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Fragestellung/Zielsetzung: Die erfolgreiche Diagnostik von Röntgenbildern, histopathologischen Präparaten oder Hautbefunden stellt komplexe Anforderungen an die visuellen Kompetenzen von angehenden Ärztinnen und Ärzten. Unerfahrene Medizinstudierende berichten oft davon in mikroskopischen Präparaten lediglich „abstrakte Kunst“ zu sehen. Aus der Grundlagenforschung zu der Entwicklung von visueller Expertise wissen wir, dass sich das Blickverhalten als Funktion von Wahrnehmung, Verarbeitung und Entscheidungsfindung mit zunehmender Erfahrung und Training verändert und mithilfe von Eye-Tracking Technologie messbar wird [1]. Bisher hatte sich dieser Ansatz im Laborsetting jedoch als sehr kostenintensiv, artifiziell und methodisch anspruchsvoll gestaltet. Entwicklungen der letzten Jahre ermöglichen es nun mithilfe eingebauter Webcam Kameras in Laptops visuelle Kompetenzen kostengünstig zu erfassen [2]. Bislang liegen jedoch kaum Untersuchungen hierzu vor.

Methoden: Zur Validierung dieser Technologie wurde eine longitudinale Kohortenstudie im Rahmen eines Online Histologie-Kurses an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Sommersemester 2021 durchgeführt. Medizinstudierende im dritten Fachsemester wurden gebeten jeweils sechs histologische Präparate nach 10 (n=51; 21.56±2.21 Jahre; 35 Frauen) und 20 (n=77, 21.97±2.25; 59) Kurseinheiten zu beurteilen. Währenddessen wurden mithilfe von Webcam Eye-Tracking verschiedene Blickbewegungsparameter, die diagnostische Performanz und die Bildbetrachtungszeit erfasst und mithilfe von Varianzanalysen und multipler Regressionsmodelle quantitativ ausgewertet.

Ergebnisse: Das Einrichten der Studienumgebung gestaltete sich als intuitiv und war ohne Programmierkenntnisse problemlos möglich. Bedenken zur Verletzung der Privatsphäre konnten entkräftet werden, da die Technologie keine Bildaufnahmen von den Proband*Innen erstellt. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass die Technologie in der Lage war Unterschiede in der Performanz anhand der Augenbewegungen zuverlässig abzubilden. So betrachteten Studierende nach zehn Trainingseinheiten diagnostisch relevante Bereiche auf den Präparaten häufiger (p=0.003, h[2]=0.43), länger (p<0.001, h[2]=0.75) und schneller (p<0.001, h[2]=0.62) als zuvor. Anhand der Augenbewegungen war es außerdem möglich die diagnostischen Fähigkeiten der Studierenden an beiden Zeitpunkten zuverlässig vorherzusagen (R[2]=0.402/0.277, ps<0.001).

Diskussion: Im Zuge der bevorstehenden Neuorientierung des Medizinstudiums spielt der Kompetenzerwerb eine immer wichtigere Rolle [3]. Dieser Forderung steht die Schwierigkeit gegenüber die Kompetenzen auch zuverlässig, objektiv und ressourcenschonend messen zu können. Der Einsatz von Webcam Eye Tracking Technologie hat sich in unserer Untersuchung als eine neue und praktikable Möglichkeit erwiesen, dieser Aufgabe potentiell gerecht zu werden.

Take Home Messages: Mithilfe von integrierten Webcam Kameras in handelsüblichen Laptops lassen sich visuelle Kompetenzen von Studierenden erfassen.