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„POL – Da brauch‘ ich doch eh nichts machen, oder?!“ – Notwendigkeit von Moderationskompetenz der Dozierenden beim Problemorientierten Lernen in der medizinischen Ausbildung
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Fragestellung: Problemorientiertes Lernen (POL) ist eine Form des kollaborativen Lernens in der Ausbildung von Gesundheitsberufen und gehört im Modelstudiengang Medizin an der Charité zum etablierten Lernformat. POL-Dozierende unterstützen den Lernprozess ausgehend von Patientenfällen entlang vorgegebener Schritte für den POL-Prozess. Bisher ist noch wenig über die Adaptation der Moderationskompetenzen von POL-Dozierenden bei der Unterstützung der Lernprozesse in POL-Gruppen mit unterschiedlichem Erfahrungsstand bekannt. Das Ziel unserer Studie bestand darin, mit einem neuen Instrument [1] die Moderationskompetenz von POL-Dozierenden zu Kerndimensionen der Lehrqualität (kognitive, motivationale und soziale Unterstützung) zu bewerten.
Methoden: Im digitalen Wintersemester 2020/21 beantworteten Medizinstudierende vom 1. bis 5. Fachsemester in einer Online-Vollerhebung Fragen zur Unterstützung der Lern- und Gruppenprozesse durch POL-Dozierende mit vierstufigen Antwortskalen von „trifft gar nicht zu“ bis „trifft vollkommen zu“. Die deskriptive Statistik beinhaltet nach Semestern differenzierte Mittelwerte und Standardabweichungen. Unterschiede zwischen Semestern wurden mit Varianzanalysen unter Berücksichtigung der Mehrebenenstruktur der Daten geprüft.
Ergebnisse: Die Stichprobe umfasst n=348 Studierende (in 151 Gruppen; Rücklaufquote=21%). Der Frauenanteil liegt bei 67%. Die Unterstützung durch die POL-Dozierenden nimmt im Studienverlauf für fast alle erfassten Konstrukte ab. Signifikante Unterschiede in den Unterstützungsleistungen zwischen Studienanfänger:innen und fortgeschrittenen Studierenden zeigen sich für 1) die Organisation des Lernens [F(4,114,43)=4.84, p=.001], 2) Reflexion des strategischen Vorgehens [F(4,135.52)=4.10, p<.05], 3) Reflexion der Zusammenarbeit [F(4,132.48)=3.87, p<.05] und 4) Herstellen einer guten Lernatmosphäre in den Lerngruppen [F(4,162,16)=3.16, p<.05] (nur signifikant zw. 2. u. 3. Sem.). Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Unterstützungsleistung der POL-Dozierenden im Hinblick auf
- 1.
- Sammlung und Organisation des Vorwissens,
- 2.
- Einigung auf Lernziele und
- 3.
- Anregung zur aufgabenbezogenen Kommunikation.
Diskussion: Die Unterstützungsleistungen der POL-Dozierenden unterscheiden sich zwischen den Semestern 1-5. Erwartungsgemäß benötigen Medizinstudierende in höheren Semestern weniger Unterstützung durch POL-Dozierende als Studienanfänger:innen. Die Bestätigung unserer Vorannahmen sprechen ebenso für die Validität unseres Instrumentes wie die statistischen Analysen. Die Ergebnisse können einen Beitrag zum Diskurs über die Moderationskompetenzen von POL-Dozierenden sowohl in analogen als auch digitalen Settings und in kollaborativen Lernsettings der anderen gesundheitsbezogenen Studiengänge an der Charité leisten.
Take Home Message: Es gibt Hinweise darauf, dass die POL-Dozierenden in der Lage sind, ihre Unterstützungsleistungen dem Fortschritt der Gruppe im Hinblick auf deren Zusammenarbeit anzupassen.