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Kohortenstudie zu Kinderkrebs nach diagnostischer Strahlenbelastung
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Veröffentlicht: | 10. September 2008 |
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Gliederung
Text
Einleitung und Fragestellung
In Deutschland, wie auch weltweit, nimmt die Häufigkeit röntgendiagnostischer Untersuchungen stetig zu, so auch bei Kindern. Obwohl es viele Studien zu Gesundheitseffekten hoher Strahlenbelastungen gibt, z.B. bei Atombombenüberlebenden oder Krebspatienten, ist bislang wenig über das Krebsrisiko „niedriger“ und über Jahre akkumulierter Strahlendosen bei Kindern bekannt.
Material und Methoden
In der Abteilung Radiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspitals der Universität München werden seit 1976 alle Röntgenuntersuchungen in elektronischen Datenbanksystemen dokumentiert. Diese Daten von weit über 100.000 Kindern mit zusammen ca. 270.000 Untersuchungen bilden die Grundlage einer historischen Kohortenstudie. Mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen an mathematischen Kinderphantomen wurden Organdosen für 96% aller Röntgenuntersuchungen bestimmt [Ref. 1]. Krebsfälle wurden durch einen pseudonymisierten Abgleich mit dem Deutschen Kinderkrebsregister für den Beobachtungszeitraum 1980-2006 festgestellt. Standardisierte Inzidenzraten und relative Risiken werden für Gruppen von Tumorentitäten nach ICCC3 berechnet.
Ergebnisse
Die mittlere Effektivdosis pro Untersuchung sank in allen Altersgruppen von ca. 0,10 mSv im Jahre 1976 auf ca. 0,035 mSv im Jahre 2003. Durchschnittlich wurde jeder Patient zweimal untersucht, einige Patienten aber auch mehre Dutzend mal.
Insgesamt 53.683 Jungen und 43.864 Mädchen mit zusammen 765.000 Personenjahren wurden in die Kohorte aufgenommen. Daraus ergibt sich eine Anzahl von 56 erwarteten Krebsfällen bei Jungen und 37 bei Mädchen, darunter 32 Leukämien, 14 Lymphome und 20 ZNS-Tumore. Die Anzahl von 64 inzidenten Krebsfällen bei Jungen (SIR 1,14; 95%-KI 0,88-1,46) und 43 bei Mädchen (SIR 1,16; 95%-KI 0,84-1,56) wurde beobachtet. Darunter befinden sich 22 Jungen und 9 Mädchen, die aufgrund Ihrer Indikationsstellung ein a priori erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. Detailliertere Auswertungen werden derzeit vorbereitet.
Diskussion
Diese Studie hat eine Power von 80%, eine SIR von 1,31 für Krebs insgesamt und von 1,56 für Leukämie nachzuweisen. Dieser Wert liegt in der gleichen Größenordnung wie die Risikoschätzer einer kanadischen Fall-Kontroll-Studie zu Leukämie [Ref. 2] mit OR = 1,6 für 2 oder mehr Röntgenuntersuchungen. In diesem Beitrag werden detaillierte Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.
Danksagung
Gefördert durch BMU/BfS, Kennzeichen StSch. 4432
Literatur
- 1.
- Seidenbusch M. Rekonstruktion von Organ- und Effektivdosen bei konventionellen Röntgenuntersuchungen am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München mit einer Berechnung neuer Konversionsfaktoren für die pädiatrische Radiologie LMU München: Medizinische Fakultät; 2006.
- 2.
- Infante-Rivard C, Mathonnet G, Sinnett D. Risk of childhood leukemia associated with diagnostic irradiation and polymorphisms in DNA repair genes. Environ Health Perspect 2000 Jun;108(6):495-8.