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Studierende wünschen sich keinen Ersatz von Präsenzlehre, aber eine gute Ergänzung durch Online-Aktivitäten – Auswertung von Erfahrungen mit der digitalen Lehre
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Veröffentlicht: | 14. September 2022 |
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Fragestellung/Zielsetzung: Durch die Einschränkungen der CovID-19-Pandemie hat die Hochschullehre in kürzester Zeit einen großen Digitalisierungsschub erlebt. Es stellt sich die Frage, was in der Umstellung auf digitale Angebote aus Sicht der Studierenden gut gelungen ist und welche Empfehlungen sich für Dozierende ergeben.
Methoden: An der Medizinischen Hochschule Hannover werden die Studierenden der Humanmedizin jährlich mit dem Hannover Screening der Studienbedingungen (HSC) [1] zu ihren Einschätzungen der Studienbedingungen befragt. Im Sommer 2020 wurden 466 Fragebögen erfasst. Viele der Studierenden nutzten die Möglichkeit der Freitextkommentare, insbesondere in Bezug auf neue digitale Lehr- und Lernangebote. Diese Aussagenwurden qualitativ mittels induktiver Kategorisierung nach Kuckartz [2] ausgewertet und daraus Empfehlungen für die Gestaltung digitaler Lehre abgeleitet.
Ergebnisse: Die Aussagen der Studierenden konnten drei zentralen Kategorien zugeordnet werden: dem strukturellen Aufbau digitaler Angebote, der Qualität des Lernmaterials sowie der Bewertung der Kommunikationsmöglichkeiten.
Als Vorteil insbesondere der asynchronen digitalen Lehre bewerteten die Studierenden die zeitliche und räumliche Unabhängigkeit, da so etwa die Betreuung von Familienangehörigen erleichtert wurde. Als Herausforderungen erlebten die Studierenden gleichzeitig eine fehlende zeitliche Struktur und die Aufrechterhaltung der eigenen Motivation. Bei Videokonferenzen und -aufzeichnungen wurden insbesondere Mängel in der Tonqualität als problematisch bewertet, wenn die technische Ausstattung der Dozierenden unzureichend war.
Den Studierenden hat vor allem der Kontakt zu den Kommiliton:innen gefehlt. Perspektivisch wünscht sich der Großteil der Studierenden, dass die Lehre durch digitale Angebote ergänzt aber nicht ersetzt wird.
Als Empfehlung ergibt sich für Lehrende, bei der Erstellung von E-Learning-Modulen besonders den strukturellen Aufbau zu beachten und Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Studierenden einzuplanen.
Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen, dass die studentischen Rückmeldungen wichtige Hinweise darauf geben können, welche Prinzipien der digitalen Lehre stärker berücksichtigt werden sollten. Die Umsetzung sollte jedoch auch durch weitere wissenschaftliche Literatur [3] fundiert werden, da diese helfen, die vorliegenden Rückmeldungen der Studierenden einzuordnen.
Digitale Lehre lebt vor allem von einer guten Planung. Um Fehler zu vermeiden, sollten Dozierende während der Vorbereitung regelmäßig einen Perspektivwechsel vornehmen, um neu entwickelte Lehr- und Lernangebote kritisch zu hinterfragen. So könnten vielfältigere Lernmaterialien zur Verfügung gestellt und die Struktur verbessert werden.
Take Home Message: Es wird deutlich, dass gute digitale Lehre von Studierenden honoriert wird und viele neue Lehr- und Lernangebote entstanden sind, die vor der COVID-19-Pandemie nicht möglich gewesen wären.
Literatur
- 1.
- Paulmann V, Fischer F. Das Hannoversche Screening der Studienbedingungen. In: Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung - GMA. Hannover, 16.-18.11.2007. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2007. Doc07gma39. Zugänglich unter/available from: https://www.egms.de/static/de/meetings/gma2007/07gma039.shtml
- 2.
- Kuckartz U. Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa; 2014.
- 3.
- Schultz-Pernice F, Becker S, Berger S, Ploch N, Radkowitsch A, Vejvoda J, Fischer F. Evidenzorientiertes Digitales Lehren und Lernen an der Hochschule. München: LMU München; 2020. Zugänglich unter/available from: https://www.mzl.uni-muenchen.de/lehrkraefte/materialpool/medienpaedagogik/evidenzor__digit_lul.pdf