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Medizin und Menschlichkeit: Wie kommt die (ärztliche) Kunst ins Medizinstudium? – Das Seminar Narrative Medizin in Würzburg aus der Perspektive von Studierenden und Dozierenden
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Um der Vielschichtigkeit des Menschen zu entsprechen, werden im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin „spezielle Zugangswege und Perspektiven“ gefordert [https://www.nklm.de]. Die in Deutschland noch vergleichsweise unbekannte Narrative Medizin kann hierfür als Bezugsrahmen herangezogen werden. Narrative Medizin soll unter anderem ein tiefergehendes Verständnis von Patient*innen, der Rolle als Behandler*in und der Arzt-Patienten-Interaktion ermöglichen. Erworben werden können narrative Kompetenzen durch die Beschäftigung mit und dem Diskutieren von Literatur sowie anderen Kunstformen [1]. Ziel dieser Studie ist die Evaluation eines seit 2019 erfolgreich etablierten Pilotprojektes zur Narrativen Medizin am Standort Würzburg. Es soll herausgefunden werden, wie das Wahlpflichtseminar teilnehmende Studierende und durchführende Lehrende in ihrer professionellen und persönlichen Entwicklung beeinflusst.
Methoden: Das Seminar ist eines der ersten Lehrprojekte im Medizinstudium zur Narrativen Medizin in Deutschland und wird seit dem Sommersemester 2019 angeboten. Es ist im Querschnittsbereich Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (6. Semester) angesiedelt und findet an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit je vier Unterrichtseinheiten statt. Die Gruppengröße beträgt dabei sechs bis zwölf Studierende. Anhand von Literatur und anderen Kunstformen werden Themen wie die Krankheitswahrnehmung, die Arzt-Patienten-Interaktion sowie das kritische Hinterfragen eigener Vorstellungen behandelt. Von Januar bis März 2022 wurden/werden einige der teilnehmenden Studierenden und durchführenden Dozierenden in Form semistrukturierter Leitfaden-Interviews befragt. Schwerpunkte des Leitfadens sind dabei der (langfristige) Lernerfolg, die Sichtweise auf Patient*innen und die Rolle als Ärzt*in. Zudem soll die Einstellung gegenüber einer festen Integration des Seminars in das Curriculum untersucht werden. Die Interviews werden bis Mai 2022 transkribiert und mithilfe der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz [2] ausgewertet.
Ergebnisse: Bis Mitte Februar 2022 wurden mit fünf Studierenden und zwei Dozierenden Interviews durchgeführt. Die finalen Ergebnisse sollen im Rahmen der Jahrestagung im September 2022 anhand eines Kategorienhandbuchs vorgestellt und durch Kategorienbäume visualisiert werden.
Diskussion/Ausblick: Das mündliche Feedback zu den Seminaren fiel bislang durchwegs positiv aus, was eine insgesamt positive Bewertung auch in der tiefergehenden, strukturierten Analyse vermuten lässt. Erkenntnisse aus dieser Studie sollen dazu dienen, das Würzburger Seminarkonzept zu optimieren und auf dieser Basis standortübergreifende Empfehlungen für die Implementierung zukünftiger Lehrprojekte im Bereich der Narrativen Medizin abzuleiten.
Take Home Message: Die strukturierte Analyse von Lehrveranstaltungen im Bereich der Medical Humanities ist wichtig, um den Bedürfnissen Studierender gerecht zu werden.
Literatur
- 1.
- Charon R, Hermann N, Devlin MJ. Close Reading and Creative Writing in Clinical Education: Teaching Attention, Representation, and Affiliation. Acad Med. 2016;91(3):345-350. DOI: 10.1097/ACM.0000000000000827
- 2.
- Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 4. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa; 2018.