommunikation von Bild- und Volumendaten zwischen den Softwarekomponenten erfolgt DICOM konform. Nicht standardisierte Konzepte, wie z.B. der Austausch der Gerätemodellbeschreibung oder die Einleitung von kontinuierlichem Daten-Streaming zwischen zwei Komponenten [5] wurde mit dem TCP/IP basierten NetDDE Protokoll realisiert. Der Zugriff auf kontinuierliche Signalquellen, wie z.B. (Ultraschall) Video und Tracking-Datenströmen wurde mit dem Real Time Transport Protocol (RTP) vereinheitlicht. Die Displayintegration erfolgt in der ersten Version über analoge Videomischer, die eine flexible Auswahl und Anzeige der jeweils benötigten Applikation auf einem oder mehreren Monitoren ermöglicht. Die Maus/Tastatur-Integration wurde mit einem Software-Multiplexer [6] realisiert. Die Funktionalitäten des entstandenen Gesamtsystems sind somit für den Benutzer an einer zentralen Konsole unter einer einheitlichen GUI zugänglich und steuerbar.

Diskussion

Das entstandene Prototyp-System demonstriert eine konsistente Systemintegration heterogener Hard- und Softwaretechnologien in einer homogenen Plattform. Die vorgestellte Integrationslösung eröffnet neben den klinisch ergonomischen Vorteilen durch die zentrale Steuerung mit einheitlichem Interaktionskonzept eine Reihe von technologischen Perspektiven. So können Redundanzen bei Standardkomponenten (z.B. Tracking) vermieden werden und der Datenfluss zwischen den operativen Phasen konsistent gestaltet werden. Das vorgestellte Modell definiert ein technologie-neutrales Integrationsschema, welches bestehenden Standards und sich schnell entwickelnden Technologien Rechnung trägt. Künftige Entwicklungen zielen auf eine echte Systemintegration mit einem gemeinsamen Datenraum ab, um das Konzept der Patientenmodell-gestützten Therapie zu fördern.


Literatur

1.
Lemke HU, Berliner L: Specification and design of a therapy imaging and model management system (TIMMS). Medical Imaging 2007: PACS and Imaging Informatics. Edited by Horii, Steven C.; Andriole, Katherine P. Proceedings of the SPIE Volume 6516, pp. 651602, 2007.
2.
Burgert O, Neumuth T, Gessat M, Jacobs S, Lemke HU: Deriving DICOM Surgical Extensions from Surgical Workflows, Medical Imaging 2007 PACS and Imaging Informatics, (Steven C. Horii, Katherine P. Andriole, ed.), vol. 8, no. 35, Belligham, Washington, USA, p. 651604, 2007.
3.
Bender K, Großmann D: FDT + EDD + OPC UA = FDD UA, Die Gleichung für eine einheitliche Gerätebeschreibung? atp - Automatisierungstechnische Praxis, No. 2, pp. 48-54, 2007.
4.
Lindner D, Trantakis C, Arnold S, Schmitgen A, Schneider J, Meixensberger J: Neuronavigation based on intraoperative 3D-ultrasound during tumor resection, Proc. of the 19th Int. Cong. of Computer Assisted Radiology and Surgery (CARS) 2005, Berlin, Germany. Amsterdam: Elsevier B. V., pp. 815-820, 2005.
5.
Mayoral R, Vazquez A, Burgert O: A General Framework for Data Streaming in the Digital Operating Room. SPIE Medical Imaging: PACS and Imaging Informatics. Edited by Horii, Steven C.; Andriole, Katherine P., Proceedings of the SPIE Volume 6919, 2008.
6.
Synergy2: http://synergy2.sourceforge.net, March 2008 Externer Link