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Online, Blended oder Face-to-Face? Evidenzbasierte Erkenntnisse zur Effektivität hochschulischer Lehrformate
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Mehrere Semester pandemiebedingter Onlinelehre haben eine rege Diskussion in Öffentlichkeit, Bildungspolitik und Wissenschaft über die zukünftige Gestaltung hochschulischer Lehre entfacht. Die Diskussionen sind häufig geleitet durch Vergleiche der deutlich subjektiv geprägten Onlinelehre der vergangenen vier Semester mit der Präsenzlehre vor der Corona-Pandemie. Allerdings ist eine Gleichsetzung des pandemiebedingten Emergency Remote Teaching mit didaktisch gut durchdachter Onlinelehre aus wissenschaftlicher Perspektive hoch problematisch [2]. Stattdessen sollte bei der aktuellen Diskussion vielmehr die Frage im Vordergrund stehen, wie Studierende und ihre Lernprozesse durch Technologien bestmöglich unterstützt und gefördert werden können. Die derzeitige Arbeit der AG „Psychologie und Lehr-Lern-Forschung“ der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik zielt darauf, eine evidenzbasierte Grundlage für den laufenden Diskurs zur zukünftigen Gestaltung der Hochschullehre zu schaffen.
Methoden: Auf der Grundlage einer systematischen Literaturrecherche bereits existierender Metaanalysen und Reviews (aus dem Kontext der (psychologischen) Lehr-Lern-Forschung) zur Effektivität verschiedener Lehrformate (reine Onlinelehre, Blended Learning, Flipped/Inverted Classroom und traditionelle Präsenzlehre) werden derzeit von den Autorinnen folgende Fragestellungen bearbeitet:
- 1.
- Wie viele Metaanalysen und Literaturreviews zur Frage der Effektivität der genannten Formate liegen bereits vor?
- 2.
- Welche abhängigen Variablen werden in den Publikationen als Indikatoren für effektive Lehre erfasst und wie groß sind die Effektstärken der Lehrformate?
- 3.
- Welche (beeinflussbaren) Moderatorvariablen erhöhen die Effektivität der Lehre?
Ergebnisse: Eine erste Betrachtung der Studienergebnisse der Metaanalysen (z.B. [3]) zeigt folgende Tendenzen auf: Im Vergleich zu reiner Online- bzw. Präsenzlehre zeigen sich Blended Learning-Formate gegenüber den anderen Formaten leicht im Vorteil. Die diesen Unterschieden zugrundeliegenden Effektstärken sind jedoch überwiegend klein [1]; selten werden mittelhohe Effekte berichtet. Die Höhe der Effektstärken für die Studien zum Blended Learning ist zudem von den Einschlusskriterien der betrachteten Metaanalysen abhängig. Die Moderatoranalysen zeigen, dass über durch Lehrende veränderbare Gestaltungsmerkmale der Lehre zusätzliche Varianz aufgeklärt wird.
Diskussion: Die ersten empirischen Befunde deuten darauf hin, dass die Effektivität der Gestaltung von Lehrveranstaltungen entgegen gängiger Behauptungen eher in einem geringfügigen Ausmaß durch die Wahl eines Lehrformats beeinflusst wird. Darauf bezugnehmend sollte diskutiert werden, wie diese Ergebnisse in die hochschuldidaktischen Qualifizierungen der gesundheitsberuflichen Lehrenden effektiv integriert werden können.
Take Home Message: Die psychologische Lehr-Lern-Forschung liefert wertvolle Erkenntnisse zur Effektivität hochschulischer Lehrformate und damit für den Aufbau einer evdenzbasierten Grundlage für den laufenden Diskurs.
Literatur
- 1.
- Cohen J. Statistical Power Analysis for the Behavioral Sciences. 2nd ed. London: Lawrence Erlbaum; 1988.
- 2.
- Hodges C, Moore S, Lockee B, Trust T, Bond A. The Difference Between Emergency Remote Teaching and Online Learning. EDUCAUSE Review. 2020. Zugänglich unter/available from: https://er.educause.edu/articles/2020/3/the-difference-between-emergency-remote-teaching-and-online-learning
- 3.
- Means B., Toyama Y, Murphy R, Baki M. The Effectiveness of Online and Blended Learning: A Meta-Analysis of the Empirical Literature. Teach Coll Rec. 2013;115(3):1-47. DOI: 10.1177/016146811311500307