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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Akustisches Monitoring bei Patienten mit nächtlichem Reflux

Meeting Abstract

  • Volker Groß - Schlafmedizinisches Zentrum, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Christian Reinke - Schlafmedizinisches Zentrum, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • S. Kleemann - Schlafmedizinisches Zentrum, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Sebastian Canisius - Schlafmedizinisches Zentrum, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Keywan Sohrabi - ThoraTech GmbH, Wettenberg, Deutschland
  • Ulrich Koehler - Schlafmedizinisches Zentrum, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocMI10-3

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds152.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Groß et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Die Prävalenz des gastroösophagealen Reflux (GÖR) in der Schlafphase liegt bei Patienten mit Asthma bronchiale zwischen 30 und 50%, die Häufigkeit des reflux-assoziierten Hustens zwischen 10 bis 40%. Der Nachweis des GÖR erfolgt über die 24h-pH-Metrie.

Gastroösophagealer Reflux kann auf zwei unterschiedlichen Wegen zu Husten und bronchialer Obstruktion führen. Zum einen werden reflektorische Mechanismen über vagale Verschaltungen im unteren Ösophagussphincter diskutiert, zum anderen Mikroaspirationen von Magensäure mit chemisch-toxischer Schleimhautreaktion. Refluxbedingter Husten kann mit oder ohne Sodbrennen und auch ohne Ösophagitis auftreten.

Unterschiedlichen Literaturangaben zufolge gibt es eine hohe Korrelation zwischen dem Auftreten von nächtlichem gastroösophagealem Reflux und dem Auftreten von nächtlichen Obstruktionen assoziiert mit dem Auftreten von akustischen Symptomen (Giemen und Husten). Bislang konnte jedoch methodisch bedingt kein direkter zeitlicher Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen nachgewiesen werden.

Material und Methoden

Wir haben ein Verfahren entwickelt, welches die Atemgeräusche über die gesamte Nacht aufzeichnen und anschließend automatisch bewerten kann. Auf der Basis unseres stationären Aufzeichnungsgerätes für Lungengeräusche [1], [2] wurde ein mobiles Gerät zur ambulanten Überwachung entwickelt, der Lung-Sound-Monitor.

Die Aufzeichnungseinheit besteht aus 3 speziellen Körperschallsensoren und einem Mikrofon für die Aufzeichnung der Außengeräusche. Ein Körperschallsensor wird auf der Haut direkt über der Trachea befestigt, jeweils ein weiterer Sensor wird rechts und links basal über der Lunge angeordnet (7. Intercostalraum, mittlere Skapularlinie). Die Aufzeichnung der Geräusche erfolgt mit einem kleinen Datenlogger mit integrierter Filter- und Verstärker-Elektronik. Die aufgezeichneten Daten werden auf einer SD-Speicherkarte in codierter Form hinterlegt.

Nach dem Ende der Aufzeichnung können die Daten vom Auswerteprogramm (Lung-Sound-Analyser) ausgelesen, dekodiert und automatisch bewertet und dargestellt werden. Es wurden Parameter festgelegt, die eine präzise qualitative, quantitative und zeitliche Auflösung der Wheezing- und Husten-Ereignisse erlauben.

Bei allen Patienten wurde neben der Aufzeichnung der Lungengeräusche eine 24h-pH-Metrie nach Standardkriterien durchgeführt und mit den Daten der Lungengeräuschanalyse korreliert.

Ergebnisse

Es wurden bisher 35 Patienten untersucht. Bei 4 dieser Patienten war die pH-Metrie Messung fehlerhaft (in 3 Fällen wurde die Sonde zu tief platziert, bei einem Patienten wurde eine fehlerhafte Sonde mit zu dicht beieinander liegenden Messpunkten verwendet). Bei 1 Patient führte eine unterbrochene Stromversorgung zu einem Abbruch der Lungengeräuschaufzeichnung. Es konnten folglich bisher 30 Patienten in die Auswertung eingeschlossen werden (16 Männer und 14 Frauen). Die Patienten hatten ein durchschnittliches Alter von 49,8±12,6 Jahren, eine durchschnittliche Größe von 169,5±6,8 cm, ein mittleres Gewicht von 76,4+-12,1 kg und einen durchschnittlichen BMI von 26,6±4,0. Unter den 30 Patienten befanden sich 16 Patienten mit Asthma bronchiale die aktuell am Tage nicht symptomatisch waren. Bei 23 Patienten wiederum traten nächtliche Refluxereignisse auf (mittlere Häufigkeit = 8 ± 9,2). Bei 14 der 23 Patienten traten wheezing- und Husten-Ereignisse auf. Ein direkter zeitlicher Zusammenhang zwischen Refluxereignissen und dem Auftreten von Husten oder wheezing ließ sich bei 8 Patienten nachweisen. Diese Patienten hatten längere und besonders azide Refluxereignisse (länger als 10 min). Die 7 Patienten ohne Refluxereignisse zeigten keine akustischen Symptome.

Diskussion

Der Schlaf stellt bekanntermaßen vor allem für den asthmatischen Patienten eine besonders vulnerable Phase dar. Peak-Flow- oder Lungenfunktionsmessungen sind immer an Wachheit gebunden und können damit den Zustand Bronchialobstruktion im Schlaf nicht abbilden. Der Vorteil einer nächtlich durchgeführten akustischen Langzeitregistrierung liegt zudem in der synchronen Aufzeichnung anderer Parametern. In Kombination mit einer pH-Metrie ermöglicht die akustische Langzeitregistrierung den Nachweis einer zeitlichen Assoziation zwischen Magensäurerefluxepisoden und bronchialer Obstruktion (Spastik) bzw. Husten.

Die Messungen können problemlos im häuslichen Umfeld der Patienten durchgeführt werden und stellen keine zusätzliche Belastung für den Patienten dar.

Ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen GÖR und dem Auftreten von akustischen Symptomen, die für eine nächtl. Obstruktion sprechen, lässt sich derzeit auf Grund der geringen Patientenzahl noch nicht eindeutig belegen. Es ist aber zu vermuten, dass die Dauer und die Azidität des Reflux eine entscheidende Rolle spielen. Längere und azidere Refluxereignisse führten zu vermehrten Husten- und wheezing-Ereignissen.

Für zukünftige Studien wäre auch eine zusätzliche Messung des gallischen Refluxes sinnvoll, da ein gallischer Reflux in der Literatur als noch aggressiver beurteilt wird und somit auch verstärkt zu Obstruktionen führen könnte.


Literatur

1.
Gross V, Dittmar A, Penzel T, Schuttler F, von Wichert P. The relationship between normal lung sounds, age, and gender. Am J Respir Crit Care Med. 2000; 162:905-909.
2.
Gross V, Fachinger P, Penzel T, Koehler U, von Wichert P, Vogelmeier C. Detection of bronchial breathing caused by pneumonia. Biomed Tech (Berl). 2002; 47:146-150.