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53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

15. bis 18.09.2008, Stuttgart

Ökonomische Aspekte von klinisch relevanten unerwünschten Arzneimittelwirkungen in der Inneren Medizin

Meeting Abstract

  • Dominik Rottenkolber - Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland
  • Marietta Rottenkolber - Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland
  • Sven Schmiedl - HELIOS Klinikum Wuppertal, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland
  • Jacek Szymanski - HELIOS Klinikum Wuppertal, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke, Wuppertal, Deutschland
  • Joerg Hasford - Institut für Medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland
  • Netzwerk regionaler Pharmakovigilanzzentren

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 53. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (gmds). Stuttgart, 15.-19.09.2008. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2008. DocP-13

Die elektronische Version dieses Artikels ist vollständig und ist verfügbar unter: http://www.egms.de/de/meetings/gmds2008/08gmds044.shtml

Veröffentlicht: 10. September 2008

© 2008 Rottenkolber et al.
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Gliederung

Text

Einleitung und Fragestellung

Zwischen 2–12% der stationären Krankenhausaufnahmen werden durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) verursacht [1]. Neben einer Verlängerung der Verweildauer sind zur Therapie auch zusätzliche kostenintensive diagnostische und medikamentöse Interventionen erforderlich. Durch die Einführung des Diagnosis Related Groups (DRG)-Systems im Jahr 2004 kam es in Deutschland zu strukturellen Veränderungen in der Vergütung stationärer Leistungen. Für Deutschland liegen auf DRG-Basis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine aktuellen Berechnungen der direkten Behandlungskosten von UAWs vor. Das Ziel ist die ökonomische Analyse der im Zusammenhang mit ambulanten Arzneimitteltherapien entstehenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen, die zu stationären Aufnahmen im Bereich der Inneren Medizin führen.

Material und Methoden

In den Jahren 2006 und 2007 wurden 1242 Patienten in den vier nationalen Kliniken des Netzwerkes regionaler Pharmakovigilanzzentren (Greifswald, Jena, Rostock und Weimar) aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen aufgenommen. Die Daten dieser Patienten bilden die Grundlage der ökonomischen Analyse. In einem ersten Schritt werden dazu die in der WHO-Adverse Reaction Terminology erfassten UWA-Daten in ICD10 umcodiert. Anschließend erfolgt eine Kodierung in die entsprechenden DRGs (G-DRG 2008). Für eine erste Auswertung erfolgte dies noch ohne Berücksichtigung von Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) und möglicher Zusatzentgelte.

Ergebnisse

Der Anteil der internistischen Patienten mit UAWs als Aufnahmegrund beträgt 3,25% (Inzidenz). Das Durchschnittsalter der erfassten Patienten war 71,29 Jahre (SD 14,49). Die durchschnittliche stationäre Verweildauer betrug in der Patientengruppe 9,34 Tage (SD 6,97). Sie liegt damit 2,34 Tage über der durchschnittlichen Verweildauer auf internen Stationen von 7,0 Tagen im Jahr 2006 [2]. Die häufigsten UAWs waren gastrointestinale Blutung (ICD K92.2, n=205), Hypoglykämie (ICD E16.0, n=201) und Bradykardie (ICD I49.9, n=61). Die durchschnittlichen Behandlungskosten pro UAW-Ereignis konnten in einer ersten Analyse nur ansatzweise ermittelt werden. Eine erste explorative Auswertung der Basis-DRGs ergab einen Durchschnittswert von € 1970, bei einem zugrunde gelegten Basisfallwert von € 2800. Dieser Wert enthält jedoch noch keine Zusatzentgelte und Vergütungen für OPS. Zu erwarten ist, dass dieser Wert aber durch noch nicht berücksichtigte zusätzliche diagnostische und therapeutische stationäre Maßnahmen ansteigen wird.

Diskussion

Die direkten Kosten der durch UAWs bedingten Krankenhausaufnahmen in internistischen Abteilungen in Deutschland wurden im Jahr 2002 (vor der DRG-Einführung) mit € 400 Mio. angegeben. Dies entspricht bei einer UAW-Inzidenzrate von 2,1% durchschnittlichen Kosten von € 3700 pro UAW-Patient [3]. Die vorliegenden Ergebnisse lassen erste Anhaltspunkte vermuten, dass dieser personenbezogene Wert vor dem Hintergrund der DRG-Vergütung als zu hoch erscheinen dürfte. Zieht man jedoch die erhöhte Inzidenz von 3,25% in Betracht, so dürften sich die Gesamtkosten weiterhin in diesem Rahmen bewegen. Erweiterte Auswertungen sollen in einem nächsten Schritt dazu beitragen, die direkten Behandlungskosten von UAWs in Deutschland exakt zu bestimmen.


Literatur

1.
Grandt D, Friebel H, Müller-Oerlinghausen B. Arzneitherapie(un)sicherheit - Notwendige Schritte zur Verbesserung der Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie. Dtsch Arztebl 2005; 102:A 509–515 [Heft 8].
2.
Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik), Diagnosen und Prozeduren der vollstationären Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern. Fachserie 12 Reihe 6.4. Wiesbaden 2007.
3.
Schneeweiss S, Hasford J, Göttler M, Hoffmann A, Riethling AK, Avorn J. Admissions caused by adverse drug events to internal medicine and emergency departments in hospitals: a longitudinal population-based-study. Eur J Clin Pharmacol 2002; 58 (4): 285-91.
4.
Lundkvist J, Jönsson B. Pharmacoeconomics of adverse drug reactions. Fundam Clin Pharmacol. 2004; 18(3):275-80.